Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2010, Az. 5 StR 419/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1968

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5 StR 419/10 [X.] vom 27. Oktober 2010 in der Strafsache gegen wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 27. Oktober 2010 beschlossen: Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. August 2010 wird nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. G r ü n d e
1 Das [X.] hat die Beschwerdeführerin wegen [X.] zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in vier Fällen zu einer Gesamt-freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstre-ckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Beschwerdeführerin hat im [X.] an die Urteilsverkündung auf Rechtsmittel verzichtet. Die Zulässigkeit ihrer mit der Sachrüge geführten Revision stützt sie im Wesentlichen auf die Behauptung, es habe im Ermitt-lungsverfahren eine Verständigung stattgefunden, die den Rechtsmittelver-zicht wegen Umgehung des § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO unwirksam mache; ferner habe sie Bedeutung und Tragweite des [X.]s ver-kannt. 2 Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg. Der erklärte [X.] ist wirksam. 3 1. Das in § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO geregelte Verbot eines Rechtsmit-telverzichts nach Verständigung greift nicht ein. Denn eine Verständigung im 4 - 3 - Sinne des § 257c StPO, mithin im Rahmen der Hauptverhandlung, hat nach dem eigenen, mit der dienstlichen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft übereinstimmenden Vortrag der Beschwerdeführerin nicht stattgefunden. Das Fehlen des sogenannten —Negativattestsfi nach § 273 Abs. 1a Satz 3 StPO (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 31. März 2010 [X.] 2 StR 31/10) besagt hier schon deswegen nichts anderes, weil auch eine Verständigung nicht protokolliert worden ist (§ 273 Abs. 1a Satz 1 StPO; vgl. zu Fällen solch —ver-steckten [X.] in [X.]/Schlothauer/Wieder, Gesetz zur Verständigung im Strafverfahren 2010 § 273 Rdn. 30 f.). 2. Ob eine Umgehung des § 257c StPO durch Absprachen außerhalb der Hauptverhandlung in entsprechender Anwendung des § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO oder im Wege eines [X.] (so [X.]Müller NJW 2009, 2625, 2630) zur Unwirksamkeit eines [X.]s füh-ren kann, muss der [X.] nicht entscheiden. Denn die Beschwerdeführerin ist den Beweis derartiger Absprachen schuldig geblieben. Nach ihrem Vor-trag sind Gespräche zwischen der Staatsanwaltschaft und ihrem ehemaligen Verteidiger geführt worden, ohne dass sich das Gericht hieran unmittelbar beteiligt hätte. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des betroffenen Staatsanwalts hat es für den Fall eines Geständnisses der Beschwerdeführe-rin —eine Verständigung auf einen möglichen Strafantrag der Staatsanwalt-schaft gegebenfi. Im [X.] hat der Vorsitzende der [X.] ohne dass die Beschwerdeführerin widersprochen hätte [X.] festgehalten, dass —im Vorfeld der Hauptverhandlung keine Gespräche zwi-schen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger [X.] (§ 243 Abs. 4, § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO). Die durch die Be-schwerdeführerin weiter unterbreiteten Tatsachen (unter anderem [X.], keine Ladung von Zeugen) belegen allenfalls, dass das Gericht durch die Staatsanwaltschaft über die Gespräche informiert worden ist, nicht jedoch eine Umgehung des § 257c StPO. 5 - 4 - 3. Eine Verkennung von Bedeutung und Tragweite des Rechtsmittel-verzichts durch die Beschwerdeführerin liegt unter den gegebenen [X.] fern. Nach den Feststellungen des [X.]s befindet sich die Be-schwerdeführerin, die in [X.] das Abitur erworben und studiert hat, seit 1992 in [X.] und ist [X.] Staatsangehörige. Zur Zeit der [X.] war sie Geschäftsführerin zweier Gesellschaften und übte eine Bürotätigkeit im Unternehmen ihres Ehemanns aus. Der Hauptverhandlung vermochte sie ohne Dolmetscher zu folgen. Nach der Urteilsverkündung wurde sie durch den Vorsitzenden über die Bedeutung des Rechtsmittels belehrt. Dass sie durch das Gericht (oder die Staatsanwaltschaft) zu einem [X.] gedrängt oder in anderer Weise in diese Richtung [X.] worden ist, trägt die Beschwerdeführerin nicht vor, gleichfalls nicht, dass ihr keine Gelegenheit gegeben wurde, sich mit ihrem Verteidiger zu [X.]. Ferner stand sie im fraglichen Zeitpunkt in keiner besonderen Drucksi-tuation. Namentlich war der Haftbefehl bereits aufgehoben. Auch fehlende —[X.] sowie ein etwaiges Hinwirken des ehemaligen Verteidi-gers auf einen [X.] belegen vor diesem Hintergrund keine rechtlich relevanten Willensmängel der Beschwerdeführerin. 6 [X.] Raum [X.] König

Meta

5 StR 419/10

27.10.2010

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2010, Az. 5 StR 419/10 (REWIS RS 2010, 1968)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1968

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Gegenstand einer Verständigung vor Berufungsgericht


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5 StR 419/10

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