Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. I ZR 115/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2681

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 7. Juli 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] II

[X.] § 5 Abs. 1 und Abs. 3, § 15 Abs. 2 und Abs. 4

Für einen Warenkatalog kann Werktitelschutz i.S. von § 5 Abs. 3 [X.] be-gründet sein, weil die Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation der in ihm abgebildeten Waren regelmäßig eine eigenständige geistige Leistung darstellt.

[X.], [X.]. v. 7. Juli 2005 - [X.]/01 - [X.] [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. Juli 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 13. März 2001 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin gibt seit April 1993 eine Zeitschrift mit dem Titel "[X.]" und dem Untertitel "Test- und Wirtschaftsmagazin für die Büro- und Kommuni-kationswelt" (oder "Testmagazin für die Büro- und Kommunikationswelt") [X.]. Das Magazin befaßt sich mit Bürokommunikation. Das Logo des Titelblatts - 3 - weist schwarz/weiße Buchstaben auf rotem Grund auf, wie nachstehend abge-bildet:

Die Zeitschrift wird über Buchhandlungen an die Kunden direkt vertrie-ben.
Die Beklagte, die in [X.] ansässig ist, vertreibt seit April 1995 ein allgemeines Nachrichtenmagazin mit einer Konzentration auf [X.] The-men unter dem Titel "[X.]" mit dem Untertitel "Das [X.] Nachrichten-magazin". Das nachfolgend wiedergegebene Logo der Zeitschrift der Beklagten ist ebenfalls mit schwarz/weißen Buchstaben auf rotem Hintergrund gestaltet:

Die Beklagte verkauft die Zeitschrift auch an Kiosken und in größeren Buchhandlungen in [X.].
Die Klägerin hat geltend gemacht, durch Verschmelzung mit der [X.]

Verlagsgesellschaft für Bürosysteme mbH Inhaberin der für Zeit-schriften und Computer eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2052941 "[X.]" (Priorität 5. August 1993) geworden zu sein. Sie sieht in der Benutzung des [X.] 4 - tels "[X.]" für das Nachrichtenmagazin der Beklagten eine Verletzung ihres Titel- und Markenrechts.
Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in [X.] im geschäftlichen Verkehr eine Zeitschrift unter der Bezeichnung "[X.]" anzubieten, zu vertreiben oder mit dieser Bezeichnung zu werben.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, sie habe 1995 über die Benutzung des Titels eine Lizenzvereinbarung mit der [X.] in [X.]getroffen. Diese gebe seit Februar 1993 ein Magazin mit dem Titel "[X.]" heraus, das sich an Motorradfans wende.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Auf die Revision hat der [X.] die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur Feststellung zurückverwiesen, ob die verschiedenen Untertitel nach ihrem opti-schen Gesamteindruck geeignet seien, auf den unterschiedlichen Inhalt der Zeitschriften hinzuweisen ([X.], [X.]. v. 22.9.1999 - I ZR 50/97, [X.], 504 = [X.], 533 - [X.] I). Das Berufungsgericht hat daraufhin die [X.] antragsgemäß verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

- 5 - Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 2 und Abs. 4 [X.] für begründet erachtet und hierzu ausge-führt:
Der Behauptung der Klägerin, die Untertitel der Zeitschriften der Parteien würden vom Verkehr übersehen und das Publikum behalte und verwende allein die kürzeren Haupttitel, habe die Beklagte nicht widersprochen. Aufgrund des unstreitigen Vortrags der Klägerin dürften die unterschiedlichen Untertitel und damit die verschiedenen Inhalte der von den Parteien vertriebenen Zeitschriften nicht mehr berücksichtigt werden. Bei identischen [X.] und im [X.] gleichem optischen Erscheinungsbild der Zeitschriften sei von einer Ver-wechslungsgefahr zwischen den [X.] der Parteien auszugehen.
Die Beklagte könne sich nicht in entsprechender Anwendung des § 986 Abs. 1 BGB aufgrund des Lizenzvertrags mit der H.

GmbH auf ein prioritätsälteres Titelrecht an der Bezeichnung "Facts" berufen. Die Beklagte habe nicht bewiesen, daß die [X.] an der Bezeichnung "Facts" ein Titelrecht erworben habe. Die Bezeichnung "Facts" sei von der H.

GmbH nur für einen Verkaufskatalog und auch nur in den Jahren 1993 bis 1995 benutzt worden. Es habe sich trotz der Auflockerung durch redaktio-nelle Beiträge um einen Warenkatalog gehandelt. Dieser sei kein geistiges Werk, sondern selbst eine Ware, an der kein Titelschutzrecht bestehe. Der [X.] habe auch keinen festen Titel gehabt. Die verschiedenen, für den Katalog seit 1981 verwendeten Bezeichnungen seien immer der Marke "[X.]" untergeordnet gewesen. Der Verkaufskatalog sei nur als "[X.]-Kata- log" bezeichnet worden. - 6 -
I[X.] Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der geltend ge-machte Unterlassungsanspruch (§ 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 und Abs. 4 [X.]) zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Die Revision rügt mit Recht als verfahrensfehlerhaft, daß das [X.] den Vortrag der Klägerin, das Publikum übersehe die Untertitel der Zeitschriften und orientiere sich allein an den [X.], nach § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig angesehen hat. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10. Mai 2000 vorgetragen, den Untertiteln komme für den Gesamteindruck der Werktitel der Parteien eine erhebliche Bedeutung zu. Zeitschriftentitel würden dem inter-essierten Leser im Handel nach Themenkreisen sortiert angeboten. Das Maga-zin der Klägerin sei im Bereich der Computer- und Bürofachzeitschriften vorzu-finden und der Titel der Beklagten bei der Gruppe der Nachrichtenmagazine oder der ausländischen Presseerzeugnisse. Durch die Untertitel werde der un-terschiedliche Themenkreis der Zeitschriften der Parteien unterstrichen. Für die interessierten Verkehrskreise würden die unterschiedlichen Themenkreise der von den Parteien angebotenen Zeitschriften aus den Unterzeilen deutlich.
Aus diesem Sachvortrag der Beklagten ergibt sich mit ausreichender Deutlichkeit, daß die Beklagte - jedenfalls schlüssig - zu der nach dem [X.]s-urteil vom 22. September 1999 feststellungsbedürftigen Frage die Behauptung aufstellte, die Untertitel seien nach ihrem optischen Eindruck in ausreichendem Maße geeignet, auf den unterschiedlichen sachlichen Inhalt der Zeitschriften der Parteien hinzuweisen und die Untertitel würden vom Verkehr auch nicht - 7 - übersehen. Das Berufungsgericht durfte daher die gegenteilige Behauptung der Klägerin nicht als unstreitig seiner Entscheidung zugrunde legen.
Danach wird - wie der [X.] bereits in der ersten Entscheidung ausge-führt hat - das Berufungsgericht zu der zwischen den Parteien umstrittenen Frage Feststellungen zu treffen haben, ob die Untertitel nach ihrem optischen Eindruck in ausreichendem Maße geeignet sind, auf den unterschiedlichen sachlichen Inhalt der Zeitschriften der Parteien hinzuweisen und den aufgrund des identischen Zeitschriftentitels und des Erscheinungsbilds im wesentlichen übereinstimmenden Gesamteindruck der Werktitel entscheidend [X.], und ob die Untertitel vom Verkehr wegen geringer Auffälligkeit nicht über-sehen oder wegen einer Neigung des Verkehrs zu Verkürzungen nicht wegge-lassen werden. Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten [X.] entsprechende eindeutige Feststellungen nicht treffen, ist die Beja-hung einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 5 Abs. 1 und Abs. 3, § 15 Abs. 2 [X.] nicht zu beanstanden.
2. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Revision, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richten, die H.

GmbH verfüge über kein prioritätsälteres Titelrecht, das die Beklagte dem Anspruch der Kläge-rin in entsprechender Anwendung des § 986 Abs. 1 BGB entgegenhalten kön-ne.
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß an einem Titel des Katalogs der [X.] kein Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 [X.] entstehen konnte. Dem kann allerdings nicht zugestimmt wer-den. - 8 - Ob für den Titel eines [X.] von § 5 Abs. 3 [X.] begründet sein kann, ist in der Literatur umstritten (bejahend [X.]/ [X.], [X.], 2. Aufl., § 5 Rdn. 73; a.A.: [X.]/Ellerbrock, Titel-schutz, 2. Aufl., Rdn. 46; offengelassen: [X.], 376, 377). Sie ist im Ergebnis deshalb zu bejahen, weil auch der Warenkatalog eine Druckschrift i.S. des § 5 Abs. 3 [X.] ist. Er ist nicht nur, wie das Berufungsgericht an-genommen hat, eine Ware oder beschränkt sich auf die Bezeichnung der Wa-ren selbst, sondern stellt in der Auswahl, Zusammenstellung und Präsentation der in ihm abgebildeten Waren regelmäßig eine eigenständige geistige Leistung dar, die im Interesse eines umfassenden Immaterialgüterrechtsschutzes im Verkehr titelschutzfähig sein muß (vgl. zu § 16 UWG a.F.: [X.] 121, 157, 158 - [X.]; zu § 5 Abs. 3 [X.]: [X.] 135, 278, 281 - [X.]).
b) Das Berufungsgericht hat einen Werktitelschutz i.S. von § 5 Abs. 3 [X.] der [X.] an der Bezeichnung "Facts" mit der weiteren Begründung verneint, der Katalog sei nur mit "H.

-Katalog" benannt worden und die bei verschiedenen Ausgaben auf der Titelseite aufgenommene zusätzliche Bezeichnung "Facts" würde vom Verkehr nicht als Unterschei-dungsmittel eines Druckwerks von anderen Werken aufgefaßt. Das hält der re-visionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Die Entstehung des [X.] nach § 5 Abs. 3 [X.] setzt ei-ne kennzeichenmäßige und nicht lediglich beschreibende Benutzung der Be-zeichnung voraus; die Bezeichnung muß als Werktitel benutzt werden (vgl. [X.], [X.]. v. [X.], [X.], 908, 911 = [X.], 743 - [X.]; [X.]. v. 29.4.1999 - I ZR 152/96, [X.], 70, 72 = [X.], 1279 - [X.]; [X.]/Ellerbrock aaO Rdn. 61; [X.]/[X.] aaO § 5 Rdn. 79). - 9 - Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Bezeichnung "Facts" sei nicht als Titel des Katalogs der [X.] verwandt worden, wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der Rüge, das Berufungsgericht habe bei sei-nen Feststellungen entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergan-gen. Dazu verweist die Revision auf eine Titelseite des Katalogs, in der die Be-zeichnung "facts" dominant aufgeführt sei, sowie darauf, daß die [X.] GmbH nach dem vorgelegten Schriftwechsel die Bezeichnung "Facts" als Titel aufgefaßt und zum Gegenstand einer Lizenzvereinbarung gemacht habe. [X.] folgt jedoch nicht, daß der Verkehr die bei einigen Ausgaben benutzte Be-zeichnung "Facts" bzw. "facts" bei einem Katalog als einen Titel ansah. Zur Be-zeichnung der überwiegend warenabbildenden Kataloge wäre es völlig unge-wöhnlich, diese nicht mit [X.]-Katalog und gegebenenfalls dem jeweili- gen Jahrgang, sondern mit "Facts" oder mit - so eine Bezeichnung des Kata-logs im Jahre 2000 - "Einer für alle" zu benennen. - 10 - 3. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als gerechtfertigt dar (§ 563 ZPO a.F.). Denn zu dem von der Klägerin auf die Marke Nr. 2052941 gestützten [X.] nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 [X.] hat das Berufungsgericht von seinem Standpunkt folgerichtig keine Feststellungen getroffen.

[X.] Herr Ri[X.] [X.] ist

in Urlaub und verhindert

zu unterschreiben.

Ullmann

Büscher Bergmann

Meta

I ZR 115/01

07.07.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. I ZR 115/01 (REWIS RS 2005, 2681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2681

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