Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2010, Az. B 1 KR 12/10 R

1. Senat | REWIS RS 2010, 1766

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Gegenstand

Gleichrangige Regelung des Sozialdatenschutzes in den Sozialgesetzbüchern 1, 10 und 5 - Anspruch des Versicherten auf Auskunftserteilung gegenüber einer Kassenärztlichen Vereinigung - sozialgerichtliches Verfahren - Angelegenheit der Krankenversicherung


Leitsatz

1. SGB 1, SGB 10 und SGB 5 regeln den Schutz von Sozialdaten gleichrangig vorbehaltlich ausdrücklich davon abweichender spezialgesetzlicher Kollisionsregeln.

2. Der Anspruch eines Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung gegen eine Kassenärztliche Vereinigung auf Auskunftserteilung über die von dieser über ihn gespeicherten Sozialdaten wird durch andere Regelungen des Krankenversicherungsrechts, insbesondere das Recht auf Unterrichtung über die im letzten Geschäftsjahr in Anspruch genommenen Leistungen, nicht verdrängt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des [X.] im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des klagenden Versicherten gegen die beklagte [X.] ([X.]) auf Erteilung einer Auskunft über die von dieser über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten.

2

Der 1972 geborene Kläger war vom [X.] bis 13.2.2005 Pflichtmitglied einer Krankenkasse ([X.]). Er bat diese Ende Mai 2005 um Auskunft, welche medizinischen Leistungen während seiner Mitgliedschaft für ihn abgerechnet worden seien; er benötige die Angaben zur Beantragung einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung, zudem sei ihm - wie er später geltend machte - seine Versichertenkarte zwischenzeitlich im [X.] verloren gegangen, sodass er Missbrauch befürchte. Die [X.] leitete das Begehren an die beklagte [X.] weiter. Die Beklagte erteilte dem Kläger eine Versichertenauskunft zunächst für das [X.] und später für das Quartal I/2005, lehnte es aber ab, Daten für Zeiten vor 2004 zu übermitteln, obwohl sie Behandlungsdaten des Geschäftsjahres 2003 elektronisch gespeichert habe; die abschließende Regelung des § 305 [X.] verpflichte nur dazu, über in Anspruch genommene Leistungen und deren Kosten für das jeweils "letzte" Geschäftsjahr zu informieren (Schreiben vom 25.8. und 4.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 21.10.2008).

3

Das dagegen angerufene [X.] hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die bei ihr für das [X.] über ihn gespeicherten Sozialdaten zu geben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.8.2009).

4

Beim L[X.] haben die Berufung der Beklagten und die (auf weitergehende Auskunftserteilung gerichtete) Anschlussberufung des [X.] keinen Erfolg gehabt: Der für die gesetzliche Krankenversicherung ([X.]) zuständige L[X.]-Senat sei zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, da die begehrte Rechtsfolge ihre materiell-rechtlichen Grundlagen in diesem Bereich habe. Der Kläger habe einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der gespeicherten Sozialdaten des Jahres 2003 gemäß § 83 Abs 1 Satz 1 Nr 1 [X.]B X. § 83 [X.]B X werde - wie näher ausgeführt wird - nicht durch § 305 [X.] verdrängt (Urteil vom 20.5.2010).

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 83 [X.]B X. Die Anwendung der Bestimmung sei durch § 37 [X.]B I ausgeschlossen, weil zum Datenschutz Abweichendes in § 305 [X.] geregelt sei; danach seien speziell und allein die [X.]n gegenüber den Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen und Einschränkungen auskunftsverpflichtet. § 305 [X.] berücksichtige in angemessener Weise den Umstand, dass zwischen Versicherten und [X.] keinerlei Rechtsbeziehungen bestünden. Der 6. Senat des B[X.] habe über die verdrängende Wirkung der Vorschriften des [X.]B X für die sachlich-rechnerische Richtigstellung mehrfach entschieden. Die Gesetzessystematik spreche ebenfalls gegen die Anwendung des § 83 [X.]B X. So sei für den Bereich des [X.] von Versicherten gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung eine gesonderte Rechtsgrundlage in § 276 Abs 3 [X.] geschaffen worden. Auch § 284 Abs 1 und 4 [X.] verweise für die [X.]n in Bezug auf die Verwendung von Sozialdaten - anders als zB § 285 Abs 2 [X.] für die [X.]en - nur ergänzend auf das [X.]B I und das [X.]B X. Dieser Spezialregelungen hätte es nicht bedurft, wenn Entsprechendes ohnehin aus den allgemeinen Regelungen des [X.]B X folgen würde.

6

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 20. Mai 2010 und des [X.] vom 12. August 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der beklagten [[[X.].].] ist unbegründet.

Die [X.]orinstanzen haben zutreffend entschieden, dass der klagende [X.]ersicherte gegen die Beklagte einen Anspruch auf [[[X.].].] über seine von ihr gespeicherten [[[X.].].] aus dem [X.] hat.

1. Der für die Angelegenheiten der [[[X.].].] zuständige 1. Senat des B[X.] - und nicht der nur zur Entscheidung in Angelegenheiten des [[[X.].].] berufene 6. Senat des B[X.] - ist für die Entscheidung des Revisionsverfahrens geschäftsplanmäßig zuständig.

Maßgeblich für die Zuordnung von Streitigkeiten zu den jeweiligen Gebieten ist, ob die begehrte Rechtsfolge nach ihren einschlägigen materiell-rechtlichen Grundlagen dem Bereich der [X.]rankenversicherung oder des [[[X.].].] zuzuordnen ist (so [[[X.].].]> [[[X.].].]-1500 § 10 [[[X.].].] RdNr 5 mwN; B[X.] <3. Senat> [[[X.].].]-2500 § 139 [[[X.].].] RdNr 10 ff). Da der [X.]läger hier Ansprüche als [X.]ersicherter der [[[X.].].] geltend macht, indem er [[[X.].].] über die [[[X.].].] begehrt, die der [[[X.].].] aufgrund seiner Eigenschaft als [X.]ersicherter der [[[X.].].] bekannt geworden sind und die diese über ihn gespeichert hat, handelt es sich um eine Angelegenheit der [X.]rankenversicherung. Für eine Zuordnung der Sache zum [X.]ertragsarztrecht ist nämlich eine bloße mittelbare Betroffenheit von [X.]ertragsärzten als Systembeteiligte nicht ausreichend, zumal dann nicht, wenn gar keine vertragsärztliche Leistungserbringung im Streit steht (vgl [[[X.].].]-2500 § 139 [[[X.].].] RdNr 12; [[[X.].].] <6. Senat> [[[X.].].], 106 = [[[X.].].]-2500 § 94 [[[X.].].], Rd[[[X.].].]1 f). Die Streitigkeit ist danach nicht dem [X.]ertragsarztrecht iS von § 10 Abs 2 [X.]G zuzuordnen. Dies gilt im Ergebnis auch nach der Ansicht des für [[[X.].].] zuständigen 6. Senat, der seine Zuständigkeit jedenfalls dann verneint, wenn - wie hier - ein [X.]ersicherter Ansprüche gegen eine dem [X.]ertragsarztrecht zugehörige Institution geltend macht (vgl [[[X.].].], 106 = [[[X.].].]-2500 § 94 [[[X.].].], Rd[[[X.].].]9).

2. [X.] und [[[X.].].] haben in der Sache zutreffend entschieden, dass der [X.]läger einen [[[X.].].]sanspruch hinsichtlich seiner von der [[[X.].].] gespeicherten [[[X.].].] des Jahres 2003 hat. Dieser Anspruch folgt aus § 83 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 und 4 [[[X.].].] § 83 Abs 1 [[[X.].].] begründet ein [[[X.].].]srecht Betroffener über die zu ihrer Person gespeicherten [[[X.].].], welches durch das [[[X.].].]srecht nach § 305 Abs 1 [[[X.].].] nicht verdrängt wird. Schon nach ihrem Wortlaut sind § 83 Abs 1 [[[X.].].] und § 305 Abs 1 [[[X.].].] nebeneinander anwendbar (dazu a). Dem entsprechen Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Regelungszweck (dazu b und c). Die dagegen gerichteten Angriffe der [[[X.].].] greifen nicht durch (dazu d). Die [X.]oraussetzungen des [[[X.].].]srechts des [[[X.].].] sind auch erfüllt (dazu e).

           

a) § 83 [[[X.].].] macht das [[[X.].].]srecht nicht davon abhängig, dass kein Fall des § 305 [[[X.].].] gegeben ist, sondern bestimmt ua Folgendes:

        

"(1)   

Dem Betroffenen ist auf Antrag [[[X.].].] zu erteilen über

                 

1.    

die zu seiner Person gespeicherten [[[X.].].], …

                 

…       

        
        

In dem Antrag soll die Art der [[[X.].].], über die [[[X.].].] erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. … Die verantwortliche Stelle bestimmt das [X.]erfahren, insbesondere die Form der [[[X.].].]serteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs 2 gilt entsprechend.

        

(2)     

Für [[[X.].].], die nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, gilt Absatz 1 nicht, wenn eine [[[X.].].]serteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

        

…       

        

(4)     

Die [[[X.].].]serteilung unterbleibt, soweit

                 

1.    

die [[[X.].].] die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde,

                 

2.    

die [[[X.].].] die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohle des [[[X.].].] oder eines [[[X.].].] Nachteile bereiten würde oder

                 

3.    

die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines [[[X.].].], geheim gehalten werden müssen,

        

und deswegen das Interesse des Betroffenen an der [[[X.].].]serteilung zurücktreten muss."

           

Auch § 305 Abs 1 [[[X.].].] schließt die Anwendbarkeit des § 83 [[[X.].].] nicht aus. [X.]ielmehr unterrichten - so der Wortlaut des § 305 Abs 1 Satz 1 [[[X.].].] - die [[[X.].].] die [X.]ersicherten auf deren Antrag über die im jeweils letzten Geschäftsjahr in Anspruch genommenen Leistungen und deren [X.]osten. Weiter heißt es dort in Satz 2 bis 5:

        

"Die [X.]assenärztlichen und die [X.]assenzahnärztlichen [X.]ereinigungen übermitteln den [X.]rankenkassen in den Fällen des Satzes 1 die Angaben über die von den [X.]ersicherten in Anspruch genommenen ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen und deren [X.]osten für jeden [X.]ersicherten gesondert in einer Form, die eine [X.]enntnisnahme durch die [X.]rankenkassen ausschließt. Die [X.]rankenkassen leiten die Angaben an den [X.]ersicherten weiter. Eine Mitteilung an die Leistungserbringer über die Unterrichtung des [X.]ersicherten ist nicht zulässig. Die [X.]rankenkassen können in ihrer Satzung das Nähere über das [X.]erfahren der Unterrichtung regeln."

b) Schon bei der Einführung der ersten Fassung des § 305 [[[X.].].] verdeutlichten die Gesetzesmaterialien, dass die Regelung die Transparenz der Leistungserbringung und Leistungsabrechnung erhöhen und hierdurch einen Beitrag zur Steigerung des [X.]ostenbewusstseins der [X.]ersicherten leisten und dass § 83 [[[X.].].] unberührt bleiben soll (so Begründung der Fraktionen der [[[X.].].] und [[[X.].].] zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen, BT-Drucks 11/2237 [[[X.].].] und [[[X.].].] zu § 311 des Entwurfs). Daran hat sich in der Folgezeit nichts geändert.

§ 83 [[[X.].].] will demgegenüber unter bereichsspezifischer Übertragung der datenschutzrechtlichen [[[X.].].]srechte des § 19 [[[X.].].]datenschutzgesetz ([X.]) die Rechte der Betroffenen in den Sozialleistungsbereichen verstärken, insbesondere durch erweiterte [[[X.].].]srechte; so soll der Betroffene sich die [X.]enntnis von der [X.]erarbeitung seiner [[[X.].].] verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der [X.]erarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können (vgl Gesetzentwurf der [[[X.].].]regierung zur Änderung von [X.]orschriften des [[[X.].].] über den Schutz der [[[X.].].] sowie zur Änderung anderer [X.]orschriften, BT-Drucks 12/5187 [[[X.].].] unter [[[X.].].], [[[X.].].] unter [[[X.].].] 3. und [[[X.].].] zu § 83).

           

c) Auch das Regelungssystem ist auf eine parallele Anwendung der [[[X.].].]srechte aus § 83 Abs 1 [[[X.].].] und § 305 Abs 1 [[[X.].].] ausgerichtet. Für [[[X.].].] stehen die einschlägigen Regelungen des [[[X.].].] und [[X.].] grundsätzlich gleichrangig neben den übrigen Büchern des [[X.].], um einen umfassenden Schutz zu schaffen. [[[X.].].] definiert § 67 Abs 1 Satz 1 [[[X.].].] als Einzelangaben über persönliche oder sachliche [X.]erhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 [[[X.].].] genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Während nach § 37 Satz 1 [[[X.].].] das Erste und Zehnte Buch [[X.].] für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs gelten, "soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt", gilt nach § 37 Satz 2 [[[X.].].] der [X.]orbehalt ua nicht für § 35 [[[X.].].]. § 35 [[[X.].].] wiederum regelt Folgendes:

        

"(1) Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden [[[X.].].] (§ 67 Abs 1 [[[X.].].]) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis). Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die [X.]erpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die [[[X.].].] nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden. … Der Anspruch richtet sich auch gegen … die in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen [X.]ereinigungen, ...

        

(2) Eine Erhebung, [X.]erarbeitung und Nutzung von [[[X.].].] ist nur unter den [X.]oraussetzungen des [[X.].] zulässig".

Da ua § 83 [[[X.].].] im [[X.].] des [[[X.].].] steht, ist diese Regelung vom Schutzbereich des § 35 [[[X.].].] erfasst. [[[X.].].]en gehören zu den in § 35 Abs 1 Satz 4 [[[X.].].] genannten Stellen, wie auch die Beklagte selbst nicht in Zweifel zieht. Sie sind im Sinne der Regelung eine der "in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen [X.]ereinigungen", weil die §§ 75 ff [[[X.].].] ihnen Rechte zuerkennen und Pflichten auferlegen.

Soweit sich die Anwendungsbereiche des [[[X.].].], [[X.].] und [X.] hinsichtlich des [[[X.].].]schutzes so überschneiden, dass abweichend vom dargelegten Grundsatz paralleler Anwendung andere [X.]ollisionsregeln gelten, sieht das Gesetz dies ausdrücklich vor. So verweisen zB § 284 Abs 1 Satz 5 [[[X.].].] und § 284 Abs 4 Satz 5 [[[X.].].] "im Übrigen" auf das [[[X.].].] und [[[X.].].] in Bezug auf die [X.]erwendung von [[[X.].].] durch die [[[X.].].] und die [[[X.].].]en, weil sie gerade an das aufgezeigte Regelungssystem anknüpfen.

Zu Recht hat danach das [[[X.].].] auch in Einklang mit der einhelligen Auffassung in der Literatur entschieden, dass § 305 [[[X.].].] die Rechte der [X.]ersicherten aus § 83 [[[X.].].] und die damit korrespondierende [[[X.].].]spflicht der darin genannten Stellen über gespeicherte Daten unberührt lässt (vgl [[[X.].].] in: Wagner/[X.], Soziale [X.]rankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand Juni 2010, § 305 [[[X.].].] RdNr 7; [X.] in: [X.]/[X.], [[[X.].].], Stand Oktober 2010, [X.] § 305 Rd[[[X.].].]; [[[X.].].] in: [X.]asseler [X.]omm, Stand: Juli 2010, § 305 [[[X.].].] Rd[[[X.].].], [X.] in: [[[X.].].], Handbuch der [X.]rankenversicherung, Stand: April 2010, § 305 [[[X.].].] RdNr 6).

d) Die dagegen von der [[[X.].].] erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die Anwendung des § 83 [[[X.].].] ist nicht etwa durch eine vorrangige Anwendung von Bestimmungen des [X.] ausgeschlossen. Wie schon das [X.] ausgeführt hat, sind vielmehr umgekehrt die Datenschutzregelungen der §§ 67 ff [[[X.].].] bereichsspezifisches Datenschutzrecht bezogen auf den Geltungsbereich des [[X.].] iS von § 1 Abs 3 Satz 1 [X.] und daher vorrangig (vgl B[X.]E 102, 134 = [[[X.].].]-2500 § 295 [[[X.].].], RdNr 18, 33 ff mwN).

Die Rechtsprechung des 6. Senats des B[X.] (B[X.]E 102, 134 = [[[X.].].]-2500 § 295 [[[X.].].]) eignet sich ebenfalls nicht zum Beleg dafür, dass der sozialdatenschutzrechtliche [[[X.].].]sanspruch des [[[X.].].] gegen die Beklagte nach § 83 [[[X.].].] ausgeschlossen wäre. Das Urteil betraf die Abrechnung einer [X.]rankenhausträgerin von ambulanten Notfallbehandlungen mit Hilfe eines privatärztlichen [X.]errechnungsunternehmens gegenüber einer [[[X.].].]. Soweit es entschied, dass die Weitergabe von Patientendaten durch Leistungserbringer an private Dienstleistungsunternehmen zum Zwecke der Leistungsabrechnung nach der seinerzeit geltenden Rechtslage nicht erlaubt war, hat das B[X.] auf das Fehlen einer dafür erforderlichen gesetzlichen Grundlage abgestellt; nur in Bezug auf die betroffene Leistungserbringerin hat das B[X.] in diesem Zusammenhang die Heranziehung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des [[[X.].].] und [[[X.].].] verneint, während - abweichend davon und wie oben beschrieben - die im vorliegenden Rechtsstreit beklagte [[[X.].].] eine von § 35 Abs 1 Satz 4 [[[X.].].] erfasste öffentlich-rechtliche [X.]ereinigung ist, für die gerade die bereichsspezifischen Datenschutzregelungen des [[X.].] Anwendung finden.

Auch die allgemeinen rechtssystematischen Erwägungen der [[[X.].].] führen zu keinem anderen Ergebnis. Ihre Argumentation mit dem [X.]erhältnis der Normen des ersten [X.]apitels des [[[X.].].] - etwa § 25, § 44 und § 48 [[[X.].].] - zum [[[X.].].] verfängt nicht, weil für diese Regelungen im ersten [X.]apitel des [[[X.].].] - wie oben dargelegt - gerade der in § 37 Satz 1 [[[X.].].] formulierte [X.]orbehalt greift: Bestimmungen des [[[X.].].] können als Regelungen des [[[X.].].] (in [X.]erbindung mit ergänzendem untergesetzlichem Recht) als einem besonderen Teil des [[X.].] zB den genannten allgemeinen Regelungen des [[[X.].].] über das [X.]erwaltungsverfahren vorgehen. § 284 Abs 1 Satz 5 [[[X.].].] und § 284 Abs 4 Satz 5 [[[X.].].] knüpfen dagegen - wie dargelegt - hinsichtlich der [X.]erwendung von [[[X.].].] gerade an das aufgezeigte Regelungssystem an.

e) Nach alledem ist das [[[X.].].]srecht des [[[X.].].] aus § 83 [[[X.].].] anwendbar. Auch die [X.]oraussetzungen der Regelung sind erfüllt. Der [X.]läger hat als Betroffener [[[X.].].] über die zu seiner Person gespeicherten [[[X.].].] bei der [[[X.].].] beantragt. Es ist hierfür ohne Belang, dass er sich zunächst nur an seine [X.][X.] wandte, die seinen Antrag an die Beklagte weiterleitete. Denn er hat mit seinem weiteren Begehren klar zu erkennen gegeben, dass er die [[[X.].].] über die gespeicherten Behandlungsdaten von 2003 von der [[[X.].].] zu erhalten wünschte, was diese auch verstanden hat (zur Auslegung eines Antrags vgl zB [[[X.].].]-2500 § 13 [[[X.].].]0 RdNr 15). Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die bei der [[[X.].].] gespeicherten Daten über die vertragsärztliche Behandlung des [[[X.].].], die Gegenstand seines [[[X.].].]sbegehrens sind, [[[X.].].] iS des § 67 Abs 1 Satz 1 [[[X.].].] sind.

Die Beklagte ist auch eine zur [[[X.].].] verpflichtete "verantwortliche Stelle" im Sinne der Norm. Nach dem aufgezeigten Regelungszweck und -system sind dies alle Stellen, die [[[X.].].] des Betroffenen verarbeitet haben können. Denn er soll sich - wie dargelegt - mittels des [[[X.].].]sanspruchs [X.]enntnis von der [X.]erarbeitung seiner [[[X.].].] verschaffen können, etwa um die Zulässigkeit der [X.]erarbeitung und Richtigkeit der Daten überprüfen zu können. Diese [[[X.].].]sverpflichtung besteht unter Berücksichtigung der og Definition der [[[X.].].] in § 67 Abs 1 Satz 1 [[[X.].].] jedenfalls nicht nur für Leistungsträger, sondern für sämtliche der in § 35 [[[X.].].] genannten Stellen (vgl auch [X.] in: [X.]/[X.], [[[X.].].], Stand: Juli 2010, [X.] § 83 RdNr 5). Die Beklagte gehört - wie dargelegt - zu den in § 35 Abs 1 Satz 4 [[[X.].].] genannten Stellen, wie sie auch selbst nicht in Zweifel zieht.

Unabhängig von der Frage, ob vom [[[X.].].]sbegehren [[[X.].].] betroffen sind, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, liegt der Ausschlussgrund nach § 83 Abs 2 [[[X.].].] nicht vor. Denn die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass eine [[[X.].].]serteilung über die bei ihr für das [X.] elektronisch gespeicherten Daten über den [X.]läger einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Nach den Feststellungen des [[[X.].].] sind die entsprechenden Daten bei ihr vielmehr "eingescannt", in der ED[X.] erfasst und auch noch nicht gelöscht worden. Ausschlussgründe gemäß § 83 Abs 4 [[[X.].].] werden weder von der [[[X.].].] vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich.

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 1 KR 12/10 R

02.11.2010

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Düsseldorf, 12. August 2009, Az: S 14 KA 316/06, Urteil

§ 35 Abs 1 S 4 SGB 1, § 37 SGB 1, § 284 Abs 1 S 5 SGB 5, § 284 Abs 4 S 5 SGB 5, § 305 Abs 1 S 1 SGB 5, § 67 Abs 1 S 1 SGB 10, § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 10, § 83 Abs 2 SGB 10, § 83 Abs 4 SGB 10, § 1 Abs 3 S 1 BDSG 1990, § 19 BDSG 1990, § 10 Abs 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 02.11.2010, Az. B 1 KR 12/10 R (REWIS RS 2010, 1766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1766

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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