Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2013, Az. XII ZB 647/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8209

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]

vom

13. Februar
2013

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §
1896 Abs.
2 Satz
2; FamFG §
11 Satz
5; ZPO §
85 Abs.
2
Bei der Prüfung der Eignung des [X.] kann diesem das Verschulden seines im Betreuungsverfahren tätigen Rechtsanwalts nicht zuge-rechnet werden.
[X.], Beschluss vom 13. Februar 2013 -
XII [X.] -
LG [X.]

AG [X.] ([X.])

-
2
-

Der XII. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat am 13.
Februar 2013
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose, die Richterin Weber-Monecke
und [X.]
Klinkhammer, Schilling
und Dr.
Nedden-Boeger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des
Beteiligten zu
1
wird der Be-schluss der 3.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 12.
Ok-tober 2012
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das [X.] zu-rückverwiesen.
Verfahrenswert: 3.000

Gründe:
I.
Die
82
Jahre alte Betroffene leidet
an Demenz, aufgrund
derer sie nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Am 18.
April 2006 errichtete sie eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht, durch
die sie ihren [X.] bevollmächtigte, sie in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Die Vollmacht umfasste ausdrücklich auch die Berechtigung
zu Schenkungen und zum Abschluss von Übergabeverträgen.
In den Jahren 2010 und 2011 schenkte der Bevollmächtigte seinen [X.] für deren Ausbildung Geld aus dem Vermögen der Betroffenen.
Er macht 1
2
-
3
-

geltend, dies
habe dem Wunsch der Betroffenen entsprochen, die eine gestei-gerte finanzielle Unterstützung seiner
Familie und insbesondere der in Ausbil-dung stehenden Kinder unter der Bedingung zugesagt habe, dass sie jederzeit ausreichend versorgt werde und er und seine Familie sich um die Betroffene und ihr Anwesen kümmerten.

In einem auf Anregung eines anderen [X.] der Betroffenen
eingeleite-ten Verfahren auf Einrichtung einer Betreuung
hat das Amtsgericht den Bevoll-mächtigten aufgefordert, Kontoauszüge sämtlicher Konten der Betroffenen vor-zulegen. Dem ist der
Bevollmächtigte
nur bezüglich des Girokontos, nicht aber bezüglich zweier Sparkonten nachgekommen.
Das Amtsgericht hat die Betreuung angeordnet und eine Berufsbetreue-rin bestellt, da der durch Vorsorgevollmacht eingesetzte Bevollmächtigte unge-eignet erscheine.
Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Rechts-anwalt des Bevollmächtigten versichert, dass dieser
ihm sämtliche Kontounter-lagen gemäß der gerichtlichen Aufforderung überreicht habe, es jedoch auf ei-nem Verschulden seines
Rechtsanwalts beruhe, dass
diese nicht vollständig an das Amtsgericht weitergeleitet worden seien. Das [X.] hat die Be-schwerde
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde
des Bevollmächtigten.

II.
Die nach §
70 Abs.
3 Nr.
1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

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4
5
-
4
-

1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein Betreuer dürfe zwar nur bestellt werden, soweit dies
erforderlich sei

1896 Abs.
2 Satz
1 BGB). Das
sei nicht der Fall, soweit die Angelegen-heiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch ei-nen Betreuer besorgt werden könnten

1896 Abs.
2 Satz
2 BGB). Die Vorsor-gevollmacht stehe der Bestellung eines Betreuers aber dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte
ungeeignet
sei, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere wenn zu befürchten sei, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründe. Dies sei der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheine. Hiervon
sei im Zusammenspiel der Ausübung vermögensrechtlicher Angelegenheiten der Betroffenen und dem Verhalten
des Bevollmächtigten
im vorliegenden Ver-fahren auszugehen. Er habe in den zurückliegenden Jahren umfangreiche Ab-hebungen und Überweisungen aus dem Vermögen der Betroffenen veranlasst. Entgegen der Aufforderung des Amtsgerichts habe er unter Verletzung seiner Mitwirkungspflicht gemäß §
27 FamFG nur die Kontoauszüge zum Girokonto vorgelegt und damit in erheblichem Umfang die Kontrolle der in der [X.] erschwert. Dies begründe erhebliche Zweifel an seiner
Redlichkeit. Daran ändere auch die Darlegung nichts, wonach die Nichtvorlage auf einem bloßen Kanzleiversehen beruhe. Der Bevollmächtigte müsse sich das Verschulden seines Rechtsanwalts nämlich zurechnen lassen.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Im Ansatz zutreffend hat das [X.] zwar erkannt, dass erhebli-che Zweifel an der Redlichkeit eines Bevollmächtigten diesen als ungeeignet erscheinen lassen können mit der Folge, dass dann eine Vollbetreuung einzu-6
7
8
-
5
-

richten ist (Senatsbeschluss vom 13.
April 2011

XII
ZB
584/10

FamRZ
2011, 964
Rn.
26).
b) Das [X.] hat seine Zweifel an der Redlichkeit des Bevollmäch-tigten aus
einem
Zusammenspiel der Ausübung vermögensrechtlicher [X.] der Betroffenen und dem
Verhalten des Bevollmächtigten im [X.] Verfahren
geschlossen. Beide Aspekte tragen die Entscheidung nach den bisher getroffenen Feststellungen jedoch nicht.
aa) Da die erteilte Vorsorgevollmacht ausdrücklich auch Schenkungen umfasst, folgt allein aus der Tatsache, dass der Bevollmächtigte hiervon Ge-brauch gemacht hat, noch nicht seine Unredlichkeit. Konkrete Feststellungen über bestehende Beschränkungen der Schenkungsvollmacht im Innenverhält-nis, insbesondere ob die vom Bevollmächtigten getroffenen [X.] dem früher geäußerten Willen der Betroffenen widersprachen oder sie eine konkrete Gefahr für das Wohl der Betroffenen begründeten und deshalb einen Vollmachtsmissbrauch darstellen, hat das [X.] nicht
getroffen.

bb) Ob und unter welchen Voraussetzungen erhebliche Zweifel an der Redlichkeit eines Bevollmächtigten durch seine fehlende Mitwirkung an einer
gerichtlichen
Überprüfung begründet werden könnten, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Jedenfalls durfte das
[X.] eine fehlende Redlichkeit des Bevollmächtigten nicht daraus schließen, dass sein Rechtsanwalt es aus eingeräumtem Kanzleiverschulden unterlassen hatte, die ihm vorliegenden
Un-terlagen vollständig an das Gericht weiterzuleiten. Die aus einer erteilten Pro-zess-
oder Verfahrensvollmacht resultierende
Zurechnung prozessualen an-waltlichen
Verschuldens
der vertretenen [X.] hat mit der Prüfung der [X.] eines
[X.], um die es hier allein geht,
nichts zu tun.

9
10
11
-
6
-

c) Das [X.] wird vielmehr zu prüfen haben, ob das bisherige Handeln des
Bevollmächtigten für
die Betroffene als solches
deren
Willen wi-dersprach
oder eine konkrete Gefahr für deren Wohl

etwa für deren Alterssi-cherung

begründete.

Dose

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG [X.]
([X.]), Entscheidung vom 20.03.2012 -
51 [X.] 421/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 12.10.2012 -
3 T 115/12 -

12

Meta

XII ZB 647/12

13.02.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2013, Az. XII ZB 647/12 (REWIS RS 2013, 8209)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8209

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