Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. II ZR 57/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4913

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270916UII[X.].15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
57/15
Verkündet am:

27. September 2016

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 Satz 2
a)
Das Bestehen eines [X.]s schafft eine Gefahrenlage für das durch §
16 Abs.
1 [X.] geschützte Interesse eines [X.] am Werterhalt laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Dies rechtfertigt einen Berechnungsdurchgriff auf die wirt-schaftliche Lage des herrschenden Unternehmens, wenn sich die durch den [X.] für die Versorgungsempfänger begründete Gefahrenlage verwirklicht hat.
b)
Der Versorgungsempfänger hat im Prozess darzulegen, dass die Voraussetzungen für einen [X.] vorliegen können. Dazu hat er das Bestehen eines [X.]s darzulegen und ggf. zu beweisen sowie zu behaupten, dass sich die dem [X.] eigene Gefahrenlage verwirklicht hat.
c)
Es ist dann Sache des Versorgungsschuldners, im Einzelnen nachvollziehbar darzulegen, dass sich die im [X.] angelegte Gefahrenlage nicht verwirklicht hat. Der [X.] kann dazu darlegen, dass sich infolge der erteilten Weisungen des herrschenden [X.] die Gefahrenlage nicht verwirklicht oder seine wirtschaftliche Lage nicht maßgeblich ver-schlechtert haben oder dass er auch ohne Weisungen nicht leistungsfähig und damit nicht zur An-passung der Betriebsrente verpflichtet wäre ([X.] an [X.], [X.], 1137).

[X.], Urteil vom 27. September 2016 -
II ZR 57/15 -
[X.]

LG Frankfurt
am Main

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
September 2016
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und die Richterin [X.], [X.]
Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 16.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
Januar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger war Vorstand der Z.

AG, einer Rechtsvorgängerin der beklagten GmbH. Er schloss 1988 mit der Rechtsvorgängerin der [X.]n einen Versorgungsvertrag, aus dem er seit dem [X.] Leistungen bezieht.
Die [X.] ist eine Tochtergesellschaft der G.

Group AG, mit der seit 1.
Oktober 2000 ein Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag besteht. Sie 1
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gab zum Jahresende 2007 ihr operatives Geschäft auf und hat nicht mehr ge-nügend Mittel für Betriebsrentenanpassungen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Muttergesellschaft würden Anpassungen möglich machen.
Mit der Klage möchte der Kläger eine Erhöhung seiner monatlichen [X.] ab dem 1.
Januar 2010 um 10,68
% und die Zahlung von 8.958,96

Berufungsgericht die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.
[X.] Das Berufungsgericht ([X.], ZIP
2015, 846) hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Anpassung seiner [X.] zum 1.
Januar 2010 nach §
5 Abs.
4 des Versorgungsvertrages vom 20.
Juli 1988 [X.]. §
16 [X.] zu. Nach dem Wortlaut des
§
16 [X.] sei auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers, also der [X.] abzustellen. Hierzu habe das [X.] festgestellt, dass
die [X.] zum Stichtag die vorgenannten Kriterien nicht erfüllt habe.
Auch die weitergehenden Anforderungen, die das [X.] in ergänzender Auslegung des §
16 [X.] in gefestigter Rechtsprechung bei Bestehen einer verdichteten Konzernverbindung zwischen dem Träger der [X.] und dem herrschenden Unternehmen im Vertragskonzern ent-wickelt hat, habe das [X.] zu Recht als hier nicht vorliegend angesehen. Nach dieser Rechtsprechung könne bei Bestehen eines Beherrschungs-
oder 3
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Gewinnabführungsvertrages i.S. des §
291 Abs.
1 Satz
1 [X.] auf die wirt-schaftliche Lage einer ausreichend finanzkräftigen Muttergesellschaft zuguns-ten der Versorgungsempfänger abgestellt werden, wenn sich die in einem [X.] bestehenden typischen Gefahren tatsächlich nachteilig zu Lasten des be-herrschten Unternehmen ausgewirkt hätten. Ein Berechnungsdurchgriff auf das beherrschende Unternehmen sei nach dieser Rechtsprechung dann zulässig, wenn der Versorgungsempfänger darlege und beweise, dass eine verdichtete [X.] zwischen herrschendem Unternehmen und [X.] bestehe, weil entweder ein Beherrschungs-
und Ergebnisabfüh-rungsvertrag bestehe oder ein Unternehmen die Geschäfte tatsächlich umfas-send und nachhaltig führe (qualifiziert faktischer Konzern) und die Konzernlei-tungsmacht in einer Weise ausgeübt worden sei, die auf die Belange des [X.] Tochterunternehmens keine angemessene Rücksicht genommen und so die mangelnde Leistungsfähigkeit des Versorgungsschuldners verursacht habe.
Nach den Feststellungen des [X.]s habe die G.

Group AG der [X.]n keine derartig nachteiligen Weisungen erteilt und nicht die schlechte wirtschaftliche Lage der [X.]n verursacht. Mit der im Rahmen des [X.] erstmals im Schriftsatz vom 24.
August 2014 vom Kläger vor-getragenen und auch nicht weiter substantiierten Behauptung, die [X.] wä-re weiter erfolgreich am Markt tätig gewesen, wenn nicht die G.

Group AG die Entscheidung getroffen hätte, die [X.] zu einer reinen Abwicklungsgesell-schaft zu machen, könne der Kläger im Berufungsverfahren nicht gehört wer-den. Denn dieser Vortrag sei nach §
531 Abs.
2 Nr.
3 [X.] nicht zu [X.]. Im Verfahren vor dem [X.] sei es zwischen den [X.]en unstrei-tig gewesen, dass gegenüber der [X.]n die Konzernleitungsmacht nicht nachteilig für ihre wirtschaftlichen Verhältnisse ausgeübt worden sei. Die im Urteil des [X.]s insoweit getroffenen Feststellungen habe der Kläger 7
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auch mit der Berufung nicht angegriffen. In der Berufungsbegründung vom 5.
Juni 2014 werde die Berufung ausdrücklich auf die Überprüfung von Rechts-fehlern des [X.]s beschränkt.
Ob die vom Kläger zur Stütze seiner Klage herangezogene Entscheidung des [X.]s vom 26.
Mai 2009 ([X.], [X.], 2166 Rn.
31) als Aufgabe der ständigen höchstrichterlichen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu werten sei, sei unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, ob der vom Kläger der Entscheidung des [X.]s entnommene Rechtssatz
von ei-ner betriebsrentenrechtlichen Anspruchsgrundlage gedeckt sei und durch [X.] dieser Vorschriften im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung gewon-nen werden könne. Das [X.] selbst habe sich weder in der Entscheidung aus dem [X.] noch in späteren Entscheidungen bisher ver-tieft dogmatisch mit der Frage auseinandergesetzt, ob und aus welchen [X.] die Anforderungen für den Berechnungsdurchgriff im Vertragskonzern allein wegen des Bestehens eines [X.]es dahingehend er-leichtert werden sollten, dass

über den Wortlaut des §
16 [X.] hinaus

bei der Anpassungsprüfung von Betriebsrenten ohne zusätzliche weitere Vo-raussetzung automatisch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Muttergesell-schaft abzustellen sei. Zur Begründung werde dabei allgemein nur auf das Er-fordernis des Gleichlaufes von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Konzernschuldner verwiesen, ohne dies näher zu erläutern. Dieser Ansatz überzeuge den Senat nicht.
I[X.]
Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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1.
Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Berechnungsdurchgriff nicht schon ohne weitere Voraussetzungen allein aufgrund des Bestehens ei-nes [X.]es für zulässig erachtet.
Nach §
16 Abs.
1 [X.] hat ein Arbeitgeber alle [X.] eine An-passung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des [X.] und die wirtschaftliche Lage des [X.] zu berücksichtigen. Der Kläger kann als früherer Vorstand grund-sätzlich eine Anpassungsprüfung nach §
16 [X.] verlangen. Er gehört als ehemaliges [X.] zu dem in §
17 Abs.
1 Satz
2 [X.] genannten Personenkreis, der, obwohl er nicht zu den Arbeitnehmern gehört, aus [X.] Gründen den Regelungen des [X.] als Arbeitnehmerschutzgesetz unter-stellt wird (vgl. [X.], Urteil vom 29.
Mai 2000

II
ZR
380/98, ZIP
2000, 1311, 1313; [X.], ZIP
2014, 1548 Rn.
27).
Grundsätzlich kommt es für die Anpassungsprüfung nach §
16 Abs.
1 [X.] auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers und damit im Fall eines ehemaligen Vorstands als Versorgungsempfänger auf die Lage der Aktienge-sellschaft oder ihrer Rechtsnachfolgerin an. Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann aber etwas anderes gelten, wenn eine Konzern-obergesellschaft auf eine abhängige Gesellschaft, die Versorgungsschuldnerin ist, einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dann kann unter Umständen auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens abzustellen sein (Berechnungsdurchgriff). Am 26.
Mai 2009 hatte das [X.] ent-schieden, dass ein solcher Berechnungsdurchgriff bei Bestehen eines Beherr-schungsvertrages ohne weitere Voraussetzungen gerechtfertigt sei ([X.], ZIP
2009, 2166 Rn.
31). Diese Rechtsprechung hat das [X.] 10
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aber nach Erlass des Berufungsurteils wieder aufgegeben ([X.], ZIP
2015, 1137 Rn.
22).
2.
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht aber der Behauptung des [X.] nicht weiter nachgegangen, die [X.] wäre weiter erfolgreich am Markt tätig gewesen, wenn nicht die G.

Group AG die Entscheidung getroffen hätte, die [X.] zu einer reinen Abwicklungsgesellschaft zu machen.
a)
Ein Berechnungsdurchgriff kommt nach der neuen Rechtsprechung des [X.]s ([X.], ZIP
2015, 1137 Rn.
28
ff.) in Betracht, wenn sich die mit einem [X.] verbundene Gefahr für das
durch §
16 Abs.
1 [X.] geschützte Interesse der Versorgungsberechtigten am Werter-halt der Betriebsrente verwirklicht. Der [X.] gibt dem herr-schenden Unternehmen die Möglichkeit, Weisungen auch zum Nachteil der [X.] Gesellschaft zu
erteilen (§
308 Abs.
1 [X.]), und begründet damit Gefahren für das durch §
16 Abs.
1 [X.] geschützte Interesse der Versor-gungsberechtigten an dem Erhalt des realen Werts ihrer Versorgungsansprü-che. Ein im Interesse der Versorgungsempfänger gebotener Berechnungs-durchgriff auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden Unternehmens erfor-dert allerdings die Verwirklichung der durch den [X.] begrün-deten Gefahrenlage. Sind Weisungen des herrschenden Unternehmens, die das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft außer [X.] lassen, nicht erteilt worden oder haben erteilte Weisungen nicht dazu geführt, dass sich die wirt-schaftliche Lage des Versorgungsschuldners in einer Weise verschlechtert hat, die eine Betriebsrentenanpassung ausschließt, besteht kein Grund für einen Berechnungsdurchgriff. Nicht alle Maßnahmen der Konzernpolitik mit ungünsti-gen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage einer abhängigen Gesellschaft gehören dabei zu den Risiken, deren Verwirklichung einen Berechnungsdurch-griff rechtfertigt.
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Die mit dem [X.] entstandene Gefahrenlage stellt eine Ausnahmesituation dar, für die derjenige, der sich darauf beruft, die Darle-gungs-
und Beweislast trägt. Es ist daher zunächst Aufgabe des [X.] darzulegen, dass die Voraussetzungen für einen Berechnungs-durchgriff vorliegen könnten. Dazu hat er das Bestehen eines [X.] darzulegen und ggf. zu beweisen.
Zudem muss der Versorgungsempfänger darlegen, dass sich die dem [X.] eigene Gefahrenlage verwirklicht hat. Hierfür reicht [X.] die bloße Behauptung einer entsprechenden Gefahrverwirklichung aus. Da die zugrunde liegenden Vorgänge regelmäßig außerhalb der Wahrnehmung des [X.] liegen, bedarf es keiner, auch keiner beispielhaf-ten Darlegung von im [X.] erfolgten Weisungen oder einer plau-siblen Erklärung, warum diese Eingriffe zur schlechten wirtschaftlichen Lage des [X.] beigetragen haben ([X.], [X.], 1137 Rn.
38).
Es ist dann Sache des Versorgungsschuldners, im Einzelnen nachvoll-ziehbar darzulegen, dass sich die im [X.] angelegte Gefah-renlage nicht verwirklicht hat. Da es sich bei den im [X.] liegenden und sich auf die wirtschaftliche Lage der abhängigen Gesellschaft auswirken-den Weisungen des herrschenden Unternehmens um Sachvortrag über Tatsa-chen handelt, die in der Sphäre des Versorgungsschuldners liegen, hat dieser sich hierzu vollständig und wahrheitsgemäß zu erklären. Der [X.] hat dabei im Einzelnen substantiiert darzulegen, dass sich infolge der erteilten Weisungen des herrschenden Unternehmens die Gefahrenlage nicht verwirklicht oder seine wirtschaftliche Lage nicht maßgeblich verschlechtert ha-ben. Er kann aber auch detailliert darlegen, dass er auch ohne Weisungen nicht leistungsfähig und damit zur Anpassung der Betriebsrente nicht verpflichtet wä-re ([X.], [X.], 1137 Rn. 40).
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b)
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesarbeitsge-richts an. Auch das Interesse von Versorgungsempfängern, die wie der Kläger [X.]er waren, am Werterhalt der zugesagten Rente ist durch §
16 Abs.
1 [X.] geschützt und durch die Zulässigkeit von Weisungen des herr-schenden Unternehmens nach §
308 Abs.
1 [X.] gefährdet. Das rechtfertigt auch bei ihnen einen Berechnungsdurchgriff, wenn sich diese Gefahr verwirk-licht hat. Dafür sind ihnen wie Betriebsrentnern, die Arbeitnehmer waren, [X.] zuzugestehen, jedenfalls soweit sie, wie dies die Regel ist, als Bezieher von Versorgungsbezügen keinen Einblick mehr in Weisungen des herrschenden Unternehmens haben. Aus diesem Grund reicht auch bei ihnen die bloße Behauptung einer entsprechenden Gefahrverwirklichung aus. Es ist dann Sache des Versorgungsschuldners, im Einzelnen nachvollziehbar darzulegen, dass sich die im [X.] angelegte Gefahrenlage nicht verwirklicht hat.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung läuft die Rechtspre-chung des [X.]s nicht auf eine unwiderlegliche Vermutung und auf die Begründung einer unangemessenen reinen Erfolgshaftung hinaus, weil die abhängige Gesellschaft der ihr zugemuteten Darlegungs-
und Beweislast zur Erteilung von Weisungen und ihrer Auswirkungen häufig nicht nachkommen könne. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen die abhängige Gesellschaft nicht in der Lage sein soll, zur Erteilung von Weisungen und deren Auswirkungen vorzutragen, kann sie darlegen, dass sie auch ohne Weisungen nicht leistungsfähig und damit zur Anpassung der Betriebsrente nicht verpflichtet wäre ([X.], [X.], 1137 Rn.
40). Die Beweislast verbleibt ohnehin grundsätzlich beim Versorgungsempfänger ([X.], [X.], 1137 Rn.
44).

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Das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip wird damit auch nicht durchbrochen, vielmehr werden die gesetzliche Regelung in §
16 [X.] und der darin enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers konkretisiert ([X.], [X.], 1137 Rn. 35). Damit wird dem be-sonderen Schutzbedürfnis von Versorgungsempfängern Rechnung getragen, die insoweit nicht mit anderen Gläubigern der Gesellschaft vergleichbar sind. §
16 Abs.
1 [X.] bestimmt eine gesetzliche Anpassungsprüfungspflicht, die gerade im Vertragskonzern leicht durch Übertragung von gewinnbringenden Geschäftsbereichen auf andere Konzerngesellschaften oder eine Steuerung der wirtschaftlichen Lage der abhängigen Gesellschaft unterlaufen werden könnte.
c)
Der Kläger hat behauptet, dass sich die dem Beherrschungs-
und Ge-winnabführungsvertrag immanente Gefahr verwirklicht hat und sogar darüber hinaus eine nachteilige Weisung vorgetragen, nämlich dass das herrschende Unternehmen die Entscheidung getroffen habe, die [X.] zu einer reinen Abwicklungsgesellschaft zu machen.
Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nach §
531 Abs.
2 Nr.
3 [X.] nicht zugelassen. Danach sind im Berufungsverfahren neue Angriffs-
und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der [X.] beruht. Der Kläger hat sich zwar vor dem [X.] nicht darauf berufen, dass sich die dem Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag immanente Gefahr verwirklicht hat. Das war aber nicht nachlässig. Wenn eine [X.] einen Sachverhalt rechtlich unzutreffend beurteilt und deshalb nicht auf den Gedan-ken kommt, ihn aus anderer Sicht zu werten und vorsorglich auch insoweit vor-zutragen, handelt sie nur fahrlässig, wenn der Irrtum auf der Hand liegt oder Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass das Gericht der von der [X.] vertre-tenen Rechtsauffassung nicht folgen wird ([X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl., §
531 20
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Rn.
32). Ein Rechtsirrtum des [X.] lag nicht auf der Hand. Der [X.] sich bei Erhebung der Klage vielmehr auf die frühere Rechtsprechung des [X.]s stützen, nach der bei Bestehen eines Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags ein Berechnungsdurchgriff ohne weitere Vo-raussetzungen erfolgen sollte ([X.], [X.], 2166 Rn. 31), und musste nicht schon vorsorglich mit einer anderen Rechtsansicht rechnen. Dass vor dem Er-lass des Urteils Anhaltspunkte bestanden, dass das [X.] der früheren Rechtsauffassung des [X.]s nicht folgen werde, ist nicht fest-gestellt und auch nicht ersichtlich. Das [X.] hat sich in seinem Urteil vielmehr auf die Entscheidung des [X.]s vom 26.
Mai 2009 ([X.], [X.], 2166) berufen und ihr nur nicht entnommen, dass bei [X.] eines Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags ein Berechnungs-durchgriff ohne weitere Voraussetzungen erfolgen sollte.
-
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II[X.]
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Der [X.]n ist

ebenso wie dem Kläger

aufgrund der geänderten Rechtsprechung unter Be-rücksichtigung der Vorgaben zur Verteilung der Darlegungs-
und Beweislast ergänzender Vortrag zu ermöglichen.

Bergmann

[X.]

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.02.2014 -
2-8 O 129/13 -

[X.], Entscheidung vom 26.01.2015 -
16 U 56/14 -

23

Meta

II ZR 57/15

27.09.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2016, Az. II ZR 57/15 (REWIS RS 2016, 4913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4913

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 57/15

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