Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2017, Az. 3 StR 186/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 7472

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:250717B3STR186.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 186/17
vom
25. Juli 2017
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung
u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des
Beschwerde-führers
und des [X.] -
zu
2. auf dessen Antrag
-
am 25. Juli 2017
gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des [X.]s Stade
vom 13. September
2016
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das [X.] von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision
wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in Tateinheit mit drei tateinheitlich begangenen Freiheitsberaubungen, mit zwei tateinheitlich begangenen Nötigungen
und mit Widerstand gegen Voll-streckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt sowie festgestellt, dass der Angeklagte die Tat aufgrund einer Betäu-bungsmittelabhängigkeit begangen hat. Die auf die allgemeine Sachrüge ge-stützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel er-sichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im [X.] des § 349 Abs. 2 StPO.
1
-
3
-
1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld-
und Strafausspruch kei-nen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Die Entscheidung des [X.]s, von der Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)
abzusehen, hat hingegen kei-nen Bestand.
a) Nach den Feststellungen des [X.]s beging der Angeklagte die abgeurteilte Tat im Zusammenhang mit einem Ausbruch aus einer Entzie-hungsanstalt, in der er gemäß § 64 StGB untergebracht worden war. Er hatte auch während seiner Unterbringung weiter Drogen konsumiert und befürchtete -
nachdem dies der Anstaltsleitung bekannt geworden war -, zur Verbüßung seiner Reststrafe in den Strafvollzug überstellt zu werden. Der Ausbruch aus der Entziehungsanstalt war zudem dadurch motiviert, dass der Drogenvorrat des Angeklagten erschöpft war. Er beabsichtigte deshalb, "möglichst bald nach [X.]" zu fahren, "um dort Drogen zu kaufen und sich 'zu besaufen'".
b) Die -
nicht sachverständig beratene -
Jugendkammer ist zwar davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Einen symptoma-tischen Zusammenhang zwischen diesem Hang und der abgeurteilten Tat hat sie jedoch aufgrund folgender Erwägungen verneint:
"Handlungsleitend" sei nicht die Sucht des Angeklagten gewesen, son-dern
die Erwartung, zur Verbüßung der Reststrafe wieder in die Justizvollzugs-anstalt überstellt zu werden. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass eine etwa-ige Entzugssymptomatik "die Modalitäten der Tatbegehung" beeinflusst habe; für den Entschluss zur Tatbegehung habe diese aber keine entscheidende Rol-le gespielt.
2
3
4
5
6
-
4
-
Die Jugendkammer hat gleichwohl im Hinblick auf § 35 Abs. 1 BtMG festgestellt, dass der Angeklagte die Tat aufgrund seiner Betäubungsmittelab-hängigkeit begangen habe, "weil die Tatbegehung nicht vorstellbar wäre, würde man sich die Betäubungsmittelabhängigkeit" des Angeklagten "wegdenken".
c) Das stößt auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Es ist nicht nach-vollziehbar, weshalb der Angeklagte die Tat einerseits "aufgrund seiner Be-täubungsmittelabhängigkeit begangen" haben, andererseits aber der für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen der Drogensucht des Angeklagten und seiner Tat nicht vorliegen soll; das gilt insbesondere in Anbetracht der [X.], dass sich der Angeklagte nach der Flucht baldmöglichst wieder Drogen verschaffen wollte.
d) Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen nicht von vornherein ausscheidet, muss über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt deshalb -
unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) -
neu verhandelt und entschieden werden. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§
358 Abs. 2 Satz 3 StPO; [X.], Urteil vom 10. April 1990 -
1 StR 9/90, [X.]St 37, 5, 9; Beschluss vom 19. Dezember 2007 -
5 [X.], [X.], 107); er hat die Nichtanwendung des §
64 StGB auch nicht vom Rechtsmittel-angriff ausgenommen.
7
8
9
-
5
-
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist auszuschließen, dass das [X.] bei einer Anordnung der Unterbrin-gung in einer Entziehungsanstalt auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
[X.]

Spaniol

Tiemann Berg
10

Meta

3 StR 186/17

25.07.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2017, Az. 3 StR 186/17 (REWIS RS 2017, 7472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7472

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 6/16 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Ursächlicher Zusammenhang zwischen Tat und Hang


5 StR 509/14 (Bundesgerichtshof)

Jugendstrafverfahren: Anordnung der Unterbringung eines alkoholkranken Jugendlichen in einer Entziehungsanstalt


5 StR 496/22 (Bundesgerichtshof)

Fehlerhaftes Absehen von Unterbringung in Entziehungsanstalt


3 StR 6/16 (Bundesgerichtshof)


4 StR 229/10 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Zurückstellung der Vollstreckung bei betäubungsmittelabhängigem Täter


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.