Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. I ZB 53/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 9385

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:090518BIZB53.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/17
vom

9. Mai 2018

in dem Verfahren auf Feststellung der Zulässigkeit eines
schiedsrichterlichen Verfahrens

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Skatgericht
ZPO § 1032 Abs. 2, §§ 1025 ff.
a)
Bei ständigen Schiedsgerichten kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf die Bildung des Schiedsgerichts an, sondern darauf, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hat.
b)
Ein Antrag nach §
1032 Abs.
2 ZPO ist nicht unzulässig, wenn
zum Zeitpunkt der Antragstellung beim [X.] bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Das gilt auch dann, wenn die Einrede des Schiedsverfahrens bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist.
c)
Das [X.] Skatgericht und das Verbandsgericht des [X.] e.V. sind keine Schiedsgerichte im Sinne der §§
1025
ff. ZPO.
[X.], Beschluss vom 9. Mai 2018 -
I [X.]/17 -
OLG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
Mai 2018 durch [X.] Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. [X.], [X.] und die Richterin Dr. Schmaltz
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 1.
Zivilsenats des Thüringer [X.]s in [X.] vom 22.
Mai 2017 aufgehoben.
Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterli-chen Verfahrens vor dem Verbandsgericht des [X.] e.V.
in dem vor dem [X.] anhängigen Rechts-streit 4
O
982/16 wird
auf Kosten des Antragstellers zurückgewie-sen.
Gegenstandswert: 1.150,20

Gründe:
[X.] Der Antragsteller veranstaltet als Skatdachverband die [X.] im Skat. Der Antragsgegner, ein Skatclub, begehrt die Feststellung, dass er [X.] 2014 im [X.] sei. Er verfolgt dieses Begehren und weitere damit in Zusammenhang ste-hende Ansprüche (Feststellung der Ersatzpflicht
für infolge
Verweigerung des Meistertitels 2014 entstandene Schäden, Teilnahmerecht für die Endrunde der
nächsten
[X.]n Mannschaftsmeisterschaft im Skat ohne Qualifikation, Übergabe
des Meisterpokals für 2014, Zahlung

Differenz
der
Preisgelder
für den ersten
und zweiten Platz bei der Meisterschaft 2014) mit einer 2016 vor dem [X.] erhobenen Klage gegen den Antragstel-1
-
3
-
ler. In der Klagebegründung macht er geltend, der Antragsteller habe als [X.] insbesondere gegen Vorschriften der [X.] und der Skatwettspielordnung verstoßen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, für die beim [X.] an-hängige
Streitigkeit sei jedenfalls derzeit der Klageweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet, weil
dafür satzungsgemäß eine
Zuständigkeit
des
Verbandsge-richts des Antragstellers bestehe.
Der Antragsteller beantragt,
gemäß §
1032 Abs.
2 ZPO festzustellen, dass ein schiedsrichterliches Verfah-ren in dem vor dem [X.] anhängigen Rechtsstreit

Az.: 4
O
982/16

zulässig ist.
Das [X.] hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens sei gemäß §
1032 Abs.
2, § 1066 ZPO statthaft und zulässig. Er
sei auch begründet. Über den Gegenstand der Klage vor dem [X.] habe nach der die Parteien bindenden Satzung des Antragstellers das Verbandsgericht zu entscheiden, so dass ein schiedsrichterliches Verfahren im Sinne des §
1032 Abs.
2, §
1066 ZPO zulässig sei.
II[X.] [X.] ist statthaft (§
1065 Abs.
1 Satz
1, §
1062 Abs.
1 Nr.
2 Fall
1 ZPO) und auch sonst zulässig. Sie erweist sich als begrün-det.
1. Der Antrag an das [X.] nach § 1032 Abs. 2 ZPO war [X.] statthaft und zulässig.
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7
-
4
-
a) Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann beim [X.] bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässig-keit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Der Zulässigkeit die-ses Antrags steht im Streitfall nicht entgegen, dass es sich bei dem Verbands-gericht des Antragstellers um eine ständige Einrichtung handelt. Steht die Zu-lässigkeit des Verfahrens vor einem ständigen Schiedsgericht in Rede, so kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf dessen
Bil-dung, sondern darauf an, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache be-fasst hat ([X.], Beschluss vom 28. Juni 2006

34 [X.] 11/05,
juris Rn. 55; [X.]Komm.ZPO/[X.], 5. Aufl., §
1032
Rn. 22).
Dies war hier nicht der Fall.
b) Der Umstand, dass im Streitfall zum Zeitpunkt
der Antragstellung
beim [X.]
bereits das Hauptsacheverfahren vor dem [X.] anhängig
war, führt
ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit
des
Antrags
nach §
1032 Abs.
2 ZPO
(aA
etwa
[X.], [X.] 2011, 340, 341; [X.], [X.] 2013, 237, 238; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 15. Aufl., §
1032
Rn. 12; [X.] ZPO/Wolf/[X.], [X.]., § 1032
Rn. 34; [X.]/[X.]/[X.],
Zivilprozessrecht, 18. Aufl.,
§ 177 Rn. 6 [X.]; [X.], [X.] 2004, 288, 291).
Vielmehr ist ein Antrag nach §
1032 Abs.
2 ZPO auch noch nach Rechtshängigkeit der Klage in der Hauptsache zulässig.
Dafür
fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil das [X.] nach der gesetzgeberi-schen Wertung das zur Entscheidung über die Zulässigkeit des [X.] Verfahrens berufene Gericht ist ([X.],
[X.] 2003, 379, 380
[juris Rn. 22]; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 1032 Rn. 40; [X.]/[X.], ZPO, 32.
Aufl., §
1032 Rn.
3a, im Ergebnis ebenso [X.]Komm.ZPO/[X.] aaO §
1032
Rn. 22).
Das gilt auch dann, wenn die Einrede des [X.] bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist
(aA [X.]/[X.], Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., [X.]. 31 Rn. 12).
Die frühzeitige Befassung des [X.]s gewährleistet, dass Fragen der Zulässigkeit des schieds-8
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-
5
-
richterlichen Verfahrens
vor diesem Gericht
nicht erst in einem späteren Verfah-ren auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs behandelt werden können und dient damit der [X.]. Eine unerwünschte Doppelbefassung staatlicher Gerichte
wie auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen
kann, wie im Streitfall zutreffend vom [X.] er-kannt, durch Aussetzung des ordentlichen Verfahrens nach § 148 ZPO vermie-den werden.
2. Das
[X.]
hat
das Verfahren
vor dem Verbandsgericht
des Antragstellers
jedoch
zu Unrecht
als schiedsrichterliches Verfahren im [X.] von §
1032 Abs.
2, §
1066 ZPO
angesehen.
a)
Nach den Feststellungen des [X.]s sind das [X.] Skatgericht und das Verbandsgericht gemäß §
10 Abs.
1 der Satzung Organe des Antragstellers. Als verbandsinterne Organe
sind derartige Vereins-
oder [X.]
keine Schiedsgerichte im Sinne der §§
1025
ff. ZPO.
Ihnen ist vielmehr
in Ausübung der autonomen Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation eine Entscheidungszuständigkeit in bestimmten sat-zungsmäßig geregelten Bereichen zugewiesen. Solche Entscheidungen der Vereins-
oder [X.] sind grundsätzlich nach den allgemeinen Vor-schriften
überprüfbar, das heißt in der Regel mit der Klage nach den §§
253
ff. ZPO (vgl. [X.], Urteil vom 28.
November 1994

II
ZR
11/94, [X.]Z 128, 93, 109
f.
[juris Rn.
31]; Beschluss vom 27.
Mai
2004
III
ZB
53/03, [X.]Z 159, 207, 211
[juris Rn. 16]; Urteil vom 23.
April 2013
II
ZR
74/12, [X.]Z 197, 162 Rn.
18).
b)
Allerdings können durch die Vereinssatzung auf das Mitgliedschafts-verhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Verbandsmitglied und dem Verband ebenso wie solche zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein einem Schiedsgericht zugewiesen werden, für das gemäß §
1066 ZPO die §§
1025
ff. ZPO entsprechend gelten (vgl. [X.]Z 159, 207, 211
[juris Rn. 17]; 10
11
12
-
6
-
197, 162 Rn.
17).
In Anlehnung an §
1029 Abs.
1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene Gericht aber nur dann ein Schiedsgericht im Sinne der §§
1025
ff. ZPO, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterwor-fen werden. Die Streitbeteiligten müssen paritätisch Einfluss auf die Besetzung eines solchen Vereinsgerichts nehmen. Die Satzung muss gewährleisten, dass das Vereinsgericht bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem [X.] den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht (vgl. [X.]Z 159, 207, 211
f.
[juris Rn. 18]; 197, 162 Rn.
17).
Für [X.], die in Streitigkeiten zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern entscheiden, gilt nichts anderes.
c)
[X.] macht zu Recht geltend, dass es sich nach diesen Grundsätzen beim Verbandsgericht des Antragstellers nicht um ein ech-tes Schiedsgericht handelt. Das ergibt sich ohne weiteres aus der Satzung des Antragstellers, auf die das [X.] Bezug genommen hat. Nach §
15 der Satzung werden die Mitglieder des Verbandsgerichts
ebenso wie diejenigen des Skatgerichts vom "[X.]n Skatkongress"
-
der Hauptversammlung des Antragstellers
(vgl. § 11 der Satzung)
-
gewählt, also von
einem Vereinsorgan. Stimmrecht
bei dieser Wahl
haben alle
in
§
13
Abs. 1
der Satzung genannten Kongressteilnehmer. Dabei handelt es sich um die Delegierten der Mitglieder-verbände
sowie
die Mitglieder des Präsidiums, des [X.]n Skatgerichts und des Verbandsgerichts
sowie
die Ehrenmitglieder
und
Rechnungsprüfer. Gemäß §
13 Abs.
2 der Satzung entspricht die Zahl der Delegierten der Mitgliederver-bände 0,7% (aufgerundet) der in den
Landesverbänden organisierten Skatspie-ler. Danach haben
einzelne Mitgliedsvereine der Landesverbände wie etwa der Antragsgegner keinen nennenswerten Einfluss auf die Zusammensetzung von Skatgericht und Verbandsgericht. Damit entspricht die Zusammensetzung
von Skatgericht und Verbandsgericht ihrer Eigenschaft als Verbandsorgane gemäß §
10 der Satzung. Werden die Mitglieder eines Vereins-
oder Verbandsgerichts 13
-
7
-
von einem Verbandsorgan wie einer Haupt-
oder Generalversammlung des [X.] gewählt,
genügt dies nicht dem Erfordernis der paritäti-schen Bestimmung der Schiedsrichter durch die Streitparteien ([X.]Z 197, 162 Rn.
17 [X.]).
d)
Das Verbandsgericht des Antragstellers ist danach kein Schiedsge-richt im Sinne der §§
1025
ff., 1066 ZPO. Damit scheidet eine Anwendung der §§
1025
ff. ZPO auf den vom Antragsgegner beim [X.] anhängig gemachten Rechtsstreit insgesamt aus ([X.]Z 128, 93,
110
[juris Rn. 31];
[X.]Z 159, 207, 212
f.
[juris Rn. 18]).
Sind die §§
1025
ff. ZPO nicht anwend-bar, so ist ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterli-chen Verfahrens gemäß §
1032 Abs.
2 ZPO unbegründet.
Eine Abweisung der Klage des Antragsgegners vor dem [X.] nach §
1032 Abs.
1 ZPO kommt nicht in Betracht.
IV. Das [X.] wird zu entscheiden haben, ob der Antrags-gegner
aufgrund wirksamer
vereinsrechtlicher Verpflichtungen
zunächst die verbandsintern bereitgestellten Streitbeilegungsmechanismen ausschöpfen muss, bevor er seine Anträge im Verfahren vor dem [X.] verfolgen kann. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des [X.]s zur Entschei-dung über diese Frage besteht nicht.
14
15
-
8
-
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.
Koch
Schaffert
[X.]

[X.]
Schmaltz
Vorinstanz:
OLG [X.], Entscheidung vom 22.05.2017 -
1 [X.] 2/17 -

16

Meta

I ZB 53/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. I ZB 53/17 (REWIS RS 2018, 9385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9385

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