Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2023, Az. V ZR 46/23

5. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9740

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Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 13. Zivilsenat - vom 27. Februar 2023 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 9.170,56 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in [X.]      . Zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks der Klägerin ist auf dem Grundstück der Beklagten seit dem 3. Februar 1959 eine als Überfahrtsrecht bezeichnete Grunddienstbarkeit eingetragen. Das Grundstück der Klägerin ist im vorderen Teil mit einem Gemeindehaus und im rückwärtigen Teil mit einem [X.] bebaut. Der [X.] hat keine eigene Anbindung an die öffentliche Straße. Er kann fußläufig durch das Gemeindehaus erreicht werden. Die Zuwegung ist in der Vergangenheit über die mit dem Überfahrtsrecht belastete Fläche des Nachbargrundstücks erfolgt. Nachdem die Beklagten das Eigentum an diesem Grundstück im Jahr 2013 erworben hatten, entfernten sie einen auf der Zufahrt zu ihrer Hausseite hin vorhandenen Zaun und errichteten stattdessen einen Zaun entlang der Grenze zu dem Grundstück der Klägerin. Im rückwärtigen [X.], zum [X.] hin, bauten sie [X.] ein. Im September 2021 versahen die Beklagten den Zufahrtsweg zur Straße hin mit einem elektrischen Rolltor, das teilweise verschlossen ist.

2

Mit der Klage verlangt die Klägerin von den Beklagten die Feststellung, dass die von der Grunddienstbarkeit erfasste Zuwegung jederzeit von Personen begangen und befahren werden dürfe zum Zwecke eines ungehinderten Erreichens der hinteren Fläche ihres Grundstücks und der dort befindlichen Gebäude, insbesondere des [X.]s. Sie verlangt ferner, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, [X.] und das elektrische Rolltor abzuschließen und verschlossen zu halten oder in sonstiger Weise der Benutzung durch Personen für den Zutritt und die Zufahrt zum Zwecke des Erreichens des Grundstücks zu entziehen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen die damit verbundene Nichtzulassung der Revision wenden sich die Beklagten mit der Beschwerde. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

4

1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert des [X.] aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - [X.], [X.], 380 Rn. 4; Beschluss vom 24. November 2022 - [X.], juris Rn. 3).

5

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

6

a) Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem eigenen Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Enthält diese - wie hier - die Verurteilung zur Unterlassung einer Beeinträchtigung, richtet sich die Beschwer nach dem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung des [X.]. Dabei ist ein geeigneter Anhaltspunkt für die Bemessung der Beschwer des Beklagten die Wertminderung, die sein Grundstück durch die zu unterlassende Handlung erleidet (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Oktober 2009 - [X.], juris Rn. 2; Beschluss vom 13. September 2018 - [X.], juris Rn. 6; Beschluss vom 10. November 2022 - [X.], juris Rn. 6).

7

b) Nach dem Feststellungsausspruch und der Unterlassungsverurteilung müssen die Beklagten das unbeschränkte Begehen und Befahren der Zuwegung zum Zwecke des Erreichens der rückwärtigen Grundstücksfläche der Klägerin mit dem [X.] dulden. Die Beklagten meinen, die Grunddienstbarkeit berechtige den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks nur dazu, eine an der hinteren Grenze des Grundstücks bei der Bestellung geplante Garage anzufahren, was sich aus der im Grundbucheintrag in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung vom 27. August 1959 ergebe. Für die Beschwer ist deshalb die Wertminderung maßgebend, die das Grundstück der Beklagten durch die weitergehende Verpflichtung, ein unbeschränktes Gehen und Befahren der Zuwegung hinzunehmen, erfährt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. November 2022 - [X.], juris Rn. 7).

8

c) Dass die so zu bemessende Wertminderung 20.000 € übersteigt, ist nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die von der Beschwerde vorgelegte Flächenberechnung eines Ingenieurs- und Vermessungsbüros und die Tabelle 1 „Wertermittlung gem. [X.] [X.]“ sind nicht ausreichend. Nach der Flächenberechnung beträgt die von der Dienstbarkeit erfasste Grundstücksfläche 171,714 qm. Dieser Wert wird in der Tabelle 1, einer Wertermittlung anhand der im [X.] zur Verfügung gestellten interaktiven Bodenrichtwertkarte „[X.] [X.]“ des [X.] in [X.], mit einem Wert von 1.068,12 € multipliziert. Von dem sich daraus errechneten „Wert der Dienstbarkeitsfläche“ von 183.411,16 € werden zwei Bruchteile ausgewiesen, einmal 5 % mit 9.170,56 € und einmal 30 % mit 55.023,35 €. Dass die Wertminderung ihres Grundstücks, wie die Beklagten geltend machen, jedenfalls mit 55.023,35 € anzusetzen ist, ergibt sich daraus nicht. Unabhängig davon, dass sich der Tabelle 1 nicht entnehmen lässt, welchen Wert das Grundstück der Beklagten mit und ohne die Grunddienstbarkeit haben soll, beantworten die vorgelegten Unterlagen nicht die relevante Frage nach der Wertminderung, die mit dem größeren Umfang der Duldungspflicht einhergeht.

9

d) Auch eine Schätzung der Beschwer ist dem Senat nicht möglich. Zwar muss das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegebenenfalls eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind (vgl. Senat, Beschluss vom 24. März 2022 - [X.], [X.] 2022, 293 Rn. 7; Beschluss vom 30. März 2023 - [X.], juris Rn. 11). Anhaltspunkte für eine 20.000 € übersteigende Beschwer liegen nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren bemisst der Senat mangels anderer Anhaltspunkte auf der Grundlage des [X.] mit 9.170,56 € (5 % von 183.411,16 €; § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG).

Brückner     

      

Göbel     

      

Haberkamp

      

Laube     

      

Grau     

      

Meta

V ZR 46/23

23.11.2023

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 27. Februar 2023, Az: 13 U 154/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.11.2023, Az. V ZR 46/23 (REWIS RS 2023, 9740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9740

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