Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2015, Az. VI ZR 87/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16555

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/14
Verkündet am:

27. Januar 2015

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 208 a.F., § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
Zu den Voraussetzungen eines [X.]s im Sinne von §
208 [X.] a.F. bzw. §
212 Abs.
1 Nr.
1 n.F..
[X.], Urteil vom 27. Januar 2015 -
VI [X.]/14 -
O[X.]

LG Köln

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2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
27.
Januar 2015
durch den Vorsitzenden [X.], den Richter
[X.], die Richterin [X.], [X.] und
die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 23.
Januar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein gesetzlicher Krankenversicherer, macht aus überge-gangenem Recht ihrer Versicherten
gegen den beklagten Kfz-Haft-pflichtversicherer Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 21.
Februar 1987 geltend, bei dem
die Versicherte
der Klägerin schwer verletzt
wurde. Die Einstandspflicht der Beklagten ist zwischen den Parteien dem [X.] nach unstreitig.
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Die Klägerin erbrachte der
Versicherten unfallbedingt [X.], für die sie die Beklagte
jeweils
in Regress nahm. Diese erstat-tete der Klägerin entsprechend deren Abrechnungsschreiben
die entstandenen Aufwendungen. Mit Schreiben vom 12.
Juli 1999 erklärte die Beklagte gegen-über der Klägerin, sie verzichte zunächst bis zum 31.
Dezember 2010 auf die Einrede der Verjährung. Auch in der [X.] nach dem 12.
Juli 1999 kam es zu vorbehaltlosen Zahlungen der Beklagten. Die letzte Abrechnung erfolgte unter dem 3.
September
2010 und wurde ebenfalls vorbehaltlos bezahlt. Als die Klä-gerin mit Schreiben vom 19.
Juli 2011 erneut Krankheitskosten ihrer Versicher-ten in Höhe von insgesamt 87.541,38

te, erhob die Beklagte die [X.]. Mit ihrer am 26.
Februar 2013 zugestellten Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung dieses Betrages nebst Zin-sen und
die Feststellung
beantragt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den künf-tig noch entstehenden Schaden der
Versicherten aus dem Verkehrsunfall vom 21.
Februar 1987 zu ersetzen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Be-rufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht ist mit dem [X.] der Auffassung, dass die Beklagte gemäß §
214 Abs.
1 [X.] wegen Verjährung zur Verweigerung der Leistung berechtigt sei. Angesichts des in zweiter Instanz zwischen den Partei-2
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en unstreitig gewordenen Sachvortrags der Klägerin zu
Erstattungsleistungen
der Beklagten in den Jahren zwischen 1987 und 1999 sei davon auszugehen, dass zur [X.] der Erklärung des befristeten [X.] mit Schreiben vom 12.
Juli 1999 Verjährung noch nicht eingetreten gewesen sei, da es durch die Zahlungen der Beklagten jeweils zu einer Unterbrechung der [X.] gemäß §
208 [X.] a.F.
gekommen sei. Unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschriften zur Reform des Verjährungs-
und Schuldrechts (Art.
229 §§
6, 12 EG[X.]) habe spätestens am 31.
Dezember 2002 eine
neue
dreijährige Verjährungsfrist begonnen, die am 31. Dezember 2005 abgelaufen sei. Zwar hätte der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§
242 [X.]) einer von der Beklagten erhobenen [X.] bis zum 31.
Dezember 2010 entgegengestanden. Seit dem 1.
Januar 2011 sei die Beklagte aber uneinge-schränkt berechtigt, die Einrede zu erheben. Aufgrund der mit Schreiben vom 12.
Juli 1999 abgegebenen Erklärung, auf die Einrede der Verjährung nur be-fristet zu verzichten, habe die Klägerin nicht darauf vertrauen können, dass die Beklagte nach dem 31.
Dezember 2010 von der [X.] absehen werde. In Ermangelung des erforderlichen Vertrauenstatbestands könne den von der Beklagten von 1999 bis 2010 geleisteten Zahlungen deshalb auch nicht die Bedeutung verjährungsunterbrechender [X.] nach §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] bzw. §
208 [X.] a.F.
beigemessen werden.

II.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprü-fung nicht stand.
1. Nach §
214 Abs.
1 [X.] ist der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Auf der Grundlage der
Feststellungen 5
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des Berufungsgerichts lässt sich nicht beurteilen, ob die streitgegenständlichen Ansprüche bei Klageerhebung
verjährt waren und die Beklagte deshalb die Zahlung verweigern darf.
Es
bleibt letztlich offen, weshalb die Verjährungsfrist bereits am 31. Dezember 2005 abgelaufen sein soll, obwohl das Berufungsge-richt selbst davon ausgegangen ist, die Beklagte habe von 1999 bis 2010 [X.] geleistet, die an sich geeignet gewesen seien, die Verjährung zu [X.] oder neu beginnen zu lassen (§
208 [X.] a.F., §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] n.F.).
2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, wegen des von der Beklagten am 12.
Juli 1999 für die [X.] bis zum 31. Dezember 2010 erklärten Verzichts auf die Einrede der Verjährung könne den danach von der Beklagten geleisteten Zahlungen insgesamt nicht die Bedeutung verjährungsunterbrechender bzw. -erneuernder [X.] nach §
208 [X.] a.F.
bzw. §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] n.F.
beigemessen werden, kann nicht beigetreten werden.
Es bedarf bei der Frage, ob ein Anerkenntnis vorliegt, stets einer umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls,
das heißt grundsätzlich einer Prüfung der einzelnen -
möglichen
-
"Anerkennungshandlungen" des Schuldners. Daran fehlt es hier. Das Berufungsgericht hat zudem bei seiner Würdigung, der An-nahme eines [X.]s im Sinne der §
208 [X.] a.F., §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] n.F. stehe der von der Beklagten erklärte Verzicht auf die Einrede der [X.] entgegen, wesentliche Umstände nicht einbezogen.
a)
Nach der Rechtsprechung des [X.] genügt für eine Verjährungsunterbrechung durch Anerkenntnis jedes -
auch ein rein tatsächli-ches
-
Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs -
wenigstens dem Grunde nach
-
unzweideutig ergibt und das deswegen das Vertrauen des Gläubigers begrün-det, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf 7
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Verjährung berufen wird (vgl. etwa Senatsurteile vom 2.
Dezember 2008 -
VI
ZR 312/07, [X.], 230 Rn.
22 und vom 28.
Februar 1969 -
VI
ZR 250/67, [X.], 567 mwN; [X.], Urteil vom
20. Juni 2002 -
IX
ZR 444/00, [X.], 251
Rn.
13; vom 21. November 1996 -
IX
ZR 159/95, NJW 1997, 516, 517 mwN; vom 27. Januar 1999 -
XII
ZR 113/97, NJW 1999, 1101, 1103). Ein solches tatsächliches Anerkenntnis ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schädiger oder der auch insoweit für ihn handelnde Haftpflichtversi-cherer dem Geschädigten bzw. dessen Rechtsnachfolger auf Verlangen Scha-densersatzleistungen erbringt (vgl. Senatsurteil vom 2.
Dezember 2008 -
VI
ZR 312/07, aaO mwN). Denn nach dem Wortlaut des §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] be-ginnt die Verjährung insbesondere dann erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung anerkennt.
b) Ob eine Erklärung des Schuldners die Voraussetzungen eines [X.] [X.]s im Sinne des § 208 [X.] a.F. bzw. des § 212 Abs. 1 Nr. 1 [X.] n.F. erfüllt, ist als Frage der tatrichterlichen Auslegung
im Einzelfall
revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von [X.], Denkgesetzen, [X.] und Verfahrensvorschriften überprüfbar (vgl. [X.]Z 131, 136, 138; Senatsurteil vom 2. Dezember 2008 -
VI
ZR 312/07, aaO; [X.], Urteile
vom 20. Juni 2002 -
IX
ZR 444/00, vom 14. Juni 2000 -
VIII
ZR 73/99, [X.], 3130, 3131 f.).
Die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 12. Juli 1999,

in dem diese befristet bis zum 31.
Dezember 2010 auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet hat, leidet unter solchen Fehlern. Die Revision rügt mit Recht, dass das [X.] die erforderliche Würdigung der gesamten Umstände des [X.] nicht vorgenommen und dabei wesentlichen Tatsachenvortrag der Klägerin übergangen hat

286 ZPO).
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c) Die in
der Berufungsbegründung aufgeführte
Vorkorrespondenz
der Parteien bzw. ihrer Rechtsvorgänger bis zum
Schreiben der Beklagtenseite vom 12. Juli 1999
durfte das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt lassen (vgl. [X.],
Urteile vom 20. Juni 2002 -
IX
ZR 444/00, aaO und vom
14. Januar 1993 -
IX
ZR 76/92, NJW 1993, 1325, 1326).
Danach hatte die Rechtsvorgän-gerin der Beklagten, nachdem sie bereits zuvor auf die Einrede der Verjährung bis zum 31. Dezember 1997 verzichtet hatte, auf eine erneute Bitte der Rechts-vorgängerin der Klägerin um einen weiteren Einredeverzicht in einem [X.] vom 15. Mai 1997 erklärt,
durch ihre vorangegangene letzte Zahlung sei die Verjährung für die nächsten drei Jahre unterbrochen, weshalb davon abgesehen werden könne, über einen längeren [X.]raum auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.
Mit der Erklärung, für einen [X.]raum von 11 ½ [X.] auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, kam
die Beklagte -
worauf sie in der [X.] hingewiesen hat
-
zudem einem Verlangen der Klägerin nach einem unbefristeten Verzicht entgegen. Unter diesen Umständen durfte
das Berufungsgericht nicht ohne weiteres davon ausgehen,
die weitere vorbehaltlose Zahlung vom September 2010 wegen des bis zum 31. Dezember 2010 befristeten [X.] der Beklagten vom 12. Juli 1999 könne mangels eines Vertrauenstatbestandes
nicht als Anerkenntnis im Sinne des §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] verstanden werden.
3. Die Frage, ob die vorbehaltlose Zahlung vom 3.
September 2010 als Anerkenntnis im Sinne des §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] den Lauf der [X.] über den 31.
Dezember 2010
hinaus
bis zum [X.]punkt der Klageerhebung am 26.
Februar 2013 verlängert hat, ist
allerdings
nur dann erheblich, wenn
die Verjährungsfrist zum [X.]punkt dieser Zahlung noch nicht abgelaufen war. Denn ein Anerkenntnis kann mit verjährungsunterbrechender Wirkung (§
208 [X.] a.F., §
212 Abs.
1 Nr.
1 [X.] n.F.) nur innerhalb einer noch laufenden [X.] abgegeben werden (vgl. [X.], 130, 131; [X.], Beschluss vom 11
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7.
Mai 2014 -
XII
ZB 141/13, aaO Rn.
15; [X.], Urteil vom 21. November 1996 -
IX
ZR 159/95,
NJW 1997, 516, 517;
vom 9. Oktober 1986 -
I
ZR 158/84, [X.], 169;
Staudinger/[X.]/[X.], [X.], Bearb. 2014, §
212 Rn.
32; Er-man[X.][X.]-Räntsch, [X.], 14.
Aufl., §
212 Rn.
9 mwN). Den Fest-stellungen des Berufungsgerichts ist jedoch nicht zu entnehmen, ob die [X.] vom 3.
September 2010 innerhalb einer noch laufenden Verjährungsfrist erfolgt ist. Wäre
die Verjährung zum [X.]punkt der Zahlung vom 3.
September 2010 bereits eingetreten
gewesen, wäre
die Beklagte nach Ablauf des befriste-ten [X.] ab dem 1. Januar 2011 berechtigt, die Einrede der [X.] zu erheben.
4. Nach alledem
war
das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht

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9

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zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Galke
[X.]
[X.]

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.05.2013 -
25 O 9/13 -

O[X.], Entscheidung vom 23.01.2014 -
12 U 23/13 -

Meta

VI ZR 87/14

27.01.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2015, Az. VI ZR 87/14 (REWIS RS 2015, 16555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16555

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 87/14

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