Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2011, Az. V ZB 39/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3330

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 39/11

vom

15. September 2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 15. September 2011 durch [X.] [X.], die Richter Dr.
Lemke und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4.
Zivilkammer des [X.] vom 3.
Februar 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.156,68

Gründe:
I.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger erhob gegen einen in der Versammlung der Wohnungseigentümer am 31.
März 2010 gefassten Beschluss, mit dem ihm die Nutzung seines Teileigentums zu Wohnzwecken untersagt wurde, Anfechtungsklage. Diese wurde der Verwalte-rin zugestellt, die einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Beklagten beauf-tragte. Später nahm der Kläger die Klage zurück. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ihm auferlegt.
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Auf Antrag der Beklagten hat das Amtsgericht die von dem Kläger zu er-stattenden Kosten auf 1.932,32

der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr.
1008 VV RVG für die Vertretung mehrerer Auftraggeber als auch der Begrenzung auf einen Gebührensatz von 2,0 nach Absatz
3 der Anmerkung zu Nr.
1008 VV RVG Rechnung getragen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelasse-nen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger die Absetzung der Mehrvertretungs-gebühr weiter.

II.
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unabhängig von der Mandatierung durch die Verwalterin namens und in Vollmacht der übrigen Wohnungseigentümer tätig geworden. Deshalb habe das Amtsgericht zu Recht die Verfahrensgebühr um die Mehrvertretungs-gebühr erhöht.

III.
Das nach §
574 Abs. 1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§
575 ZPO) Rechtsmittel ist unbegründet. Dem Rechtsanwalt, der die übrigen Wohnungseigentümer in einem Beschlussanfechtungsprozess ver-tritt, steht die Mehrvertretungsgebühr nach Nr.
1008 VV RVG zu (so bereits in-zidenter Senat, Beschluss vom 16.
Juli 2009 -
V
ZR 11/09, NJW
2009, 3168 Rn.
17; Beschluss vom 14.
Juli 2011 -
V
ZB 171/10, [X.]. S.
7 [zur Veröffentli-chung bestimmt]; ebenso Jennißen/Suilmann, [X.], 2.
Aufl., §
50 Rn.
13; 2
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4
-
Riecke/Schmid/[X.], Wohnungseigentumsrecht, 3.
Aufl., [X.]. zu §
50 [X.] Rn.
22; [X.]/[X.], [X.], §
50 Rn.
11).
1. Die Beschlussanfechtung ist nach §
46 Abs.
1 Satz
1 [X.] nicht ge-gen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu richten, sondern gegen die übrigen Mitglieder der [X.]. Es handelt sich also nicht um einen Verbandsprozess, sondern um einen [X.]. Dieser ist [X.] einem Verbandsprozess gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angenähert. Die Klage ist nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verwalter zuzustellen, der nach §
45 Abs.
1 [X.] für die Wohnungseigen-tümer zustellungsbevollmächtigt ist; er ist nach §
27 Abs.
2 Nr.
2 [X.] berech-tigt, die Wohnungseigentümer in dem Rechtsstreit zu vertreten oder anwaltlich
vertreten zu lassen (Senat, Beschluss vom 14.
Mai 2009 -
V
ZB 172/08, NJW
2009, 2135 Rn. 11). Dem entspricht die Vorschrift des
§
50 [X.], dass die Wohnungseigentümer im Regelfall nur die Kosten eines einzigen Rechts-anwalts erstattet bekommen können.
2. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass diesem Rechtsanwalt die Erhöhungsgebühr für die Vertretung mehrerer Auftraggeber nach Nr.
1008 VV RVG nicht zusteht.
a) Zwar dient die Zustellungsbevollmächtigung des Verwalters u.a. dazu,
die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Kosten gering zu [X.] (Senat, Beschluss vom 14.
Mai 2009 -
V
ZB 172/08, aaO). Aber dieser Ge-sichtspunkt spielt bei der Beantwortung der Frage, ob dem Rechtsanwalt die Mehrvertretungsgebühr zusteht, keine Rolle. Bedeutung erlangt er nur bei der Beurteilung, ob die in §
50 [X.] normierte Ausnahme von der [X.] eines einzigen Rechtsanwalts vorliegt.
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b) Dem Umstand, dass die Verwalterin dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Auftrag zu deren Vertretung erteilt hat, kommt keine Bedeutung zu. Die Mehrvertretungsgebühr nach Nr.
1008 VV RVG fällt immer dann an, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber tätig geworden ist (§
7 Abs.
1 RVG). Ob es einen oder mehrere Auftraggeber gibt, hängt nicht davon
ab, wer dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Auch wenn eine Person für eine Personen-mehrheit den Auftrag erteilt, sind die mehreren Personen Auftraggeber des Rechtsanwalts ([X.], Beschluss vom 27.
Mai 2011 -
15
U
4940/10, juris Rn.
30). Daran ändert nichts, dass das gerichtliche Verfahren über die [X.] einem Verbandsprozess ähnelt. Entscheidend ist, dass in dem [X.] gegen die übrigen Wohnungseigentümer mehrere Per-sonen -
und nicht etwa, wie der Kläger meint, der "Rest des Verbandes"
-
als notwendige Streitgenossen auf der Beklagtenseite stehen, die sich anwaltlich vertreten lassen.
c) Zutreffend weisen sowohl der Kläger als auch die Beklagten darauf hin, dass das anwaltliche Gebührenrecht eine Pauschalierung der Gebühren für typische Sachverhalte vornimmt. Für die Höhe der Gebühr kommt es deshalb nicht darauf an, welchen konkreten Arbeitsaufwand der Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit gehabt hat. Das gilt auch für die Mehrvertretungsgebühr nach Nr.
1008 VV RVG. Sie soll dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischer-weise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand, insbesondere durch die lau-fende Informationsaufnahme und Unterrichtung durch den Rechtsanwalt, und dessen höherem
Haftungsrisiko in genereller Weise Rechnung tragen ([X.], Beschluss vom 19.
Januar 2010 -
VI
ZB 36/08, NJW
2010, 1377 Rn.
8). Nach diesem Sinn und Zweck ist es für die Gebührenerhöhung unerheblich, ob es bei der Vertretung mehrerer Auftraggeber tatsächlich ein Mehr an Arbeit
und Auf-wand sowie ein höheres Haftungsrisiko gibt.
Im Übrigen liegt ein solcher Fall hier, anders als der Kläger meint, nicht vor. Zum einen hat das Beschwerdege-8
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richt nicht festgestellt, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten aus-schließlich mit der Verwalterin kommuniziert haben; der Kläger verweist auch auf keinen diesbezüglichen Vortrag in den Tatsacheninstanzen, sondern bringt lediglich Vermutungen vor. Zum anderen liegt es auf der Hand, dass das [X.] bei mehreren Auftraggebern höher ist als bei einem einzigen Auftraggeber.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Krüger

Lemke

Schmidt-Räntsch

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2010 -
28 C 38/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.02.2011 -
4 [X.] -

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Meta

V ZB 39/11

15.09.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2011, Az. V ZB 39/11 (REWIS RS 2011, 3330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3330

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