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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
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StR 416/11
vom
25. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher
Körperverletzung
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Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Oktober
2011 ge-mäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18.
Januar 2011, soweit es ihn betrifft,
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der
An-ordnung einer
Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels,
an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weiter
gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hier-gegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in
dem aus der Entschei-dungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
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Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld-
und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen begegnet die Begründung, mit der das [X.] von der Anord-nung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 StGB abgesehen hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Der [X.] hat hierzu
in seiner Antragsschrift vom 19.
August 2011 folgendes ausgeführt:
"Das sachverständig beratene [X.] hat einen Hang des Ange-klagten zum übermäßigen Alkohol-
und Drogenkonsum im Sinne des §
64 StGB bejaht, jedoch gemeint, es fehle an einem symptomatischen Zusammenhang mit der Straftat. Dies wäre nur dann der
Fall gewesen, wenn die Tat aufgrund der Alkohol-
und Drogenabhängigkeit begangen worden wäre, der Rausch also gewissermaßen den Anreiz für die Tat gegeben hätte. Davon sei nicht auszugehen. Ursache für den Tatent-schluss sei die Wut des Angeklagten auf den Nebenkläger gewesen, die der Mitangeklagte K.
für seine Zwecke ausgenutzt habe, wobei ihm die alkohol-
und drogenbedingte Enthemmung des Angeklagten le-diglich zugute gekommen sei (UA S. 27).
Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach §
64 StGB nicht. Sie lässt besorgen, dass das [X.] von ei-nem zu engen Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der [X.] des [X.] ausgegangen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die [X.] ist. Vielmehr ist ein solcher Zu-sammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem [X.] auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGHR StGB §
64 Zu-sammenhang, symptomatischer 5 m.w.[X.]; vgl. auch Senat, Beschluss vom 25.
Mai 2011 -
4 StR 27/11 -
Rn. 7).
So liegt es hier. Das [X.] hat festgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des [X.] und der Tatbegehung unter Alkohol-
und Drogeneinfluss gestanden hat. Die [X.] hatte 2
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nach Überzeugung der Kammer den Tatenschluss des Angeklagten begünstigt. Der Grad seiner Alkoholisierung bei Begehung der
Tat führ-te im Zusammenwirken mit dem zusätzlichen Drogenkonsum zur An-nahme verminderter Steuerungsfähigkeit im Sinne des §
21 StGB ([X.] f., 27). Dass die alkohol-
und drogenbedingte Beeinflussung so-wohl den Entschluss als auch die Ausführung der Gewalttätigkeiten mit beeinflusst hat, liegt demnach auf der Hand. Bestärkt wird dies zudem durch das unkontrollierte und wahllose Einschlagen und -treten auf den Nebenkläger ([X.]). Damit ist der erforderliche (symptomatische) Zusammenhang in dem Sinne dargetan, dass der Alkohol-
und Drogen-konsum des Angeklagten die Tat mit ausgelöst hat, mag als zusätzli-cher Tatauslöser auch die aus einer vorangegangenen Begebenheit re-sultierende Wut des Angeklagten auf den Nebenkläger hinzugekommen sein.
Nach den bisherigen Urteilsfeststellungen ist weder die Gefahr zukünf-tiger hangbedingter erheblicher Straftaten noch -
angesichts der Me-thadonsubstitution und der in Aussicht stehenden Therapiemaßnahme ([X.]) -
eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie auszuschließen.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachho-lung der Unterbringungsanordnung nicht (§
358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGHSt 37, 5, 7; [X.], 59). Er hat die Nichtanwendung des §
64 StGB auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. [X.] der erheblichen Vorstrafen, des Bewährungsbruchs und des ge-samten [X.] ist auszuschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte."
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Dem tritt der Senat bei.
[X.] Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer RiBGH Bender befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.
[X.]
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Meta
25.10.2011
Bundesgerichtshof 4. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2011, Az. 4 StR 416/11 (REWIS RS 2011, 2045)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 2045
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
4 StR 391/17 (Bundesgerichtshof)
2 StR 174/13 (Bundesgerichtshof)
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1 StR 214/23 (Bundesgerichtshof)
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2 StR 95/20 (Bundesgerichtshof)
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3 StR 443/18 (Bundesgerichtshof)
Unterbringung bei symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Tatbegehung