Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2011, Az. V ZB 269/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7812

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[X.]BESCHLUSS [X.] 269/10 vom 7. April 2011 in der [X.]- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 7. April 2011 durch [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.], den Rich-ter Dr. [X.] und die Richterinnen Dr. Brückner und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 4. Sep-tember 2010 und der Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 6. Oktober 2010 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in sämtlichen Instanzen werden der [X.] auferlegt. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000 •. Gründe: [X.] Der Betroffene, ein algerischer St[X.]tsangehöriger, reiste am [X.] 2010 per Bahn aus [X.] kommend in das [X.] ein. Er wurde von den Beamten der Beteiligten zu 2 kontrolliert und, da er weder ein Identitätspa-pier noch einen Aufenthaltstitel vorweisen konnte, festgenommen. Auf den [X.] zu 2 ordnete das Amtsgericht am 4. September 2010 die 1 - 3 - Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach [X.] für die Dauer von [X.] drei Monaten an. Weil die [X.] Behörden die Rückübernahme des Betroffenen ablehnten, verfügte die Beteiligte zu 2 die Zurückschiebung nach [X.]. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das [X.] die Haftdauer bis zum 28. Oktober 2010 verkürzt. 2 Gegen die Zurückweisung seiner weitergehenden Beschwerde wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und die Feststellung erreichen möchte, dass die Haftanordnung rechtswidrig ist. 3 I[X.] Das Beschwerdegericht meint, es habe im Zeitpunkt der Haftanordnung zwar mangels hinreichender Darlegungen an einem zulässigen Haftantrag ge-fehlt. Die Beteiligte zu 2 habe die erforderlichen Angaben jedoch im Anhörungs-termin vor dem Beschwerdegericht in zulässiger Weise zu Protokoll erklärt. Die [X.] lägen infolge der unerlaubten Einreise vor. 4 II[X.] [X.] hat Erfolg. Sowohl die Haftan-ordnung als auch die Beschwerdeentscheidung halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand und haben den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, weil schon kein zulässiger Haftantrag vorlag. 5 - 4 - a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist [X.] und aus diesem Grund in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - [X.], [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 22. Juli 2010 - [X.], [X.] 2010, 316, 317; Beschluss vom 9. Dezember 2010 - [X.] 136/10 Rn. 6, juris). In dem [X.] müssen gemäß § 417 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 FamFG unter anderem die [X.] und die Durchführbarkeit der Zurückschiebung dargelegt werden. Demzufolge muss der Antrag auch Ausführungen dazu enthalten, ob das nach § 72 Abs. 4 Satz 1 [X.] erforderliche Einvernehmen der St[X.]tsanwalt-schaft vorliegt, wenn sich aus dem Antrag selbst oder den ihm beigefügten [X.] ohne weiteres ergibt, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist. Ohne das Einvernehmen darf [X.] nicht angeordnet werden; dass das Einvernehmen später hergestellt werden könnte, ist unerheb-lich (Senat, Beschluss vom 17. Juni 2010 - [X.] 93/10, NVwZ 2010, 1574 Rn. 6 ff.; Beschluss vom 3. Februar 2011 - [X.] 224/10 Rn. 8, juris). Das gilt nicht nur bei der Abschiebung, sondern auch bei der Zurückschiebung (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - [X.] 202/10, juris; vgl. auch Beschluss vom 18. August 2010 - [X.] 211/10, [X.] 2010, 440, mit ablehnender Anmerkung Gut-mann). Das Fehlen entsprechender Ausführungen ist deshalb ein Begrün-dungsmangel, der zur Unzulässigkeit des Antrags führt (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - [X.] 226/10, Rn. 9, juris). 6 b) So verhält es sich hier. Die erforderlichen Angaben zu dem Einver-nehmen der St[X.]tsanwaltschaft fehlen. 7 [X.]) Aus dem in den Verfahrensakten befindlichen Antrag ergibt sich, dass der Betroffene eine Straftat nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 [X.] begangen haben soll. Den dem Haftantrag beigefügten Unterlagen lässt sich ohne [X.] entnehmen, dass gegen den Betroffenen strafrechtliche Ermittlungen wegen 8 - 5 - der unerlaubten Einreise geführt worden sind. Denn er wurde als Beschuldigter belehrt und vernommen. [X.]) Das Fehlen eines zulässigen Haftantrags kann nicht rückwirkend ge-heilt werden, weil es sich bei der ordnungsgemäßen Antragstellung durch die Behörde um eine Verfahrensgarantie handelt, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert (Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - [X.], [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 22. Juli 2010 - [X.], NVwZ 2010, 1511, 1512; Beschluss vom 21. Oktober 2010 - [X.] 96/10, Rn. 14, juris; Beschluss vom 24. Februar 2011 - [X.] 202/10, juris). Deshalb ist ohne weitere Sachauf-klärung festzustellen, dass die Haftanordnung und die Beschwerdeentschei-dung den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. 9 IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 [X.] entspricht es billigem Ermessen, die [X.], der die beteiligte Behörde angehört (vgl. § 430 FamFG), zur Er-stattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Ausla- 10 - 6 - gen der Betroffenen zu verpflichten. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 128c Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO. [X.] [X.] [X.]

Brückner [X.]
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 04.09.2010 - 23 [X.]/10 - [X.] (Oder), Entscheidung vom 06.10.2010 - 15 [X.]/10 -

Meta

V ZB 269/10

07.04.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.04.2011, Az. V ZB 269/10 (REWIS RS 2011, 7812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7812

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