Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. I ZB 2/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4668

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[X.] vom 3. April 2008 in der [X.] betreffend die Marke Nr. 397 32 117.1/29 - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 3. April 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] beschlossen: [X.] der Anmelderin gegen den [X.]uss des 28. Senats ([X.]) des [X.] vom 30. November 2005 wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Mit der am 9. Juli 1997 eingereichten Anmeldung hat die Anmelderin die Eintragung einer dreidimensionalen Marke entsprechend den nachfolgen-den Abbildungen 1 - 3 - - 4 - ursprünglich für die Waren "Milch und Milchprodukte, insbesondere Butter, [X.], Sahne, Joghurt, Quark, Trockenmilch für [X.]; Margarine, Speiseöle und Speisefette" beantragt. 2 Die Markenstelle des [X.] hat die Anmel-dung teilweise, und zwar für alle Waren bis auf "Milch, Speiseöle", wegen feh-lender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. 3 Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin hat der Senat die angefoch-tene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das [X.] zu-rückverwiesen ([X.], [X.]. v. 17.7.2003 - [X.]/00). Er hat angenommen, dass der Marke der Schutz nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlen-der Unterscheidungskraft für die Ware "Käse" zu versagen ist, sondern sie für diese Ware den Anforderungen genügt, die an das Vorliegen der Unterschei-dungskraft zu stellen sind. 4 Die Anmelderin hat - soweit eine Eintragung der Marke nicht erfolgt ist - im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis auf "Milch-produkte, nämlich Käse" beschränkt. 5 Das [X.] hat die Beschwerde der Anmelderin erneut zu-rückgewiesen ([X.], [X.]. v. 30.11.2005 - 28 W(pat) 67/99, juris). 6 Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Anmel-derin. 7 - 5 - I[X.] Das [X.] hat angenommen, dass der beanspruchten Warenform ein [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenste-he. Dazu hat es ausgeführt: 8 9 Die beanspruchte Darstellung verfüge über die abstrakte Markenfähig-keit. Für einen Ausschluss der Eintragung nach § 3 Abs. 2 [X.] seien aus-reichende tatsächliche Feststellungen nicht vorhanden. Zusätzlich sei nach § 8 Abs. 2 [X.] zu prüfen, ob die Marke über die konkrete Eignung verfüge, unterscheidungskräftig zu wirken, und ob ein [X.] auszuschließen sei. Auch wenn im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] im ersten Rechtsbeschwerdeverfahren von einer hinreichenden Unterscheidungs-kraft auszugehen sei, stehe der Eintragung der angemeldeten Marke jedoch das Schutzhindernis des [X.]ses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen, da die bloße Darstellung der Ware, in der sich die Marke hier er-schöpfe, zwangsläufig das Produkt beschreibenden Charakter habe. [X.] könnten zwar nicht grundsätzlich vom Schutz ausgenommen wer-den. Das im Allgemeininteresse bestehende [X.] sei aber nicht erst im Falle unmittelbarer oder tatsächlicher Behinderungen tangiert, sondern bereits bei der potentiellen Behinderung wettbewerblicher Grundfreiheiten. 10 Die Warenform stelle eine typische Kombination von Rund- und Torten-form dar, bei der zum Herausschneiden der "Tortenstücke" Ausbuchtungen ge-wählt worden seien, um eine möglichst gleichmäßige Portionierung zu ermögli-chen. Diese Form falle nicht aus dem Rahmen verkehrsüblicher Formgestaltun-gen. Bei Weichkäse seien nicht nur Rund- und Tortenformen marktüblich, son-dern besonders häufig werde mit Portionierungshilfen gearbeitet. Markenschutz werde danach für eine typische Grundform in geringfügiger Abwandlung [X.] - 6 - gehrt, die nicht so deutlich aus dem Rahmen des Verkehrsüblichen herausfalle, dass sie nicht allen Mitbewerbern zur freien Verfügung stehen müsse. [X.] müssten die Mitbewerber bei der Herstellung und Vermarktung neuer [X.] umfangreiche Markenrecherchen durchführen. Für die in Rede stehende Ware, die seit jeher in unterschiedlicher Größe, Konsistenz und Form angebo-ten werde, sei für die Mitbewerber unabdingbar, dass Planung und Herstellung solcher Produkte des täglichen Bedarfs auch in Zukunft frei von Markenrechten erfolgen könnten. Die Zuerkennung eines Markenschutzes würde zu beträchtli-chen Unsicherheiten in der Beurteilung der Reichweite des Markenschutzes im Verletzungsverfahren und Einschränkungen bei der Herstellung führen und auch nicht im Interesse der Markeninhaber liegen, die zu ständigen Anmeldun-gen und Marktbeobachtungen gezwungen wären. Ein Schutz für die beanspruchte Warenform komme nur bei einer Ver-kehrsdurchsetzung in Betracht, für die keine Anhaltspunkte bestünden. 12 II[X.] [X.] hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des [X.], dass der Eintragung der Marke das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, hält den Angriffen der [X.] stand. 13 1. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Waren dienen können. Da sich die angemeldete Marke darin erschöpft, die äußere Form der Ware - hier die Form eines Käses - wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen frei verwendet werden können und nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit ([X.], Urt. 14 - 7 - v. 8.4.2003 - [X.]/01-55/01, [X.]. 2003, [X.] = [X.], 514 [X.]. 73 = [X.], 627 - Linde, [X.]; Urt. v. 12.2.2004 - [X.]/01, [X.]. 2004, [X.] = GRUR 2004, 428 [X.]. 41 = [X.], 475 - [X.]), das ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] begründen kann. Denn die Freiheit der Gestaltung von Produkten darf nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - wenn Formgestaltungen wie die vorliegende ohne weiteres als Marke eingetragen würden - nicht nur Lebensmit-telhersteller, sondern jedermann mit verhältnismäßig geringem Aufwand eine Vielzahl ähnlicher Gestaltungen zum Gegenstand von Markenanmeldungen machen könnte mit der Folge, dass diese Formgestaltungen zumindest inner-halb der Benutzungsschonfrist für die Wettbewerber verschlossen wären. [X.] würde sich eine erhebliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit erge-ben, weil sich neue Gestaltungen nicht nur von den Produkten der Wettbewer-ber, sondern auch von - möglicherweise unzähligen - Formgebungen absetzen müssten, denen Markenschutz zugebilligt wäre ([X.]Z 166, 65 [X.]. 21 - [X.]; [X.], [X.]. v. [X.], [X.], 71 [X.]. 28 = [X.], 107 - Fronthaube). 2. Das [X.] hat das Allgemeininteresse an der Freihal-tung der mit der Marke beanspruchten Warenform daraus abgeleitet, dass die Gestaltung sich von marktüblichen Rund- und Tortenformen nur durch die Aus-buchtungen unterscheide. Diese seien Portionierungshilfen und müssten den Mitbewerbern zur freien Verfügung stehen. Andere Hersteller verwendeten als Portionierungshilfen auf den Käselaib geklebte Etiketten, Folien mit Markierun-gen oder eine Warenform mit Ecken oder Einkerbungen. Diese im [X.] auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen des [X.] sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 15 - 8 - 3. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde gegenüber der Annah-me des [X.], die Warenform sei freizuhalten, darauf, durch die erste Senatsentscheidung sei entschieden, dass die beanspruchte Warenform aufgrund der Ausbuchtungen über eine konkrete Unterscheidungskraft begrün-dende Eigentümlichkeit verfüge und die Ausbuchtungen nicht funktionsbedingt für die Ware "Käse" seien. 16 [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] stehen selbständig nebeneinander und sind gesondert zu prüfen, auch wenn sich ihre Anwendungsbereiche häufig überschneiden (zu Art. 3 Abs. 1 [X.]: [X.] [X.], 514 [X.]. 67 - Linde, [X.]; Urt. v. 12.2.2004 - [X.]/99, [X.]. 2004, [X.] = GRUR 2004, 674 [X.]. 67 - Postkantoor). So ist der Umstand, dass eine Marke, die im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich für die Präsentation der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet wer-den kann, nicht eintragungsfähig ist, im Rahmen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und nicht bei der Prüfung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu berücksichtigen (vgl. zu Art. 7 Abs. 1 lit. b und c GMV [X.], Urt. v. 12.1.2006 - [X.]/04 P, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 233 [X.]. 63 - Stand-beutel). 17 Vorliegend hat das [X.] anhand verschieden gestalteter Warenformen und auf den Produkten angebrachter Markierungen rechtsfehler-frei festgestellt, dass bei der Ware "Käse" auf unterschiedliche Art und Weise Portionierungshilfen zur Anwendung kommen und eine Art dieser Portionie-rungshilfen in den von verschiedenen Herstellern verwandten Einkerbungen besteht. Diese Beurteilung des [X.] beruht entgegen der [X.] der Rechtsbeschwerde auf nachprüfbaren Feststellungen. Das Bundespa-tentgericht hat für die von ihm festgestellten Portionierungshilfen jeweils [X.] angeführt. Diese tragen für sich die Annahme des [X.] - 9 - patentgerichts in dem angefochtenen [X.]uss, die beanspruchte Warenform mit Ausbuchtungen sei für die Mitbewerber nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] frei-zuhalten. 19 Auf die übrigen von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Angriffe gegen die weiteren Ausführungen des [X.] in der angefochtenen Entscheidung kommt es danach nicht an. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die [X.] in der Schweiz ein [X.] für eine einen Käse mit Einkerbungen darstellende [X.] verneint hat. Denn selbst der Umstand, dass in einem anderen - 10 - Mitgliedstaat der [X.], in dem aufgrund harmonisierten Rechts über die Eintragung zu entscheiden ist, eine Markeneintragung erfolgt ist, ist nicht dafür maßgeblich, die Eintragung ebenfalls zuzulassen (vgl. [X.] GRUR 2004, 428 [X.]. 63 - [X.]). [X.] Pokrant Büscher
Bergmann Koch Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 30.11.2005 - 28 W(pat) 67/99 -

Meta

I ZB 2/06

03.04.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. I ZB 2/06 (REWIS RS 2008, 4668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4668

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25 W (pat) 91/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Herzchen" – teilweise Unterscheidungskraft – teilweise kein Freihaltungsbedürfnis


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