Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2012, Az. V ZR 258/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4205

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
258/11
Verkündet am:

27. Juli 2012

Mayer

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2012 durch [X.] Dr.
Krüger, [X.], die Richterin Dr.
Stresemann und den Richter Dr.
Czub
für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22.
Zivilsenats des [X.] vom 24. Oktober 2011 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 11.230,45

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten
-
unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels
-
das Grundurteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 12.
Februar 2011 geändert:

Die Klage ist bis zu einem weiteren Betrag von 11.230,45

Grunde nach gerechtfertigt.

Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Die Klägerin erwarb von den Beklagten ein Hausgrundstück. In einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess bekam sie einen Betrag von 6.144

einer Dachterrasse rechtskräftig zugesprochen. Hierbei handelt es sich um den Nettobetrag, den ein Sachverständiger in einem vorangegangenen selbständi-gen
Beweisverfahren als Kosten der Mängelbeseitigung ermittelt hatte. [X.] des [X.] ließ die Klägerin die Arbeiten zur Beseitigung der Män-gel ausführen
und erhielt
dafür Rechnungen über 18.541,81

.
In dem vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 15.697,81

Be-seitigung
sowohl des arglistig verschwiegenen als auch eines erstmals geltend gemachten Mangels. Das [X.] hat die Klage dem Grunde nach für ge-rechtfertigt erklärt. Das [X.] hat die Beklagten
unter Abweisung der weitergehenden Klage
zur Zahlung von 1.467,36

den in dem Vorprozess ausgeurteilten Betrag zuzüglich der Kosten noch auszu-führender Mängelbeseitigung) nebst Zinsen verurteilt. Mit der von ihm zugelas-senen Revision verfolgt die Klägerin die Klage weiter, soweit die Abweisung die Kosten der damaligen Beseitigung des arglistig verschwiegenen Mangels be-trifft
(11.230,45

. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
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2
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4
-
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin die geltend gemachten Kosten für die Beseitigung des arglistig verschwiegenen Mangels wegen der [X.] des [X.] nicht erstattet verlangen. [X.] aus der Sicht des dortigen Gerichts als auch aus der Sicht der Beklagten habe die
Geltendmachung
lediglich des vor der Mängelbeseitigung von dem Sachverständigen in dem selbständigen Beweisverfahren ermittelten Betrags nur so verstanden werden können, dass es sich um die
Geltendmachung
des Gesamtschadens, zumindest der gesamten zur [X.] der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abschließend bezifferbaren Aufwendungen, gehandelt habe. Nach diesem objektiven Verständnis des Klagebegehrens müsse sich der Umfang der Rechtskraft richten. Lediglich die auf den in dem Vorprozess zuer-kannten Betrag entfallende Mehrwertsteuer und die Kosten für die noch auszu-führenden Arbeiten zur Beseitigung des arglistig verschwiegenen Mangels
wür-den von der [X.] des [X.] nicht erfasst.

II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass sich nach der Rechtsprechung des [X.] die Rechtskraft des in einem Vorprozess über denselben Anspruch ergangenen Urteils grundsätzlich nicht auf den nicht eingeklagten Rest eines teilbaren Anspruchs erstreckt, selbst wenn sich der Kläger die Nachforderung nicht vorbehalten hat (siehe nur [X.], Urteil vom 25.
September 2007
X
ZR 60/06, [X.]Z
173, 374, 382
f.
Rn. 15,16; 3
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-
Urteil vom 9.
April 1997
IV
ZR 113/96, [X.]Z
135, 178, 181
f.). Dies ist die Folge davon, dass die materielle Rechtskraft eines Urteils, die grundsätzlich jede neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Anspruch [X.], nach §
322 Abs.
1 ZPO nur so weit geht, wie über die Klageanträge entschieden worden ist; wird nur ein Teilanspruch geltend gemacht, erstreckt sich die Rechtskraft nur auf diesen Teil und nicht auf den nicht eingeklagten restlichen Anspruch ([X.], Urteil vom 9.
April 1997
IV
ZR 113/96, [X.]O; Senat, Urteil vom 28.
Juni 1985
V
ZR 43/84, NJW
1985, 2825, 2826).
2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht jedoch, das prozessuale [X.] der Klägerin in dem Vorprozess und
der zeitliche Geschehensablauf rechtfertigten eine Abweichung von dieser Rechtsprechung.
a) Die vorstehend unter 1. dargestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Kläger für das Gericht und für den Beklagten erkennbar zum Ausdruck bringt, dass sein bezifferter Antrag nur einen Teil des Anspruchs [X.], so dass Nachforderungen vorbehalten bleiben, oder ob es sich um eine sogenannte verdeckte Teilklage handelt, bei der die [X.] nach au-ßen nicht zu erkennen gibt, dass sie keinen endgültigen Betrag geltend macht ([X.], Urteil vom 15.
September 2007
X
ZR 60/06, [X.]Z
173, 374, 382 Rn.
15; Urteil vom 9.
April 1997
IV
ZR 113/96, [X.]Z
135, 178, 181, jeweils mwN).
b) Nichts anderes gilt dann, wenn
wie hier
-
bei einer Schadensersatz-klage die Schadensentwicklung im [X.]punkt der letzten mündlichen [X.] bereits abgeschlossen und die für die Schadensbeseitigung angefallenen Kosten dem Kläger in Rechnung gestellt waren. Auf einen solchen Sachverhalt hat der [X.] in dem auch von dem Berufungsgericht herangezogenen Urteil vom 15.
Juli 1997 (VI
ZR 142/95, NJW 1997, 3019,
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6
-
3020) generell und nicht
wie das Berufungsgericht meint
nur für den Fall, dass der Kläger sich zur Vermeidung einer Beweisaufnahme ausdrücklich auf die
Geltendmachung
eines von dem Beklagten eingeräumten Teils des Scha-dens beschränkt, die vorstehend unter 1. und 2.
a) angeführten Grundsätze angewendet.
c) Ausnahmsweise kann sich allerdings bei einer verdeckten Teilklage die Rechtskraft auch auf den noch nicht eingeklagten Teil eines einheitlichen Anspruchs erstrecken, wenn nämlich der Kläger sein prozessuales Verhalten dahin gegen sich gelten lassen muss, dass er mit der Klage den gesamten ihm zustehenden Ersatzanspruch verlangt. Diese Fallkonstellation hat das [X.] offenbar im Blick gehabt. Denn es hat sich darauf gestützt, dass die Klägerin bis zum Schluss des [X.] nicht einmal angedeutet habe, dass ihr tatsächlich weit
höhere Kosten als der dort eingeklagte Betrag entstan-den seien.
Dies allein reicht jedoch
wie oben aufgezeigt
für die Erweiterung der [X.] auf den nicht eingeklagten Teil des Anspruchs nicht aus. Hinzu kommen muss, dass der Klageantrag
ähnlich wie in dem Fall, dass der Kläger die Höhe des
Anspruchs in das Ermessen des Gerichts stellt
so zu verstehen ist, dass nicht nur ein beziffertes Zahlungsverlangen geltend ge-macht, sondern die Verurteilung zur Zahlung der ganzen angemessenen, vom Gericht festzusetzenden Entschädigung verlangt wird, so dass dies als Streit-gegenstand anzusehen ist ([X.], Urteil vom 9.
April 1997
IV
ZR 113/96, [X.]Z
135, 178, 182; Senat, Urteil vom 28.
Juni 1985
V
ZR 43/84, NJW
1985, 2825, 2826; [X.], Urteil vom 27.
Februar 1961
III
ZR 16/60, [X.]Z
34, 337, 342). So verhält es sich hier jedoch nicht.
d) Im Übrigen fehlt es an einer ausreichenden Grundlage für das von dem Berufungsgericht dem Gericht des [X.] und den Beklagten un-terstellte Verständnis, die Klägerin habe den Gesamtschaden, zumindest die 9
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-
gesamten zur [X.] der letzten mündlichen Verhandlung bezifferbaren [X.] geltend gemacht.
[X.]) Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass das Gericht des [X.] und die Beklagten im [X.]punkt der dortigen letzten mündlichen Tat-sachenverhandlung Kenntnis davon hatten, dass die Mängelbeseitigungsarbei-ten bereits ausgeführt und der Klägerin in Rechnung gestellt worden waren.
bb) Aufgrund der Parteirolle der Klägerin als Berufungsbeklagte in dem Vorprozess konnte sie nach der Erteilung des gerichtlichen Hinweises, dass es an einer Rechtsgrundlage für den von ihr geltend gemachten Vorschussan-spruch fehlen dürfte, den gesamten [X.] nicht mehr im Wege der [X.] geltend machen; denn die Frist zur Einlegung einer An-schlussberufung (§
524 Abs.
2 Satz
2 ZPO) war längst abgelaufen.
cc) Indem die Klägerin nach der [X.] in erster Linie den [X.], gab sie allen Prozessbeteiligten zu erkennen, dass sie keine endgültige Kostenerstattung verlangte. Denn der Vorschuss (§
637 Abs.
3 BGB) stellt nichts Endgültiges
dar, sondern muss abgerechnet werden; gegebenenfalls kann eine Nachzahlung gefordert
werden. Die Vor-schussklage ist regelmäßig so zu verstehen, dass
gleichzeitig die [X.] festgestellt werden soll, dass der aus-geurteilte Vorschuss für die Mängelbeseitigung nicht ausreicht ([X.], Urteil vom 25.
September 2008
VII
ZR 204/07, NJW
2009, 60, 61). Dass sich die Kläge-rin die
Geltendmachung
dieser "Nachschusspflicht"
im Rahmen des hilfsweise erhobenen Schadensersatzanspruchs nicht vorbehalten musste, wurde bereits oben gesagt.

11
12
13
-
8
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III.
Nach alledem ist das Berufungsurteil im Kostenpunkt und in dem mit der Revision angefochtenen Umfang, also soweit die Klage in Höhe von 11.230,45

562 Abs.
1 BGB). Wegen der Beschränkung der Revision verbleibt es bei der Abweisung der Klage in Höhe von 3.000

des Grundurteils auf einen weiteren Betrag von 11.230,45

die Berufung der Beklagten Erfolg. Über die Höhe der der Klägerin noch zu-stehenden Forderung muss das Berufungsgericht, welches das [X.] zu sich heraufgezogen hat, entscheiden.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch

Stresemann
Czub

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.02.2011 -
2 O 428/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.10.2011 -
I-22 [X.] -

14

Meta

V ZR 258/11

27.07.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2012, Az. V ZR 258/11 (REWIS RS 2012, 4205)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4205

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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