Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2012, Az. VII ZR 191/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1620

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 191/12
Verkündet am:

8. November 2012

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 307 Abs. 1 Cb, § 632a Abs. 3
Eine
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmers enthaltene Klausel, die isoliert die Fälligkeit und die Höhe der ersten Abschlagszahlung in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher über die Errichtung oder den Umbau eines [X.] regelt (hier: 7
% der Auftragssumme nach Fertigstellung des ersten Entwurfs), ohne auf die nach §
632a Abs.
3 [X.] gesetzlich geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers einzugehen, ist unwirksam, weil sie den Verbraucher von der Gel-tendmachung seines Rechts auf diese
Sicherheitsleistung abhalten kann.
[X.], Urteil vom 8. November 2012 -
VII ZR 191/12 -

OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
November 2012
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kniffka
und die Richter Dr.
Eick,
[X.], Kosziol
und Dr. Kartzke
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 19.
Juni
2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, eine in ihren vorformulierten Vertragsbestimmungen enthaltene Klausel beim Abschluss von Verträgen über die Errichtung von Häusern und Eigentumswohnungen mit Ver-brauchern zu verwenden.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, und er ist in die beim [X.] geführte Liste qualifizierter Einrich-tungen nach §
4 [X.] eingetragen.
1
2
-
3
-
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Häuser und [X.] errichtet. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit verwendet sie ihren Kun-den gegenüber ein von ihr vorformuliertes Vertragsmuster, das in §
6 unter der Überschrift "Zahlungsplan" folgende Regelung enthält:
"Zahlungen sind gemäß folgendem Zahlungsplan zu leisten:

Nach Fertigstellung des ersten Entwurfs 7%

Die angegebenen
Prozentsätze beziehen sich auf die Gesamt-summe des zu zahlenden Pauschalpreises."
Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung und Erstattung von [X.] stattgegeben, die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ih-ren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.

I.
Das Berufungsgericht spricht dem Kläger die Ansprüche auf [X.] der beanstandeten Klausel und auf Erstattung der
[X.] zu. Die beanstandete Klausel sei nach §
307 Abs.
1 [X.].
3
4
5
6
-
4
-
Die Klausel unterliege nach §
307 Abs.
3 Satz
1 [X.] der Inhaltskontrol-le, weil in ihr die vom Unternehmer nach §
632a Abs.
3 [X.] auch ohne Verlan-gen des Bestellers zu leistende Sicherheit in Höhe von 5
% des Vergütungsan-spruchs nicht zum Ausdruck komme, und nach §
307 Abs.
3 Satz
2 [X.] der Überprüfung auf Intransparenz.
Die Klausel sei deswegen intransparent, weil in ihr -
abweichend vom Gesetzestext in §
632a Abs.
3 [X.]
-
die vom Unternehmer zu leistende Si-cherheitsleistung in Höhe von 5
% nicht erwähnt sei. Für den baurechtlich nicht vorgebildeten [X.] sei daher unklar, ob er den Anspruch auf Sicherheitsleistung behalte, ob er die Abschlagszahlung im Hinblick darauf we-gen seines Zurückbehaltungsrechts verweigern könne oder ob sich aus dieser Klausel eine Vorleistungspflicht des Bestellers für die erste Abschlagszahlung ergebe oder die Klausel die Sicherheitsleistung sogar gänzlich ausschließe.
Die Klausel benachteilige den Kunden auch entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht vereinbar sei. Der Unternehmer eines Werkvertrages sei grundsätzlich vorleistungspflichtig. Dieser Nachteil würde
durch die in §
632a Abs.
1 [X.] geregelten Abschlagszahlungen abgefedert. Allerdings habe der Gesetzgeber in §
632a Abs.
3 [X.] für Verbraucher eine Schranke in Form ei-ner Pflicht des Unternehmers zur Sicherheitsleistung
in Höhe von 5
% des [X.] eingebaut. Abweichend von diesem gesetzlichen Leitbild bestimme die angegriffene Klausel eine Vorleistungspflicht des Bestellers für die erste Abschlagszahlung. Dies ergebe der im Unterlassungsklageverfahren
anwendbare Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung.
7
8
9
-
5
-
II.
Das hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Dem Kläger steht gemäß §§
1, 3 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 [X.] ein Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Klausel in Verträgen mit Ver-brauchern zu.
1. Der Kläger ist nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts eine nach §
3 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und §
4 [X.] anspruchsberechtigte Einrichtung. Das nimmt die Revision hin.
2. Der Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht, weil die beanstandete Klausel der Inhaltskontrolle nach
§
307 Abs.
1 [X.] nicht standhält.
a) Bei der streitgegenständlichen Klausel handelt es sich um eine von der Beklagten vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingung (§
305 Abs.
1 Satz
1 [X.]).
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Inhaltskontrolle nach §
307 Abs.
3 Satz
1 [X.] eröffnet. Bei der beanstandeten Klausel handelt
es sich um eine kontrollfähige [X.] (vgl. dazu: [X.], Beschluss vom 22.
Dezember
2005

VII
ZB
84/05, [X.]Z 165, 332; Urteile vom 13.
Januar
2011

III
ZR
78/10, NJW 2011, 1726,
vom 18.
Mai
1999

XI
ZR
219/98, [X.]Z 141, 380, 383 und vom
7.
Mai
1991

XI
ZR
244/90, [X.]Z 114, 330, 333; jeweils m.w.N.), die die Höhe und die Fälligkeit der ersten Abschlagszahlung festlegt und
damit die gesetzliche Regelung in §
632a Abs.
1 [X.] ergänzt (vgl. [X.]/[X.], [X.], 71.
Aufl., §
632a Rn.
3; [X.] in:
[X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11.
Aufl., §
307
Rn.
75, 76). Von der
Kon-trollfähigkeit solcher Klauseln ist
auch im Gesetzgebungsverfahren ausgegan-gen worden (BT-Drucks.
16/511, S.
15).
10
11
12
13
-
6
-
b) Die Klausel könnte den Besteller schon deshalb unangemessen im Sinne des §
307 Abs.
1 [X.] benachteiligen, weil sie eine Pflicht zur [X.] vorsieht, wenn der erste Entwurf fertiggestellt
ist. Es könnte fraglich sein, ob der Besteller allein durch die Fertigstellung einen Wertzuwachs erlangt hat. §
632a Abs.
1 Satz
1 [X.] soll sicherstellen, dass der Unternehmer immer, aber nur dann eine Abschlagszahlung verlangen kann, wenn der [X.] einen festen Wert bekommen hat. Voraussetzung ist, dass eine Teilleistung für den Besteller bereits einen Wert darstellt und ihm in einer nicht mehr ent-ziehbaren Weise zur Verfügung gestellt wird (BT-Drucks.
16/511, S.
14 und 16/9787, S. 18).
Problematisch ist auch
die Höhe der Abschlagszahlung, wenn -
was hier nicht weiter geklärt werden muss -
die verlangten 7
% der Auftragssumme nicht dem Wertzuwachs beim Besteller entsprechen.

Bedenken könnten auch deshalb bestehen, weil nicht deutlich ist, was
unter "erstem
Entwurf"
zu verstehen ist.
c) Der Senat muss diesen Bedenken nicht nachgehen. Denn die bean-standete Klausel ist schon aus anderen Gründen unwirksam.
Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmers enthaltene Klausel, die isoliert die Fälligkeit und die Höhe der ersten [X.] in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher über die [X.] oder den Umbau eines Hauses regelt, ohne auf die nach §
632a Abs.
3 [X.] gesetzlich geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers einzugehen, ist unwirksam, §
307 Abs.
1 [X.].

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18
-
7
-
aa) Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist entsprechend dem Grundsatz von [X.] und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durch-schnittlichen Vertragspartner verständlich ist. Vielmehr gebieten es [X.] und Glauben auch, dass die Gefahr von Missverständnissen oder Fehldeutungen durch eine unklare, mehrdeutige oder unvollständige Fassung der Klausel mög-lichst vermieden wird. Weiter ist eine Klausel auch dann unwirksam, wenn der Vertragspartner durch die
Formulierung der Klausel
davon abgehalten wird, seine berechtigten Ansprüche oder Gegenrechte dem Verwender gegenüber geltend zu machen. Dagegen ist der Verwender nicht verpflichtet, aus dem
Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgende Rechte ausdrück-lich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren (st.
Rspr.;
vgl. [X.], Urteile vom 23.
Februar
2005

IV
ZR
273/03, [X.]Z 162, 210; vom 5.
November
1998

III
ZR
226/97, NJW 1999, 276; jeweils m.w.N.).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die beanstandete Klausel nach §
307 Abs.
1 [X.] unwirksam.
Die Klausel ist so formuliert, dass sie den Verbraucher von der Geltendmachung seines Rechts auf Sicherheitsleistung gemäß §
632a Abs.
3 [X.] abhalten kann.
(1) §
632a [X.] regelt abweichend von der grundsätzlichen Vorleis-tungspflicht des Unternehmers im Werkvertragsrecht die Möglichkeit, [X.]en zu verlangen. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift ist dann, wenn der Besteller ein Verbraucher ist und der [X.] oder den Um-bau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat, dem Besteller bei der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit für die rechtzei-tige Herstellung des Werks ohne wesentliche Mängel in Höhe von 5 vom Hun-dert des Vergütungsanspruchs zu leisten.
19
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-
8
-
(2) Der Gesetzgeber hat damit zwischen dem Anspruch auf Abschlags-zahlung des Unternehmers aus §
632a Abs.
1 [X.] und dem Recht des [X.] auf Sicherheitsleistung bei erster Abschlagszahlung aus §
632a Abs.
3 [X.] eine untrennbare Verknüpfung vorgenommen. Er hat ein tatsächli-ches Bedürfnis gesehen, dem Verbraucher eine Absicherung für seinen Erfül-lungsanspruch zu verschaffen. Der Gesetzgeber hat sich daher für ein Konzept des engen Zusammenhangs zwischen der ersten Abschlagszahlung und der Erfüllungssicherheit entschieden (vgl. BT-Drucks.
16/511, S.
15). Die Sicherheit ist vom Unternehmer bei
der
Abschlagszahlung zu leisten; im Fall der Nichtge-stellung der Sicherheit steht dem Besteller jedenfalls ein Leistungsverweige-rungsrecht zu (BT-Drucks.
16/511, aaO).
Diese enge Verknüpfung von erster Abschlagszahlung und Erfüllungssi-cherheit trennt die beanstandete Klausel und nimmt ein
für den Verbraucher sehr bedeutsames
Segment aus dem Sachzusammenhang heraus. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Verbraucher davon abgehalten
wird, sich auf sein Recht auf Sicherheitsleistung zu besinnen, den Unternehmer auf seine Ver-pflichtung zur Sicherheitsleistung hinzuweisen oder sich auf sein Leistungsver-weigerungsrecht zu berufen. Durch die Trennung von nach dem gesetzlichen Konzept zusammenhängenden, eng verknüpften Rechten kann
der im [X.] nicht vorgebildete Durchschnittskunde, auf den abzustellen ist, in die Irre geleitet und dadurch davon abgehalten
werden, seine ihm nach dem [X.] zustehenden Rechte geltend zu machen. Damit ist die Klausel nach §
307 Abs.
1 [X.] unwirksam (vgl. [X.], Urteile vom 20.
Juli 2005 -
VIII
ZR
121/04, [X.]Z 164, 11, 25; vom 27.
September
2000 -
VIII
ZR
155/99, [X.]Z 145, 203, 234).
3.
Die für einen Unterlassungsanspruch aus §
1 [X.] erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Aus der vertraglichen Einbeziehung der Allge-22
23
24
-
9
-
meinen Geschäftsbedingungen in der Vergangenheit resultiert die tatsächliche Vermutung ihrer zukünftigen Verwendung und ihrer Anwendung bei [X.] ([X.], Urteile
vom 25.
Juli
2012 -
IV
ZR
201/10,
NJW 2012, 3023; vom 18.
April
2002 -
III
ZR
199/01, [X.], 2386; vom 12.
Juli
2000

XII
ZR
159/98, NJW-RR 2001, 485; vom 10.
Dezember
1991 -
XI
ZR
119/91, [X.], 1108; jeweils m.w.N.). Diese Vermutung hat die Beklagte, die ihre Klausel für rechtmäßig erachtet und verteidigt, nicht widerlegt.
4.
Der Kläger kann gemäß §
5 [X.] in Verbindung mit §
12 Abs.
1
Satz
2 UWG auch Ersatz der Kosten der ersten Abmahnung verlangen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
97 Abs.
1 ZPO.

Kniffka
Eick
[X.]

Kosziol

Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2011 -
5 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.06.2012 -
2 U 11/11 -

25
26

Meta

VII ZR 191/12

08.11.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2012, Az. VII ZR 191/12 (REWIS RS 2012, 1620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1620

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 191/12

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