Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. V ZB 266/10

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10205

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Gegenstand

Vertretung einer GbR im Grundbuchverfahren: Handeln aufgrund Vollmachten aller Gesellschafter


Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beteiligten werden der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14. September 2010, der Nichtabhilfebeschluss des [X.] vom 12. Mai 2010 und die Zwischenverfügung des [X.] vom 12. April 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Dieses wird angewiesen, die Löschung der im Grundbuch von [X.] Blatt 16..., [X.], in Abteilung III unter lfd. [X.] eingetragenen Grundschuld nicht aus den in der Zwischenverfügung vom 12. April 2010 und in dem Beschluss vom 12. Mai 2010 genannten Gründen zu verweigern.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000 Euro.

Gründe

[X.]

1

Der Eigentümerin gehört das im Grundbuch von Z. Blatt 16 , [X.], eingetragene Grundstück. In Abteilung III unter der lfd. Nr. 5 des Grundbuchs ist eine Grundschuld über 471.000 Euro zugunsten der Sparkasse B. eingetragen.

2

Am 18. März 2010 unterzeichnete [X.] mit dem Zusatz (für [X.]., [X.], [X.] + [X.], P.)" den unter der [X.] der Gläubigerin stehenden Antrag auf Löschung des Grundpfandrechts. In dem Vermerk des Notars betreffend die Beglaubigung der Unterschrift heißt es, dass [X.] S. für die [X.]", bestehend aus den im Eingang dieses Beschlusses genannten Gesellschaftern, aufgrund der in Urschrift bzw. Ausfertigung vorgelegten, in beglaubigter Abschrift beigefügten [X.]en aller Gesellschafter gehandelt hat. Der Notar reichte sämtliche Urkunden "mit den Antrag auf Vollzug gemäß § 15 GBO" bei dem Grundbuchamt ein.

3

Mit Zwischenverfügung vom 12. April 2010 hat das Amtsgericht von dem Notar u.a. Genehmigungserklärungen der Gesellschafter [X.] und [X.] angefordert, weil die von ihnen erteilten Generalvollmachten "ihren Inhalten nach nur für das Eigenvermögen der [X.]geber gelten und damit in Bezug auf Erklärungen der GbR nicht verwendbar sind". Dagegen hat der Notar Beschwerde erhoben und eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht vorgelegt, in der [X.] [X.] S. u.a. zur umfassenden Vertretung in seinen Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt hat. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das [X.] hat sie zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Eigentümerin den Löschungsantrag weiter.

I[X.]

4

Nach Ansicht des [X.] hat [X.] S. den Löschungsantrag nicht als organschaftliche Vertreterin der Eigentümerin gestellt, weil sie nicht deren Gesellschafterin ist und die organschaftliche Vertretungsmacht der Gesellschaft nicht auf Dritte übertragen werden könne. Darüber hinaus habe das Grundbuchamt die beiden Generalvollmachten und die Vorsorgevollmacht zu Recht als unzureichend angesehen; eine von der Eigentümerin erteilte [X.] liege nicht vor, weil [X.] S. von den Gesellschaftern [X.] und [X.] "jeweils allein zu deren Vertreter" bestellt worden sei. Bei den [X.]en handele es sich auch nicht um sogenannte Altvollmachten aus der [X.], in der die Grundbuchfähigkeit der [X.] umstritten gewesen sei und eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu noch nicht vorgelegen habe. Ob sie solchen Altvollmachten gleichzustellen seien, könne dahinstehen; denn die [X.]en enthielten nicht einmal kleine Anhaltspunkte dafür, dass auch die Vertretung der Eigentümerin von der [X.] habe erfasst werden sollen.

II[X.]

5

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6

Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] kann die Löschung des Grundpfandrechts nicht aus den in der Zwischenverfügung und dem Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts genannten Gründen verweigert werden.

7

1. Die Ansicht des [X.], dass die organschaftliche Vertretungsmacht der Gesellschafter einer [X.] nicht auf Dritte übertragen werden könne, ist für die Entscheidung unerheblich. Zu Recht haben weder die Eigentümerin noch der Notar noch das Amtsgericht erwogen, dass [X.] S. als organschaftliche Vertreterin der Eigentümerin gehandelt hat.

8

2. Ein wirksamer Löschungsantrag der Eigentümerin liegt vor. Sie ist bei der Antragstellung von [X.] S. vertreten worden. Die rechtsgeschäftliche [X.] zum [X.]ndeln für die Eigentümerin haben die Gesellschafter [X.] und [X.] in den Generalvollmachten erteilt.

9

a) Die Erteilung umfassender [X.]en durch Gesellschafter einer [X.] an einen Nichtgesellschafter begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Gesellschafter selbst die organschaftliche Vertretungsbefugnis behalten ([X.], Urteil vom 18. Juli 2006 - [X.], [X.], 2980, 2981 Rn. 18). Die Bevollmächtigung zur Stellung eines Löschungsantrags für die Gesellschaft kann somit in einer von den Gesellschaftern einem Dritten erteilten Generalvollmacht enthalten sein. Die Bevollmächtigung darf nur nicht so weit gehen, dass sämtliche Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen und diese auf Dritte übertragen werden ([X.], Urteil vom 16. November 1981 - [X.], NJW 1982, 877, 878).

b) [X.] und [X.] haben in den von ihnen erteilten Generalvollmachten ihre Tochter [X.] S. - auch - bevollmächtigt, für die Eigentümerin die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechts zu beantragen.

aa) Die [X.]geber sind Gesellschafter der Eigentümerin. Mangels abweichender Vereinbarungen sind sie zusammen mit den übrigen Gesellschaftern zur Vertretung der Eigentümerin berechtigt (§§ 709 Abs. 1, 714 BGB). Diese Vertretungsmacht können sie durch rechtsgeschäftliche [X.] auf Dritte übertragen. Das haben sie in den Generalvollmachten getan. Sie haben [X.] S. bevollmächtigt, sie in allen ihren Vermögensangelegenheiten in jeder rechtlichen zulässigen Weise zu vertreten; sie haben [X.] auch zur Besorgung aller ihrer Vermögensangelegenheiten ermächtigt mit der Befugnis, für sie alle Rechtshandlungen vorzunehmen, bei welchen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist.

bb) Bereits hieraus lässt sich die Berechtigung der Bevollmächtigten herleiten, die [X.]geber auch in Angelegenheiten zu vertreten, die deren [X.]ndeln als Gesellschafter der Eigentümerin betreffen. Die Ansicht des [X.], dass in den Generalvollmachten keine [X.] zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der Gesellschaft enthalten sei, weil [X.] S. von den Gesellschaftern "jeweils allein zu deren Vertreter" bestellt worden sei, ist rechtlich nicht haltbar. Die Gesellschaft selbst kann keine [X.] erteilten; für sie handeln die Gesellschafter. [X.] diese sich dabei vertreten lassen, können sie einen Dritten durch Bevollmächtigung zu ihrem Vertreter bestellen. Fraglich ist allein, ob sich die Vertreterbestellung in den Generalvollmachten auch auf ein [X.]ndeln der [X.]geber als Gesellschafter der Eigentümerin bezieht. Zweifel daran werden hier dadurch beseitigt, dass [X.] S. nach der weiteren Regelung in den Generalvollmachten auch berechtigt ist, das Stimmrecht der [X.]geber als Gesellschafter bezüglich aller Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, auszuüben. In dieser Bevollmächtigung für einen besonderen Fall der Vertretung in allen Vermögensangelegenheiten kommt eine Erweiterung der Vertretungsmacht zum Ausdruck. Sie umfasst die Bevollmächtigung zum [X.]ndeln für die Gesellschaft.

cc) Die organschaftliche Vertretungsbefugnis der [X.]sgeber wird von der Generalvollmacht nicht berührt, weil diese unter dem Vorbehalt der gesetzlichen Zulässigkeit der Stellvertretung steht.

3. Ob daneben auch die von [X.] seiner Tochter erteilte Vorsorgevollmacht zur Stellung des Löschungsantrags für die Eigentümerin berechtigt, kann offen bleiben. Das Grundbuchamt darf die Löschung bereits nicht aus den in seiner Zwischenverfügung genannten Gründen verweigern.

IV.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 30 Abs. 2 Satz 1, 131 Abs. 4 KostO.

Krüger                                           Lemke                                            Schmidt-Räntsch

                       Roth                                               [X.]

Meta

V ZB 266/10

20.01.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 14. September 2010, Az: 1 W 380/10, Beschluss

§ 709 BGB, § 714 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. V ZB 266/10 (REWIS RS 2011, 10205)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10205

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