Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2011, Az. VIII ZR 301/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3374

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 301/10
Verkündet am:

14. September 2011

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin Dr.
Milger, [X.]
Schneider und die Rich-terin Dr.
Fetzer
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.]eklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 1.
November 2010 wird [X.].
Der [X.]eklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Mit Vertrag vom 4. Dezember 1979 mietete der [X.]eklagte, der von [X.]eruf Rechtsanwalt ist, von
der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine in einem Mehr-familienhaus gelegene Wohnung in [X.].

. Die Klägerin erwarb das Grundstück und ist seit 1. Februar 2008 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. [X.] §
4 Nr.
1 des Mietvertrags ist die Miete jeweils
bis zum dritten Werktag des laufenden Monats zu zahlen. §
8 des Mietvertrags regelt Folgendes:
"Der Mieter kann gegenüber Mietforderungen mit Gegenforderungen nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat."
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Der [X.]eklagte zahlte im Zeitraum Januar 2008 bis März 2009 elf Mieten verspätet. Dies beanstandete die Klägerin unter [X.] auf die vertragliche Fälligkeitsregelung mit Schreiben
vom 19. September und 24. September 2008, deren Zugang der [X.]eklagte bestritten hat. Mit durch Gerichtsvollzieher zuge-stelltem Schreiben vom 12.
Februar 2009, dem die vorangegangenen Schrei-ben in Kopie beilagen, mahnte die Klägerin den [X.]eklagten unter wiederholter Angabe der verspäteten Zahlungseingänge ab; zusätzlich sind die verspäteten Zahlungseingänge im Zeitraum Oktober 2008 bis Februar 2009 aufgeführt. Die Miete für den Monat März 2009 ging bei der Klägerin am 10.
März 2009 ein. Diese kündigte daraufhin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 6.
April 2009 fristlos sowie hilfsweise ordentlich.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den [X.]eklagten auf Räumung und Her-ausgabe der Wohnung in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewie-sen. Auf die [X.]erufung der Klägerin hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den [X.]eklagten zur Räumung verurteilt. Mit der vom [X.]eru-fungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der [X.]eklagte sein Klageabwei-sungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
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Die Klägerin habe gegen den [X.]eklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aus §
546 Abs.
1 [X.]G[X.]. Der Mietvertrag sei durch die Kündigung vom 6. April 2009 beendet worden. Die Kündigung sei nach §
543 Abs.
1 [X.]G[X.] gerechtfertigt. Danach könne der Vermieter den Vertrag fristlos kündigen, wenn ihm unter [X.]erücksichtigung der Umstände des Einzel-falls, insbesondere des Verschuldens
der Parteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar sei. Dies könne der Fall sein, wenn der Mieter die vereinbarte Miete trotz dahinge-hender Abmahnung weiter unpünktlich zahle. Ein Kündigungsgrund sei in der Regel gegeben, wenn der Mieter nachhaltig, jedenfalls dreimal innerhalb eines Jahres, die Miete nicht pünktlich zahle, deswegen abgemahnt werde und an-schließend eine weitere unpünktliche Zahlung erfolge. Diese Kriterien seien im vorliegenden Fall
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in tatsächlicher Hinsicht unstreitig
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erfüllt. Streit habe zwi-schen den Parteien lediglich darüber geherrscht, ob die Miete am [X.]eginn oder Ende des jeweiligen Monats fällig gewesen sei. Nach §
4 des Mietvertrags sei eine Fälligkeit am Monatsbeginn gegeben. Die Klausel sei wirksam. Sie entfalle auch nicht wegen unangemessener [X.]enachteiligung des Mieters im Hinblick auf die Aufrechnungsregelung in §
8 des Mietvertrags. Eine sogenannte Ankündi-gungsklausel -
wie hier
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führe nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichts-hofs (VIII
ZR 337/06) auch in Kombination mit der Vorfälligkeitsklausel nicht zu deren Unwirksamkeit.
Die im Mietvertrag getroffene Vorfälligkeitsregelung sei auch nicht durch spätere vertragliche Abrede der Parteien geändert worden. Der pauschale Vor-trag des [X.]eklagten dazu sei bereits im ersten Rechtszug bestritten und darauf von dem [X.]eklagten nicht konkretisiert worden. Darauf, ob der frühere Vermieter die verspäteten Zahlungen in den Jahren 2006 und 2007 hingenommen habe, komme es nicht an.
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Unter [X.]erücksichtigung dessen, dass der Samstag für die Frist zur [X.] der Miete nicht als Werktag zähle, seien bis zur Abmahnung der Klägerin vom 12. Februar 2009 von Januar 2008 bis März 2009 insgesamt neun Mieten verspätet eingegangen. Dies sei als
nachhaltig unpünktliche Zahlungsweise zu werten. Nach der Abmahnung habe der [X.]eklagte die Miete für März 2009 er-neut unpünktlich gezahlt. Dies rechtfertige die fristlose Kündigung der Klägerin vom 6. April 2009. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führe trotz der langen Dauer des Mietverhältnisses angesichts der sich über einen langen Zeit-raum hinziehenden verspäteten Zahlungen dazu, dass der Klägerin das Fest-halten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden könne.
Der [X.]eklagte habe die unpünktliche Zahlungsweise auch zu vertreten. Er könne sich nicht darauf zurückziehen, er habe seiner [X.]ank einen Dauerauftrag erteilt, bei dessen korrekter Ausführung die Miete jeweils pünktlich eingegangen wäre. Er habe die Zahlungen vielmehr kontrollieren müssen, da ihm Schwierig-keiten bei der korrekten Ausführung des [X.] bekannt gewesen seien. Dem sei er nicht ausreichend nachgegangen. Sein Vortrag, er habe deshalb mit einem [X.]ankmitarbeiter gesprochen, sei zu vage geblieben.

II.
Diese [X.]eurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung
stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
1. Zutreffend hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass der [X.]eklagte die Miete jeweils zum dritten Werktag des Monats zu entrichten hatte, so dass er die Mietzahlungen, die Gegenstand der fristlosen Kündigung der Klägerin sind, durchweg zu spät erbracht hat.
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Der Senat hat nach Erlass des [X.]erufungsurteils entschieden, dass eine Formularklausel, die -
wie im Streitfall
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abweichend von § 551 [X.]G[X.] aF be-stimmt, dass die Miete
für den jeweiligen Monat im Voraus zu zahlen ist, auch in Kombination mit einer Aufrechnungsklausel, der
zufolge die Aufrechnung ei-nen Monat zuvor anzukündigen ist, keine unangemessene [X.]enachteiligung des Mieters darstellt (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 -
VIII
ZR 191/10, NJW 2011, 2201 Rn.
15).
2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das [X.]erufungsgericht im Streitfall in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung die Voraussetzungen einer außeror-dentlichen Kündigung
nach §
543 [X.]G[X.] bejaht.
a) Nach §
543 Abs.
1
[X.]G[X.] kann der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen, wenn ihm unter [X.]erücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Verschuldens der Parteien, und unter Abwägung der beider-seitigen Interessen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist. Diese Voraussetzung kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Mieter die vereinbarte Miete trotz einer Abmahnung des Vermieters weiterhin unpünktlich zahlt. Hiervon geht auch das [X.]erufungsgericht aus.
Dem [X.]erufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass bei der Würdi-gung, ob die Vertragsfortsetzung für den Vermieter unzumutbar ist, auch die vor der Abmahnung liegenden Vertragsverletzungen des Mieters zu berücksichti-gen sind. Schließlich steht auch die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, dass nach vorangegangenen unpünktlichen Zahlungen bereits eine weitere unpünkt-liche Zahlung nach erfolgter Abmahnung die fristlose Kündigung rechtfertigen kann, im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 12
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4. Mai 2011 -
VIII
ZR 191/10, aaO Rn.
18 f.; vom 11. Januar 2006 -
VIII
ZR 364/04, [X.], 338 Rn.
15).
b) Die vorstehend genannten Voraussetzungen einer fristlosen Kündi-gung sind im Streitfall nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststel-lungen des [X.]erufungsgerichts erfüllt.
aa) Danach hat der [X.]eklagte entgegen der vertraglichen Fälligkeitsrege-lung die Mieten im Zeitraum Januar 2008 bis März 2009 in elf Fällen verspätet gezahlt. Die Abmahnung dieses vertragswidrigen Verhaltens durch das Schrei-ben der Klägerin
vom 12.
Februar 2009 hatte keinen Erfolg, denn der [X.]eklagte zahlte auch die Miete für März 2009 erneut verspätet.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision trifft den [X.]eklagten an der vertragswidrig verspäteten Mietzahlung für den Monat März 2009 auch ein [X.]. Denn nach seinem eigenen Vortrag war dem [X.]eklagten bekannt, dass der von ihm im [X.] 2008 eingerichtete, erstmals im November 2008 auszuführende Dauerauftrag die vertragsgerechte Mietzahlung in der Folgezeit in keinem einzigen Monat gewährleistete, so dass
er die Miete jeweils per Hand überweisen musste und die Mietzahlungen aufgrund dessen verspätet bei der Klägerin eingingen. Die sich hierauf stützende tatrichterliche Würdigung, der [X.]eklagte habe sich bei dieser Sachlage nicht mit einem -
von seinem Inhalt va-ge gebliebenen
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Gespräch mit einem [X.]ankmitarbeiter begnügen dürfen, ist [X.] nicht zu beanstanden. [X.]esondere Umstände, die es dem von [X.]erufs wegen rechtserfahrenen [X.]eklagten über Monate hinweg unmöglich [X.] hätten,
für eine pünktliche Mietzahlung zu sorgen, sind weder vorgetra-gen noch ersichtlich. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob für die Rechtzeitigkeit der Leistung auf die Vornahme der Leistungshandlung oder den Eintritt des
Leistungserfolgs abzustellen ist, kommt es mithin nicht an.
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cc) Vergeblich wendet sich die Revision schließlich gegen die vom [X.]eru-fungsgericht getroffene Wertung,
der Klägerin sei die Fortsetzung des Mietver-hältnisses wegen der trotz Abmahnung fortgesetzt unpünktlichen [X.] des [X.]eklagten nicht zumutbar.
Zutreffend hat das [X.]erufungsgericht insoweit den Umstand, dass der [X.]e-klagte nach seiner [X.]ehauptung bereits die Mietzahlungen an die Rechtsvor-gängerin der Klägerin in den Jahren 2002 bis 2007 nicht vertragsgerecht [X.] habe, für unbeachtlich gehalten. Denn die Hinnahme der unpünktlichen Zahlungsweise durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin ist von vornherein nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand dafür zu begründen, dass auch die Klägerin
das vertragswidrige Verhalten des [X.]eklagten
nicht beanstanden [X.].
Auch das Verhalten der Klägerin selbst vermochte ein dahingehendes Vertrauen des [X.]eklagten nicht zu begründen. Dazu reicht es nicht aus,
dass die Klägerin die zum überwiegenden Teil verspäteten Mietzahlungen
für die Monate Januar 2008 bis Februar 2009 nach der [X.]ehauptung des [X.]eklagten bis zu der Abmahnung vom 12.
Februar 2009 unbeanstandet ließ. Entgegen der [X.] der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 4.
Mai 2011 (VIII
ZR 191/10, aaO) nichts Gegenteiliges. In dieser Entscheidung hat der Senat die Fortsetzung
des Mietverhältnisses
deswegen nicht für unzumutbar gehalten, weil die Vermieterin es vor der Abmahnung über viele Jahre widerspruchslos hingenommen hatte, dass die Mieterin Zahlungen abweichend von der vertrag-lichen Fälligkeitsregelung jeweils erst zur Monatsmitte leistete (Senatsurteil vom

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4.
Mai 2011, aaO Rn.
21 f.). Damit ist der hier zu entscheidende Fall nicht ver-gleichbar.
[X.]all
Dr. Frellesen
Dr. Milger

Dr. Schneider
Dr. Fetzer

Vorinstanzen:
AG [X.]erlin-Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 15.12.2009 -
3 [X.]/09 -

LG [X.]erlin, Entscheidung vom 01.11.2010 -
67 [X.]/10 -

Meta

VIII ZR 301/10

14.09.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.09.2011, Az. VIII ZR 301/10 (REWIS RS 2011, 3374)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3374

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 301/10

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