Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2023, Az. XI ZB 18/22

11. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5379

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Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 31. Mai 2022 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert beträgt 150.000 €.

Gründe

I.

1

Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger insbesondere gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde.

2

Mit Urteil vom 18. Juni 2021 hat das [X.] die Klage abgewiesen. In Bezug auf den Antrag zu 1, "die Zwangsvollstreckung aus der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde […] vom 30.08.2004, [X.].           , mittels der am 15.02.2016 […] erteilten Vollstreckungsklausel durch den Antrag zur Zwangsversteigerung in das Grundeigentum, eingetragen […] im Grundbuch von [X.], vor dem [X.]    - Vollstreckungsgericht / Abt. für Zwangsversteigerung, [X.].         , wegen der Unwirksamkeit des Titels gem. § 767 ZPO analog und wegen eines fehlenden Sicherungsfalles gemäß § 767 ZPO von Beginn an für unzulässig zu erklären", hat das [X.] in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dieser Antrag sei unzulässig, weil den Klägern hierfür nach Beendigung der Zwangsvollstreckung infolge der Auskehr des Erlöses der Zwangsversteigerung und Rückgabe der Titel an die Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis fehle.

3

Mit der Begründung, das [X.] habe den Antrag zu 1 im Tatbestand zwar richtig wiedergegeben, aber "zu § 768 ZPO und zu § 767 ZPO (analog) keine eigenständige Prüfung und Begründung vorgenommen", haben die Kläger gemäß § 321 ZPO "eine Ergänzung des Urteils zu dem Antrag nach Ziffer 1 mit dem folgenden Inhalt/Tenor" beantragt: "Die Zwangsvollstreckung aus der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde […] vom 30.08.2004, [X.].          , mittels der am 15.02.2016 erteilten Vollstreckungsklausel wird von Beginn an für unzulässig erklärt."

4

Das [X.] hat den Ergänzungsantrag durch Urteil vom 29. Oktober 2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe in seinem Urteil vom 18. Juni 2021 über alle streitgegenständlichen Anträge entschieden. Dies folge schon aus dem [X.]. Auch inhaltlich habe es sich erschöpfend mit dem Klageantrag zu 1 auseinandergesetzt, indem es diesen auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung gerichteten Antrag, gleich auf welchen Umständen er beruhte, insgesamt als unzulässig angesehen habe, da die Zwangsvollstreckung nach Auskehrung des Erlöses aus dem Zwangsversteigerungsverfahren abgeschlossen gewesen sei. Ob diese Auffassung rechtlich zutreffend sei, sei eine Frage, die nicht im Rahmen der Urteilsergänzung, sondern im Rahmen der von den Klägern gegen das Urteil vom 18. Juni 2021 eingelegten Berufung geklärt werden müsse.

5

Gegen das den Antrag auf Urteilsergänzung zurückweisende Urteil haben die Kläger fristgemäß Berufung eingelegt und beantragt: "[X.] wird die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte aus der auf sie am 16.02.2016 umgeschriebenen Vollstreckungsklausel zu der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde […] vom 30.08.2004, [X.].         , in das Grundbuch von [X.]    vor dem [X.]   zum Geschäftszeichen         nach §§ 767, 768 ZPO aufgrund einer nichtigen Vollstreckungsklausel und eines nichtigen Titels aufgehoben."

6

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht die Berufung gegen das Urteil vom 29. Oktober 2021 nach Erteilung eines Hinweises gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht den Anforderungen aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO entsprechend begründet worden sei. Mit der Berufungsbegründung werde nicht die Richtigkeit des Urteils vom 29. Oktober 2021 angegriffen. Insbesondere trügen die Kläger nicht vor, das [X.] hätte entgegen diesem Urteil mit dem Urteil vom 18. Juni 2021 nicht über den gesamten Klageantrag zu 1 entschieden. Vielmehr wendeten sie sich nur inhaltlich dagegen, dass das [X.] diesen Antrag als unzulässig bewertet habe.

7

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

II.

8

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - [X.], [X.], 86, 87 mwN), sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Entscheidung des [X.] nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) erforderlich. Das Berufungsgericht ist vielmehr, ohne den Anspruch der Kläger auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) oder auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) zu verletzen, im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil vom 29. Oktober 2021 sei nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen begründet worden.

9

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 2. April 2019 - [X.]/17,NJW-RR 2019, 937 Rn. 13 und Senatsbeschluss vom 25. Juni 2019 - [X.], juris Rn. 9, jeweils mwN). Der Berufungskläger hat deshalb diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet (Senatsurteil vom 2. April 2019, aaO mwN und Senatsbeschluss vom 16. Juli 2019 - [X.], juris Rn. 8). Auch wenn besondere formale Anforderungen nicht bestehen und für die Zulässigkeit der Berufung insbesondere ohne Bedeutung ist, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind, muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (Senatsurteil vom 2. April 2019, aaO und Senatsbeschluss vom 25. Juni 2019, aaO, jeweils mwN).

2. Diesen Anforderungen genügt die gegen das Urteil vom 29. Oktober 2021 gerichtete Berufungsbegründung der Kläger nicht.

Sie setzt sich in keiner Weise mit der die Zurückweisung des [X.] tragenden Argumentation des [X.]s auseinander, eine Ergänzung des Urteils vom 18. Juni 2021 sei deshalb nicht erforderlich, weil mit diesem Urteil die Klage insgesamt abgewiesen und damit alle streitgegenständlichen Anträge abschlägig beschieden worden seien, wobei der Antrag zu 1, gleich auf welche Umstände gestützt, wegen zwischenzeitlicher Beendigung der Zwangsvollstreckung insgesamt als unzulässig angesehen worden sei. Die Berufungsbegründung macht nicht konkret geltend, dass dies unzutreffend sei, sondern beschränkt sich auf die formelhafte Wendung, das [X.] habe in dem Urteil vom 29. Oktober 2021 inhaltlich keine neue Sichtweise gegenüber dem zu ergänzenden Urteil eingenommen, so dass auch auf die bisherigen Ausführungen verwiesen werden könne, sowie auf die Rüge, in dem vorliegenden Fall sei die Vollstreckung aus einem nichtigen Titel ebenso von Anfang an nichtig gewesen und deshalb könne auch ein Zuschlag in dem dennoch durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren wegen der durchgreifenden Nichtigkeit keinen Bestand haben. Daraus und aus weiteren nach Ansicht der Kläger im Zwangsversteigerungsverfahren begangenen Fehlern leitet die Berufungsbegründung ab, dass eine Beendigung der Zwangsvollstreckung nicht vorliege und dass deshalb ein Anspruch nach § 826 BGB i.V.m. § 138 BGB gegeben sei. Damit richtet sich die Berufungsbegründung nur gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1 als unzulässig durch das Urteil vom 18. Juni 2021, aber nicht gegen die Ablehnung der Ergänzung dieses Urteils durch das Urteil vom 29. Oktober 2021.

Ellenberger     

  

     Grüneberg     

  

Derstadt

  

RiBGH Dr. Schild von Spannenberg
hat Urlaub und kann deswegen
nicht unterschreiben.

  

Ettl     

  

  

Ellenberger

 

 

 

Meta

XI ZB 18/22

25.07.2023

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Celle, 31. Mai 2022, Az: 3 U 134/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2023, Az. XI ZB 18/22 (REWIS RS 2023, 5379)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5379

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XI ZB 30/18

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