Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2013, Az. XII ZB 403/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 922

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Gegenstand

Versorgungsausgleich: Ausgleichsreife eines durch Hofübergabevertrag begründeten Rentenanspruchs


Leitsatz

Zur Ausgleichsreife eines durch Hofübergabevertrag begründeten Rentenanspruchs, dessen Abänderung bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse gemäß § 323 ZPO vorbehalten ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin der Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des [X.] vom 14. Juni 2012 aufgehoben.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des [X.] vom 18. Oktober 2011 in der Fassung des [X.] vom 30. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittel werden der Antragsgegnerin auferlegt.

[X.]: 1.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Einbeziehung eines durch Hofübernahmevertrag begründeten Rentenanspruchs in den Versorgungsausgleich.

2

Auf den am 6. Dezember 2008 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 16. November 1982 geschlossene Ehe der Antraggegnerin (Ehefrau) und des Antragstellers (Ehemann) unter Abtrennung der [X.] Versorgungsausgleich rechtskräftig geschieden.

3

Während der Ehezeit (1. November 1982 bis 30. November 2008; § 3 Abs. 1 [X.]) erwarb der Ehemann Anrechte auf eine berufsständische Versorgung in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, die Ehefrau erwarb Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer kommunalen Zusatzversorgungskasse. Beide Ehegatten erwarben außerdem Anrechte aus privaten Lebensversicherungen.

4

Durch Beschluss vom 18. Oktober 2011 hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es diese Anrechte intern geteilt hat mit Ausnahme des von der Ehefrau bei der kommunalen Zusatzversorgungskasse erworbenen Anrechts, von dessen Teilung es wegen Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 2 [X.]) abgesehen hat.

5

Mit ihrer Beschwerde hat die Ehefrau beantragt, ein weiteres Anrecht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, welches darin bestehe, dass der jüngere [X.] als Hofübernehmer des vormals von den Ehegatten geführten landwirtschaftlichen Betriebes dem Ehemann eine monatliche, durch [X.] wertgesicherte Rente von anfänglich 2.000 € als Gegenleistung für den von ihm übertragenen Grundbesitz versprochen hatte. Nach den Vertragsbestimmungen (§ 4 des [X.] vom 5. März 2008) entsteht die Zahlungspflicht aufschiebend bedingt mit Ausscheiden des Ehemanns aus dem von ihm und dem Hofübernehmer in [X.] (GbR) betriebenen landwirtschaft- bzw. weinbaulichen Betrieb. Weiter heißt es in dem Vertrag:

6

"Rein schuldrechtlich vereinbaren die beiden Beteiligten, dass bei einer wesentlichen Veränderung der heutigen Verhältnisse jeder Vertragsteil berechtigt ist, eine entsprechende Anpassung der vorstehend vereinbarten wertgesicherten monatlichen Zahlung bei [X.] gemäß § 323 ZPO zu verlangen. Dabei sind insbesondere der sich ändernde Bedarf des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen. Eine Änderung in diesem Sinne ist aus einem Mehrbedarf des Berechtigten, der sich durch eine Übersiedlung in ein Alten- oder Pflegeheim oder der sich infolge seiner dauernden Pflegebedürftigkeit ergibt, nur insoweit abzuleiten, als die Eigenmittel des Berechtigten hierzu nicht ausreichen."

7

Das [X.] hat den Beschluss des Familiengerichts abgeändert und zusätzlich im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei dem Hofübernehmer zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 582 € monatlich nach Maßgabe von § 4 des [X.] vom 5. März 2008, bezogen auf den 6. Dezember 2008, übertragen und weiter angeordnet, dass der Leistungsfall eintrete, wenn die Ehefrau von der [X.] volle Rente wegen Alters oder Erwerbsminderung erhalte. Hiergegen haben beide Ehegatten die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, wobei die Ehefrau die Übertragung eines Anrechts von monatlich 1.000 € verfolgt, der Ehemann die Wiederherstellung der familiengerichtlichen Entscheidung.

II.

8

Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung der familiengerichtlichen Entscheidung. Die Rechtsbeschwerde der Ehefrau ist unbegründet.

9

Das Verfahren richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 5 [X.], § 48 Abs. 3 [X.] nach dem ab 1. September 2009 geltenden Recht, weil am 31. August 2010 über das Verfahren über den Versorgungsausgleich im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde.

1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

[X.] aus dem Übergabevertrag sei durch Arbeit oder Vermögen geschaffen worden. [X.] seien auch solche Versorgungsanrechte, die mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden. [X.], die durch [X.] begründet würden, seien daher in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

Das Anrecht diene auch der Absicherung des Ehemanns im Alter oder bei Invalidität und stelle keine Kaufpreisraten aus einer Vermögens- oder Unternehmensveräußerung dar. Die Rente werde nämlich fällig mit Ausscheiden des Ehemanns aus der mit dem [X.] betriebenen GbR und solle von da an bis zum Ableben des Ehemanns gezahlt werden. Dadurch habe sie Versorgungscharakter.

Auch sei das auszugleichende Anrecht noch vorhanden. Der vom Ehemann inzwischen erklärte Verzicht auf die Rentenzahlung sei unwirksam, weil es sich hierbei um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Ehefrau, handele. Die Einbeziehung des Anrechts in den Versorgungsausgleich sei auch nicht grob unbillig.

Der Ausgleichswert sei entsprechend § 40 [X.] zeitratierlich in der Weise zu ermitteln, dass die [X.]dauer der Mitarbeit der Ehefrau in dem Weingut des Ehemanns ins Verhältnis gesetzt werde zu der [X.], für die der Ehemann trotz der zunächst gemeinsamen Tätigkeit in dem Weingut allein die vereinbarte Rente erhalte. Auf diese Weise könne die Ehefrau einen Ausgleich für die von ihr geleistete Mitarbeit in dem Weinbaubetrieb des Ehemanns erhalten. Zwar hänge der Beginn der Rentenzahlung vom Ausscheiden des Ehemanns aus der GbR ab. Im Falle eines unbestimmten und allein in der Hand des Berechtigten liegenden [X.]punkts des Eintritts des [X.] sei es aber sachgerecht, an die Regelaltersgrenze anzuknüpfen, die für den Ehemann 66 Jahre und 4 Monate betrage. Der bis zur Altersgrenze benötigte Gesamtzeitraum betrage 502 Monate, darauf entfalle ein auszugleichender [X.]raum von 292 Monaten. Daraus errechne sich ein Wert des Anrechts von (2.000 € x 292 / 502 =) 1.163,35 €. Das führe nach dem [X.] zu einem Ausgleichswert von gerundet 582 €.

Dieser zeitratierlichen Bewertung stehe auch nicht entgegen, dass der Ehemann weiterhin in der gemeinsam mit dem [X.] betriebenen GbR tätig sei und dort gewinnanteilsberechtigt bleibe. Sollte der Ehemann über die Regelaltersgrenze hinaus in dem Weinbaubetrieb arbeiten, könnten er und der [X.] die Rentenzahlung an die Ehefrau bei der Höhe des zu leistenden Gewinnanteils berücksichtigen und eine Doppelbelastung vermeiden.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.] allerdings erkannt, dass es sich bei der vom Hofübernehmer versprochenen Rente um ein auszugleichendes Versorgungsanrecht handelt.

Gemäß § 2 Abs. 2 [X.] ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und auf eine Rente gerichtet ist. Diese Voraussetzungen sind für das hier streitige Anrecht erfüllt.

Die monatlich zu zahlende Rente ist im vorliegenden Fall nicht nur als Gegenleistung für die Hofübernahme im Sinne einer Bewirtschaftungsmöglichkeit (wie etwa im [X.] vom 6. Mai 1982 - [X.] - FamRZ 1982, 909) oder gar unentgeltlich versprochen, sondern als Gegenleistung für den vom Ehemann übertragenen Grundbesitz. Damit ist das Anrecht unzweifelhaft aus dem Vermögen des Ehemanns erworben.

[X.] sind allerdings nur solche Anrechte, deren Zweck die Versorgung wegen Alters, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ist. Ansprüche oder Aussichten auf Leistungen mit anderer Zweckbestimmung, wie etwa Kaufpreisraten, gehören nicht dazu. Außerdem genügt für die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich nicht bereits ein Versorgungszweck im Allgemeinen. Vielmehr muss sich dieser auf die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bezeichneten [X.] beziehen. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Leitbilder der öffentlich-rechtlichen [X.] und damit etwa auf das Erreichen der dort vorgesehenen Altersgrenzen an. Vielmehr kann es für die Anknüpfung an den Versorgungsfall des Alters nur darauf ankommen, dass das betreffende Anrecht der Versorgung im [X.] an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen soll (Senatsbeschluss vom 1. Juni 1988 - [X.] - FamRZ 1988, 936). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da der Beginn der zugesagten Rente an das Ausscheiden des Ehemanns aus dem in GbR geführten landwirtschaftlichen Betrieb und somit an seinen Eintritt in den Ruhestand anknüpft.

b) Gemäß § 19 Abs. 1 [X.] findet allerdings, wenn ein Anrecht nicht ausgleichsreif ist, insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. Nicht ausgleichsreif ist ein Anrecht insbesondere, wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). [X.] verfestigt ist ein Anrecht insoweit, als der Versorgungswert dem Grund und der Höhe nach durch die künftige, namentlich betriebliche oder berufliche Entwicklung des Berechtigten nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert ist (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2013 - [X.] 371/12 - FamRZ 2013, 1021 Rn. 9 mwN).

An dieser Voraussetzung fehlt es. Denn die Beteiligten haben in § 4 Ziffer 5 des Vertrages vereinbart, dass bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse jeder Vertragsteil berechtigt ist, eine entsprechende Anpassung der wertgesicherten monatlichen Zahlung gemäß § 323 ZPO zu verlangen, wobei insbesondere der sich ändernde Bedarf des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zu berücksichtigen sind. Diese Vertragsbestimmung schließt nicht nur die Möglichkeit einer Rentenerhöhung aufgrund Bedarfssteigerung beim Ehemann ein, sondern ebenso eine Herabsetzung der Rente für den Fall, dass die Leistungsfähigkeit des [X.] nicht mehr gegeben ist, was beispielsweise durch aufeinanderfolgende Missernten oder sonstige Ertragseinbußen eintreten könnte. Da die vertragliche Abänderungsmöglichkeit nach unten nicht durch eine vertraglich festgelegte, in jedem Fall zu zahlenden Mindestrente begrenzt ist, existiert kein verfestigter Rentenanspruch, welcher dem Grund und der Höhe nach durch die künftige Entwicklung nicht mehr beeinträchtigt werden kann und somit bereits endgültig gesichert wäre.

Der Anspruch aus dem [X.] könnte deshalb nur schuldrechtlich ausgeglichen werden (§§ 20 ff. [X.]).

c) Für den Fall eines späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das Anrecht durch den Abschluss des notariellen Vertrages vom 5. März 2008 als Gegenleistung für den vom Ehemann übertragenen Grundbesitz und somit insgesamt während der Ehezeit erworben wurde. Es wäre deshalb nicht zeitratierlich zu bewerten, sondern hälftig auszugleichen.

Dose                            Weber-Monecke                            Schilling

           [X.]                                 [X.]

Meta

XII ZB 403/12

21.11.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Koblenz, 14. Juni 2012, Az: 11 UF 1060/11

§ 19 VersAusglG, § 323 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.11.2013, Az. XII ZB 403/12 (REWIS RS 2013, 922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 922

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