Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2013, Az. III ZR 253/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7405

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 253/12
Verkündet am:

14. März 2013

B o t t

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

GG Art. 14 Ca, [X.]; StPO § 102

a)
Dem Vermieter einer Wohnung steht für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Durchsuchung der Wohnung im Rahmen eines strafrechtli-chen Ermittlungsverfahrens gegen den Mieter verursacht worden sind, grundsätzlich ein Anspruch aus enteignendem Eingriff zu.

b)
Ein dem Anspruch aus enteignendem Eingriff zugrunde liegendes [X.] kann allerdings dann zu verneinen sein, wenn der Vermieter weiß beziehungsweise davon erfährt oder es sich ihm
auf-drängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder von Drogen benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungs-recht keinen Gebrauch macht.

[X.], Urteil vom 14. März 2013 -
III ZR 253/12 -
OLG Naumburg

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.
März 2013 durch den Vizepräsidenten [X.] sowie die Richter
[X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 28.
Juni 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist Miteigentümer einer in B.

gelegenen Eigen-tumswohnung. Im Rahmen einer richterlich angeordneten Durchsuchung der Wohnung wurde das von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei zum [X.] benutzte Fenster beschädigt und der Teppichboden durch Glassplitter verunreinigt. Hintergrund des [X.] war der Verdacht, dass der Mieter der Wohnung mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel trieb. Eine in der Vergangenheit liegende Verstrickung des Mieters in Drogendelikte kannte der Kläger, der mit der Schwester des [X.] in einer Beziehung lebt.
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Der Kläger verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht Erstattung der für die Beseitigung der entstandenen Schäden erforderlichen Kosten. Das [X.] hat dem Kläger eine Entschädigung von 802

e-sichtspunkt des enteignenden Eingriffs zugesprochen. Auf die Berufung des beklagten [X.] hat das [X.] unter Abänderung der erstinstanz-lichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Be-rufungsgericht zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts war die Durchsuchung der Wohnung, und zwar auch in ihrer konkreten Durchführung, rechtmäßig. Daher komme allein ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff in [X.]. Ein derartiger Anspruch stehe dem Kläger jedoch nicht zu. Insoweit kön-ne offenbleiben, ob die bei dem rechtmäßigen Polizeieinsatz entstandenen Schäden schon deshalb nicht die sogenannte Sonderopferschwelle überschrit-ten, weil dem Kläger die kriminelle Vergangenheit des Bruders seiner Freundin bekannt gewesen sei, als er diesem die Wohnung (weiter) überlassen habe. Die Schäden seien gerade Folge der entgeltlichen Überlassung des Eigentums als Wohnung an eine der Strafverfolgung ausgesetzte Person und damit kein dem 2
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Kläger abverlangtes Sonderopfer. Von einem solchen könne nur dann die Rede sein, wenn die Eigentumsbeeinträchtigung auf einer Verletzung des Gleich-heitssatzes beruhe. Wer sein Eigentum dagegen freiwillig der Gefahr preisgebe, habe die damit verbundenen nachteiligen Folgen selbst zu tragen. Der Kläger und sein Miteigentum seien nicht zufällig oder wahllos Opfer der Durchsuchung geworden. Hintergrund sei vielmehr der richterlich bestätigte Verdacht auf
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unter Einbeziehung der Wohnung begangene
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Betäubungsmittelstraftaten des Mieters. Mit der Vermietung habe der Kläger durch die Überlassung zum vertragsgemäßen Gebrauch die Kontrolle und Einflussmöglichkeit über die Verwendung der Wohnung freiwillig im Wesentlichen aufgegeben
und es dem Mieter überlassen, was der dort einbringe und tue. Von da an sei die Wohnung in ihrer Beziehung zum Gemeinwesen auch und vor allem durch das Nutzungs-verhalten des Mieters geprägt worden. Die damit regelmäßig verbundene Ge-fahr von Missbräuchen oder auf den Mieter zurückgehenden Beschädigungen sei Bestandteil des Mietzinses. [X.] sie sich in Form von Durchsuchungen der Polizei, sei dies kein Sonderopfer. Es könne insoweit auch von einer situati-onsbedingten Belastung des Eigentums gesprochen werden, die in ihrer Scha-densanfälligkeit die Rechte des Eigentümers beschränke und die Hinnahme der hier nicht erheblichen Beschädigungen zumutbar erscheinen lasse.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.
Soweit das
Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach §
839 Abs.
1 [X.], Art. 34 GG wegen der Rechtmäßigkeit der richterlich angeordne-ten Durchsuchung (§§ 102, 105 Abs. 1 StPO) abgelehnt und auch sonstige spezialgesetzliche Entschädigungsansprüche verneint hat, sind Rechtsfehler 5
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nicht erkennbar; auch die Revision erhebt insoweit keine [X.].
Insbesondere ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass der Kläger keine [X.] nach §
2 Abs.
1, 2 Nr.
4 [X.] verlangen kann, da es vorliegend um
die Entschädigung eines Nichtbeschuldigten geht (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
August 1989 -
1
BJs 72/87 -
4 -
StB 29/89, NJW 1990, 397
f).

2.
Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommen Ansprüche aus ent-eignendem Eingriff dann in Betracht, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen (vgl. nur Urteile vom 9.
April 1987 -
III
ZR 3/86, [X.]Z 100, 335, 337; vom 11.
März 2004 -
III
ZR 274/03, [X.]Z 158, 263, 267 und vom 10.
Februar 2005 -
III
ZR 330/04, NJW 2005, 1363, jeweils mwN). Hierbei geht es zumeist um atypische und unvorhergese-hene Nachteile; dies ist für den Anspruch aus enteignendem Eingriff aber nicht Voraussetzung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 30.
Januar 1986 -
III
ZR 34/85, NJW 1986, 2423, 2424). Deshalb steht der [X.] nicht entgegen, dass Beschädigungen der hier streitgegenständlichen Art bei Wohnungsdurchsu-chungen weder atypisch noch unvorhersehbar sind, sondern sich vielmehr eine Gefahr verwirklicht hat, die in der hoheitlichen Maßnahme selbst angelegt war (vgl. Senatsurteil vom 9. April 1987 aaO S. 338).

a) Der enteignende Eingriff stellt einen zwangsweisen staatlichen Zugriff auf das Eigentum dar, der den Betroffenen im Vergleich zu anderen entgegen dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz ungleich behandelt beziehungs-weise trifft und ihn zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt (vgl. nur Senat, Urteil vom 12. Februar 1962 -
III
ZR 204/60, [X.], 609, 611; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2013, 7
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-

§
839 Rn.
477 mwN). Während beim enteignungsgleichen Eingriff das Sonder-opfer durch die Rechtswidrigkeit konstituiert wird, bedarf bei rechtmäßigen Ein-griffen die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers einer be-sonderen Begründung. Hier ist ein Ersatzanspruch nur dann gegeben, wenn die Einwirkungen die [X.] überschreiten, also im Verhältnis zu anderen ebenfalls betroffenen Personen eine besondere "Schwere" aufweisen oder im Verhältnis zu anderen nicht betroffenen Personen einen Gleichheits-verstoß bewirken (vgl. nur Ossenbühl/[X.], Staatshaftungsrecht, 6.
Aufl., S.
344). Ob in diesem Sinn eine hoheitliche Maßnahme die Schwelle des ent-eignungsrechtlich Zumutbaren überschreitet oder sich noch als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums begreifen lässt, kann nur aufgrund einer umfas-senden Beurteilung der
Umstände des Einzelfalls entschieden werden (vgl. [X.], Urteil vom 5. Mai 1988 -
III
ZR 116/87, [X.], 1022, 1023). [X.] ist letztlich, wo nach dem vernünftigen Urteil aller billig und gerecht [X.] die Opfergrenze liegt (Senat, Urteil vom 2. Mai 1955 -
III
ZR 271/53, [X.]Z 17, 172, 175) beziehungsweise wo die Grenze dessen liegt, was eine Gemeinschaft, die ihre verfassungsmäßige Ordnung in einem [X.] Rechts-staat gefunden hat, dem Einzelnen entschädigungslos zumuten kann und will (Senat, Urteil vom 23. November 1959 -
III
ZR 146/58, [X.]Z 31, 187, 191; [X.], [X.], 12.
Aufl., vor §
839, Rn.
154).

b) Vor diesem Hintergrund erweist sich die Auffassung des Berufungsge-richts, dass ein Vermieter grundsätzlich das Risiko von Sachschäden bei Ermitt-lungsmaßnahmen gegen seinen Mieter trägt, und insoweit von vornherein die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers ausscheidet, als rechtsfehlerhaft.

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Das Eigentum des [X.] wurde für Zwecke der Strafverfolgung und damit im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen. Der Kläger -
und sein Vater als Miteigentümer
-
wurden einem staatlichen Eingriff ausgesetzt, der sie anders als andere Eigentümer zu einer Aufopferung im öffentlichen Interesse zwang. Hierbei handelt es sich nicht um das allgemeine Lebensrisiko eines Vermieters, das deshalb immer von diesem zu tragen ist.

Allerdings kann nach der Senatsrechtsprechung von dem [X.] eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse und damit einem gleichheitswidri-gen, entschädigungspflichtigen staatlichen
Verhalten regelmäßig keine Rede sein, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und grundsätz-lich selbst zu tragen sind (vgl. etwa Urteile vom 2.
Mai 1955, aaO S. 175
f; vom 18.
September 1959 -
III
ZR 68/58, [X.]Z 31, 1, 4; vom 15.
März 1962 -
III
ZR 211/60, [X.]Z 37, 44, 48 und vom 19.
Februar 1976 -
III
ZR 13/74, NJW 1976, 1204, 1205). So hat der Senat etwa demjenigen, der schuldhaft den Anschein einer polizeilichen Gefahr hervorgerufen hat, keinen Anspruch aus enteignen-dem Eingriff für die aus der polizeilichen Maßnahme resultierenden Folgen zu-gebilligt, weil nicht in die [X.] eines Unbeteiligten eingegriffen worden sei, sondern der Betroffene, wenn auch nicht für eine objektive Gefahr, aber doch für eine Sachlage verantwortlich sei, die eine Pflicht der Polizei zum Ein-greifen begründet habe, sodass er nicht als unbeteiligter Dritter angesehen werden könne (vgl. Urteil vom 14.
Februar 1952 -
III
ZR 233/51, [X.]Z 5, 144, 152). Allgemein ging es in der Senatsrechtsprechung insoweit um [X.], in denen jedenfalls der Konflikt zwischen den privaten und öffentlichen Inte-

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ressen infolge eines Verhaltens des Betroffenen eintrat, welches im Hinblick auf die nachteiligen Einwirkungen rechtlich nicht geschützt war. Der Eigentümer darf nicht durch eigenes Verhalten, auch wenn dieses rechtlich erlaubt ist, einen vorher noch nicht vorhandenen Interessenkonflikt aktiviert haben; in diesem Fall sind die Folgen regelmäßig seiner Sphäre zuzuordnen und stellen kein [X.] dar (vgl. etwa Senat, Urteil vom 16.
März 1995
-
III
ZR 166/93, [X.]Z 129, 124, 129
f zur Errichtung eines Wohnhauses im [X.] eines Militärflugplatzes).

Hiermit ist der Fall der Vermietung aber regelmäßig nicht zu vergleichen (im Ergebnis ebenso [X.], BeckRS 2007, 09345). Von einer freiwilligen Übernahme einer Gefahr kann nicht allein im Hinblick auf den Umstand gespro-chen werden, dass sich ein Eigentümer durch die Vermietung der eher entfernt liegenden, wenn auch nicht vollständig auszuschließenden Gefahr aussetzt, dass sein Mieter straffällig wird und es im Zuge strafprozessualer Maßnahmen gegen den Mieter zu Beschädigungen der Wohnung kommt. Die Vermietung einer Wohnung ist ein sozial adäquates, ja sozial erwünschtes Verhalten, das im Normalfall die Gefahr strafbaren Verhaltens der Bewohner weder begünstigt noch gar hervorruft. Daher stehen die Vermietung und das den Polizeieinsatz auslösende strafbare Verhalten des Mieters grundsätzlich völlig unabhängig und selbständig nebeneinander. Der Vermieter verliert nicht im enteignungs-rechtlichen Sinn durch die bloße Vermietung seine Stellung als unbeteiligter Dritter mit der Folge, dass strafprozessuale Maßnahmen gegen den Mieter [X.] zuzuordnen wären. Daran ändert sich grundsätzlich auch nichts, wenn der Mieter im Rahmen seines strafbaren Verhaltens Gegenstände -
etwa Diebesgut oder wie hier Betäubungsmittel
-
in die Wohnung einbringt. Denn die

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Überlassung der Wohnung durch den Vermieter erfolgt zum vertragsgemäßen Gebrauch; hierfür zahlt der Mieter den Mietzins. Letzterer ist -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
-
gerade keine Gegenleistung für vertrags-widrige Verhaltensweisen und rechtfertigt deshalb nicht für sich die Zuordnung von darauf zurückzuführenden Schäden zur Verantwortungssphäre des [X.].

Anders kann die Situation allerdings dann zu bewerten sein, wenn der Vermieter weiß beziehungsweise davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder -
wie hier
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von Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht. In einem solchen Fall kann gegebenenfalls, wenn sich das Risiko weiterer strafbarer Handlungen verwirk-licht und es im Zuge strafprozessualer Maßnahmen gegen den Mieter zu [X.] an der Wohnung kommt, davon gesprochen werden, dass sich der [X.] freiwillig der Gefahr ausgesetzt hat, sodass er den Schaden deshalb nicht als gleichheitswidriges Sonderopfer der Allgemeinheit in Rechnung stellen kann.

Das Berufungsgericht hat zu der im Tatbestand nur pauschal angespro-chenen, dem Kläger bekannten "Verstrickung des Mieters in Drogendelikte" und zu der Frage, ob diese ein Recht zur Beendigung des [X.] hat, keine näheren Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein. In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, ob der Vater des Klä-

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gers als Miteigentümer ebenfalls über entsprechende Kenntnisse verfügt hat. Auch wenn nur einer von zwei Miteigentümern über entsprechendes Wissen verfügt, fällt das hier streitgegenständliche Schadensrisiko in die Sphäre der Eigentümer und stellt kein entschädigungspflichtiges Sonderopfer dar.

c) Demgegenüber scheitert ein Ersatzanspruch entgegen der Auffassung des beklagten [X.] nicht daran, dass der eingetretene Schaden lediglich 802

i-chen Betrachtungsweise regelmäßig nur eine fühlbare Beeinträchtigung einer vermögenswerten Rechtsposition als entschädigungspflichtiges Opfer angese-hen werden; geringfügige Beeinträchtigungen scheiden aus (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. September 1970 -
III
ZR 148/67, [X.]Z 54, 293, 296 mwN). Bei der hier streitgegenständlichen gezielten Beschädigung beziehungsweise [X.] von Eigentum durch strafprozessuale Zwangsmaßnahmen liegt aber bereits in der Substanzverletzung eine solche fühlbare Beeinträchtigung des betroffenen Eigentums, die -
abgesehen von Bagatellfällen
-
für die Annahme eines nicht [X.] Sonderopfers ausreicht.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch,
ob dem Kläger möglich-erweise ein Anspruch auf Schadensersatz gegen seinen Mieter zusteht. Die Regelung des §
839 Abs.
1 Satz
2 [X.], wonach dann, wenn einem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, dieser -
beziehungsweise die haftpflichtige [X.]
(Art.
34 Satz 1 GG)
-
nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag, gilt nicht für andere selbständige Erstattungsansprüche gegen den Staat (vgl. nur [X.], Urteil vom 24.
Oktober 1974 -
VII
ZR 223/72, [X.]Z 63, 167, 171
ff mwN). Ent-

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gegen einer zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. [X.], [X.] 2011, 160, 161; anders [X.], BeckRS 2007, 09345) ver-tretenen Auffassung kann das Vorliegen eines Sonderopfers auch nicht vom Fehlen einer solchen anderweitigen Ersatzmöglichkeit abhängig gemacht wer-den. Ob der Geschädigte aus dem Schadensereignis auch Ansprüche gegen Dritte hat, ist für die Frage, ob ihm im Interesse der Allgemeinheit durch hoheit-lichen Zwang ein Sonderopfer in gleichheitswidriger Weise abverlangt worden ist, grundsätzlich ohne Bedeutung. Ein an sich [X.] wird im Allgemeinen nicht dadurch zum [X.] Nachteil, dass der Geschädigte auf Ansprüche gegen einen Dritten verwiesen und ihm insoweit das Risiko der Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche auferlegt wird.

Soweit der Senat bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls ein Sonderopfer auch unter Hinweis auf gegebene beziehungs-weise realisierbare (anderweitige) Schadensersatzansprüche verneint hat, war der zu entscheidende Fall so gelagert, dass ohne die das Eigentum [X.] polizeiliche Maßnahme (gezieltes Rammen eines entwendeten [X.]) der endgültige Verlust der Sache zu befürchten war und zudem auch nur durch dieses Eingreifen die Aussicht begründet wurde, deliktische Scha-densersatzansprüche gegen den eigentlichen Schadensverursacher realisieren zu können (Urteil vom 3. März 2011 -
III
ZR 174/10, NJW 2011, 3157 Rn. 15 ff). Eine vergleichbare Konstellation liegt hier nicht vor.

III.

Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO) und, da die Sache mangels ausreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht zur Ent-17
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scheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das [X.] zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.12.2011 -
10 O 988/11 -

OLG Naumburg, Entscheidung vom 28.06.2012 -
1 U
8/12 -

Meta

III ZR 253/12

14.03.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2013, Az. III ZR 253/12 (REWIS RS 2013, 7405)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7405

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 253/12

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