Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. VII ZR 24/08

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6458

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 24/08
Verkündet am:

19. Mai 2011

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
633 a.[X.], 242 Be
a)
Muss ein Auftragnehmer erkennen, dass die von ihm vertragsgemäß errich-tete Bodenplatte wegen einer Bauzeitverzögerung im Winter der Gefahr von Rissebildung ausgesetzt sein wird, kann er verpflichtet sein, den Auftragge-ber entsprechend zu informieren.
b)
Kommt er dieser Pflicht nicht nach, löst das keine Gewährleistungsansprü-che, sondern Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Aufklä-rungspflicht aus.
[X.], Urteil vom 19. Mai 2011 -
VII ZR 24/08 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
Mai
2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.], die Richte-rin [X.], [X.]
Eick, [X.] und den Rich-ter Prof.
Leupertz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 18.
Dezember
2007 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en streiten um restlichen Werklohn aus einem Bauvertrag so-wie um die Vergütungspflicht für eine von der Klägerin vorgenommene [X.] und deren Abnahme.
Mit Bauleistungsvertrag vom 28.
September
2001 beauftragte die [X.] die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B zum Pauschalfestpreis von 49.244.000
DM mit der Planung und Erstellung der Baugrube und der circa 350
m x
150
m großen Bodenplatte nebst Auftriebssicherung bei einem Bau-1
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-
vorhaben in M. Die Klägerin führte die Arbeiten aus. Die auf den Lastfall
1 ([X.] im Bauzustand) ausgelegte Bodenplatte nahm die Beklagte am 24.
Juli
2002 ab.
Nachdem die Bodenplatte im Winter 2002/2003 noch nicht vollständig überbaut war und auch keine Maßnahmen ergriffen worden waren, sie gegen [X.] zu schützen, kam es zu einer erheblichen Rissebildung. Diese wäre [X.] worden, wenn die Klägerin die Bodenplatte für den Lastfall
2 (jahres-zeitlich bedingte zentrische Abkühlung im Bauzustand) ausgelegt hätte. Die Klägerin hat diesen Lastfall nicht in ihre
Planung einbezogen, weil sie auf Grundlage der ihr vorliegenden [X.] der [X.] von einer recht-zeitigen Überbauung der Bodenplatte ausgegangen war.
Die Klägerin sanierte bis zum 6.
Februar
2004 die bis dahin aufgetrete-nen Risse. Die in der Folgezeit aufgetretenen weiteren Risse überarbeitete die Klägerin nicht.
Sie verlangt von der [X.] die Abnahme der durchgeführten [X.] und die Bezahlung der dafür abgerechneten 6.593.857,59

b-nahme und Bezahlung der Rissesanierung verweigert die Beklagte, weil es sich insoweit nicht um vergütungspflichtige Leistungen, sondern um kostenlos zu erbringende Mängelbeseitigungsarbeiten handele, die zudem im Hinblick auf die neu aufgetretenen Risse auch nicht abgeschlossen seien.
Des
Weiteren beansprucht die Klägerin aus dem Bauleistungsvertrag ei-nen restlichen Werklohn von 309.677,45

o-ckelbeschichtungsarbeiten restliche 86.421,32

Sie
behauptet, die [X.]en hätten sich in einer Verhandlung vom 16.
Juli
2004 auf den der Klägerin noch zustehenden Werklohn geeinigt, so dass nach Abzug der Abschlagszahlungen diese Beträge zu zahlen seien.
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4
-
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dass die auf den
Lastfall
1 beschränkte Ausführung der Bodenplatte mangelhaft sei. Die auf Zahlung restlichen [X.] für die [X.] und auf Restwerklohn aus dem Bauleistungsvertrag vom 28.
September
2001 ge-richtete Klage hat das [X.] wegen fehlender Nachvollziehbarkeit und völliger Unsubstantiiertheit abgewiesen. Die gegen dieses Urteil eingelegte Be-rufung hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Rechtsverhältnis der [X.]en ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis 31.
Dezember
2001 gültigen Fassung anwendbar (Art.
229 §
5 EGBGB).

I.
Das Berufungsgericht teilt hinsichtlich der geltend gemachten restlichen [X.] die Auffassung des [X.]s. Der im Berufungsver-fahren wiederholte Vortrag der Klägerin, am 16.
Juli
2004 sei die Berechtigung dieser Forderungen vereinbart worden, sei weiterhin unsubstantiiert und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich; ein Gesprächsverlauf zwischen genau be-zeichneten Gesprächsteilnehmern werde nicht dargestellt.
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5
-
Die zur Beseitigung der Risse vorgenommenen Arbeiten bewertet das Berufungsgericht als nicht vergütungspflichtige Maßnahmen zur [X.]. Es lässt offen, ob die Klägerin bei der Planung der Bewehrung der [X.] den Lastfall
2 hätte berücksichtigen müssen. Die Klägerin sei [X.] deshalb für die Rissebildung verantwortlich, weil sie die Beklagte pflichtwid-rig nicht rechtzeitig und eindeutig darauf hingewiesen habe, dass sie in die Pla-nung der Bewehrung der Bodenplatte den Fall nicht einbezogen habe, dass diese im Winter ungeschützt dem [X.] ausgesetzt sein werde. Wegen des ge-änderten Bauablaufs sei für die Klägerin spätestens zu Beginn des Sommers 2002 ersichtlich gewesen, dass die Bodenplatte im Winter 2002/2003 nicht [X.] überbaut sein werde und die Beklagte keinerlei Problembewusstsein hinsichtlich der [X.]beständigkeit gehabt habe. Die Hinweispflicht sei Teil der Leistungspflicht der Klägerin. Wie eine "Gebrauchsanleitung" zur abgelieferten Planung schulde der [X.] die Erläuterung, ob auf der Grundlage der Ände-rung der Planungsgrundlagen seine Planung noch Bestand habe oder [X.] bestünden. Ein Mitverschulden der [X.] gemäß §
254 BGB sei nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin keinen Schadensersatz, sondern eine Wer-klohnforderung geltend mache. Die Abnahme der durchgeführten Rissesanie-rung könne die Klägerin nicht verlangen. Denn diese sei im Hinblick auf die neu aufgetretenen Risse mangelhaft.

II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht
den Vortrag der Klägerin als unsubstantiiert angesehen, die [X.]en hätten sich hinsichtlich der Rest-werklohnforderungen aus dem Bauleistungsvertrag vom 28.
September
2001 11
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und der Zusatzvereinbarung betreffend die [X.] in [X.] Verhandlung am 16.
Juli
2004 auf den Werklohn geeinigt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Per-son entstanden erscheinen zu lassen ([X.], Urteil vom 4.
Juli
2000 -
VI
ZR
236/99, [X.], 3286, 3287; Urteil vom 21.
Januar
1999 -
VII
ZR
398/97, [X.], 648
=
[X.] 1999, 194; Urteil vom 29.
September
1992 -
X
ZR
84/90, NJW-RR 1993, 189; Urteil vom 12.
Juli
1984 -
VII
ZR
123/83, [X.], 667 =
[X.] 1984, 289). Die Angabe von Einzelhei-ten zu dem Ablauf bestimmter Ereignisse ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind ([X.], Urteile vom 4.
Juli
2000 -
VI
ZR
236/99; vom 21.
Januar
1999 -
VII
ZR
398/97 und vom 12.
Juli
1984
-
VII
ZR
123/83, jeweils aaO). Dementsprechend ist eine [X.] grundsätzlich nicht gehalten, zur Substantiierung einer Klage, die sich auf eine getroffene Einigung stützt, zu den Umständen dieser Vereinbarung, wie Zeit, Ort oder teilnehmende Personen, detailliert vorzutragen (vgl. [X.], Urteil vom 2.
April
2007 -
II
ZR
325/05, NJW-RR 2007, 1483, 1486;
Beschluss vom 1.
Juni
2005 -
XII
ZR
275/02, NJW 2005, 2710, 2711). Diese Umstände sind Gegenstand der Beweisaufnahme; diese kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass sie von der beweispflichtigen [X.] im Einzelnen vorgetragen werden ([X.], Urteil vom 21.
Januar
1999 -
VII
ZR
398/97, [X.], 648 =
[X.] 1999, 194). Zu einer näheren Darlegung kann eine [X.] allerdings ge-zwungen sein, wenn die Gegenpartei ihre Darstellung substantiiert angreift ([X.], Urteil vom 20.
September
2002 -
V
ZR
170/01, NJW-RR 2003, 69). Denn der Umfang der jeweils erforderlichen Substantiierung bestimmt sich aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag ([X.], Urteil vom 3.
Februar
1999 -
VIII
ZR
14/98, [X.], 1404).
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-
b) Nach diesen Maßstäben durfte das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nicht als unsubstantiiert zurückweisen. Die Klägerin hat behauptet, die [X.]en hätten sich in einer Verhandlung vom 16.
Juli
2004 hinsichtlich der [X.] auf eine Vergütung von
127.800

Hauptvertrags auf einen Betrag von 1.264.961,83

nach [X.] von Abschlagszahlungen noch die geltend gemachten Beträge von 86.421,und 309.677,45

zu zahlen seien. Die Beklagte hat eingeräumt, dass hinsichtlich der Vergütung für die Sockelbeschichtung ein Betrag von 127.600

r-trag hat sie vorgetragen, in der Verhandlung vom 16.
Juli
2004 habe man sich lediglich über Einzelpositionen geeinigt und es könne nicht nachvollzogen wer-den, wie diese Einigung zu der Restforderung führe. Es bestand bei dieser [X.] der [X.] kein Anlass, die Verhandlung vom 16.
Juli
2004 in allen Details wiederzugeben. Insbesondere musste die Klägerin nicht angeben, mit welchen Gesprächspartnern der unstreitigen Besprechung vom 16.
Juli
2004 und auf Grundlage welchen [X.] die behauptete Einigung [X.] hat. Zu einer solchen näheren Darlegung wäre sie verpflichtet gewesen, wenn die Beklagte ihre
Behauptung, man habe sich lediglich über Einzelpositi-onen geeinigt, ihrerseits substantiiert hätte. Das ist jedoch nicht geschehen.
2. Rechtsfehlerhaft sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, soweit es eine Vergütungspflicht für die Sanierungsleistungen der Klägerin schon deshalb verneint, weil ihre Werkleistung
mangelhaft sei und deshalb die Maßnahmen der Klägerin als Mängelbeseitigungsarbeiten
einzuordnen seien.
a) In der Revision ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihren [X.] auf Vergütung der Sanierungsleistungen auf eine konkludente Vereinba-rung der [X.]en dahin stützt, wonach die Klägerin bei ungeklärter Verantwor-tung für die Rissebildung die Sanierungsmaßnahmen vornimmt und einen An-15
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spruch auf Erstattung derjenigen Kosten hat, die der Auftraggeber nach der [X.] Rechtslage zu übernehmen oder mit denen er sich zu beteiligen hat (vgl. [X.], Urteil vom 5.
November
1998 -
VII
ZR
236/97, [X.], 252, 253 =
[X.] 1999, 99). Zu einer solchen Vereinbarung trifft das Berufungsgericht zwar keine Feststellungen. Dass die Klägerin von einer Beauftragung durch die Beklagte mit einer (entsprechenden) Vergütungspflicht ausgeht, ergibt sich
je-doch schon daraus, dass sie die Abnahme ihrer Sanierungsleistung verlangt. Eine solche Vereinbarung kann konkludent geschlossen werden und liegt auch in einem Fall wie dem vorliegenden nahe, in dem
die Sanierung bei ungeklärter Verantwortung im Einverständnis des Auftraggebers durch den Auftragnehmer vorgenommen wird.
b) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin keine Vergütung für die Sanierung der Risse verlangen kann, wenn sie diese im Rahmen ihrer Gewährleistungspflicht ohne eine Kostenbeteiligung der [X.] nachbessern musste. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen jedoch diese Annahme entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.
aa) Die [X.]en streiten insoweit darüber, ob die Klägerin nach den ge-troffenen Vereinbarungen eine Bodenplatte schuldete, die für den Lastfall
2 ge-eignet war, und ob Gegenstand der Vereinbarung war, dass
die Bodenplatte
im Winter überbaut sein werde. Das Berufungsgericht hat entgegen der Bewertung des [X.]s einen Mangel der Werkleistung der Klägerin nicht darin gese-hen, dass die Bewehrung der Bodenplatte nicht für den Lastfall
2 ausgelegt ist. Es hat ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die Klägerin eine Bodenplatte schuldete, die für diesen Lastfall geeignet ist, so dass sowohl offen bleibt, ob die vertraglichen Vorgaben diesen Lastfall vorsahen als auch, ob die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion diesen Lastfall umfassen musste.

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-
bb) Das Berufungsgericht trifft keine Entscheidung dahingehend, dass die Klägerin ihre Hinweispflicht nach §
4 Nr.
3 VOB/B verletzt habe. Die Verlet-zung dieser Hinweispflicht kommt in Betracht, weil der Klägerin nach der Beur-teilung des Berufungsgerichts bereits zu Beginn des Sommers 2002 bewusst war, dass die Beklagte ihren Zeitplan wohl nicht einhalten werde und daraus entnehmen konnte, dass die Bodenplatte im Winter 2002/2003 nicht vollständig überbaut sein werde. Es ist danach nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin in einem Zeitpunkt von der Untauglichkeit der vorgesehenen
Bodenplatte für die absehbare Entwicklung des Bauwerks erfahren hat, in
dem die Planung
und Ausführung
noch hätten
geändert werden können. Die Abnahme der Leistun-gen der Klägerin erfolgte erst am 24.
Juli
2002. Da das Berufungsgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat, ist in der Revision zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die Klägerin
erst in einem Zeitpunkt von dem verän-derten Zeitplan erfahren hat, in dem ein Hinweis nach §
4 Nr.
3 VOB/B nicht mehr dazu geführt hätte, dass eine den Lastfall 2 berücksichtigende Bodenplat-te errichtet worden wäre.
cc) Auf dieser Grundlage kann eine Gewährleistungspflicht der Klägerin nicht bestehen. Ist davon auszugehen, dass ein etwa erforderlicher Hinweis der Klägerin auf die Untauglichkeit der Bodenplatte nach Veränderung des Bauzeit-plans nicht dazu geführt hätte, dass eine andere Bodenplatte errichtet worden wäre, so ist die Klägerin von der Mängelhaftung befreit, §
13 Nr.
3 VOB/B. Ein solcher Fall könnte hier vorliegen, etwa weil die Bodenplatte bei rechtzeitigem Hinweis schon ganz oder teilweise errichtet war und möglicherweise ein [X.] Neubau notwendig gewesen wäre, von dem die Beklagte abgesehen hätte. Ein Unternehmer ist auch dann von der Gewährleistungspflicht frei, wenn er zwar seine [X.]pflicht
nicht erfüllt hat, jedoch feststeht, dass der [X.] nicht zu einer Abänderung seiner Leistungspflicht geführt [X.]
([X.], Urteil vom 8.
November
2007 -
VII
ZR
183/05, [X.]Z 174, 110, Rn.
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10
-
m.w.[X.]). Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer mit der Planung des Wer-kes beauftragt ist und sich aufgrund des [X.]es auch seine Pla-nungspflichten ändern können. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Un-ternehmer schulde in einem solchen Fall die Aufklärung über die bestehende Funktionsuntauglichkeit wie eine "Gebrauchsanleitung" zur abgelieferten Pla-nung, kann diese Grundsätze nicht in Frage stellen. Allein die Verletzung von Aufklärungspflichten begründet
die Mängelhaftung nicht (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November
2007 -
VII
ZR
183/05, aaO, Rn.
22).

III.
Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben. Für die
neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Ist die Klägerin gewährleistungspflichtig, weil sie eine Bodenplatte her-zustellen hatte, die für den Lastfall
2 geeignet
ist, kann sie,
vorbehaltlich eines Mitverschuldens der [X.], bei der Entstehung des Schadens, keine [X.] beanspruchen.
2. Ist die Klägerin nicht gewährleistungspflichtig, so kann sie gleichwohl keine Vergütung fordern, wenn sie nach Maßgabe der getroffenen Vereinba-rungen aufgrund eines Schadensersatzanspruches der [X.] wegen der Verletzung einer Aufklärungspflicht verpflichtet wäre, die Beklagte in Höhe der Sanierungskosten schadlos zu stellen. Insoweit ist auf Folgendes hinzuweisen:
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin auch dann zu einer Aufklärung über die eingeschränkte Wintertauglichkeit der Bodenplatte verpflichtet war,
wenn sie
nicht mehr zu einer Änderung der Aus-führung geführt hätte. Es ist allgemein anerkannt, dass der Auftragnehmer 22
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11
-
selbst nach der Abnahme verpflichtet ist,
im Rahmen des ihm Zumutbaren eine Vereitelung oder Gefährdung des Vertragszwecks zu verhindern ([X.], Urteil vom 14.
Dezember
1954 -
I
ZR
65/53, [X.]Z 16, 4, 10; Urteil vom 7.
März
1956 -
V
ZR
106/54, [X.]Z 20, 169; Urteil vom 25.
Juni
1973 -
II
ZR
26/72, [X.]Z 61, 176; Urteil vom 8.
Juli
1982 -
VII
ZR
314/81, [X.], 70 =
[X.] 1983, 16).
Diese Pflicht ergibt sich aus der nach [X.] und Glauben vorzunehmenden Aus-legung des Vertrages, §§
133, 157 BGB. Als Folge können sich in Anbetracht der in diesem Rahmen zu berücksichtigenden beiderseitigen Interessen vor allem für jede [X.] Auskunfts-, Aufklärungs-
oder Obhutspflichten ergeben ([X.], Urteil vom 14.
September
1999 -
X
ZR
89/97, [X.], 262, 263 =
NZBau 2000, 196 =
[X.] 2000, 42). Eine solche Aufklärungspflicht kann be-stehen, wenn der Unternehmer erkennt, dass das von ihm geschaffene Werk in nicht vorhergesehener Weise Risiken aus Umwelteinflüssen ausgesetzt ist, für die es nicht ausgelegt ist.

b) Auf dieser Grundlage ist es nicht zu beanstanden, wenn
das Beru-fungsgericht der Klägerin die Pflicht auferlegt, die insoweit nicht informierte [X.] darüber aufzuklären, dass der neue Bauzeitplan eine Gefährdung für die Bodenplatte mit sich bringt. Die Klägerin hatte als mit der Planung der Boden-platte beauftragte Unternehmerin die überlegene Sachkunde. Sie hatte unter den gegebenen Umständen die Beklagte darüber zu informieren, dass die [X.] für die bisher nicht vorgesehenen Bauumstände nicht ausgelegt war,
und sie über die damit verbundenen Risiken
aufzuklären.
aa) Voraussetzung für eine schuldhafte Verletzung der Aufklärungspflicht ist, dass die Klägerin wusste oder zumindest hinreichende Anhaltspunkte dafür hatte (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Juli
1982 -
VII
ZR
314/81, aaO), dass die Boden-platte im
Winter 2002/2003 nicht hinreichend gegen [X.]einwirkung geschützt sein werde. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen 26
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-
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-
nicht die Verletzung einer Aufklärungspflicht bereits zu Beginn des Sommers 2002. Auch wenn sich zu diesem Zeitpunkt eine Vermarktungsschwäche ab-zeichnete, folgt daraus nicht zwingend, dass die Bodenplatte im Winter nicht überbaut sein würde.
bb) Von einer Hinweispflicht war die Klägerin nicht deshalb entbunden, weil die Beklagte den Deutschen Beton-
und Bautechnik-Verein (im Folgenden: [X.]) mit der begleitenden betontechnischen Betreuung und Beratung [X.] hatte. Denn die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die ihr die gesi-cherte Erkenntnis verschafft hätten, dass der [X.] die Beklagte unter Hinweis auf die ansonsten zu erwartende gravierende Rissebildung auf die Dringlichkeit einer vollständigen Überbauung der Bodenplatte vor Eintritt der [X.]periode oder die ansonsten unbedingte Notwendigkeit von Wintersicherungsmaßnah-men hinweisen werde und ein Hinweis ihrerseits daher entbehrlich sei.
c) Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang auch zu prüfen haben, inwieweit der [X.] durch eine Verletzung der Hinweispflicht ein Schaden entstanden ist. Insoweit muss sowohl geklärt werden, wie die Beklagte auf einen solchen Hinweis reagiert hätte, als auch, wie sich ihre Vermögenslage nach einem solchen Hinweis gestaltet hätte.
3. Das Berufungsgericht wird erneut ein Mitverschulden der [X.] zu prüfen haben.
Insoweit muss das Berufungsgericht erwägen, ob die Beklagte ihrerseits alles Erforderliche getan hat, die sich aus der Verzögerung des [X.] ergebenden Risiken planerisch zu erfassen und abzudecken. Denn für die Koordination der Baustelle war -
wovon in der Revision auszugehen ist
-
die Beklagte zuständig. Sie musste deshalb -
sofern die Klägerin nicht vertraglich eine solche schuldete
-
von sich aus prüfen, ob die Bodenplatte für den [X.] ausgelegt war. Zudem ist zu prüfen, ob die ihr erteilten Hinweise des [X.]
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13
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der [X.] nicht Anlass gaben, der Frage der Wintertauglichkeit der Boden-platte auch ohne einen Hinweis der Klägerin nachzugehen. Jedenfalls durfte die Beklagte in ihrem eigenen Interesse nicht die Augen vor einem insoweit of-fen liegenden Problem verschließen (vgl. [X.], Urteil vom
10.
Februar
2011 -
VII
ZR
8/10, [X.], 869, 874).
4. Der Senat kann auch nicht selbst entscheiden, soweit die Klägerin auf Abnahme ihrer bereits erfolgten Rissesanierung klagt. Eine Abnahmepflicht der [X.] scheidet allerdings selbst dann aus, wenn sie einen Sanierungsauf-trag unter den genannten Bedingungen erteilt haben sollte und die Sanierung noch nicht im Wesentlichen fertig
gestellt ist. Das Berufungsgericht trifft jedoch keine Feststellungen zum Inhalt des erteilten Auftrages, der -
auch wenn das wenig wahrscheinlich
sein dürfte
-
dahin gelautet haben könnte, nur die im Zeit-punkt der Auftragserteilung festgestellten Risse zu beseitigen.

[X.]
[X.]
Eick

[X.]

Leupertz

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 10.10.2006 -
2 O 4748/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.12.2007 -
9 U 5448/06 -

31

Meta

VII ZR 24/08

19.05.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. VII ZR 24/08 (REWIS RS 2011, 6458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6458

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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