Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. VIII ZR 298/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4403

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 298/13
Verkündet am:

2.
Juli 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2014 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], [X.], [X.] und Kosziol

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil der 1. Zivil-kammer des [X.] vom 26. September 2013 aufge-hoben und das Urteil des [X.] vom 4. Oktober 2012 teilweise abgeändert.

n-sen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November, 6. Dezember 2012, 6. Januar sowie 6. Februar 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Beklagte schloss am 18. Januar 1979 mit dem Rechtsvorgänger des [X.] einen Mietvertrag über eine 56 m² große Altbauwohnung in [X.].
Der Kläger wollte einen im [X.] zerstörten Anbau des [X.] wieder errichten. Entsprechende Arbeiten kündigte er mit Schreiben vom 1
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29. Oktober 2010 unter Hinweis darauf an, dass er die Nettomiete im [X.] an die Arbeiten erhöhen wolle. Unter dem 9. März 2011 vereinbarten die [X.], dass die Beklagte dem Anbau zustimme, aber nicht mit dem Einwand präkludiert sei, nicht zur Duldung der Maßnahme verpflichtet gewesen zu sein. Zugleich wurde der Beklagten ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt und ihr ein Umzugskostenzuschuss angeboten, sofern die Wohnung im Jahr 2011 her-ausgegeben werde.
Durch den im Dezember 2011 fertiggestellten Wiederaufbau des Anbaus wurde die zuvor aus zwei Zimmern, Küche und Bad bestehende Wohnung der Beklagten um [X.] nebst Loggia (zusätzliche Wohnfläche 29,25 m²) ver-größert. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 begehrte der Kläger eine Erhö-hung der Nettomiete für den alten Teil der Wohnung nach § 558 BGB um mo-

März 2012. Für den neu errichteten Teil der Wohnung [X.] Folgezeit auch den Anbau.
Mit der Klage hat der Kläger Zustimmung zu einer Mieterhöhung für den der für den Anbau zusätzlich verlangten Miete für den Zeitraum von März 2012 bis Februar 2013, ia-ge abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen, der im Wesentlichen bestimmt, dass die Beklagte für den alten Teil der Wohnung ab 1.
Januar 2013 eine um 55,weitergehende Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht zurückgewie-sen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsverlangen weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung von Miete für den im Zuge des Anbaus neu errichteten Teil der Wohnung zu. Die Vertragsparteien hätten sich nicht auf eine Vergrößerung der Mietfläche geeinigt. Mit der
Vereinbarung vom 9. März 2011 habe die Beklagte lediglich versprochen, von einem etwaigen Unterlassungsanspruch nach § 554 BGB aF keinen Gebrauch zu machen. Eine einvernehmliche Vergrößerung der Wohnfläche scheide aus; es sei der [X.] erkennbar darum
gegangen, den Vorbehalt, die Modernisierung sei unzu-mutbar gewesen, zu wahren.
Eine Erhöhung der Vertragsmiete sei auch nicht als "Kehrseite" einer Duldungspflicht gemäß § 554 Abs. 2 BGB aF eingetreten. Eine Duldungspflicht führe nicht zur Änderung der Vertragsmiete. Ob die Duldungspflicht des Mieters mit einem Recht des Vermieters zur Erhöhung der Vertragsmiete einhergehe, richte sich vielmehr nach § 559 BGB. Aus § 559 BGB aF könne der Kläger aber keine Miete für die Erweiterungsfläche verlangen, weil die Bestimmung die Schaffung neuen Wohnraums bereits nach ihrem Wortlaut nicht erfasse.
Ein Anspruch auf Miete für die Erweiterungsfläche ergebe sich auch nicht aus einer ergänzenden Auslegung des Mietvertrags. Die Parteien hätten in der Vereinbarung vom 9. März 2011 nicht nur ausdrücklich offen gelassen, ob und inwieweit dem Kläger im Hinblick auf die Vergrößerung der Wohnung ein [X.] auf erhöhte Miete zustehe. Sie hätten sich nicht einmal auf die [X.] selbst geeinigt. Es handele
sich um einen anderen Ver-6
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tragsgegenstand, der einer ausgehandelten Einigung bedürfe. Einer ergänzen-den Vertragsauslegung stehe bereits entgegen, dass hinsichtlich der Preisfin-dung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bestünden.

II.
Diese Beurteilung
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der vom Kläger geltend ge-machte Anspruch nicht verneint werden.
Wie die Revision zutreffend rügt, hat das Berufungsgericht [X.] nicht in seine Betrachtung einbezogen, dass die Beklagte den Anbau aus-weislich des unstreitigen Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils, auf den das Berufungsurteil Bezug nimmt, seit seiner Errichtung nutzt. Die vom Berufungs-gericht unterlassene Auslegung des Verhaltens der Beklagten kann der Senat selbst vornehmen, weil die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu erwarten sind. Mit der Nutzung des Anbaus hat die Beklagte das Angebot des [X.] auf Ge-brauchsüberlassung der erweiterten Wohnfläche gegen Zahlung einer um mo-r-klärenden -
wie hier -
zurechenbare objektive Bedeutung seines Verhaltens hat aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor einem etwa entgegenstehen-den Willen des Erklärenden (vgl. [X.], Urteile vom 7. Juni 1984 -
IX ZR 66/83, [X.]Z 91, 324, 329 ff.; vom 2. November 1989 -
IX ZR 197/88, [X.]Z 109, 171, 177).
Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass die Beklagte sich vor Be-ginn der Maßnahme den Einwand vorbehalten hat, zu ihrer Duldung nicht ver-11
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pflichtet zu sein. [X.] Einwände hat sie nicht geltend gemacht, son-dern im Gegenteil durch ihr tatsächliches Nutzungsverhalten zu verstehen ge-geben, dass sie die Vergrößerung der Wohnfläche billigt. Etwaige [X.] dafür, dass sie nach dem Zuschnitt der Wohnung nicht umhin konnte, die zusätzliche Wohnfläche zu nutzen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; sie sind auch nicht ersichtlich.

III.
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist [X.] aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Die Beklagte ist gemäß § 535 Abs. 2 BGB verpflichtet, Miete auch für die vergrößerte [X.] zu entrichten, weil sie das dahingehende Angebot des [X.] angenom-men hat. Auf die Berufung des [X.] ist das Berufungsurteil danach aufzuhe-

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ben
und der Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist,
stattzu-geben
(§ 563 Abs. 3 ZPO).
[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 04.10.2012 -
222 C 153/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.09.2013 -
1 [X.]/12 -

Meta

VIII ZR 298/13

02.07.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2014, Az. VIII ZR 298/13 (REWIS RS 2014, 4403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4403

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VIII ZR 298/13

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