Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2017, Az. 2 AZR 785/16 (F)

2. Senat | REWIS RS 2017, 3556

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Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin und unter Zurückweisung der [X.] der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 31. Juli 2014 - 15 Sa 1132/13 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] vom 11. Mai 2011 - 8 [X.] - abgeändert und die Klage abgewiesen hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts wird - weitergehend - zurückgewiesen, soweit diese sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den zu Nr. 1 erhobenen Antrag (Feststellungsantrag) und gegen ihre Verurteilung richtet, an die Klägerin 1.884,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 314,16 Euro brutto seit dem 1. Kalendertag der Monate Dezember 2010 bis Mai 2011 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung.

2

[X.]ie beklagte [X.] betreibt in [X.] eine Ergänzungsschule. An dieser ist die Klägerin seit 1992 als Lehrerin beschäftigt.

3

Im Arbeitsvertrag vom 1. Jan[X.]r 1992 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Frau … wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1991-1992 an der Schule [X.] fortsetzen mit 22 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem [X.] Bundesangestelltentarifvertrag [X.].

        

…       

        
        

3.    

[X.]ie Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem [X.] Bundesangestelltentarifvertrag [X.].

        

4.    

[X.]er/die Angestellte wird nach 1.13/53 der Sammlung der Schulvorschriften des [X.] Bildungsministeriums vom 20.11.1981 ([X.], Nr. 53) und den jeweils gültigen Ausführungen in die Gruppe [X.] im Alter von 31 Jahren eingestuft.

                 

[X.]ie Zahlung des Gehalts erfolgt detailliert, wie folgt:

                 

…       

        

5.    

Es wird [X.] gezahlt, dessen Betrag einem Monatsgehalt entspricht, in Höhe des Betrages von (des Monats September) nach Abzug der entsprechenden Abzüge.

                 

[X.]ie Lehrkraft, die diesen Vertrag unterzeichnet, akzeptiert und erkennt mit ihrer Unterschrift an, dass ihr dieses [X.] freiwillig gezahlt wird und dass die Zahlung des [X.]es, auch wenn sie über mehrere Jahre hinweg erfolgte, ihr nicht das Recht erteilt, Ansprüche auf dessen weitere obligatorische Zahlung zu erheben.

                 

Es besteht kein Anrecht auf [X.], wenn zum Zeitpunkt der Zahlung dieses Bonus der Arbeitsvertrag gekündigt wurde oder eine beteiligte Partei den Vertrag bis zum 31.12. gekündigt hat oder wenn die Gültigkeit dieses Vertrages aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses der beteiligten Parteien endet. [X.]ies gilt jedoch, wenn die Kündigung des Arbeitsvertrages aus Gründen erfolgt, die sich auf den gesamten Betrieb der Schule beziehen oder das dort beschäftigte Personal betreffen.

        

…       

        
        

17.     

[X.]as Urlaubsgeld beträgt dreihundert [X.]M (300) und unterliegt allen Abzügen zur Sozialversicherung und der Einkommenssteuer.“

4

[X.]as Gehalt der Klägerin wurde in der Folgezeit der Tarifentwicklung angepasst. Außerdem leistete die [X.] an die Klägerin nach Inkrafttreten des [X.] Jahressonderzahlungen iHv. [X.] des [X.] nach § 20 [X.] Auf Basis der [X.] 10 Stufe 5 berechnete sie für die Monate Jan[X.]r und Febr[X.]r 2010 eine Bruttovergütung iHv. 3.642,91 Euro und ab März 2010 eine Bruttovergütung iHv. 3.690,00 Euro.

5

Seit dem [X.] befand sich die [X.] in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im Zusammenhang mit ihrer Zusage, [X.]. das bestehende Haushaltsdefizit zu verringern, bekräftigten die Staats- und Regierungschefs der [X.] in einer Erklärung vom 11. Febr[X.]r 2010, im Bedarfsfall entschlossen und koordiniert handeln zu wollen, um die [X.] im gesamten Euro-Währungsgebiet zu wahren.

6

[X.]er Beschluss des Rates der [X.] vom 8. Juni 2010 gerichtet an [X.] zwecks Ausweitung und Intensivierung der haushaltspolitischen Überwachung und zur Inverzugsetzung [X.]s mit der Maßgabe, die zur Beendigung des übermäßigen [X.]efizits als notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen (2010/320/[X.] - ABl. [X.] L 145/6 vom 11. Juni 2010), fordert von der [X.]n Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Zu diesen gehören [X.]. die Kürzung des Oster-, Urlaubs- und [X.]s für Beamte, eine Reform der Lohngesetzgebung sowie die Straffung und Vereinheitlichung der Tarifstruktur im öffentlichen Sektor.

7

[X.]ie [X.] erließ aufgrund der mit der [X.] ([X.]), der [X.] ([X.]) und dem Internationalen Währungsfond ([X.]) getroffenen Vereinbarungen [X.]. das Gesetz Nr. 3833/2010 (Schutz der nationalen Wirtschaft - [X.]ringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise - [X.] der Republik [X.] Teil I Blatt Nr. 40 vom 15. März 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des [X.] heißt es in diesem auszugsweise:

        

„Artikel 1

        

Minderung der Bezüge der Beschäftigten im öffentlichen [X.]ienst

        

…       

        

4. Bedienstete mit privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gem. Paragraph 2, für die die Bestimmungen von [X.] nicht gelten, werden von der Absenkung des Paragraphen 2 jene Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne des ersten Absatzes von Paragraph 2 dieses Artikels gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um sieben Prozent (7%) herabgesetzt. ...

        

Artikel 3

        

Einkommenspolitik des Jahres 2010

        

1. Ab Inkrafttreten dieses Artikels und bis zum 31.12.2010 sind Abschluss und Gewährung von Erhöhungen, im gleichen Zeitraum, auf die Gehälter und Bezüge von Beamten, Angestellten im öffentlichen [X.]ienst im Allgemeinen, in kommunalen Gebietskörperschaften, bei den Körperschaften des Privaten Rechts, welche dem Staat gehören oder vom staatlichen Haushalt regelmäßig finanziert werden, nicht gestattet. ...

        

5. Bestimmungen des Gesetzes oder Bestimmungen, Bedingungen oder Klauseln von Tarifverträgen, Schiedssprüchen, Ministerialbeschlüssen oder Verwaltungsakten jeder Art und Bedingungen individueller Arbeitsverträge oder Vereinbarungen, die im Widerspruch zu den Bestimmungen dieser Bestimmungen und der vorherigen Artikel stehen, werden aufgehoben.“

8

Art. 1 des Gesetzes trat mit Wirkung zum 1. Jan[X.]r 2010 und Art. 3 am Tag der Veröffentlichung des [X.] im [X.] in [X.].

9

[X.]arüber hinaus erließ die [X.] das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die [X.] Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der [X.] und des [X.] ([X.] der Republik [X.] Teil I Blatt Nr. 65 vom 6. Mai 2010). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des [X.] heißt es in diesem auszugsweise:

        

Artikel 3

        
        

Maßnahmen zur Minderung der öffentlichen Ausgaben

        
        

…       

        
        

3. Bei Bediensteten mit Arbeitsverträgen des Privatrechts gem. Par. 2 Art. 1 Ges. 3833/2010, die den Bestimmungen von [X.] nicht unterliegen, sind von der Kürzung des Paragraphen 1a die Zulagen ausgenommen, die vom Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne von Paragraph 1 gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um drei Prozent (3%) herabgesetzt.

        
        

…       

        
        

6. [X.]ie Weihnachts-, Oster- und [X.]n, welche von jeglichen Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen oder Schiedssprüchen für die Bediensteten im Anwendungsbereich der Paragraphen 1 bis 4 einschließlich, ebenso für die Bediensteten im Anwendungsbereich des Paragraphen 5 werden wie folgt festgelegt:

        
        

a)    

[X.]ie [X.] auf fünfhundert (500) Euro.

        

b)    

[X.]ie Osterzulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro.

        

c)    

[X.]ie [X.] auf zweihundertfünfzig (250) Euro.

        

[X.]ie oben erwähnten Zulagen werden entrichtet, wenn alle ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen, einschließlich der Zulagen des vorangegangenen Absatzes, innerhalb eines Kalenderjahres den Betrag von insgesamt dreitausend (3.000) Euro pro Monat nicht übersteigt. ...

        
        

8. [X.]ie Bestimmungen der vorangegangenen Paragraphen überwiegen aller Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen.“

        

Art. 3 des Gesetzes trat mit Wirkung zum 1. Juni 2010 in [X.].

In Art. 3 Gesetz Nr. 3899/2010 ([X.] der Republik [X.] Teil I Blatt Nr. 212 vom 17. [X.]ezember 2010) ist festgelegt, dass die Bestimmungen in Art. 3 Gesetz Nr. 3833/2010 auch auf die Haushaltspolitik des Jahres 2011 Anwendung finden. [X.]as Gesetz Nr. 4024/2011 ([X.] der Republik [X.] Teil I Blatt Nr. 226 vom 27. Oktober 2011) regelt in seinem Kapitel 2 [X.]. ein grundlegendes Besoldungssystem für die Staatsangestellten.

Mitte Juni 2010 nahm die [X.] eine Neuberechnung der Bezüge vor. Sie kürzte das Entgelt rückwirkend für die Monate Jan[X.]r und Febr[X.]r 2010 jeweils um 255,00 Euro brutto, für die Monate März bis Mai 2010 um jeweils 258,30 Euro brutto. Für den Monat Juni 2010 und in der Folgezeit bis einschließlich April 2011 zahlte sie nur noch ein um 361,25 Euro brutto verringertes monatliches Entgelt. Zudem leistete sie für das [X.] keine Sonderzahlung.

Mit Schreiben vom 9. November 2010, der Klägerin am 10. November 2010 zugegangen, kündigte die [X.] das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot ihr die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem [X.] heißt es:

        

„…, um die Finanzkrise zu lösen und um das Unterstützungsprogramm der [X.]n Wirtschaft von den Mitgliedstaaten des Euroraums und der Internationalen Währungsfonds umsetzen zu können, nahm der [X.] Staat vor, die Vergütung aller Beschäftigten/-Besoldeten zu verkürzen (g. Ges. [X.]/2010 und [X.]/2010). Für Verträge der Form wie von Ihnen, wurde beschlossen, die monatlichen Bruttoverdienste um 7% und 3% in Zahlen 314,16 € pro Monat zu verkürzen, sowie die Jahressonderzahlung abzuschaffen. [X.]ie Kürzung Ihres Gehaltes erfolgte mit 7% ab dem 01.01.2010 und mit weitere 3% ab 01.06.2010. Wegen den obengenannten Gründen und nach Anordnung der [X.]IPO[X.]E ([X.] interkultureller Erziehung für Griechen im Ausland) mit [X.]/2930E/130071/[X.] kündigen wir den bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund sofort und ohne Einhaltung der Frist. Gleichzeitig bitten wir Ihnen einen neuen Arbeitsvertrag mit den folgenden Bedingungen:

        

1.    

Kürzung des [X.] pro Monat 314,16 €

        

2.    

Abschaffung der besonderen Jahressonderzahlung

        

Hinzufügend setzen wir Sie in Kenntnis davon, dass die Gehaltserhöhungen gemäß der ([X.]) nicht automatisch umgesetzt werden, sondern erst nach der Entscheidung Ihres Arbeitgebers, nämlich gemäß der Einsparungspolitik des [X.]. [X.]ie übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrages bleiben unverändert. …“

[X.]ie Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen. Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sie sich gegen die - aus ihrer Sicht - unverhältnismäßige Änderung der Arbeitsbedingungen gewandt. [X.]ie [X.] habe ihre wirtschaftliche Lage und ihre Sanierungsplanung nicht nachvollziehbar dargelegt. [X.]as Änderungsangebot sei nicht hinreichend bestimmt. [X.]ie [X.] habe ihr Gehalt zudem nicht einseitig kürzen dürfen.

[X.]ie Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 9. November 2010 unwirksam ist,

        

2.    

die [X.] zu verurteilen, an sie 7.946,65 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

[X.]ie [X.] hat Klageabweisung beantragt. [X.]ie Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor [X.] Gerichten verklagt werden könne. [X.]ie Klage sei jedenfalls unbegründet. [X.]ie Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung ihrer Vergütung. [X.]ie Änderung der Arbeitsbedingungen sei auch gerechtfertigt. Sie sei ohne Finanzhilfen [X.]ritter seit Ende Febr[X.]r/Anfang März 2010 finanziell nicht in der Lage gewesen, die Gehälter und Renten ihrer etwa einer Million Beschäftigten aufzubringen. Zur Vermeidung ihrer Zahlungsunfähigkeit habe sie Verhandlungen mit Geberländern aufgenommen. Aufgrund deren Vorgaben habe sie die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 erlassen. [X.]ie Geschäftsgrundlage für die ursprünglich mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen sei daher weggefallen.

[X.]as Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. [X.]as [X.] hat sie mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die [X.] Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. In seiner neuen Entscheidung hat das [X.] die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags und die Zahlungsklage insoweit abgewiesen, als sie den Betrag von 3.373,69 Euro brutto nebst Zinsen übersteigt. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während die [X.] mit der [X.] ihr Begehren weiterverfolgt, die Klage insgesamt abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils, soweit das [X.] auf die [X.]erufung der [X.]eklagten die Klage hinsichtlich des [X.] und der [X.] für die [X.] ab dem 10. November 2010 (Zugang der Änderungskündigung) im Umfang von 1.884,96 [X.] brutto abgewiesen hat. Das Arbeitsgericht hat zutreffend feststellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 9. November 2010 unwirksam ist. Soweit das [X.] die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für das [X.] abgewiesen hat, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die zulässige [X.] der [X.]eklagten ist unbegründet. Die [X.]eklagte war nicht berechtigt, die [X.]ruttomonatsvergütung der Klägerin im Streitzeitraum zu kürzen.

A. Die Klage ist zulässig. Die [X.] Gerichtsbarkeit ist gegeben. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 GVG liegen nicht vor. Die [X.]eklagte genießt in [X.]ezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität. Andere [X.] für die erhobene Klage bestehen nicht. Das hat der Senat in einem Parallelverfahren für eine Lehrkraft, die an der Ergänzungsschule der [X.]eklagten in [X.] beschäftigt wird, in seinem am 20. Oktober 2017 ergangenen Urteil ([X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - Rn. 19 ff.), auf dessen [X.]egründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden. Insoweit weist der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens keine entscheidungserheblichen Unterschiede auf. Die [X.]eklagte hat nicht geltend gemacht, dass die Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses hoheitliche Tätigkeiten ausübt.

[X.]. Die Klage ist in [X.]ezug auf den [X.]eststellungsantrag begründet. Die der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung angetragene fristlose - nicht „überflüssige“ - Änderung der Vertragsbedingungen ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 626 Abs. 1 [X.]G[X.].

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet [X.]s materielles Recht Anwendung. Mit der bei [X.]egründung des Arbeitsverhältnisses vereinbarten Geltung des [X.]AT haben die Parteien konkludent [X.]s Recht gewählt. Hiervon ist das [X.] ohne Rechtsfehler ausgegangen. Gegenteiliges macht auch die [X.]eklagte in der Revisionsinstanz nicht geltend.

II. Die Klägerin hat das ihr mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot analog § 2 KSchG unverzüglich (zu diesem Erfordernis [X.]AG 19. Juni 1986 - 2 [X.] - zu [X.] III 2 der Gründe) unter Vorbehalt angenommen und - rechtzeitig - entsprechend § 4 Satz 2 KSchG [X.] erhoben.

III. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob die [X.] - wie die [X.]eklagte meint - unter dem Gesichtspunkt der „Überflüssigkeit“ des [X.] ohne Weiteres abzuweisen wäre, wenn die [X.]eklagte aufgrund der in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 enthaltenen Regelungen auch ohne Änderungskündigung berechtigt gewesen wäre, die Vergütung der Klägerin einseitig herabzusetzen. Eine solche Wirkung entfalten die vorgenannten [X.] Gesetze für das Vertragsverhältnis der Parteien nicht. Durch diese ist auch nicht die Geschäftsgrundlage der bisher mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen entfallen. Auch insoweit wird zur [X.]egründung auf die vorgenannte Senatsentscheidung vom 20. Oktober 2017 verwiesen ([X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - Rn. 25 ff.).

IV. Die fristlose Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht wegen eines Mangels in der Kündigungserklärung unwirksam. Die [X.]eklagte hat der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung ein hinreichend bestimmtes Änderungsangebot in der gebotenen [X.]orm des § 623 [X.]G[X.] unterbreitet. Danach sollte das Gehalt der Klägerin monatlich um exakt 314,16 [X.] gekürzt werden und der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung entfallen. [X.]estandteil des [X.] ist ferner die Änderung der bisherigen vertraglichen Abreden dahingehend, dass künftig Gehaltserhöhungen nicht mehr „automatisch“ geleistet werden.

1. Das [X.] hat den vor Zugang der Änderungskündigung bestehenden vertraglichen Vereinbarungen rechtsfehlerfrei entnommen, dass sich das Arbeitsverhältnis - einschließlich der Höhe der Vergütung - nach dem [X.] in seiner jeweils geltenden [X.]assung bestimmte. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich auf die „jeweils geltenden“ Tarifbestimmungen verwiesen. Die [X.]ormulierung „Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem [X.]n [X.]undesangestelltentarifvertrag [X.]AT“ ist aber dahin zu verstehen, dass die [X.]eklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur, soweit im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich Abweichendes geregelt ist, an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (ebenso [X.]AG 26. April 2017 - 5 [X.] - Rn. 41). Die Verweisung schließt jedenfalls die tarifvertraglichen Gehaltsregelungen ein. Die [X.]estimmungen in Nr. 4 des Arbeitsvertrags haben insoweit lediglich informativen Charakter. Die darauf bezogene Würdigung des [X.]s, die (kleine) dynamische [X.]ezugnahme erfasse nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung - die [X.]estimmungen des [X.] in ihrer jeweiligen [X.]assung, ist nachvollziehbar. Die Überleitung in den [X.] als solche entspricht der Vorstellung beider Parteien. Ein „Einfrieren“ der Vergütung auf dem Niveau des (letzten) Vergütungstarifvertrags Nr. 35 zum [X.]AT vom 31. Januar 2003 ist - wie auch die geübte Vertragspraxis zeigt - nicht erfolgt.

2. Hiervon ausgehend erweist sich die Auslegung des [X.]erufungsgerichts, wonach die Klägerin die Erklärung im [X.], „setzen wir Sie in Kenntnis davon, dass die Gehaltserhöhungen gemäß der ([X.]) nicht automatisch umgesetzt werden, sondern“ nur als Angebot verstehen konnte, die vertraglich vereinbarte Dynamik hinsichtlich künftiger Tariflohnerhöhungen aufzuheben, als rechtsfehlerfrei.

V. Die der Klägerin angetragene fristlose Änderung der Arbeitsbedingungen ist unwirksam, da es hierfür an einem wichtigen Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] fehlt.

1. Die Klägerin genoss aufgrund der vertraglichen [X.]ezugnahme auf die [X.] für den öffentlichen Dienst unter [X.]erücksichtigung ihrer [X.]eschäftigungszeit besonderen Kündigungsschutz nach § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der dort geregelte Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gilt auch für eine Änderungskündigung.

2. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die geänderten [X.]edingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sind ([X.]AG 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - Rn. 32). Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des [X.]s nicht vor (ausführlich dazu [X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - Rn. 40 ff.). Zwar bestand im Kündigungszeitpunkt nach der der [X.]eklagten in Art. 2 (1) [X.]uchst. f des [X.]eschlusses des Rates der [X.]päischen Union 2010/320/[X.] auferlegten Verpflichtung zur [X.]eschränkung der dort genannten Sonderzuwendungen sowie den in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 festgelegten Entgeltkürzungen ein berechtigter Anlass für eine außerordentliche Änderungskündigung zur Reduzierung des [X.]ruttomonatsentgelts der Klägerin (vgl. [X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - aaO). Das dieser unterbreitete Änderungsangebot ist aber unverhältnismäßig. Die [X.]eklagte hat sich nicht darauf beschränkt, der Klägerin die [X.]ortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit den Vertragsbedingungen anzubieten, die den Vorgaben der im Kündigungszeitpunkt geltenden Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 entsprechen ([X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - Rn. 63 ff.). Diese verhalten sich nicht zu Vereinbarungen über die Gehaltsentwicklung nach dem [X.]. Die Änderung der bisherigen vertraglichen Abreden dahingehend, dass künftig Gehaltserhöhungen nicht mehr „automatisch“ geleistet werden sollen, beruht nicht auf normativen Vorgaben. Das Änderungsangebot erweist sich in dem fraglichen Punkt auch nicht aus anderen Gründen als verhältnismäßig. Insbesondere hat die [X.]eklagte nicht dargelegt, aus welchen Gründen - unabhängig vom Inhalt der von ihr erlassenen Gesetze - eine arbeitsvertragliche [X.]ezugnahme auf Gehaltserhöhungen nach dem ([X.]m) [X.] auf Dauer mit [X.] Recht und den sich daraus ergebenden Maßnahmen zur [X.]ewältigung ihrer [X.]inanzkrise unvereinbar sein werde ([X.]AG 20. Oktober 2017 - 2 [X.] ([X.]) - Rn. 70).

C. Der Zahlungsantrag ist begründet, soweit die [X.]eklagte die laufenden Monatsbezüge der Klägerin im [X.] teilweise einbehalten hat. Auch insoweit ist die Revision der Klägerin erfolgreich, während die [X.] der [X.]eklagten zurückzuweisen ist.

1. Der Klägerin steht für den streitgegenständlichen [X.]raum (Januar 2010 bis April 2011) aus § 611 Abs. 1 [X.]G[X.] die Differenz zwischen dem vereinbarten und dem von der [X.]eklagten tatsächlich gezahlten [X.]ruttomonatsentgelt zu. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass die [X.]eklagte nicht aufgrund der in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 enthaltenen Regelungen berechtigt war, die Vergütung der Klägerin einseitig herabzusetzen (so mit ausführlicher [X.]egründung in einem Parallelverfahren [X.]AG 26. April 2017 - 5 [X.] - Rn. 30 bis 38). Da sich auch die streitgegenständliche Änderungskündigung aus den vorgenannten Erwägungen als unwirksam erweist, hat die Klägerin Anspruch auf Nachzahlung des im [X.] genannten [X.]etrags iHv. 314,16 [X.] brutto. Dementsprechend steht ihr über den ihr vom [X.] zuerkannten [X.]etrag von 3.373,69 [X.] brutto ein weiterer Anspruch auf [X.] für die [X.] von November 2010 bis April 2011 iHv. 1.884,96 [X.] brutto (6 x 314,16 [X.] brutto) zu. Die mit dem Klageantrag zu 2. beanspruchten [X.] sind - soweit sie die [X.]ruttomonatsvergütung erfassen - zwischen den Parteien unstreitig.

2. Der Anspruch auf die Zinsen folgt teils aus § 291 [X.]G[X.], teils aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.] iVm. den [X.]älligkeitsregeln des § 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.].

D. Der Rechtsstreit war an das [X.] wegen der von der Klägerin beanspruchten Sonderzahlung für 2010 iHv. 2.688,00 [X.] brutto [X.] aus 3.360,00 [X.] brutto) zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Das [X.], dem hinsichtlich der [X.]eurteilung der im Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1992 getroffenen Vereinbarungen ein tatrichterlicher [X.]eurteilungsspielraum zukommt, hat sich mit dem Anspruch nicht befasst und sowohl zur Reichweite des [X.]reiwilligkeitsvorbehalts wie auch zu den [X.]egleitumständen der von der [X.]eklagten geleisteten Zahlungen keine [X.]eststellungen getroffen.

        

    Koch    

        

    [X.]    

        

    Richterin am [X.]AG [X.]erger
ist an der [X.]eifügung
der Unterschrift gehindert.
Koch    

        

        

        

    [X.]. Löllgen    

        

    Sieg    

                 

Meta

2 AZR 785/16 (F)

20.10.2017

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 11. Mai 2011, Az: 8 Ca 6870/10, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.10.2017, Az. 2 AZR 785/16 (F) (REWIS RS 2017, 3556)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3556

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