Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2011, Az. VIII R 14/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 10072

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Gegenstand

Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen - Unentgeltliche Übertragung - Wirtschaftliches Eigentum - Eigenbesitz - Tatsachenvermutung bei Eigenkonten


Leitsatz

1. NV: Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, der das Kapitalvermögen zur Nutzung überlässt; bei einer verzinslichen Kapitalforderung ist dies in der Regel der Gläubiger, der dem Schuldner die Nutzung des Kapitalbetrags gegen Entgelt überlässt .

2. NV: Bei einer unentgeltlichen Übertragung von Kapitalerträgen sind dem zivilrechtlichen Gläubiger die Erträge nur dann einkommensteuerrechtlich zuzurechnen, wenn ihm eine Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle eingeräumt ist .

3. NV: Eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnung kommt nur in Betracht, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Darlehensgläubiger wirtschaftlicher Inhaber der fraglichen Darlehensforderung ist .

4. NV: Aus dem Besitz ergibt sich nicht zwangsläufig auch wirtschaftliches Eigentum. Abweichend vom zivilrechtlichen ist wirtschaftliches Eigentum daher nur anzunehmen, wenn Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung nicht beim zivilrechtlichen Eigentümer, sondern bei einer anderen Person liegen .

5. NV: Bei Eigenkonten gilt die widerlegbare Tatsachenvermutung, dass derjenige, der ein Konto auf seinen Namen errichtet, auch der Inhaber der Forderung ist und ihm die daraus erzielten Zinseinnahmen zuzuordnen sind .

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob und in welcher Höhe dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

2

Die Eltern des [X.] betrieben bis in die achtziger Jahre einen Großhandel mit …, mit dem sie ein größeres Kapitalvermögen erwirtschafteten. Das Vermögen war größtenteils unversteuert und auf Konten in [X.] angelegt. Im Juli 1993 übertrugen die Eltern des [X.] die ihnen gemeinsam zustehenden Konten zunächst auf [X.], die Schwester des [X.]. Im Dezember 1993 wurden die Konten infolge familiärer Zwistigkeiten teilweise auf die Mutter des [X.], die ihrem [X.] unbeschränkte Vollmachten einräumte, zurückübertragen; im Übrigen wurde das Vermögen auf Konten übertragen, die auf den Kläger lauteten. Ausweislich einer notariell beurkundeten Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Mutter vom 19. Februar 2001 geschah dies alles im Wege einer Schenkung. Der Kläger ging davon aus, dass das gesamte elterliche Vermögen endgültig auf ihn habe übergehen sollen. In den von ihm für die Streitjahre 1993 bis 1999 eingereichten Einkommensteuererklärungen gab er lediglich geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Die Veranlagungen erfolgten im Wesentlichen antragsgemäß.

3

Nachdem der Vater des [X.] im Jahr 1998 verstorben war, brachte der Kläger im Jahr 1999 das gesamte auf den [X.] Konten angelegte Vermögen in insgesamt fünf liechtensteinische Stiftungen ein.

4

In der Folge entstand zwischen dem Kläger und seinen Schwestern, [X.] und [X.], Streit darüber, ob das [X.] Vermögen in das Erbe nach dem Vater falle oder nicht. Mit gemeinschaftlichem Erbschein vom 12. Januar 2000 stellte das [X.] fest, dass der Nachlass nach dem Verstorbenen zur Hälfte der Mutter des [X.] und zu je einem Sechstel dem Kläger und seinen Schwestern zustehe. Nachdem der Kläger sich geweigert hatte, die gegen ihn gerichteten Zahlungsansprüche seiner Schwestern zu befriedigen, erhoben diese vor dem [X.] Klage, mit der sie die Offenlegung des Nachlasses durch den Kläger verlangten. In diesem Verfahren verteidigte sich der Kläger mit dem Vorbringen, das Vermögen sei ihm schenkweise übertragen worden. Ferner erhoben die Schwestern des [X.] Klage auf Zahlung des ihnen zustehenden Erbanteils von je einem Sechstel nach dem Nachlass ihres Vaters vor dem Fürstlichen [X.] des [X.] gegen eine der dort ansässigen Stiftungen; das Gericht gab der Klage mit Urteil vom 30. Dezember 2004 teilweise statt, wobei es zur Begründung u.a. ausführte, eine Schenkung der Vermögenswerte an den Kläger habe nicht festgestellt werden können. Nachdem der für die Mutter des [X.] eingesetzte Betreuer ebenfalls Zahlungsklage gegen die auf Veranlassung des [X.] in [X.] eingerichteten Stiftungen erhoben hatte, verglichen sich die Stiftungen mit der Mutter des [X.] am 13. April 2004 dahingehend, dass die Stiftungen der Mutter einen Betrag von insgesamt 8,5 Mio. [X.] aus dem Stiftungsvermögen zu zahlen hatten.

5

Im Februar 2000 erstattete die Mutter des [X.] Selbstanzeige hinsichtlich Einkommen- und Vermögenssteuer ab dem Veranlagungszeitraum 1987; entsprechend verfuhr sie zusammen mit ihren Töchtern, [X.] und Frau  B, auch hinsichtlich der Erbschaftsteuer 1998 nach dem verstorbenen Vater des [X.]. Daraufhin leitete das Finanzamt … im Juni 2000 gegen den Kläger ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung der Erbschaftsteuer ein. Nach Auswertung der verfügbaren Kontobelege stellte es zusammenfassend u.a. fest, dass dem Kläger in den Jahren 1993 bis 1999 folgende --nicht erklärte-- Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen seien: 1993: 1.177.322 DM, 1994: 540.637 DM, 1995: 550.656 DM, 1996: 595.135 DM, 1997: 633.786 DM, 1998: 608.826 DM und 1999: 804.084 DM. Eine inhaltliche Stellungnahme gab der Kläger hierzu nicht ab.

6

Mit Bescheiden vom 15. Mai 2002 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Einkommensteuer für die Streitjahre unter Berücksichtigung der vorstehend genannten [X.] neu fest.

7

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) hinsichtlich der Jahre 1993 und 1998 wegen einer Verständigung der Beteiligten über die Höhe etwaiger in diesen [X.] zuzurechnender Zinsen teilweise statt, im Übrigen wies es die Klage ab.

8

Das [X.] entschied, der Kläger habe in den Streitjahren erhebliche nicht erklärte Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Das Guthaben, das sich seit Dezember 1993 auf den auf den Kläger sowie die Mutter des [X.] lautenden Konten befunden habe, sei dem Kläger zuzurechnen. Dieser habe insoweit als Eigenbesitzer wirtschaftliches Eigentum i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung ([X.]) innegehabt. Der Kläger habe die objektive Sachherrschaft gehabt, denn die fraglichen Konten hätten entweder auf seinen Namen gelautet oder ihm sei von der Berechtigten eine unbeschränkte Vollmacht eingeräumt gewesen.

9

Soweit der Kläger unter Hinweis auf die zivilgerichtlichen Urteile vortrage, er sei in Wirklichkeit nur Treuhänder gewesen, stehe dies im Widerspruch zu seinem früheren Vorbringen, er sei von einer Schenkung ausgegangen. Zudem habe er einen Nachweis für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses nicht erbracht.

Mit seiner dagegen erhobenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts sowie unzureichende Sachaufklärung.

Bis zum 16./17. Dezember 1993 sei er weder Inhaber der fraglichen Konten gewesen noch seien ihm Einkünfte zugeflossen, das räume selbst das Finanzamt … ein. Bis zu diesem Zeitpunkt könnten ihm daher Zinseinnahmen auch nicht zugerechnet werden. Die fehlende Feststellung, welche Einkünfte nach dem 16. bzw. 20. Dezember 1993 gebucht worden sind, bedeute eine unzureichende Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 der [X.]sordnung --[X.]O--). Es sei auch nicht festgestellt, wann im Laufe des Jahres 1999 Kapitaleinkünfte angefallen seien.

Der Kläger sei auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer der jeweiligen Guthaben gewesen. Ob Eigenbesitz an Forderungen auf einem Konto bestehen könne, sei fraglich. Jedenfalls aber seien Forderungen dem Forderungsinhaber zuzurechnen. Soweit der Kläger nur Vollmacht gehabt habe, sei er nicht Forderungsinhaber gewesen. Eine Kontovollmacht vermittle auch keine objektive Sachherrschaft über ein Konto.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] sowie die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1999 vom 15. Mai 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2005 aufzuheben.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet, sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Zu Unrecht ist das [X.] auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen von bisher nicht erklärten [X.] des [X.] in folgender Höhe ausgegangen: 1993: 603.808 [X.] (Zinseinkünfte), 1994: 540.637 DM, 1995: 550.656 DM, 1996: 595.135 DM, 1997: 633.786 DM, 1998: 269.395 DM und 1999: 804.084 DM.

1. Einkünfte sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG demjenigen zuzurechnen, der sie erzielt. Dies ist derjenige, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte (vgl. auch § 38 [X.]) erfüllt (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des [X.] --BFH-- vom 29. November 1982 [X.], [X.], 433, [X.] 1983, 272; BFH-Urteil vom 30. Januar 1986 [X.]/83, [X.], 59, [X.] 1986, 404). Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, der Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt (BFH-Urteile vom 24. April 1990 [X.]/83, [X.], 256, [X.] 1990, 539, m.w.N.; vom 7. September 2005 [X.]/99, [X.], 57). Bei einer verzinslichen Kapitalforderung ist dies in der Regel der Gläubiger (vgl. BFH-Urteil in [X.], 59, [X.] 1986, 404).

Einnahmen i.S. von § 20 EStG erzielt danach der Gläubiger des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses (von [X.] in [X.], EStG, 9. Aufl., § 20 [X.] 17), d.h. derjenige, der im Entstehungszeitpunkt der Erträge Gläubiger der Forderung auf Kapitalrückzahlung ist ([X.], in: [X.]/Söhn/ [X.], EStG, § 20 [X.] [X.]). Bei Übertragung einer Kapitalforderung sind die Zinsen des laufenden Zinszahlungszeitraums dem Rechtsvorgänger und dem Rechtsnachfolger im Regelfall nach dem Verhältnis der Dauer der Berechtigung zuzurechnen. Bei einer unentgeltlichen Übertragung von Kapitalerträgen sind dem zivilrechtlichen Gläubiger die Erträge nur dann einkommensteuerrechtlich zuzurechnen, wenn ihm eine Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle eingeräumt ist, er also in der Lage ist, das Vermögen zu verwalten, die Modalitäten der Kapitalanlage zu verändern oder die Leistungen durch Zurückziehen des [X.] zu verweigern (BFH-Urteil vom 29. März 2001 [X.], [X.], 1251). In Fällen der Gesamtrechtsnachfolge muss sich der [X.] entsprechend § 24 Nr. 2 EStG und § 45 [X.] die Verwirklichung des Einkünfteerzielungstatbestandes durch den Rechtsvorgänger zurechnen lassen. Ein Treugeber kann als wirtschaftlicher Inhaber einer Kapitalforderung Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen, wenn nach der schuldrechtlichen Vereinbarung die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers derart eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 [X.], [X.], 254, [X.] 1999, 514).

Insgesamt maßgeblich ist die Dispositionsbefugnis (Blümich/ [X.], § 20 EStG [X.] 440, 441; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.] --[X.]--, § 20 EStG [X.] 21). Eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnung kommt dabei nur in Betracht, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Darlehensgläubiger wirtschaftlicher Inhaber der fraglichen Darlehensforderung ist (Senatsurteil in [X.], 57). Fallen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander, sind die laufenden Erträge der Kapitalanlage i.S. des § 20 Abs. 1 EStG dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 [X.]). Für die Zurechnung der laufenden Erträge einer Kapitalanlage i.S. des § 20 Abs. 1 EStG kommt es damit vorrangig auf die Innehabung des wirtschaftlichen Eigentums an.

Insoweit gilt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 [X.] auch für die persönliche Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen, wobei jeweils auf die Art des den Kapitalerträgen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses abzustellen ist; das wirtschaftliche Eigentum erfährt etwa eine unterschiedliche Ausprägung, wenn es um Anteile an Kapitalgesellschaften oder um Zinsforderungen geht. Gleiches gilt für die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 [X.]. So ist Eigenbesitz im Sinne dieser Vorschrift zwar abweichend vom Zivilrecht an allen Wirtschaftsgütern möglich (Fischer in [X.]/[X.]/[X.], § 39 [X.] [X.] 226). Die Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 [X.] ist jedoch auf die Art des jeweils betroffenen Wirtschaftsguts abzustimmen. Geht es um bloße [X.], so ist der Vorschrift auch in der Alternative des Eigenbesitzes keine andere Art der Zurechnung zu entnehmen, als sie mit der Dispositionsbefugnis beschrieben wird. Insoweit hat § 39 Abs. 2 Nr. 1 [X.] lediglich deklaratorische Bedeutung ([X.]/[X.], § 20 EStG [X.] 21). Insbesondere ergibt sich aus dem Besitz nicht zwangsläufig auch wirtschaftliches Eigentum (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 [X.]/09, [X.], 41). Abweichend vom zivilrechtlichen ist wirtschaftliches Eigentum daher nur anzunehmen, wenn Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung nicht beim zivilrechtlichen Eigentümer sondern bei einer anderen Person liegen (Senatsurteile vom 2. Mai 1984 VIII R 276/81, [X.], 498, [X.] 1984, 820; vom 11. Juli 2006 [X.], [X.], 326, [X.] 2007, 296; BFH-Urteile vom 15. Dezember 1999 [X.], [X.], 446, [X.] 2000, 527; vom 12. Dezember 2007 [X.], [X.], 107, [X.] 2008, 579).

2. a) Nach diesen Grundsätzen können die streitigen [X.] für die Jahre 1993 bis 1999 dem Kläger nur zugerechnet werden, wenn er in diesen Jahren im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge über die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse, d.h. insbesondere über die auf den streitbefangenen Konten befindlichen Guthaben, tatsächlich [X.] war, er diese also insbesondere nicht für seine Eltern verwaltet hat. Diese Dispositionsbefugnis kann sich aus der Gläubigerstellung des [X.] hinsichtlich der auf den fraglichen Konten verzeichneten Forderungen ergeben oder daraus, dass der Kläger, soweit die Konten auf den Namen der Mutter lauteten, wirtschaftlicher Inhaber der [X.] war und die Verfügungsmacht der Mutter des [X.] so eingeschränkt war, dass die rechtliche Inhaberstellung als "leere Hülle" erscheint.

b) Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] reichen indes nicht aus, diese Frage zu beantworten, so dass die Vorentscheidung aufzuheben ist.

aa) Die maßgebliche Dispositionsbefugnis des [X.] ergibt sich weder daraus, dass er die fraglichen [X.] empfangen hat (BFH-Urteil in [X.], 1251) noch daraus, dass er dies in der Annahme seiner Vollberechtigung getan hat, soweit man von einer solchen angesichts des in diesem Punkt widersprüchlichen Vortrags des [X.] überhaupt ausgehen könnte. Zwar sind Konten und die darauf geführten Forderungen oder Anteile in der Regel dem Kontoinhaber zuzurechnen ([X.]/[X.], EStG, 29. Aufl., § 20 [X.] 200). Denn bei [X.] gilt die widerlegbare Tatsachenvermutung, dass derjenige, der ein Konto auf seinen Namen errichtet, auch der Inhaber der Forderung ist und ihm die daraus erzielten Zinseinnahmen zuzurechnen sind ([X.] Nürnberg, Urteil vom 19. Januar 2006 VII 338/2001, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1169). Für das Streitjahr 1993 ist dabei zu beachten, dass die zunächst auf [X.], die Schwester des [X.], übertragenen Gelder der Eltern unstreitig erst Mitte Dezember 1993 zurückübertragen wurden und zwar auf Konten, die auf die Mutter des [X.] oder den Kläger lauteten. Ob nach diesem Zeitpunkt im Jahr 1993 überhaupt noch Kapitalerträge erzielt worden sind, ist aus den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des [X.] nicht erkennbar. Sollten Kapitalerträge vor diesem Zeitpunkt zugeflossen sein, wären diese den Eltern des [X.] oder seiner Schwester A zuzurechnen, nicht aber dem Kläger. Ähnliches gilt für 1999. Auch für dieses Jahr ist nicht genau erkennbar, wann und in welcher Höhe für welche Konten Kapitalerträge zugeflossen sein sollen.

bb) Hinsichtlich der weiteren Streitjahre ist zu berücksichtigen, dass es sich sowohl hinsichtlich der Gelder auf Konten des [X.] als auch derjenigen auf Fremdkonten um Kapital handelt, das dem Kläger nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen sollte. Das folgt zum einen daraus, dass das [X.] des [X.] eine Schenkung der Eltern bzw. der Mutter des [X.] an den Kläger verneint hat, zum anderen ergibt sich das aus den Urteilen des [X.] und des [X.], denen ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Schenkung der Gelder an den Kläger zu entnehmen sind. Zu gewichten ist ferner, dass die Mutter des [X.] Selbstanzeige hinsichtlich Einkommen- und Vermögensteuer ab dem Veranlagungszeitraum 1987 erstattet hat. Dies deutet darauf hin, dass die Mutter des [X.] für sich davon ausgegangen ist, sowohl hinsichtlich der auf ihren als auch auf den Namen ihres [X.] lautenden Konten weiterhin Zugriff auf anfallende Kapitalerträge zu haben. Dazu passt auch, dass die Umschichtung der in [X.] befindlichen Gelder von Konten der Eltern des [X.] auf Konten ihrer Kinder nebst Rückübertragung nicht zuletzt vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass das Geld vor dem Zugriff Dritter in Sicherheit gebracht werden sollte, ohne dass damit eine Übertragung des wirtschaftlichen oder zivilrechtlichen Eigentums bezweckt war. Dem entspricht auch die Vorgehensweise der Eltern des [X.], die auch nach der letzten Umschichtung der Gelder weiterhin in die [X.] gefahren sind und über die Konten nach eigenem Ermessen verfügt haben. Insgesamt gesehen kann daher von einer entsprechenden Tatsachenvermutung zu Lasten des [X.] nicht ausgegangen werden; insbesondere greift keine solche für die Konten, hinsichtlich derer der Kläger nur bevollmächtigt war.

c) Im zweiten Rechtsgang wird das [X.] festzustellen haben, wer in den fraglichen Jahren Gläubiger der [X.] war, aus denen [X.] auf Konten des [X.] geflossen sind und ob der Kläger, falls er nicht Gläubiger war, eine den Forderungsinhaber faktisch verdrängende wirtschaftliche Dispositionsmöglichkeit hatte. Eine bloße Vollmacht vermittelt diese Dispositionsbefugnis nicht. Sollte das [X.] zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger in den fraglichen Jahren --ggf. [X.] (von seinen Eltern übertragen) die wirtschaftliche Verfügungsvollmacht über die Forderungen der auf seinen Namen lautenden Konten hatte, könnte jedenfalls nicht ohne Weiteres Entsprechendes für diejenigen Konten angenommen werden, für die er nur bevollmächtigt war.

Meta

VIII R 14/10

26.01.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 8. Dezember 2009, Az: 5 K 3307/05 B, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 EStG 1990, § 20 EStG 1990, § 24 Nr 2 EStG 1990, § 39 Abs 2 Nr 1 AO, § 45 AO, § 2 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 20 EStG 1997, § 24 Nr 2 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.01.2011, Az. VIII R 14/10 (REWIS RS 2011, 10072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10072

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