Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2012, Az. VI ZR 288/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4602

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 288/11
Verkündet am:

17. Juli 2012

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2012 durch den Vorsitzenden [X.], den
Richter Wellner, die Richterinnen
Diederichsen und von [X.] und [X.] Remmert
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 19.
September
2011 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der
Kläger verlangt
von der [X.] Schadensersatz wegen einer [X.].
Nach Eingang der Klage hat der Vorsitzende der mit der Sache befass-ten Zivilkammer des [X.]s
in Zusammenhang mit der Zustellung nach §
183 ZPO durch
Verfügung vom
7. Oktober
2009
angeordnet, dass der [X.] im Hinblick auf das angeordnete schriftliche Vorverfahren eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der [X.] gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen gemäß §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Auf die an-derenfalls eintretenden rechtlichen Folgen
der Zustellung von Schriftstücken durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift der [X.]
hat der Vorsitzende hingewiesen.
Diese Verfügung und die Klageschrift sind der [X.] am 1
2
-

3

-

18.
Februar
2010
nach Maßgabe des [X.] über die Zustel-lung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil-
und Handelssachen vom 15.
November 1965 ([X.] 1977 II S.
1452, 1453; im [X.] [X.]) zugestellt worden. Nach dem Ablauf der Frist zur Anzeige der [X.] hat das [X.] die Sache auf den Einzelrichter übertragen. Dieser hat die Beklagte am 25. März 2010
durch Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt und die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt. Das Urteil ist nach dem
Vermerk der Urkundsbeamtin am 29. März 2010
unter der Anschrift der
[X.] zur Post aufgegeben worden. Auf Antrag des
Klä-gers
ist das Versäumnisurteil am 23.
März
2011 der [X.] erneut förmlich
nach Maßgabe des [X.]
zugestellt worden. Am 4.
April
2011 hat die Beklagte Einspruch dagegen eingelegt. Mit Urteil vom 20.
Juni
2011 hat das [X.] den Einspruch als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil und das Urteil des [X.]s vom 20.
Juni 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das [X.] zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das [X.] habe den [X.] gegen das Versäumnisurteil zu Recht gemäß §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO als unzulässig verworfen, weil er nicht rechtzeitig eingelegt worden sei.
Nach §
184 Abs.
2 Satz
1 ZPO gelte das Versäumnisurteil zwei Wochen nach der am 29. März
2010
erfolgten Aufgabe zur Post, mithin am 12.
April 3
4
-

4

-

2010, als zugestellt. Daher sei die auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist bereits am 3. Mai
2010 abgelaufen. Die Regelungen in §
184 ZPO seien weder verfassungswidrig noch verletze ihre Anwendung das [X.]. Sowohl die [X.] als auch die vom Vorsitzenden getroffene Anordnung zur Bestellung ei-nes Zustellungsbevollmächtigten nach §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO seien ord-nungsgemäß zugestellt worden. Die Beklagte habe danach mit Zustellungen durch Aufgabe zur Post im weiteren Verfahren rechnen müssen. Sie hätte eine rechtzeitige Kenntnisnahme von [X.] Entscheidungen und Rechts-behelfsmöglichkeiten sicherstellen können.
Die Anordnung nach §
184 ZPO
erfordere
nicht zwingend die Form eines
Gerichtsbeschlusses. Es
genüge die Anordnung des Vorsitzenden. Das Zustel-lungsreformgesetz vom 25.
Juni 2001 ([X.]
I S.
1206), durch das §
184 ZPO an die Stelle des §
174 Abs.
1 ZPO a.
F. getreten ist, habe lediglich die in §
20 Nr.
7 RPflG vorgesehene Zuständigkeitsübertragung auf den Rechtspfleger aufgehoben; ein Wille des Gesetzgebers, den gesamten Spruchkörper mit der Entscheidung zu befassen, lasse die Gesetzesbegründung hingegen nicht er-kennen. Da der Vorsitzende auch sonst Zustellungen alleine anordne, sei nicht ersichtlich, warum gerade in Fällen des §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO
der Spruch-körper entscheiden müsse. Auch wenn die Anordnung mangels einer [X.] der Ermessensausübung fehlerhaft wäre, sei sie deswegen jedenfalls nicht nichtig.
Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 25.
März
2010
und
dem Vermerk des [X.] vom 29. März
2010, bestätigt durch die Ur-kundsbeamtin der Geschäftsstelle ergebe sich, dass das Versäumnisurteil zwecks Übersendung an die Beklagte am 29.
März
2010 zur Post aufgegeben worden sei. Der nachgeholte Vermerk nach §
184 Abs.
2 Satz
4 ZPO heile den zunächst bestehenden Mangel der Beurkundung, der
von der [X.] gerügt
5
6
-

5

-

worden
sei. Dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Vermerk unter dem Datum der Aufgabe zur Post aufgenommen habe, obwohl dieser erst nach Einlegung der Berufung durch das Berufungsgericht
veranlasst worden
sei, [X.] die Beurkundung nicht unwirksam. Erkenntnisgrundlage für die [X.] sei der Aktenvermerk des Leiters der Wachtmeisterei über die Übergabe des Schriftstückes an das zuständige Postunternehmen. Der [X.] müsse nicht
selbst
das Schriftstück an die
Post übergeben. Er dürfe sich angesichts des Massengeschäfts der Zustellung durch Aufgabe zur Post auf die Erklärung des zuständigen [X.] in Form eines Ak-tenvermerks genauso verlassen wie auf eigene Wahrnehmungen.
Bis zur Zu-stellung durch Aufgabe zur Post habe sich weder ein inländischer [X.] noch ein Prozessbevollmächtigter für die Beklagte bestellt.
Die auf Antrag des
Klägers
erfolgte
nochmalige Zustellung des [X.] am 23.
März
2011 habe die bereits verstrichene Einspruchsfrist nicht erneut in Lauf setzen können. Durch eine wiederholte Zustellung könne ein bereits rechtskräftiges Urteil seine formelle Rechtskraft nicht verlieren. [X.] ändere die Rechtsmittelbelehrung nichts, mit der das Versäumnisurteil bei der förmlichen
Zustellung versehen gewesen sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil bei der Frage des Verschuldens zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte aufgrund der Zustellung der Klageschrift und der Anordnung, einen
Zustellungsbevollmächtigten
zu benennen, Kenntnis davon gehabt habe, dass
Zustellungen künftig zu erwarten seien.
Der unzulässige Einspruch nach §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO sei ohne Sachprüfung und ohne Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens des mit dem Einspruch angefochtenen Versäumnisurteils zu verwerfen. Auf die von der [X.] erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit komme es nicht weiter an.
7
8
-

6

-

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Das [X.]
hatte
auf den Einspruch der [X.] gegen das Versäumnisurteil gemäß §
341 Abs.
1 Satz
1 ZPO zunächst nur zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und in der ordnungsgemäßen Form und Frist eingelegt worden ist. Da die Beklagte die Einspruchsfrist nicht gewahrt hat, musste der Einspruch gemäß §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO ohne Sachprüfung und ohne Rücksicht auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des [X.] verworfen werden ([X.], Beschluss vom 5.
März 2007 -
II
ZB
4/06, NJW-RR 2007, 1363 Rn.
9
ff.; [X.]/Pukall, ZPO, 4.
Aufl., §
341 Rn.
1).
Entgegen der Auffassung der Revision schmälert der beschränkte [X.] nicht den Anspruch der [X.]
auf rechtliches Gehör und auf wirkungsvollen Rechtsschutz in rechtswidriger Weise (vgl. zur Einspruchsfrist in Verfahren vor dem [X.], Beschluss vom 15.
Januar 1974
-
2
BvL 9/73, [X.] 36, 298, 301
ff.). Er beruht auf dem die rechtliche
Aus-gestaltung des [X.] prägenden Gedanken, im Interesse der Prozessbeschleunigung eine -
auch durch ein fehlerhaftes
-
Versäumnisurteil gewarnte [X.] zu besonders sorgfältiger Prozessführung anzuhalten. Der [X.] auf rechtliches Gehör
der [X.], gegen die ein Versäumnisurteil ergan-gen ist, ist im Interesse an einem zügigen Verfahrensfortgang auf den fristge-bundenen Einspruch beschränkt. Wegen der Verletzung der prozessualen [X.] sind der säumigen [X.] die Rechtsnachteile durch ein vor-läufig vollstreckbares Versäumnisurteil zuzumuten (vgl. [X.]/Pukall, ZPO, 4.
Aufl., vor §
330 Rn.
1). Sie unterliegt im Einspruchsverfahren einer verschärf-ten Prozessförderungspflicht (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
340
Rn.
6). Der fristgebundende
Einspruch genügt dem Anspruch auf rechtliches 9
10
11
-

7

-

Gehör des Säumigen, denn er versetzt den Prozess in die Lage, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (§
342 ZPO).
Die mit dem Einspruchsverfahren verbundenen allgemeinen
Erschwer-nisse für die Inanspruchnahme des rechtlichen Gehörs, die sich aus der Einhal-tung der Einspruchsfrist ergeben, treffen die im Ausland ansässige [X.] -
wie die Beklagte
-
grundsätzlich nicht schärfer als die im Inland ansässige [X.]. Auch die inländische [X.] ist an die Einspruchsfrist gebunden und kann bei [X.] des Einspruchs nicht mehr geltend machen, ihr sei die Ladung zur mündlichen Verhandlung oder auch ein anderes das Verfahren betreffende Schriftstück nicht oder nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Ist -
wie hier
-
die Klageschrift als verfahrenseinleitendes
Schriftstück der beklagten [X.] ordnungsgemäß zugestellt und die in §
184 Abs.
2 Satz
3 ZPO vorgesehene Belehrung erteilt worden, erfordert die Situation der im Ausland ansässigen [X.] keinen weitergehenden Rechtsschutz. Das mit der Zustellung des ver-fahrenseinleitenden Schriftstücks entstehende Prozessrechtsverhältnis begrün-det eine Prozessförderungspflicht auch des Prozessgegners, die es im Interes-se der klagenden [X.] an einem effektiven Rechtsschutz rechtfertigt, der im Ausland ansässigen [X.] aufzuerlegen, eine inländische Zustellungsmöglich-keit zu schaffen. Die Wirksamkeit der Verpflichtung, einen Zustellungsbevoll-mächtigten zu benennen, hängt
allerdings
von der wirksamen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab (vgl.
Senatsurteil vom 10. November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 511;
OLG [X.], Urteil vom 26.
September 2011 -
5
[X.], juris Rn.
31; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
183 Rn.
81). Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird durch eine Inlandszustellung durch Aufgabe zur Post der Verfahrensverzögerung infolge den Verfahrensgang hemmender Zustellungen im Ausland entgegengesteuert. Aufgrund des Hinweises auf die Folgen
der Nichtbenennung eines [X.] ist der Adressat, dem Schriftstücke gemäß §
184 Abs.
1 12
-

8

-

Satz
2 ZPO durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, hinreichend über die rechtlichen Folgen unterrichtet. Bei einem verspäteten Einspruch bedarf es da-nach auch unter Berücksichtigung des Anspruchs der im Ausland ansässigen [X.] auf ein
faires
Verfahren und auf
rechtliches
Gehör keines über §
341 Abs.
1 ZPO hinausgehenden Prüfungsumfangs.
Dem gemäß §
184 Abs.
2 Satz
3 ZPO belehrten Adressaten im Ausland bleibt es unbenommen, mit Hilfe des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer unverschulde-ten
Versäumnis der Einspruchsfrist
seine Rechte zu wahren.
2. Die Regelung des §
184 Abs.
1 Satz
2 ZPO, die eine Zustellung durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift des außerhalb des [X.]gebiets und außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung ([X.]) Nr.
1393/2007 des [X.] und des Rates vom 13.
November 2007 über die Zu-stellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-
oder Han-delssachen in den Mitgliedst[X.]ten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr.
1348/2000 ([X.]. 2007 L 327, S.
79; im Folgenden: [X.]) ansässigen Zustellungsadressaten erlaubt, ist im Streitfall weder durch völkerrechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen
noch verletzt sie Verfahrensgrundrechte der [X.] oder verstößt gegen Art.
6 Abs.
1 [X.].
a) Die Beklagte ist in der [X.] und damit im Ausland außerhalb des Anwendungsbereichs der [X.] (Art.
1 Abs.
1 Satz
1 [X.]) ansässig. [X.] ist die in §
184 Abs.
1 Satz
2 ZPO vorgesehene Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht durch die vorrangigen Regelungen der [X.] (vgl. §
183 Abs.
5 Satz
1 ZPO) ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Februar 2011 -
VIII
ZR 190/10, [X.]Z 188, 164 Rn.
17
ff. mit zustimmender Anmerkung [X.]/[X.], [X.] 2011, 441
ff.; a.A. [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
183 Rn.
79a). Entgegen der Auffassung der Revision kann daraus nicht her-geleitet werden, dass auch die Regelungen des [X.] den Zustellungsvorschrif-13
14
-

9

-

ten in §
184 ZPO vorgingen. Der nationale Gesetzgeber hat nur die von den [X.] erfassten grenzüberschreitenden Zustel-lungen nicht in die zur Durchführung von [X.] aufgrund völ-kerrechtlicher Vereinbarungen getroffenen Regelungen des §
183 ZPO inte-griert (vgl.
[X.], Urteil vom 2. Februar 2011 -
VIII
ZR 190/10, [X.]O [X.]). Die von der Revision in den Blick genommene Anwendung über den Wortlaut [X.] widerspräche dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach der [X.] einer Regelung einer vom Wortlaut nicht mehr gedeckten Anwendung
widerspricht.
b) Die Regelung des
§
184 Abs.
1 Satz
2 ZPO zur Zustellung durch [X.] zur Post verletzt weder den Anspruch der ausländischen [X.] auf [X.] Gehör noch ihr Recht auf ein faires Verfahren (vgl. zu §§
174, 175 ZPO a.F., wonach es nicht einmal einer Belehrung über die Folgen der Unterlassung der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten bedurfte: Senatsurteil vom 10.
November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 513 und [X.], [X.] vom 19. Februar 1997 -
1
BvR 1353/95, NJW 1997, 1772).
Den berech-tigten Interessen beider [X.]en eines Rechtsstreits auf effektiven Rechts-schutz wird im Einzelfall hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Zu-stellung durch Aufgabe zur Post nicht obligatorisch, sondern aufgrund einer im pflichtgemäßen
Ermessen des Gerichts stehenden Anordnung erfolgt. Die nach §
184 Abs.
2 Satz
3 ZPO bestehende Pflicht, über die [X.] zu be-lehren, stellt außerdem sicher, dass die im Ausland ansässige [X.] sich der drohenden Rechtsnachteile bewusst wird und diese durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten vermeiden kann.
c)
Auch Art.
6 Abs.
1 [X.] gewährt der [X.] keine weitergehende Rechtsposition. Die [X.] hat es für Ausländer als zumutbar erachtet, Anstrengungen zu unternehmen, um sich 15
16
-

10

-

über den Inhalt ihnen zugestellter amtlicher Schriftstücke Gewissheit zu [X.]. Dementsprechend muss ein im Ausland lebender Rechtsmittelführer selbst für die Einhaltung der Einlegungs-
und Begründungsfristen sorgen. Ganz allgemein gilt, dass die prozessrechtliche Ausgestaltung des [X.] weitgehend den einzelnen Vertragsst[X.]ten überlassen bleibt. Hierbei bestehen weite Gestaltungsspielräume (vgl. Senatsurteil vom 10.
November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 513
f. [X.]). Allerdings sind auch sogenannte versteckte Diskriminierungen verboten, nämlich Rege-lungen, die die benachteiligende Rechtswirkung zwar nicht ausdrücklich an die [X.] anknüpfen, deren Voraussetzungen jedoch typischer-weise nur bei Ausländern gegeben sind. Eine offene oder versteckte [X.] enthält §
184 Abs.
1 Satz 2 ZPO nicht. Eine solche
scheidet schon deshalb aus, weil die Obliegenheit zur Bestellung von [X.] unter den Voraussetzungen von §
184 Abs.
1 ZPO auch Inländer trifft (siehe auch [X.], [X.] 1990, 90, 93). Abgesehen davon kann nur dann eine Diskriminierung vorliegen, wenn die vorgenommene Differenzierung nicht sach-lichen Unterschieden des zu regelnden Sachverhalts Rechnung trägt ([X.], Urteil vom 10.
Februar 1994 -
Rs. C -
398/92, NJW 1994, 1271 f.). Denn Art.
6 Abs.
1 [X.] ist eine Ausprägung des Gleichheitssatzes, wonach Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart nach verschieden zu behandeln ist. Die in §
184 Abs.
1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anknüpfung der Pflicht zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten an den Umstand, dass die [X.] über keine Zustellungsmöglichkeit im Inland verfügt, trägt einem sachlichen Unterschied Rechnung. Dieser besteht in der Gefahr der ständigen Verzögerung eines Ver-fahrens, an dem eine im Ausland ansässige
[X.] beteiligt ist, wenn für jede gerichtliche Zustellung im Laufe des Verfahrens der gegenüber dem innerst[X.]t-lichen Zustellungsverfahren umständliche und langwierige Weg der internatio--

11

-

nalen Rechtshilfe beschritten werden muss (vgl. [X.], Beschluss
vom 3.
Februar 1999 -
VIII
ZB 35/98, NJW 1999, 1871, 1872).
d) Die Zustellung gemäß §
184 Abs.
1 Satz
2 ZPO verstößt auch nicht gegen völkerrechtliche Vereinbarungen, die mit der [X.] hinsichtlich der Zu-stellung von Schriftstücken bestehen (vgl. OLG [X.], Beschluss vom 28.
April 2011 -
5
U 26/11, BeckRS 2011, 26882; [X.], Urteile vom 10.
August 2011 -
I-8
U 3/11, juris Rn.
20
ff. und 8
U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 63). Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist keine Auslandszustellung, son-dern eine fingierte Form der Zustellung im Inland (vgl. Senatsurteil vom 10.
November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 511; Senatsbeschluss vom 13.
November 2001 -
VI
ZB 9/01, [X.], 345, 346; [X.], Urteil vom 2.
Februar 2011 -
VIII
ZR 190/10, [X.]Z 188, 164 Rn.
10; OLG [X.], Urteil vom 26.
September 2011 -
5 [X.], juris Rn.
55; [X.], [X.] 2006, 235, 236; a.
A. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2002, §
184 Rn.
2). Das [X.] steht der Anwendbarkeit des §
184 ZPO danach schon [X.] nicht entgegen, weil dort nur die Modalitäten einer Auslandszustellung ge-regelt sind (vgl. Art.
1 Abs.
1 [X.]), nicht aber die Frage, ob überhaupt eine förmliche Zustellung im Ausland vorzunehmen ist. Letzteres ist vielmehr durch das nationale Recht autonom zu beantworten (vgl. Senatsurteil vom 10.
November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 511).
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Anordnung, einen Zustel-lungsbevollmächtigten zu benennen, durch den Vorsitzenden der zuständigen Zivilkammer des [X.]s für wirksam erachtet. Dass die Anordnung nach §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO vom Vorsitzenden alleine und nicht vom entsprechen-den Spruchkörper getroffen worden ist, berührt jedenfalls nicht deren [X.].
17
18
-

12

-

a) Die Frage der Kompetenz für die Anordnung ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Einigkeit besteht zunächst insoweit, dass in originären Einzelrichtersachen (§
348 Abs.
1 Satz
1 ZPO) die Anordnung nach §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO der Einzelrichter trifft, der als Prozessgericht vollständig an die Stelle des Kollegiums tritt (vgl. OLG [X.], Beschluss vom 28.
April 2011 -
5
U 26/11, BeckRS 2011, 26882; [X.], Urteil vom 10.
August 2011 -
8
U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64). Ist für den Rechtsstreit ein Kollegialgericht zuständig, sieht eine Auffassung die Anordnung durch den für Verfahren und Entscheidung zuständigen Spruchkörper als Wirksamkeitsvoraussetzung an (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
März 2009 -
14
W 27/09, NJW-RR 2010, 285; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl., §
184 Rn.
8; [X.]/Eichele, ZPO, 4.
Aufl., §
184 Rn.
2;
Zimmermann, ZPO, 9.
Aufl., §
184 Rn.
1;
[X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
184 Rn.
3). Die Gegenauf-fassung hält auch den Vorsitzenden für zuständig (Hüßtege in [X.], ZPO, 32.
Aufl., §
184 Rn.
3; [X.], 3.
Aufl., §
184 Rn.
7; [X.] in [X.]/Schütze, 3.
Aufl., §
184 Rn.
43; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
5; Kessen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
2), zumindest sei die von ihm allein getroffene Anordnung wirksam ([X.], Ur-teil vom 16.
Dezember 2010 -
18
U 55/10, [X.], 1068, 1069). Die zuletzt genannte Auffassung trifft zu.
[X.]) Zwar erfolgt nach dem Wortlaut des §
183 Abs.
1 Satz
2 ZPO die Auslandszustellung auf Ersuchen des "Vorsitzenden des [X.]", wo-hingegen §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO die Anordnung, einen Zustellungsbevoll-mächtigten zu benennen,
dem "Gericht" überträgt. Hieraus folgt jedoch noch nicht zwingend, dass in letzterem Fall nur ein vom zuständigen Spruchkörper gefasster Beschluss die Zustellung wirksam anordnet. Beide Regelungen ge-hen auf Vorschriften zurück, die früher nicht in einem unmittelbaren [X.] standen. So geht die Formulierung des geltenden §
183 Abs.
1 Satz
2 19
20
-

13

-

ZPO, wonach der "Vorsitzende des [X.]" handelt, auf §
183 Abs.
1 Nr.
2 ZPO in der Fassung des [X.] vom 25.
Juni 2001 zurück. Die dortige Formulierung entspricht inhaltlich §
199 ZPO in seiner bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S.
23). Nach dieser Vorschrift
erfolgte eine im Ausland zu be-wirkende Zustellung mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden St[X.]tes oder des in diesem St[X.]t residierenden Konsuls oder Gesandten des [X.]; dass der "Vorsitzende des [X.]" das Ersuchen verfasst, war
damals also noch nicht ausdrücklich geregelt.
Was die Zuständigkeit des "Gerichts" in §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO für die Anordnung der Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten betrifft, orientier-te sich der Gesetzgeber an §
174 ZPO in der bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung. In dieser Vorschrift, die weitgehend auf der Regelung des §
160 ZPO in der Fassung vom 30.
Januar 1877 ([X.]. 1877, S.
83) beruhte, war von einer Zuständigkeit des "Gerichts" die Rede. [X.] der Wortlaut des §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO, wonach das "Gericht"
anordnen kann, dass die im Ausland ansässige [X.] einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hat, steht noch nicht der Wirksamkeit der
Anordnung des [X.] entgegen.
bb) Dass unter dem vom Gesetzeswortlaut vorgegebenen Begriff "[X.]" nicht immer alle Mitglieder eines Spruchkörpers zu verstehen sind, son-dern auch eine Wahrnehmung der Aufgabe durch den Vorsitzenden gemeint sein kann, ergibt sich aus den Regelungen zur Zuständigkeit der für die Vorbe-reitung der mündlichen Verhandlung zu treffenden Maßnahmen nach §
273 ZPO. Nach §
273 Abs.
1 ZPO veranlasst diese das "Gericht". Aus §
273 Abs.
2 ZPO folgt aber, dass der "Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des [X.]"
die Maßnahmen ergreift. Typischerweise ist der Vorsit-21
22
-

14

-

zende für die die mündliche Verhandlung vorbereitenden Maßnahmen zustän-dig. Dazu passt nicht, dass die Anordnung,
einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, die häufig
in die vorbereitende Phase des
Prozesses fallen wird, ausschließlich in die funktionelle Zuständigkeit des Spruchkörpers fallen soll. Für eine ausschließliche Zuständigkeit des Kollegialgerichts spricht auch nicht entscheidend, dass das [X.] für bestimmte Aufgaben die Zustän-digkeitsverteilung zwischen Vorsitzendem und Spruchkörper ausdrücklich re-gelt. So weist §
168 Abs.
2 ZPO die Befugnis, einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit einer Zustellung zu beauftragen, ausdrücklich dem "Vorsitzenden des [X.] oder einem von ihm bestimmten Mitglied" zu. Andere Normen regeln die funktionelle Zuständigkeit wiederum nicht aus-drücklich. Beispielsweise sieht §
166 Abs.
2 ZPO die Möglichkeit vor, dass das "Gericht"
die Zustellung solcher Dokumente anordnet, deren Zustellung nicht von Gesetzes wegen erforderlich ist. §
270 Satz
1 ZPO schreibt die formlose Mitteilung von Schriftsätzen, die keine Sachanträge enthalten, vor, wenn nicht das "Gericht"
die Zustellung anordnet. In den beiden letztgenannten Fällen ent-scheidet
aber regelmäßig der Vorsitzende durch eine Verfügung (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
166 Rn.
4; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
166 Rn.
52).
cc) Der Gesetzgeber des am 1.
Juli 2002 in [X.] getretenen Zustellungs-reformgesetzes vom 25.
Juni 2001 ([X.]
I S.
1206) hat sich mit der hier in [X.] stehenden Frage der funktionellen Zuständigkeit des Vorsitzenden oder aller Mitglieder des [X.] nicht befasst. Er hat die in §
20 Nr.
7 RPflG aF vorgesehene Übertragung der Aufgabe auf den Rechtspfleger gestrichen, weil die Anordnung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten (für im Inland ansässige [X.]en) entfallen sei,
und die Zuständigkeit des Gerichts für die -
bei im Ausland ansässigen [X.]en nunmehr im Ermessen stehende
-
Ent-scheidung, ob die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten angeordnet 23
-

15

-

wird, begründet (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S.
27). Im Hinblick auf das [X.] der Gesetzesbegründung zur Frage der funktionellen Zuständigkeit spricht viel dafür, dass sich der Gesetzgeber damit nicht auseinandergesetzt hat, wer in funktioneller Hinsicht anstelle des bisher zuständigen Rechtspflegers die in §
184 Abs.
1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anordnung treffen soll und ob dies auch durch eine Verfügung geschehen kann (vgl.
[X.], Urteil vom 16.
Dezember 2010 -
18
U 55/10, [X.], 1068, 1069).
Nach den vorstehenden Ausführungen ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen,

durch den Vorsitzenden getroffen worden ist. Im Übrigen wäre die Verletzung der funktionellen Zuständigkeit kein so schwerwiegender
Fehler, dass dadurch die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, und die auf die-ser Grundlage erfolgte Zustellung des Versäumnisurteils
durch Aufgabe zur Post gegenüber der [X.] unwirksam würden.
dd) Zwar sind an die Einhaltung der Vorschriften über das Zustellungs-verfahren insbesondere im Hinblick auf die von §
184 Abs.
2 Satz
1 ZPO aus-gelöste Fiktion und die Bedeutung, die der Zustellung für den Beginn der [X.] zukommt, strenge Anforderungen zu stellen (vgl. [X.] vom 10.
November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 512; [X.], Urteil vom 8.
März 1979 -
IX
ZR 92/74, [X.]Z 73, 388, 390). Wird eine Vorschrift über das Verfahren bei Zustellungen verletzt, ist die Zustellung dennoch nur dann unwirksam, wenn der Zweck der verletzten Verfahrensvorschrift dies erfordert. Bei Verletzung der hier in Rede stehenden funktionellen Zuständigkeit innerhalb des Spruchkörpers ist
dies nicht der Fall.
Die Vorschriften über die Zustellung gewährleisten den Anspruch des Zustellungsadressaten auf rechtliches Gehör, indem sie sicherstellen, dass der Betroffene Kenntnis von dem zuzustellenden Dokument nehmen und seine 24
25
26
-

16

-

Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darauf einrichten kann (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
Juli 1984 -
1
BvR 1269/83, [X.] 67, 208, 211). Wird die Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, von einem [X.] nicht zuständigen Richter getroffen, wird dadurch die Möglichkeit des Zustellungsadressaten, von Dokumenten, die den Rechtsstreit betreffen, Kenntnis zu erlangen und rechtliches Gehör in Anspruch zu nehmen, in keiner Weise erschwert. Auch nach Anordnung durch den Vorsitzenden des Gerichts
erhält der Zustellungsadressat das verfahrenseinleitende Schriftstück, die [X.], einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, und die Belehrung über die Möglichkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post für den Fall, dass kein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird. Er wird unabhängig davon, wer die Anordnung getroffen hat, jedenfalls über den Inhalt des Rechtsstreits infor-miert. Ihm wird verdeutlicht, dass er durch Bestellung eines Prozessbevoll-mächtigten oder durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten die Mög-lichkeit der Kenntnisnahme von weiteren den Rechtsstreit betreffenden Doku-menten zuverlässig sicherstellen soll und zur Wahrung seiner Rechte tätig wer-den muss. Die fehlende funktionelle Zuständigkeit des anordnenden Richters beeinträchtigt die prozessuale Rechtsposition der im Ausland ansässigen [X.] mithin in keiner Weise. Sie berührt deshalb auch nicht die Wirksamkeit der An-ordnung.
b) Die Anordnung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht mit Gründen versehen worden ist. Allein der Mangel der Begründung führt nicht zur Nichtigkeit der Anordnung, zumal
diese unanfechtbar ist ([X.]/[X.], 3.
Aufl., §
184 Rn.
7; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
5). Aus dem zulässigen Unterlassen einer Begründung kann nicht auf einen Ermessensfehler
des im Übrigen nicht an die Anregung der [X.] gebundenen Richters geschlossen werden.
27
-

17

-

4. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass das [X.] gemäß §
184 Abs.
2 Satz
1 ZPO als am 23.
Januar 2010 zuge-stellt gilt.
Die für den Eintritt der [X.] erforderliche Aufgabe zur Post unter der Anschrift der [X.] ist durch den Zustellungsvermerk der [X.] bewiesen. Der Zustellungsvermerk nach §
184 Abs.
2 Satz
4 ZPO, in dem die Zeit und die Anschrift, unter der das Schriftstück zur Post gegeben wurde, zu vermerken ist, ersetzt die [X.] gemäß §
182 ZPO ([X.], Beschluss vom 13.
Juni 2001 -
V
ZB 20/01, [X.], 345). Ebenso wie die [X.] (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S.
15) ist der Vermerk aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung, sondern dient lediglich deren Nachweis (vgl. OLG [X.], Urteil vom 26.
September 2011 -
5
[X.], juris Rn.
54; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
45; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
17; [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
184 Rn.
9). Der [X.] muss das Schriftstück nicht selbst zur Post aufgeben; es reicht aus, wenn er aufgrund einer Erklärung des [X.] oder eines sonstigen Gehilfen, der das Schriftstück zur Post aufgegeben hat, das Datum der Aufgabe und die Anschrift des Empfän-gers des Schriftstücks beurkundet (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Januar 1953 -
IV
ZR 180/52, [X.]Z 8, 314, 315; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
47; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18). Er darf den Vermerk nachträglich anfertigen, sofern er die Verantwortung für die Richtigkeit übernimmt. Unerheblich ist, ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt [X.] ist, dessen Erfolg durch den Vermerk berührt wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14.
Oktober 1982 -
III
ZB 23/82, [X.], 60; vom 24.
Juli 2000 -
II
ZB 20/99, [X.], 1050; [X.], 3.
Aufl., §
184 Rn.
14; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl.,
§
184 Rn.
49; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18; [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
184 Rn.
12). Auch 28
29
-

18

-

der Ablauf einer Fünf-Monatsfrist setzt der Nachholung entgegen der [X.] der Revision keine zeitliche Grenze (vgl. zu Unterschriftsnachholung des Richters [X.], Urteil vom 27. Januar 2006 -
V
ZR 243/04, [X.], 1861). Der Fall der Anfertigung eines Vermerks, für dessen Inhalt sich der [X.] auf aktenmäßig niedergelegte tatsächliche Umstände stützt, ist nicht [X.] mit dem durch die richterliche Unterschrift gedeckten Inhalt von [X.].
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Tatsache der Aufgabe zur Post, an welche die [X.] geknüpft ist, durch den nachgeholten Vermerk der Urkundsbeamtin erwiesen. Die Nachholung der Beurkundung der Zustellung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist unter den gegebe-nen Umständen rechtlich unbedenklich. Diese hat durch schriftliche Verfügung vom 25. März 2010 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils an den/die Lei-ter/in der Wachtmeisterei zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post zugeleitet. Der beauftragte [X.] hat am 29. März 2010 die [X.] bei dem zuständigen Postunternehmen zum Zwecke der Zustellung auf-gegeben und diesen Umstand in einem schriftlichen Vermerk vom gleichen Tag bestätigt. Er hat allerdings irrigerweise an Stelle der hierfür zuständigen Ur-kundsbeamtin auch den Beurkundungsvermerk vom 29. März 2010 [X.]. Auf der Grundlage der aktenmäßigen Niederlegung des Gangs der Zustel-lung konnte die Urkundsbeamtin den Beurkundungsvermerk nachholen. Dass die Urkundsbeamtin den Vermerk unter dem Datum des 29. März 2010 [X.] hat, berührt dessen Beweiskraft nicht, weil der Vermerk nicht datiert zu sein braucht (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Oktober 1982 -
III
ZB 23/82, [X.], 60; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
46; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18). Mit der Beurkundung hat die Ur-kundsbeamtin die Verantwortung für die Erklärung übernommen, dass eine Ausfertigung des Versäumnisurteils am 29. März 2010 unter der Anschrift der 30
-

19

-

[X.] zur Post aufgegeben worden ist. Ein grundsätzlich möglicher Gegen-beweis (vgl. §
182 Abs.
1 Satz 2, §
418 Abs.
2 ZPO) ist nicht geführt worden.
5. Die erneute förmliche Zustellung am 23. März
2011 vermag die bereits im
Mai
2010 eingetretene Rechtskraft des Versäumnisurteils nicht zu durchbre-chen. Die Anordnung der erneuten Zustellung läßt die Wirkung der zuvor erfolg-ten Zustellung gemäß §
184 Abs.
2 ZPO unberührt; sie setzt
eine Frist nicht nochmals in Lauf (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20.
Oktober 2005 -
IX
ZB 147/01, NJW-RR 2006, 563, 564; vom 20.
November 2006 -
NotZ
35/06, juris Rn.
7; Urteil vom 15.
Dezember 2010 -
XII
ZR 27/09, [X.], 522 Rn.
20; OLG [X.], Beschluss vom 11.
Mai 2011 -
5
W 8/11, NJW-RR 2011, 1631, 1632; [X.], Urteile vom 10.
August 2011 -
I-8
U 3/11, juris Rn.
40 und 8
U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64).
6. Der [X.] ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §
233 ZPO zu gewähren. Sie hat keine die Wiedereinsetzung begrün-denden
Tatsachen vorgetragen. Solche sind auch nicht in der [X.], dass von Amts wegen Wiedereinsetzung gemäß §
236 Abs.
2 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO gewährt werden müsste (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2010 -
XII
ZB 334/10, NJW-RR 2011, 568 Rn.
6
f.).
Zwar kann grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes [X.] nicht bereits aus dem Verstoß gegen die Anordnung, einen Zustel-lungsbevollmächtigten zu benennen, hergeleitet werden ([X.], Beschluss vom 24. Juli 2000 -
II
ZB 20/99, [X.], 1050). Mit dem im Rechtsst[X.]tsgebot wurzelnden Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es unvereinbar, einer im Ausland wohnenden [X.], die ein nach §
184 Abs.
2 Satz 1 ZPO als zugestellt geltendes Versäumnisurteil wegen Verlustes auf dem Postweg überhaupt nicht erhält, den Rechtsbehelf des Einspruchs endgültig allein deshalb
abzuschnei-den, weil sie keinen
Zustellungsbevollmächtigten benannt hat (vgl. [X.],
Be-31
32
33
-

20

-

schluss vom 24. Juli 2000 -
II
ZB 20/99, [X.]O; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
233 Rn.
40).
So liegt der Fall
allerdings
hier nicht.
Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet zum einen
mangels eines Wiedereinsetzungsantrags aus, weil der Prozessbe-vollmächtigte der [X.] stets die Auffassung vertreten hat, die Zustellung durch Aufgabe zur Post sei aus Rechtsgründen unwirksam
und der Einspruch rechtzeitig eingelegt (vgl. [X.], Beschluss vom 24. September 1952 -
III
ZB 13/52 , [X.]Z 7 , 194 , 198). Die Regelung in §
236 Abs.
2 Satz
1 ZPO erfordert außerdem, dass
alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlich sind, innerhalb der [X.] vorgetragen werden
(Senatsbeschlüsse vom 29.
Januar 2002 -
VI
ZB 28/01, juris Rn.
4; vom 13.
November 2007 -
VI
ZB 19/07, juris Rn.
6; [X.], Beschluss vom 19.
April 2011 -
XI
ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284 Rn.
7). Vortrag
der [X.]
dazu, dass sie das zur Post aufgegebene Versäumnisurteil nicht erhalten hätte,
zeigt

34
-

21

-

die Revision nicht auf. Die Beklagte hat Tatsachen, die den Mangel des [X.] glaubhaft machen würden, nicht vorgetragen.
Galke
Wellner
Diederichsen

von [X.]
Remmert

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.06.2011 -
22 [X.]/09 -

[X.], Entscheidung vom 19.09.2011 -
18 [X.] -

Meta

VI ZR 288/11

17.07.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2012, Az. VI ZR 288/11 (REWIS RS 2012, 4602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4602

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