Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.01.2024, Az. VIa ZR 804/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 510

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 12. Mai 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufungsanträge zu 1, zu 3 und zu 4 hinsichtlich deliktischer Ansprüche zurückgewiesen worden sind.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Er erwarb am 16. Juni 2017 von der Beklagten ein von ihr hergestelltes, gebrauchtes Kraftfahrzeug [X.], das mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

3

Der Kläger hat, gestützt u.a. auf die Verwendung eines Thermofensters, die Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich des Werts der gezogenen Nutzungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Ersatz von [X.], Feststellung des Annahmeverzugs und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beantragt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen, nur deliktische Ansprüche betreffenden Revision verfolgt er seine Berufungsanträge mit Ausnahme des die [X.] betreffenden Antrags zu 2 weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit das für die Revision noch von Bedeutung ist, im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Die Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB lägen nicht vor. Das [X.] betreffend fehle es sowohl an der objektiven Sittenwidrigkeit als auch am Schädigungsvorsatz und für die Verwendung anderer Abschalteinrichtungen habe der Kläger greifbare Anhaltspunkte nicht dargetan. Schließlich hafte die Beklagte nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV, weil das Interesse des [X.], nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Schutzbereich der vorgenannten Bestimmungen liege.

II.

7

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren teilweise nicht stand.

8

1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zunächst eine auf §§ 826, 31 BGB gestützte Schadensersatzhaftung der Beklagten verneint. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

9

2. Die Revision wendet sich jedoch zu Recht dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, stellen die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller schützen, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des [X.] auf die Gewährung großen Schadensersatzes verneint (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen [X.]s zustehen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - [X.], [X.], 1839 Rn. 21 ff.; - [X.], juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - [X.], juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach im tenorierten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage der mit Urteil des Senats vom 26. Juni 2023 in der Sache [X.] aufgestellten Grundsätze die erforderlichen Feststellungen zu einer Haftung der Beklagten insbesondere nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV zu treffen haben, nachdem es dem Kläger Gelegenheit gegeben hat, den [X.] zu berechnen und dazu vorzutragen.

[X.]     

      

Krüger     

      

Götz

      

Rensen     

      

Katzenstein     

      

Meta

VIa ZR 804/22

23.01.2024

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 12. Mai 2022, Az: 16 U 117/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.01.2024, Az. VIa ZR 804/22 (REWIS RS 2024, 510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 510

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 412/21

III ZR 303/20

III ZR 267/20

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