Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2014, Az. I ZR 133/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1884

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

I
ZR
133/13
Verkündet am:

23. Oktober 2014

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Keksstangen
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a, b, § 8 Abs. 1 Satz 2
a)
Eine Erstbegehungsgefahr des [X.], [X.], [X.] und [X.] gegenüber inländischen Verbrauchern folgt nicht ohne [X.] aus der Präsentation des Produkts (hier: Keksstangen) auf einer inter-nationalen, ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe.
b)
Die bei einem Fachpublikum vorhandenen Kenntnisse der am Markt vertre-tenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft stehen auch im Hinblick auf nahezu identische [X.] regelmäßig
der Annahme [X.] unmittelbaren Verwechslung mit dem Originalprodukt und der irrtümli-chen Annahme von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwi-schen den beteiligten Unternehmen entgegen, wenn die Produkte in [X.] mit gegenüber dem Originalprodukt deutlich unterschiedlichen [X.] vertrieben werden.
[X.], Urteil vom 23. Oktober 2014 -
I ZR 133/13 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 23.
Oktober 2014 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.], Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 28. Juni 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.]n erkannt worden ist.
Auf die Berufung der [X.]n wird das Urteil der 31. Zivilkam-mer des [X.] vom 27. September 2012 teilweise [X.] und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:

Die Klägerin vertreibt in [X.] seit 1982 unter der Produktbe-zeichnung "Mikado" dünne Keksstangen, die zu etwa vier Fünfteln ihrer Ge-samtlänge mit Schokolade ("Milchschokolade" oder "Zartherb") umhüllt sind. Der Vertrieb erfolgte in nachfolgend wiedergegebenen 75-g-Umverpackungen:

Die [X.] stellt ebenfalls mit Schokolade überzogene Keksstangen her und vertreibt diese in der [X.] und anderen Ländern unter der [X.] "Biscolata Stix" in 50-g-Umverpackungen, die mit ihrer Unternehmensbe-zeichnung "S.

"
versehenen sind. Das Produkt und die Verpackung der Be-
klagten sind in den [X.] abgebildet.

Die [X.] stellte ihr [X.] am 31. Januar 2010 auf der interna-tionalen [X.] ([X.]) in [X.] folgendermaßen aus.

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-

Die Klägerin hält die Keksstangen der [X.]n für eine unzulässige Nachahmung ihres Originalprodukts. Sie hat geltend gemacht, infolge der [X.] identischen Nachahmung ihres Produkts durch die [X.] bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die [X.] nutze zudem die Wertschätzung des Originalprodukts aus.

Die Klägerin hat
soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung
zuletzt beantragt, die [X.] unter Androhung von Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik [X.] [X.]e wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4
cm aufweisen und der mit einer [X.] um-hüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht,

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hilfsweise,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik [X.] [X.]e wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, auf Messen auszustellen, zu [X.], einzuführen, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4
cm aufweisen und der mit der [X.] umhüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht

,

wenn dies in einer Verpackung wie nachstehend wiedergegeben erfolgt:
.

äußerst hilfsweise,

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik [X.] [X.]e wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, auf Messen auszustellen, zu bewerben, einzuführen, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen, wobei die Produkte eine Länge von ca. 12,4 cm aufwei-sen und der mit der [X.] umhüllte Teil ca. 80% der Länge des Produkts ausmacht

,

wenn dies in einer Verpackung wie nachstehend wiedergegeben mit den [X.] ca. 8,1
x
14,3
x
2,4
cm erfolgt:

-
6
-
.

Das Landgericht hat die [X.] nach dem Hauptantrag zur [X.] verurteilt. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.] teilweise abgeändert. Es hat den Hauptantrag abgewie-sen und die [X.] nach dem ersten Hilfsantrag mit Ausnahme des Einfüh-rens und des Ausstellens auf Messen zur Unterlassung verurteilt (OLG [X.], [X.], 472 = [X.], 1508). Mit der vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt die [X.] ihren auf vollständige Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision [X.].

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat den isoliert auf das Produkt als solches be-zogenen, auf Unterlassung gerichteten Hauptantrag
als verjährt angesehen. Den mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der auf das Verbot des [X.] des Produkts in der Verpackung gerichtet ist, hat es dagegen als nach §§
8, 3, 4 Nr.
9 Buchst.
a und [X.] für begründet
erach-tet. Hierzu hat es ausgeführt:

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Die von der Klägerin hergestellten Keksstangen verfügten nicht nur in der Aufmachung, in der sie im verpackten Zustand am Markt angeboten würden, sondern auch als unverpacktes Produkt über wettbewerbliche Eigenart. Sie wiesen eine besondere Gestaltung auf, die sie von vielen alltäglichen, vom [X.] keinem bestimmten Unternehmer zugeordneten Produktformen im Keks-
und [X.] unterscheide. Die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin hergestellten Keksstangen sei zudem durch deren Bekanntheit gesteigert. Die von der [X.]n produzierten
Keksstangen stellten eine nahe-zu identische Nachahmung der "[X.] dar.

Aufgrund ihrer nahezu identischen Gestaltung seien die Keksstangen der [X.]n bei einem Vertrieb in der in den [X.] wiedergegebenen [X.] geeignet, eine Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Her-kunft herbeizuführen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Verpackung außer-dem das Herstellerkennzeichen "S.

" und die von der Produktbezeichnung
"MIKADO" der Klägerin abweichende Bezeichnung "Biscolata Stix" trage. [X.] werde jedenfalls die Gefahr einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinn nicht hinreichend vermieden. Die Gefahr, dass das Produkt der [X.]n irr-tümlich dem Hersteller des [X.] zugeordnet werde, drohe be-reits, wenn Verbraucher, die das unverpackte Erzeugnis der Klägerin bei [X.] kennengelernt hätten und dieses
wegen seiner wettbewerb-lichen Eigenart einem bestimmten Unternehmen zurechneten, ohne es genau benennen zu können, in der [X.] das ihnen bekannte [X.] auf der Verpackung des Erzeugnisses der [X.]n wiederzuerkennen glaubten. Hinzu komme, dass auch Verbraucher, denen das Originalprodukt der Klägerin unter ihrer Bezeichnung "MIKADO" bekannt sei oder die es der [X.]" zuordneten, die Nachahmung aufgrund der nahezu identischen Produktgestaltung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Pro-dukt des Originalherstellers halten könnten.

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Den Gefahren
einer Herkunftstäuschung
könne die [X.] durch zu-mutbare und geeignete Maßnahmen begegnen. Es kämen jedenfalls Änderun-gen der Verpackungsgestaltung in Betracht, die es entweder von vornherein verhinderten, dass Verbraucher die Nachahmungen der [X.]n auf Grund ihrer Abbildung auf den Verpackungen für die Originale hielten, oder die durch eindeutige Zusätze darüber aufklärten, dass "S.

Biscolata Stix" ein eigen-
ständiges und kein vom Originalhersteller der "Mikado"-Kekse unter einer Zweitmarke angebotenes oder lizenziertes Produkt sei.

In der nahezu identischen Nachahmung des Produkts
der Klägerin liege ferner eine unangemessene, den Absatz der Klägerin beeinträchtigende [X.] seiner Wertschätzung (§
4 Nr.
9 Buchst.
[X.]), die nicht durch klare Hinweise auf die unterschiedliche Herkunft in der Verpackungsgestaltung auf-gehoben werde.

Die erforderliche Begehungsgefahr sei für alle im Antrag beschriebenen Verletzungshandlungen gegeben. Durch die Ausstellung ihres Produkts "Bis-colata Stix" auf der Internationalen [X.] im [X.] habe
die [X.] hierfür geworben. Insoweit sei eine Wiederholungsgefahr gemäß §
8 Abs.
1 Satz
1 UWG gegeben. Aus dem Ausstellen des Produkts auf der Messe folge eine Erstbegehungsgefahr für ein Anbieten, Vertreiben sowie ein sonsti-ges Inverkehrbringen in [X.] gemäß
§
8 Abs.
1 Satz
2 UWG.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der [X.] haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der in die Revisionsinstanz gelangten [X.]
(Hilfsanträge).

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I. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die auf wettbewerbs-rechtlichen Leistungsschutz gestützten Unterlassungsansprüche bejaht hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat allein eine vermeidbare Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UWG) sowie eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 Buchst. [X.]) gegenüber dem [X.] angenommen. Es hat sich [X.] auf die Ausstellung des beanstandeten [X.]s auf der Internationa-len [X.] in [X.] gestützt. Entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts lässt sich jedoch dem Messeauftritt der [X.]n nicht die
für die auf Unterlassung gerichteten Hilfsanträge erforderliche Begehungsgefahr eines unlauteren Verhaltens gegenüber Verbrauchern entnehmen.

1. Der Unterlassungsanspruch setzt eine bereits erfolgte oder drohende Zuwiderhandlung voraus (§
8 Abs.
1 UWG). Das Berufungsgericht hat die [X.] verurteilt, es zu unterlassen, ihre [X.]e in der im [X.] wiedergegebenen Verpackung anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder in sonstiger Weise in Verkehr zu bringen. Es ist davon ausgegangen, dass die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr für alle diese Handlungsformen vorliegt. Das Berufungsgericht hat insoweit angenom-men, das im Streitfall an den Maßstäben des §
4 Nr.
9 Buchst.
a UWG zu mes-sende vorwerfbare Verhalten liege nicht nur in dem Bewerben des Produkts der [X.]n und seiner Verpackung auf der Internationalen [X.] in [X.]. Es ist darüber hinaus davon ausgegangen, die [X.] habe durch die Präsentation auf der Messe auch eine Erstbegehungsgefahr dafür geschaffen, dass ihr [X.] in der beanstandeten Verpackung in [X.] [X.]n angeboten werde. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine vermeidbare Herkunftstäuschung im Sinne von §
4 Nr.
9 Buchst.
a UWG darin gesehen, dass diejenigen Verbraucher, die aufgrund einer vorherigen Wahrnehmung der Keksstangen der Klägerin eine Vorstellung über die Herkunft dieses Produkts haben, durch die Abbildung der nahezu identischen Produkte auf der angegriffenen Verpackung der [X.]n einer Fehlvorstellung über die Herkunft dieser Produkte unterliegen könnten. Auch bei der Annahme der Aus-14
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-
nutzung einer Wertschätzung im Sinne von §
4 Nr.
9 Buchst.
[X.] hat das Berufungsgericht auf die Anschauung der Verbraucher in und nach der [X.] abgestellt. Es hat daraus gefolgert, es bestehe eine [X.] für einen Vertrieb des beanstandeten Produkts an Verbraucher in [X.]. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], im Hinblick auf die zum Gegenstand des beantragten Verbots gemachten
Handlungsformen des [X.], [X.] und [X.] gegenüber Verbrauchern liege Erstbegehungsgefahr vor.

a) Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und [X.] tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die [X.] auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die [X.] begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshand-lung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverläs-sig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März 2008 -
I [X.], [X.], 912 Rn. 17 = [X.], 1353 -
Metrosex; Urteil vom 22.
April 2010
I
ZR
17/05, [X.], 1103 Rn. 23 = [X.], 1508

Pralinenform II; Urteil vom 15. Dezember 2011 -
I [X.], [X.], 728 Rn. 25 = [X.], 935 -
Einkauf Aktuell). Da es sich bei der [X.] um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Darlegungs-
und Beweislast beim Anspruchsteller ([X.], Urteil vom 29.
Oktober 2009

I
ZR
180/07, [X.], 455 Rn.
24 = [X.], 746 -
Stumme Verkäu-fer
II).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Ausstellen von [X.] auf einer Messe in [X.] geschehe typischerweise zu dem Zweck, sie an interessierte Messebesucher und damit jedenfalls auch an inländische Abnehmer zu verkaufen. Es sei nach der Lebenserfahrung auch ohne weitere Feststellungen zumindest von einer Erstbegehungsgefahr des [X.], Ver-16
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treibens und sonstigen Inverkehrbringens im Inland auszugehen. Deshalb ob-liege es dem Aussteller, für jeden Messebesucher erkennbare gegenteilige [X.] -
etwa entsprechend der Handhabung der [X.]n auf der [X.]-Messe im Folgejahr 2011 durch den Hinweis "[X.] IN GERMANY"
-
darzulegen und zu beweisen. Dem kann nicht zugestimmt werden.

c) Ob die Ausstellung eines Produkts auf einer Messe ein hinreichend konkreter Umstand für die Erwartung ist, der Aussteller werde das fragliche Produkt in naher Zukunft
in [X.] anbieten und vertreiben, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Allein die Präsentation eines Erzeugnisses auf einer Messe reicht nicht in jedem Fall für die Annahme einer [X.] aus (vgl. für markenrechtliche Ansprüche [X.], [X.], 1103 Rn.
21
ff.
Pralinenform
II).

d) Im Streitfall ergibt sich eine Erstbegehungsgefahr weder aus einem allgemeinen Erfahrungssatz (dazu aa) noch aus den Umständen des Streitfalls (dazu bb).

aa) Eine Erstbegehungsgefahr kann nicht mit einem allgemeinen Erfah-rungssatz begründet werden, wegen der Präsentation eines Produkts oder [X.] Produktverpackung auf einer Messe im Inland sei auch von einem bevor-stehenden Anbieten, Vertreiben und sonstigen Inverkehrbringen im Inland [X.]. Diese Betrachtungsweise wird dem Umstand nicht gerecht, dass es verschiedene Formen von Messen und der Präsentation von Produkten auf Messen gibt.

(1) So wird es regelmäßig an dem für eine Erstbegehungsgefahr erfor-derlichen, in naher Zukunft bevorstehenden Vertrieb eines Erzeugnisses fehlen, wenn nicht ein vertriebsfertiges Produkt, sondern lediglich ein Prototyp oder eine Designstudie ausgestellt wird, um die Reaktionen des Marktes auf ein erst im [X.] befindliches Produkt zu testen. Weiter kann es darauf an-kommen, gegenüber welchem [X.] das Produkt präsentiert wird. Aus 19
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einer Präsentation ausschließlich gegenüber Fachkreisen kann nicht ohne [X.] gefolgert werden, das Produkt werde dem Verbraucher angeboten.

(2) Geht es
wie im Streitfall
um Rechtsverletzungen, die die Feststel-lung einer bestimmten Verkehrsanschauung voraussetzen, ist von Bedeutung, auf welchen [X.] die Messe und die Präsentation des fraglichen Pro-dukts zugeschnitten sind. So gibt es Publikumsmessen, auf denen die Verbrau-cher die ausgestellten Produkte bestellen oder erwerben können. Auf der ande-ren Seite gibt es Messen, zu denen ausschließlich Fachbesucher Zugang ha-ben. Ferner kann ein Hersteller auf einer auch dem allgemeinen Verkehr zu-gänglichen Messe durch die eindeutige Gestaltung der Präsentation deutlich machen, dass er allein ein Fachpublikum ansprechen will. In den Fällen, in de-nen der Hersteller ausschließlich Fachleute anspricht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er die Art und Weise seiner Präsentation allein am Maßstab des durchschnittlichen Fachbesuchers ausrichtet. Dieser hat im Regelfall einen höheren Kenntnisstand über die im Markt angebotenen Produkte, ihre
Form und Marktanteile sowie über die Hersteller und Vertriebsgesellschaften
(vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juni 1999
-
I [X.], [X.], 1106, 1109 = WRP 1999, 1031 -
Rollstuhlnachbau; Urteil vom 12. Dezember 2002 -
I [X.], [X.], 359, 361 = [X.], 496 -
Pflegebett; Urteil vom 15. April 2010 -
I [X.], [X.], 1125 Rn. 32 = [X.], 1465 -
Femur-Teil; Urteil vom 5. Mai 2011 -
I
ZR 157/09, [X.], 1153 Rn. 41 ff. = [X.], 1593 -
Creation Lamis). Ohne konkrete Anhaltspunkte besteht keine allgemeine [X.], der auf einer reinen Fachmesse ausstellende Hersteller werde seine Produkte und Produktausstattungen in jedem Fall in der gleichen Form oder Art und Weise auch gegenüber dem allgemeinen Verbraucher vertreiben.

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-

(3) Auch im Hinblick auf die Frage, ob ein Vertrieb im Inland gegenüber dem allgemeinen Verkehr droht, kann nicht von einem Erfahrungssatz ausge-gangen werden, dass ein Aussteller sein Produkt immer auch am Ausstellungs-ort vertreiben wird. Maßgebend sind auch insoweit die Umstände des Einzel-falls. So ist es charakteristisch für international
ausgerichtete Fachmessen, dass sich dort Aussteller aus verschiedenen [X.] an in-
und ausländische Interessenten wenden. Bei internationalen Messen geht es mithin gerade auch um die Anbahnung von Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischen [X.] ohne Inlandsbezug. Ein hinreichend konkreter Anhaltspunkt für einen zeit-nahen Vertrieb im Inland folgt nicht ohne weiteres aus der Präsentation eines Produkts auf einer internationalen Messe im Inland.

bb) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender [X.]sanspruch kann nicht auf der Grundlage der vom Berufungsgericht ge-troffenen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens bejaht werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung im Sinne von §
4 Nr.
9 Buchst.
a UWG und einer unange-messenen Ausnutzung der Wertschätzung gemäß §
4 Nr.
9 Buchst.
[X.] aufgrund des Verkehrsverständnisses des allgemeinen Publikums bejaht. Für die Beurteilung der Erstbegehungsgefahr sind danach allein solche
tatsächli-chen Anhaltspunkte von Bedeutung, die ein in naher Zukunft bevorstehendes Anbieten, Vertreiben und Inverkehrbringen gegenüber inländischen Verbrau-chern begründen können.

(2) Solche tatsächlichen Umstände hat das Berufungsgericht nicht fest-gestellt. Sie sind im Streitfall auch sonst nicht ersichtlich.

Das Berufungsgericht hat die Annahme einer Erstbegehungsgefahr zwar auch darauf gestützt, die [X.] habe während der Produktpräsentation auf der Messe [X.] 2010 unverpackte Keksstangen zum probeweisen Verzehr an-24
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-
geboten. Damit hat das Berufungsgericht aber keinen Umstand festgestellt, der für ein zeitnahes Anbieten des [X.]s der [X.]n in der beanstande-ten Packung an den [X.] Verbraucher spricht. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der [X.]n handelt es sich bei der [X.] in [X.] um eine ausschließlich dem Fachpublikum vorbehaltene Messe (vgl. auch Graf von der Groeben, [X.], 795 Fn.
6). Das [X.] hat dementsprechend nicht festgestellt, dass die [X.] ihr Pro-dukt auf der Messe auch inländischen Verbrauchern zum Verzehr angeboten hat, ohne dass die Revisionserwiderung den Vortrag der Klägerin als übergan-gen rügt.

Der Vortrag der Klägerin, die [X.] vertreibe alle Produkte,
die sie auf der Internationalen [X.] in [X.] ausstelle, auch in [X.], ist für die Darlegung einer Erstbegehungsgefahr ebenfalls nicht ausreichend. Es können produktspezifische Besonderheiten
wie etwa eine besondere Gestal-tungsnähe zu den
im Inland vertriebenen Konkurrenzprodukten
oder andere rechtliche Risiken einen Hersteller zu einer unterschiedlichen Vertriebsstrategie veranlassen. Zudem kann die Produktpräsentation auf einer Messe nur dem Zweck dienen, eine Vertriebsentscheidung vorzubereiten.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine Erstbegehungsgefahr auch nicht aus dem Umstand, dass die [X.] auf der [X.] das beanstandete Produkt "Biscolata Stix" mit dem Hinweis "[X.]S IN GERMANY" ausgestellt hat. Dieser Hinweis kann auf ein von der Klägerin gegen die [X.] eingeleitetes [X.] zurückzuführen sein. Er erlaubt jedenfalls nicht den Schluss, im [X.] habe auf Seiten der [X.]n die Absicht zu einem
Vertrieb im Inland gegenüber dem allgemeinen Publikum bestanden.

Das Berufungsgericht hat schließlich auch nicht festgestellt, dass die [X.] bei ihrem Auftritt auf der Internationalen [X.] in [X.] im [X.] konkret versucht hat, durch den Abschluss von Vereinbarungen mit Mes-29
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sebesuchern den Vertrieb ihres [X.]s an inländische Verbraucher in der von der Klägerin beanstandeten Packung auszunehmen.

3. Eine Begehungsgefahr für ein Bewerben des fraglichen Produkts der [X.]n gegenüber dem allgemeinen Publikum besteht ebenfalls nicht. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die [X.] das fragliche Produkt auf der [X.] in [X.] ausgestellt und die Produktform damit im Inland im Rahmen ihrer [X.] Tätigkeit benutzt hat. Das reicht für sich genommen aber nicht aus. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunfts-täuschung und einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung des Original-produkts im Sinne von §
4 Nr.
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a und [X.] allein im Hinblick auf das allgemeine Publikum bejaht. Deshalb kommt es nur auf ein Bewerben des [X.]s der [X.]n gegenüber inländischen Verbrauchern an. Das Berufungsgericht, dass allein ein Bewerben des angegriffenen Produkts auf der Internationalen [X.] des Jahrs 2010 in [X.] angenommen hat, hat dazu jedoch nichts festgestellt.

4. Entgegen der Ansicht der Revision folgt eine Begehungsgefahr für sämtliche zum Gegenstand des [X.] gemachten Handlungs-formen nicht aus Besonderheiten des Tatbestands des §
4 Nr.
9 UWG. Die Re-visionserwiderung macht vergeblich geltend, die gesonderte Feststellung einer Begehungsgefahr im Hinblick auf die einzelnen Handlungsformen des Anbie-tens, [X.] und Inverkehrbringens sei entbehrlich, weil die [X.] ihr Produkt auf der Messe im [X.] beworben habe und sich daraus eine Be-gehungsgefahr für sämtliche angegriffenen Verletzungsformen ergebe.

Dem kann schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil im Streitfall eine Begehungsgefahr für ein Bewerben gegenüber dem allgemeinen Publikum nicht vorliegt.
Danach ist das Berufungsgericht, das ausschließlich auf eine Herkunftstäuschung und eine Ausnutzung der Wertschätzung gegenüber dem 32
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allgemeinen Publikum abgestellt hat, zu Unrecht vom Vorliegen der Vorausset-zungen des §
8 Abs.
1 UWG ausgegangen.

[X.] Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des wettbe-werbsrechtlichen Leistungsschutzes gemäß §
4 Nr.
9 UWG kann nicht mit der Begründung angenommen werden, die [X.] habe jedenfalls das auf der Internationalen [X.] 2010 in [X.] anwesende Fachpublikum über die betriebliche Herkunft ihres Produkts getäuscht oder diesem gegenüber die Wertschätzung des Produkts der Klägerin unangemessen ausgenutzt.

Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur
Anschauung der Fachkreise getroffen. Die Revisionserwiderung hat nicht im Wege der Gegen-rüge geltend gemacht, die Klägerin habe vorgetragen, das
Fachpublikum [X.] aufgrund der angegriffenen Packungsgestaltung einer Fehlvorstellung über die betriebliche Herkunft des Produkts der [X.]n. Eine solche Annah-me kommt vorliegend auch nicht in Betracht. Die Wahrnehmung von gewerbli-chen Wiederverkäufern und Zwischenhändlern beruht auf einem anderen Wis-sensstand als die Wahrnehmung der Endverbraucher (vgl. [X.], [X.], 1153 Rn. 43 -
Creation Lamis). Dieser Fachkreis verfügt
regelmäßig über ge-nauere Kenntnisse der im Markt vertretenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft
als das allgemeine Publikum. Diese Kenntnisse stehen im [X.] entgegen, wenn die Produkte -
wie vom Berufungsgericht festgestellt
-
in Packungen vertrieben werden, die mit deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen gekennzeichnet sind. Auch die Annahme eines unter einer Zweitmarke vertriebenen Produkts scheidet
für Fachkreise aufgrund ihrer höheren Marktkenntnisse aus
(vgl. zur Anschauung der Verbraucher [X.], Urteil vom 19. Oktober 2000 -
I [X.], [X.], 443, 446 = [X.], 534 -
Viennetta).

I[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit zum Nachteil der [X.]n entschieden wurde (§
562 Abs.
1 ZPO). Einer Zurückverweisung der 35
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-
17
-
Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht, weil der Senat auf der [X.] des festgestellten Sachverhalts selbst entscheiden kann und weiterer Sachvortrag der Klägerin hierzu nicht zu erwarten ist (§
563 Abs.
3 ZPO).
Die Klage ist abzuweisen, weil die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach §
8 Abs.
1 in Verbindung mit §
4 Nr.
9 Buchst.
a und [X.] nicht vorlie-gen.

[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 27.09.2012 -
31 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.06.2013 -
6 [X.] -

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Meta

I ZR 133/13

23.10.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2014, Az. I ZR 133/13 (REWIS RS 2014, 1884)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1884

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 133/13

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