Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.12.2019, Az. VIII R 8/16

8. Senat | REWIS RS 2019, 893

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vorrangige Verrechnung von Altverlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften


Leitsatz

§ 20 Abs. 6 Satz 1 EStG steht der Verrechnung von Altverlusten i.S. des § 23 EStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (EStG a.F.) mit positiven Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 2 EStG bei der (Antrags-)Veranlagung gemäß § 32d Abs. 4 EStG nicht entgegen, da die depotbezogene unterjährige Verlustverrechnung der auszahlenden Stelle i.S. des § 43a Abs. 3 EStG zwar zeitlich vorrangig, aber nicht endgültig ist (Anschluss an Senatsurteil vom 29.08.2017 - VIII R 23/15, BFHE 259, 336, BStBl II 2019, 54, Rz 11 ff.) .

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des [X.] vom 06.05.2015 - 7 K 3885/14 E aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

A.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 2009 bis 2012 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2008 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) sogenannte Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] 23 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung (EStG a.F.) in Höhe von 349.508 € für den Kläger und in Höhe von 284.358 € für die Klägerin fest.

2

In den Streitjahren erzielten die Kläger Einkünfte aus der Veräußerung von Kapitalanlagen [X.] 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] (EStG). Die Depotbank stellte über die hierbei erzielten Gewinne nach der Verrechnung mit den im jeweiligen Streitjahr erlittenen Verlusten eine Steuerbescheinigung aus. Die Kläger stellten in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre jeweils den Antrag auf Überprüfung des [X.] nach § 32d Abs. 4 EStG. Außerdem beantragten sie die Verrechnung der [X.] § 23 EStG a.F. mit den von der Depotbank bescheinigten Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 6 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG. Das [X.] verrechnete in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre die Altverluste antragsgemäß mit den von der Depotbank bescheinigten Gewinnen und stellte auf dieser Grundlage den verbleibenden Verlustvortrag aus den Altverlusten jeweils zum 31.12. der Streitjahre fest.

3

Mit Schreiben vom 09.04.2014 beantragten die Kläger, die in den Streitjahren erzielten Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen i.S. des § 20 Abs. 2 EStG vorrangig mit den Altverlusten i.S. des § 23 EStG a.F. und erst anschließend mit den Verlusten aus Kapitalvermögen des jeweiligen [X.] zu verrechnen und die danach verbleibenden Verluste aus Kapitalvermögen der Streitjahre gesondert festzustellen. Hierzu legten sie dem [X.] Erträgnisaufstellungen u.a. für die Streitjahre vor. Weitere Nachweise wurden nicht erbracht. Das [X.] lehnte den Antrag ab. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

4

Mit ihrer Klage beantragten die Kläger, das [X.] zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) entsprechend ihres Begehrens zu ändern. Das Finanzgericht ([X.]), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 1696 abgedruckt ist, wies die Klage ab. Es war der Auffassung, es sei bereits zweifelhaft, ob die Klage zulässig sei. Über einen höheren Verlustabzug könne nur im Verfahren über die Feststellung des verbleibenden [X.] entschieden werden. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG seien die Altverluste erst nach der vom Kreditinstitut vorgenommenen Verrechnung der in den jeweiligen Streitjahren entstandenen Gewinne und Verluste aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.

5

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, ihre Klage sei zulässig. Wegen der durch § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG i.d.[X.] vom [X.] 2010-- ([X.], 1768) eingeführten inhaltlichen Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid seien sie gezwungen, die Änderung der Einkommensteuerbescheide zu beantragen. In der Sache seien --entgegen der Auffassung des [X.] die von den Klägern in den Streitjahren erzielten Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen --unter Abänderung der von der Depotbank vorgenommenen [X.] vorrangig mit den Altverlusten i.S. des § 23 EStG a.F. zu verrechnen.

6

Mit [X.] vom 25.04.2016 hob das [X.] den Vorbehalt der Nachprüfung in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre auf. Darüber hinaus änderte es die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre 2011 und 2012 in den Bescheiden vom 25.04.2016 sowie mit [X.] vom 09.06.2016 in hier nicht streitigen Punkten. Die Kläger teilten dem [X.] ([X.]) mit, dass sie aufgrund der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Verpflichtungsklage in eine Anfechtungsklage umstellen und dass der Streitstoff durch die Änderungen nicht berührt worden sei.

7

Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 06.05.2015 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 vom 25.04.2016 und die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom 09.06.2016 dahingehend zu ändern, dass die in den Streitjahren 2009 bis 2012 erzielten Gewinne i.S. des § 20 Abs. 2 EStG vorrangig mit den gesondert festgestellten Altverlusten i.S. des § 23 EStG a.F. und die danach verbleibenden Gewinne mit den in den Streitjahren erzielten Verlusten i.S. des § 20 Abs. 2 EStG verrechnet werden.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Nach seiner Auffassung widerspricht es dem Wortlaut des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG und dem Vereinfachungszweck der Abgeltungsteuer, die auf den Veranlagungszeitraum und das Depot bezogene Verrechnung der Kapitaleinkünfte durch das Kreditinstitut nach § 43a Abs. 3 EStG in der Einkommensteuerveranlagung wieder rückgängig zu machen.

Entscheidungsgründe

B.

Der [X.] konnte über die Revision verhandeln und entscheiden, obwohl für die Kläger in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen war. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger war in der rechtzeitig zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden (§ 121 Satz 1, § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

C.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

I.

Der [X.] legt den Revisionsantrag dahingehend aus, dass sich die Revision ausschließlich gegen die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre richtet. Die Kläger haben zwar darüber hinaus begehrt, die verbleibenden Verluste i.S. des § 20 Abs. 2 EStG den gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags zugrunde zu legen. Diesbezüglich geht der [X.] jedoch davon aus, dass es sich nicht um einen förmlichen Antrag auf Änderung der Feststellungsbescheide handelt. Es ist im Sinne einer rechtsschutzgewährenden Auslegung (vgl. [X.]-Urteil vom 25.06.2014 - I R 29/13, [X.], 27, Rz 12, m.w.N.) nicht anzunehmen, dass die Kläger ihre Klage in der Revisionsinstanz in unzulässiger Weise auf die Feststellungsbescheide erweitern wollten. Vielmehr nimmt die einleitende Formulierung des Antrags ausdrücklich nur die Einkommensteuerbescheide in Bezug. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Kläger lediglich auf die --vom [X.] wegen zu beachtende-- Rechtsfolge aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG hinweisen wollten.

II.

Die Umstellung des Klageantrags im Revisionsverfahren von einer Verpflichtungsklage in eine Anfechtungsklage ist entgegen der Regelung des § 123 Abs. 1 Satz 1 [X.]O, die eine Klageänderung im Revisionsverfahren ausschließt, zulässig. Sie ist aufgrund der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 AO) während des Revisionsverfahrens erforderlich geworden. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nach der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 68 [X.]O die geänderten Einkommensteuerbescheide ohne Vorbehalt der Nachprüfung geworden. Die Kläger mussten deshalb im Revisionsverfahren ihren Klageantrag von einer Verpflichtungsklage auf eine Anfechtungsklage umstellen (vgl. [X.]surteil vom 04.10.2006 - VIII R 7/03, [X.], 183, [X.], 772, unter B.II.1.).

III.

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, ohne dass es einer Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 [X.]O bedarf.

1. Das [X.] hat nach Ergehen der Vorentscheidung für die Streitjahre die [X.] vom 25.04.2016 erlassen, mit denen jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO aufgehoben wurde. Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO). Gegenstand des [X.]-Urteils sind damit Verpflichtungsanträge auf Änderung nicht mehr existierender Bescheide, so dass die Vorentscheidung aufzuheben ist ([X.]surteil vom 09.08.2016 - VIII R 27/14, [X.], 51, [X.], 821, Rz 12).

2. Jedoch haben sich durch die Aufhebung des Vorbehalts hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben. Die Kläger haben ihre Klage zwar auf eine Anfechtungsklage umgestellt, davon abgesehen aber keinen weiter gehenden Antrag als bislang gestellt. Es bedarf deshalb keiner Zurückverweisung der Sache an das [X.] gemäß § 127 [X.]O. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind. Sie bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des [X.]s in der Sache (vgl. [X.]surteil in [X.], 51, [X.], 821, Rz 13).

IV.

Die Revision ist auch in der Sache begründet, da das [X.] zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass für eine Verrechnung der [X.] § 23 EStG a.[X.] gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG nur der nach der Verrechnung durch die auszahlende Stelle verbleibende positive Saldo der Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 2 EStG zur Verfügung steht. Die Sache ist zur weiteren Verhandlung und Entscheidung gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O an das [X.] zurückzuverweisen, weil der [X.] mangels [X.] nicht abschließend über die Anfechtungsklage entscheiden kann.

1. Die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre ist zulässig. Die Kläger sind klagebefugt (§ 40 Abs. 2 [X.]O), selbst wenn sich durch die begehrte Verrechnung der Altverluste keine Auswirkungen auf die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre ergeben.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] wird mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.[X.] des [X.] 2010, die gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG auf die Verluste aus Kapitalvermögen entsprechend anzuwenden ist (vgl. dazu [X.]surteil vom 09.05.2017 - VIII R 40/15, [X.]E 258, 335, [X.], 1049, Rz 19 ff.), eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist. Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu überprüfen sind. Dementsprechend muss der Steuerpflichtige seine Einwendungen gegen aus seiner Sicht unzutreffende Besteuerungsgrundlagen durch Einspruch bzw. Klage gegen den Einkommensteuerbescheid geltend machen. Wegen der inhaltlichen Bindungswirkung in Bezug auf die Verlustfeststellung ist der Steuerpflichtige durch einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid selbst dann beschwert, wenn es sich um einen sog. [X.] handelt ([X.]surteil in [X.]E 258, 335, [X.], 1049, Rz 16 f., m.w.N.). § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.[X.] des [X.] 2010 ist auf alle Verluste anzuwenden, für die --wie vorliegend für alle [X.] nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wurde (§ 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.[X.] des [X.] 2010).

b) Nach diesen Maßstäben sind die Kläger durch die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre beschwert. Sie begehren mit der vorrangigen Verrechnung der [X.] § 23 EStG a.[X.] mit Gewinnen i.S. des § 20 Abs. 2 EStG im Ergebnis (soweit keine weitere Verrechnung mit laufenden Einkünften aus § 20 EStG in Betracht kommt) den Ausweis höherer Verluste gemäß § 20 Abs. 2 EStG in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre. Diese Verluste wären gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.[X.] des [X.] 2010 im Rahmen der gesonderten Verlustfeststellungen zu berücksichtigen.

2. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Zwar spricht der Wortlaut des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG für die Auffassung des [X.], dass nur die nach der Verrechnung i.S. des § 43a Abs. 3 EStG "verbleibenden" Einkünfte aus Kapitalvermögen mit [X.] § 23 EStG a.[X.] verrechnet werden können. Wie der [X.] jedoch bereits in seinem Urteil vom 29.08.2017 - VIII R 23/15 ([X.]E 259, 336, [X.], 54) entschieden hat, ist die depotbezogene unterjährige Verlustverrechnung der auszahlenden Stelle i.S. des § 43a Abs. 3 EStG vorrangig, aber nicht endgültig. Denn es muss gewährleistet sein, dass die in § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG angeordnete vorrangige und zeitlich befristete Verrechnung der Altverluste nicht durch das Steuerabzugsverfahren der Kapitalertragsteuer unterlaufen wird. Danach sind aufgrund des Antrags der Kläger auf Überprüfung des [X.] nach § 32d Abs. 4 EStG die Altverluste aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 EStG a.[X.] im Veranlagungsverfahren vorrangig mit den von den Klägern im jeweiligen Streitjahr erzielten positiven Einkünften i.S. des § 20 Abs. 2 EStG zu verrechnen. Den Klägern wird dadurch ermöglicht, die Altverluste, die gemäß § 52a Abs. 11 Satz 11 EStG lediglich bis zum Veranlagungszeitraum 2013 vorgetragen werden können, vorrangig vor anderen Verlusten aus Kapitalvermögen steuerlich geltend zu machen. § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG macht somit eine Ausnahme vom Grundsatz, dass zunächst die positiven und negativen Ergebnisse innerhalb der einzelnen Einkunftsart miteinander zu verrechnen sind (horizontaler Verlustausgleich), bevor verbleibende positive und negative Ergebnisse verschiedener Einkünfte ausgeglichen werden (vertikaler Verlustausgleich; vgl. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 2 EStG Rz 572, m.w.N.) und ggf. ein [X.] oder Verlustvortrag gemäß § 10d EStG abgezogen wird. Diese Grundsätze hat das [X.] nicht beachtet, so dass seine Entscheidung auch aus diesem Grund keinen Bestand haben kann.

b) Über das Begehren der Kläger kann der [X.] nicht abschließend entscheiden, da das [X.] --aus seiner Sicht konsequent-- keine Feststellungen zur Höhe der Gewinne und Verluste der Kläger aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 2 EStG vor deren Verrechnung durch die auszahlende Stelle nach § 43a Abs. 3 EStG getroffen hat. Die Streitsache wird deshalb gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

3. Für den zweiten Rechtsgang weist der [X.] auf Folgendes hin:

a) Bei der Verlustverrechnung ist § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG zu beachten. Danach dürfen Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, nur verrechnet werden, wenn eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle i.S. des § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt. Diese Regelung dient der Vermeidung eines doppelten [X.] (vgl. [X.]surteil vom 20.10.2016 - VIII R 55/13, [X.]E 256, 56, [X.], 264). Eine solche Gefahr ist nur dann nicht gegeben, wenn ausgeschlossen werden kann, dass ein nicht ausgeglichener Verlust i.S. des § 20 Abs. 2 EStG von der auszahlenden Stelle gemäß § 43a Abs. 3 Satz 3 EStG auf das nächste Kalenderjahr übertragen wird. Dies können die Kläger durch geeignete Unterlagen, insbesondere durch [X.] der Depotbank, nachweisen (vgl. [X.]surteil in [X.]E 259, 336, [X.], 54, Rz 20).

b) Hinsichtlich der Streitjahre 2009 und 2010 war die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer im Zeitpunkt der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bereits abgelaufen. Der Ablauf der Festsetzungsverjährung war gemäß § 171 Abs. [X.] lediglich im Umfang der gestellten Änderungsanträge gehemmt. Eine Antragserweiterung (über das ursprüngliche Änderungsbegehren hinaus) kommt für diese beiden Streitjahre im zweiten Rechtsgang somit nicht mehr in Betracht.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 8/16

03.12.2019

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 6. Mai 2015, Az: 7 K 3885/14 E, Urteil

§ 20 Abs 6 S 1 EStG 2009, § 32d Abs 4 EStG 2009, § 43a Abs 3 EStG 2009, § 68 FGO, § 23 Abs 3 S 9 EStG 2002 vom 14.08.2007, § 23 Abs 3 S 10 EStG 2002 vom 14.08.2007, § 10d Abs 4 S 4 EStG 2009 vom 08.12.2010, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011, EStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.12.2019, Az. VIII R 8/16 (REWIS RS 2019, 893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 893

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 27/14 (Bundesfinanzhof)

(Verrechnung von dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden Veräußerungsverlusten nach Einführung der Abgeltungsteuer - Bindungswirkung des Verlustfeststellungsbescheids als …


VIII R 5/15 (Bundesfinanzhof)

Verrechnung von Altverlusten aus Kapitalvermögen mit abgeltend besteuerten positiven Einkünften aus Kapitalvermögen im Wege der …


VIII R 23/15 (Bundesfinanzhof)

(Depotübergreifende Verlustverrechnung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG bei Antragsveranlagung nach § 32d …


IX R 57/13 (Bundesfinanzhof)

Aktienveräußerung im Rahmen eines amerikanischen Insolvenzplanverfahrens


VIII R 40/15 (Bundesfinanzhof)

Zur unmittelbaren Berücksichtigung nacherklärter Veräußerungsverluste im Verlustfeststellungsbescheid - Grobe Fahrlässigkeit bei Rücknahme eines Einspruchs trotz …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.