Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2013, Az. IX ZB 43/12

9. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8341

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Gegenstand

Insolvenzeröffnungsverfahren: Sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Ermächtigung des Schuldners zur Begründung von Masseverbindlichkeiten


Leitsatz

Die Entscheidung des Insolvenzgerichts, den Schuldner im Eröffnungsverfahren nach Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nicht zur Begründung von Masseverbindlichkeiten zu ermächtigen, kann nicht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 10. April 2012 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Am 3. März 2012 hat die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen und die Anordnung der Eigenverwaltung beantragt. Das Insolvenzgericht hat den weiteren Beteiligten mit Beschluss vom 5. März 2012 zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Mit Schreiben vom 8. März 2012 hat die Schuldnerin beantragt, ihr zu gestatten, mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters einen Massekredit zur Vorfinanzierung des [X.] aufzunehmen, welcher im Falle der Eröffnung eine Masseverbindlichkeit darstellen solle.

2

Das Insolvenzgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Schuldnerin hat sofortige Beschwerde eingelegt und hilfsweise beantragt, dem vorläufigen Sachwalter die Aufnahme des [X.] zu gestatten. Die sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre bisherigen Anträge weiter.

3

Am 1. Mai 2012 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil bereits die sofortige Beschwerde unzulässig war. Gemäß § 6 [X.] unterliegen die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in denjenigen Fällen einem Rechtsmittel, in welchen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde vorsieht. Das ist hier nicht der Fall.

5

1. Das Beschwerdegericht hat die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde aus § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] hergeleitet. Nach dieser Vorschrift steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung einer vorläufigen Sicherungsmaßnahme zu. Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht. Das Insolvenzgericht hat keine Maßnahme nach § 21, 22 [X.] angeordnet, welche in die Rechte des Schuldners eingreift.

6

2. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ein Antrag auf Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten ist in § 270a [X.] ebenso wenig wie eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Ermächtigung vorgesehen. Außerdem sind die Interessenlagen nicht vergleichbar. Die nach §§ 21, 22 [X.] angeordneten vorläufigen Sicherungsmaßnahmen können nachhaltig in die Rechtsposition des Schuldners eingreifen, ihm etwa vollständig die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen entziehen. Hiergegen muss sich der Schuldner gerichtlich zur Wehr setzen können (vgl. BT-Drucks. 14/5680, [X.] zu [X.]). Folgerichtig ist die sofortige Beschwerde nur gegen die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen statthaft. Das Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen ist hingegen auch nach § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] unanfechtbar (HK-[X.]/Kirchhof, 6. Aufl., § 21 Rn. 59). Hinsichtlich der Ablehnung eines Antrags auf Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten kann nichts anderes gelten. Überdies sehen die Vorschriften der §§ 270a, 270b [X.] insgesamt keine Rechtsmittel gegen die im Rahmen des Eröffnungs- oder des Schutzschirmverfahrens getroffenen Entscheidungen des Insolvenzgerichts vor. Es handelt sich um eilbedürftige, zügig durchzuführende Verfahren, in denen nicht auf die Entscheidung eines Rechtsmittelgerichts gewartet werden kann. Dass die Frage der Zulässigkeit und Ausgestaltung der beantragten Ermächtigung einheitlich geklärt werden sollte, führt nicht zur Statthaftigkeit der im Gesetz nicht vorgesehenen sofortigen Beschwerde.

7

3. Die Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn bereits die sofortige Beschwerde statthaft war ([X.], Beschluss vom 4. März 2004 - [X.] 133/03, [X.]Z 158, 212, 214; vom 25. Juni 2009 - [X.] 161/08, [X.], 553 Rn. 5; vom 17. November 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 494 Rn. 3 ff). War die Ausgangsentscheidung für den Beschwerdeführer unanfechtbar, fehlt es auch an einer Grundlage für das Rechtsbeschwerdeverfahren; ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich, solange das Verfahren nicht rechtswirksam beendet ist. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert hieran nichts. Eine Entscheidung, die der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei [X.] unanfechtbar ([X.], Beschluss vom 22. Juni 2010 - [X.], [X.], 944 mwN).

Kayser                          Gehrlein                          Vill

               Lohmann                          [X.]

Meta

IX ZB 43/12

07.02.2013

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Fulda, 10. April 2012, Az: 5 T 65/12

§ 6 InsO, § 21 Abs 1 S 2 InsO, § 270a InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2013, Az. IX ZB 43/12 (REWIS RS 2013, 8341)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8341

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