Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.05.2023, Az. 9 AV 3/23

9. Senat | REWIS RS 2023, 6567

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Als zuständiges Gericht wird das [X.] bestimmt.

Gründe

I

1

Die Klägerin macht gegen die beklagte [X.] einen Zahlungsanspruch aus einem am 8. Juli 2002 notariell beurkundeten Vertrag geltend. Der Vertrag wird als "[X.]aulandbeschaffungsvertrag (mit Erschließungsträgerschaft)" bezeichnet. Teil [X.] behandelt den An- und Verkauf von Grundstücken, Teil [X.] betrifft die Stellung der Klägerin als "Erschließungsträger bzw. Generalübernehmer" und in Teil C wird ein Ingenieurvertrag unter [X.]ezugnahme auf die Gebührenordnung der Ingenieure (HOAI) geschlossen.

2

In Teil A ist festgehalten, dass die [X.]eklagte den [X.]ebauungsplan H. aufstellt, die Klägerin näher bezeichnete Grundstücke in dessen Geltungsbereich erwirbt und an [X.]auwillige, die von der [X.]eklagten benannt werden können, wieder veräußert; auf die Gestaltung der An- und Verkaufspreise kann die [X.]eklagte Einfluss nehmen. Des Weiteren verpflichtet die [X.] sich zum Erwerb nicht verwerteter Flächen und ihr stehen Überschüsse nach vollständiger Verwertung zu; etwaige Unterdeckungsbeträge hat sie der Klägerin zu erstatten. Auf die letztgenannte Vertragsklausel stützt die Klägerin den streitgegenständlichen Zahlungsanspruch in Höhe von 191 328,08 € nebst Zinsen. Teil [X.] des Vertrages regelt, in welcher Weise die Klägerin die Erschließungsanlagen herstellt. Da nach den Feststellungen des [X.] die im Vertrag benannten Voraussetzungen für eine Stellung der Klägerin als Erschließungsträgerin nicht eingetreten sind, hat die Klägerin - wie es der [X.] vorsieht - die Erschließung als Generalübernehmerin im Auftrag der [X.] durchgeführt. Für die [X.]eklagte bestand hieraus die vertragliche Verpflichtung, der Klägerin die Kosten nach Abschluss der Herstellungsarbeiten, spätestens aber nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluss des Vertrages zu erstatten.

3

Nach den Feststellungen des [X.] beauftragte die Klägerin im Namen und auf Kosten der [X.]eklagten Drittunternehmen mit den baulichen Maßnahmen für die Erschließung und finanzierte die Erschließungsmaßnahmen vor.

4

In einer als "Neuordnungsvereinbarung" bezeichneten notariell beurkundeten Erklärung vom 26. September 2007 haben die [X.]eteiligten die noch bestehenden Verpflichtungen aus dem ursprünglichen Vertrag dahin festgeschrieben, dass die Klägerin verpflichtet bleibt, die inzwischen erworbenen [X.]augrundstücke, soweit am Markt möglich, jedoch zu den [X.]edingungen und Preisen, die ihr von der [X.]eklagten benannt werden, zu veräußern. Die Finanzierung noch ausstehender Erschließungsmaßnahmen durch die Klägerin wird auf 100 000 € beschränkt. Die [X.]eklagte hatte bis zum 30. Juni 2009 die Vorfinanzierung der Erschließungskosten in Höhe von 538 208,76 € zuzüglich bis dahin weiter anfallender Kosten auszugleichen. Die Klägerin hatte die bis zum 30. Juni 2009 noch nicht verwerteten Grundstücke einschließlich der öffentlichen Verkehrsflächen nach Zahlung des [X.] an die [X.] zu übereignen.

5

In einer weiteren, als "2. Neuordnungsvereinbarung" bezeichneten notariellen Erklärung vom 2. September 2009 haben die [X.]eteiligten die Verpflichtung der Klägerin zur Veräußerung der [X.]augrundstücke unter den seitherigen [X.]edingungen bis zum 30. Juni 2014 beschränkt, ferner festgestellt, dass die Erschließung allein durch die Klägerin finanziert worden ist und deshalb vereinbart, dass die [X.]eklagte einen anerkannten [X.] von 529 027,03 € bis zum 30. Juni 2014 zu erstatten hat.

6

Die Klägerin verlangt von der [X.]eklagten nunmehr nach Abschluss der Grundstücksverwertung die Erstattung einer Unterdeckung in Höhe von 191 238,08 €. Sie macht diesen Anspruch bereits seit 2016 gerichtlich geltend. Mit [X.]eschluss vom 11. Januar 2023 hat das [X.] den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Dieser [X.]eschluss wurde von keinem [X.]eteiligten angefochten.

7

Nach Anhörung der [X.]eteiligten hat das [X.] mit [X.]eschluss vom 13. März 2023 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und das [X.]undesverwaltungsgericht zur [X.]estimmung der Zuständigkeit angerufen.

II

8

Auf den Antrag des [X.], über den der Senat entsprechend § 53 Abs. 3 Satz 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der [X.]eteiligten entscheidet, wird als zuständiges Gericht das [X.] bestimmt.

9

1. Zur Entscheidung des sich aus dem Verweisungsbeschluss des [X.] Memmingen vom 11. Januar 2023 und dem Vorlagebeschluss des [X.] vom 13. März 2023 ergebenden negativen [X.]s ist das [X.]undesverwaltungsgericht berufen. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 53 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 Satz 1 VwGO. Auf den [X.] zwischen einem [X.] und einem Verwaltungsgericht sind § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bzw. § 53 Abs. 1 Nr. 5 VwGO, die jeweils negative [X.]e innerhalb der Zivil- bzw. [X.]barkeit betreffen, weder unmittelbar anwendbar noch gibt es für einen solchen Fall an anderer Stelle eine gesetzliche Regelung. Diese Regelungslücke ist in der Weise zu schließen, dass dasjenige oberste [X.]undesgericht den negativen [X.] zwischen den Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird (vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 16. Juni 2021 - 6 AV 1.21, 6 AV 2.21 - NVwZ-RR 2021, 740 Rn. 5 und vom 21. März 2022 - 9 AV 1.22 - [X.]uchholz 300 § 17a [X.] Rn. 6; [X.]GH, [X.]eschluss vom 26. Juli 2001 - [X.]/01 - NJW 2001, 3631 <3632>).

2. Die durch die Verweisung des [X.] grundsätzlich eingetretene [X.]indungswirkung (a) ist entgegen der Annahme des [X.] nicht wegen objektiver Unhaltbarkeit und Willkür der Entscheidung entfallen (b).

a) Nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG ist ein - unanfechtbar gewordener - Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs bindend. Dies gilt grundsätzlich auch bei einem fehlerhaften Verweisungsbeschluss. Mit Rücksicht auf die Möglichkeit, den Verweisungsbeschluss in dem von § 17a Abs. 4 Satz 3 bis 6 GVG vorgesehenen Instanzenzug überprüfen zu lassen, kann die gesetzliche [X.]indungswirkung eines unanfechtbaren Verweisungsbeschlusses nur bei extremen Rechtsverstößen durchbrochen werden. Das ist dann der Fall, wenn sich die Verweisung bei der Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfernt hat, dass sie schlechterdings nicht mehr zu rechtfertigen ist (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 10. April 2019 - 6 AV 11.19 - [X.]uchholz 310 § 53 VwGO Nr. 41 Rn. 10 und vom 16. Juni 2021 - 6 AV 1.21, 6 AV 2.21 - NVwZ-RR 2021, 740 Rn. 10). Hiervon kann ausgegangen werden, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 16. Juni 2021 - 6 AV 1.21, 6 AV 2.21 - NVwZ-RR 2021, 740 Rn. 10 und vom 21. März 2022 - 9 AV 1.22 - [X.]uchholz 300 § 17a [X.] Rn. 9; jeweils m. w. N. aus der Rechtsprechung der obersten [X.]undesgerichte).

b) Ein solcher qualifizierter Rechtsverstoß der Verweisungsentscheidung liegt hier bei Würdigung aller Umstände nicht vor.

aa) Das [X.] hat seinen [X.]eschluss zunächst darauf gestützt, die vertragsergänzend vereinbarte Vorfinanzierung der Erschließungsmaßnahmen durch die Klägerin für die damals größtenteils in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke führe zu einer Einstufung des Vertragsteils [X.] als öffentlich-rechtlich. Das kann nicht als willkürlich angesehen werden, weil sich diese Einschätzung auf Rechtsprechung zu ähnlich gelagerten Vertragskonstellationen und auf Äußerungen in der Kommentarliteratur stützen kann.

(1) Im [X.]eschluss vom 6. Juli 2000 - V Z[X.] 50/99 - (NVwZ-RR 2000, 845) hat der [X.]undesgerichtshof einen Vertrag zwischen einer [X.] und einem Privaten als öffentlich-rechtlich angesehen, in dem die sogenannte innere Erschließung eines Wohngebiets ausdrücklich auf den Vertragspartner als Erschließungsträger übertragen worden war, wohingegen die äußere Erschließung im Auftrag der [X.] durch den Vertragspartner lediglich vorfinanziert wurde. Dabei hatte die Vorinstanz allerdings festgestellt, dass der Schwerpunkt der vertraglichen Regelung im [X.]ereich der inneren Erschließung liege und die äußere Erschließung im Auftrag der [X.] nur als Annex des [X.]es anzusehen sei.

Unter [X.]ezugnahme auf diese Entscheidung wird in der Kommentarliteratur ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Oktober 2022, § 11 [X.]auG[X.] Rn. 313) referierend ausgeführt, bei einem sogenannten Vorfinanzierungsvertrag, bei dem der Private die Rolle eines Zwischenfinanzierers übernehme, ohne selbst Erschließungsträger zu sein, werde nach überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag angenommen, diese herrschende Meinung sei aber höchst fraglich. In der Kommentierung zur Rechtswegevorschrift des § 40 VwGO ([X.]/[X.], in: [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 40 VwGO Rn. 375) werden [X.], in denen sich ein Unternehmer verpflichtet, die Erschließungsanlagen auszubauen, die Flächen der [X.] zu übertragen und den Aufwand vorzufinanzieren, unter [X.]ezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des [X.]undesgerichtshofs vom 6. Juli 2000 als öffentlich-rechtlich eingeordnet.

Obwohl die [X.]ezugnahme dieser beiden Kommentierungen auf die Entscheidung des [X.]undesgerichtshofs - wie sich aus der gerade wiedergegebenen dortigen Vertragsgestaltung ergibt - nur eingeschränkt tragfähig ist, kann die hierauf gestützte Rechtsanwendung des [X.] jedenfalls nicht als grob fehlerhaft und nicht mehr verständlich angesehen werden.

(2) Wenn das vorlegende Verwaltungsgericht unter [X.]ezugnahme auf die Entscheidung des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1993 - 4 C 18.91 - ([X.]VerwGE 92, 56 <59>) ausführt, Gegenstand des [X.] sei ein Sachverhalt, der die Verschaffung des Eigentums an Grundstücken betrifft, bezieht sich dies lediglich auf Teil [X.] (An- und Verkauf von Grundstücken) und nicht auf den vom [X.] in [X.]ezug genommenen Teil [X.] ([X.]. als Erschließungsträger bzw. Generalübernehmer).

(3) Soweit das Verwaltungsgericht die [X.]ewertung des [X.] zu Teil [X.] des Vertrages mit der [X.]egründung als offensichtlich unhaltbar ansieht, dass für die Rechtsnatur nur der ursprüngliche Vertrag vom 8. Juli 2002 maßgeblich sein könne, weil die späteren Neuordnungsvereinbarungen lediglich die tatsächliche Abrechnung des Verfahrens regelten und die Rechtsnatur des ursprünglichen Vertrages offenkundig nicht nachträglich ändern könnten, steht dieser Einschätzung entgegen, dass Ziffer [X.].1.1 der Neuordnungsvereinbarung vom 26. September 2007 ausdrücklich Regelungen aus Abschnitt A der [X.] ersetzen will. Ferner wird für die Erstattung vorfinanzierter Erschließungskosten in Ziffer [X.].2. und 3. erstmals ein festgelegter Geldbetrag in die Vereinbarung aufgenommen und eine Frist für einen Ausgleich dieses Saldos festgelegt. Auch der [X.]undesgerichtshof hat im Übrigen in dem bereits genannten [X.]eschluss vom 6. Juli 2000 einer späteren vertragsergänzenden Vereinbarung durchaus [X.]edeutung für die [X.]estimmung der Rechtsnatur des Vertrages beigemessen (vgl. [X.]GH, [X.]eschluss vom 6. Juli 2000 - NVwZ-RR 2000, 845 <846>).

bb) Die Verweisungsentscheidung des [X.] ist nicht deshalb wegen grober Fehlerhaftigkeit nicht mehr verständlich und folglich nicht bindend, weil das [X.] A.I.3 Satz 1 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages entgegen dem gesetzlichen Verbot des § 1 Abs. 3 Satz 2 [X.]auG[X.] als Verpflichtung zum Erlass eines [X.]ebauungsplans ausgelegt und als öffentlich-rechtlich angesehen hat. Denn dies war für den Verweisungsbeschluss nicht tragend.

Vielmehr kommt das [X.] in der Zusammenschau der - wie ausgeführt - vertretbaren Einstufung des Vertragsteils [X.] mit der Annahme der Verpflichtung zur Aufstellung eines [X.]ebauungsplans in Teil A zur Einordnung des gesamten Vertrages als öffentlich-rechtlich. Dazu heißt es, es sei zwar möglich, dass Verträge aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen [X.]estandteilen zusammengesetzt würden, indem inhaltlich selbstständige Verpflichtungen nur äußerlich in einer Vertragsurkunde zusammengefasst würden. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, weil alle Vertragsbestimmungen miteinander in einem engen Zusammenhang stünden. Alle [X.]estimmungen beträfen die Herstellung des [X.]augebiets und seien durch dieses übergeordnete Ziel miteinander verknüpft. Der enge Zusammenhang der in dem Vertrag geregelten Rechtsverhältnisse zeige sich gerade auch zwischen der [X.]eauftragung mit der Grundstücksveräußerung und der Erschließung, indem die Erschließungskosten den Grundstückspreis maßgeblich mit beeinflussten.

Diese Erwägung kann nicht als grob rechtsfehlerhaft oder sogar willkürlich angesehen werden. Ob ein Vertrag privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, bestimmt sich nach seinem Gegenstand und seinem Zweck ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. März 2018 - 10 [X.] 25.17 - [X.]VerwGE 161, 255 Rn. 18; [X.]GH, [X.]eschluss vom 27. Januar 2005 - III Z[X.] 47/04 - [X.]GHZ 162, 78 <80 f.> m. w. N.). Ein Vertrag ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn sein Gegenstand sich auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte bezieht oder - falls eine gesetzliche Vorordnung des Vertragsgegenstandes fehlt - wenn er nach seinem Zweck in enger, unlösbarer [X.]eziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben steht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. März 2018 - 10 [X.] 25.17 - [X.]VerwGE 161, 255 Rn. 18).

Hiernach kann sich die [X.]ewertung des [X.] nachvollziehbar darauf stützen, dass in Teil [X.].I. des Vertrages für Art und Umfang der herzustellenden Erschließungsanlagen auf § 127 Abs. 2 [X.]auG[X.], die Festsetzungen des [X.]ebauungsplans sowie die Vorschriften der einschlägigen [X.]satzungen [X.]ezug genommen wird. Damit wird geregelt, dass die Klägerin Erschließungsanlagen (lediglich) im Umfang des für die [X.] durch Erschließungsbeiträge refinanzierbaren Aufwands herstellt. Die Annahme, dass der Vertragsgegenstand sich so auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlich-rechtlich geregelte Sachverhalte bezieht, ist deshalb zumindest vertretbar. Wenn in einem derartigen Vertragsverhältnis etwa Streit darüber entsteht, ob die [X.] vom Vertragspartner vorgenommene Erschließungsmaßnahmen erstatten muss, kann es rechtserheblich auf die dem öffentlichen Recht unterliegende Frage ankommen, ob diese Maßnahmen Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 [X.]auG[X.] darstellen.

Schließlich hat das [X.] für die Abrechnung nach [X.] (Überschüsse und Unterdeckung) einen engen Zusammenhang mit der Erschließung und ihrer Finanzierung nach Abschnitt [X.] des Vertrages gesehen, weil sich hieraus letztlich die in die Endabrechnung einzusetzenden Finanzierungsansprüche der Klägerin gegen die [X.]eklagte ergäben und es unzumutbar sei, derart eng miteinander zusammenhängende Leistungen im Streitfall zu trennen und ihre [X.]eurteilung auf verschiedene Rechtswege zu verteilen. Auch diese Erwägung kann nicht als offensichtlich fehlerhaft angesehen werden. Sie könnte etwa im Falle einer Aufrechnungslage für gegenläufige Ansprüche relevant werden. Sie kann sich zudem, wie das [X.] annimmt, ihrem Sinngehalt nach auf die Argumentation im Urteil des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1973 - 4 C 22.72 - ([X.]VerwGE 42, 331 <333 f.>) stützen, das im Zusammenhang mit einem [X.] ausgesprochen hat, eng zusammenhängende Leistungen der [X.]auträgerin und der [X.] müssten nach übereinstimmenden Regeln beurteilt werden und deshalb müsse, wenn eine von ihnen den Regeln des öffentlichen Rechts untersteht, auch die andere diesen Regeln unterstehen.

cc) Im Übrigen erscheint die Verweisung an das Verwaltungsgericht auch deshalb vertretbar, weil Gegenstand des Vertrages die Erfüllung der Erschließungsaufgabe der [X.]eklagten durch die Klägerin ist, die nach [X.].II.1 Nr. 1 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages die nach [X.].I. dieses Vertrages übernommene Erschließung als Erschließungsträgerin durchführt, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Abschluss des [X.]aulandbeschaffungsvertrages alle beitragspflichtigen Grundstücke sowie die öffentlichen Flächen im Erschließungsgebiet erworben oder mit den Eigentümern der nicht erworbenen beitragspflichtigen Grundstücke Vereinbarungen über die Erstattung der auf solche Grundstücke entfallenden Kosten getroffen hat und die ungehinderte Ausführung der Erschließungsarbeiten auf nicht erworbenen öffentlichen Flächen möglich ist. In diesem Fall übernimmt die Klägerin die für die Erschließung anfallenden Kosten nach [X.].II.2 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages zu 100 %. Dies spricht dafür, dass es sich insoweit um einen [X.] und damit um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handeln soll (vgl. nur die zahlreichen Nachweise bei [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ielenberg/[X.], [X.]auG[X.], Stand Oktober 2022, § 11 [X.]auG[X.] Rn. 309).

Wenn und solange die [X.]edingung nach [X.].II.1 Nr. 1 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages wie hier nicht eintritt, führt die Klägerin außerdem die Erschließung nach [X.].II.1 Nr. 2 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages als Generalübernehmerin im Auftrag der [X.] durch. Die [X.]eklagte ist dann nach [X.].II.3 verpflichtet, der Klägerin die ihr entstehenden Kosten einschließlich Ingenieurhonorar und Finanzierungskosten nach Abschluss der Herstellungsarbeiten und spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluss des [X.]aulandbeschaffungsvertrages auf Rechnungsstellung hin zu erstatten, wobei die [X.]eklagte die [X.]eträge von gegenüber der Klägerin nach den gesetzlichen [X.]estimmungen erlassenen [X.]escheiden gegenrechnen kann. Es kann sich insoweit um einen modifizierten [X.] handeln, der seiner Qualität nach ein [X.] und damit öffentlich-rechtlicher Natur bleibt ([X.]VerwG, Urteil vom 22. März 1996 - 8 C 17.94 - [X.]VerwGE 101, 12 <22 ff.>).

Die Regelung in Teil A des [X.]aulandbeschaffungsvertrages über den An- und Verkauf von Grundstücken steht mit der Ausgestaltung in Teil [X.] des Vertrages als Erschließungs- oder modifizierter [X.] in untrennbarem Zusammenhang. Die von den Vertragsparteien angestrebte Durchführung der Erschließung durch die Klägerin als Erschließungsträgerin ist ohne den Erwerb und Weiterverkauf der Grundstücke nicht denkbar. Insbesondere sind die Kosten der Erschließung nach [X.].II.2 Nr. 1 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages Kosten der Erschließung nach [X.].2 Nr. 1 [X.]uchst. d des [X.]aulandbeschaffungsvertrages, die in den [X.] eingehen und bei denen es sich nach [X.].II.2 Nr. 3 des [X.]aulandverschaffungsvertrages um nach [X.]. auf die [X.]augrundstücke zu verteilende Erschließungskosten handelt. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass auch Abschnitt A des [X.]aulandbeschaffungsvertrages den öffentlich-rechtlichen Charakter des den Schwerpunkt des Vertrages bildenden Abschnitts [X.] über die Herstellung der Erschließungsanlagen und deren Finanzierung teilt und deshalb auch die Regelung in [X.].4 Satz 2 des [X.]aulandbeschaffungsvertrages dem öffentlichen Recht angehört.

Meta

9 AV 3/23

26.05.2023

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AV

vorgehend VG Augsburg, 13. März 2023, Az: Au 4 K 23.200

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.05.2023, Az. 9 AV 3/23 (REWIS RS 2023, 6567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6567

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 C 8/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Erschließungsvertrag; Dritter; Übertragung; Auslegung und Anwendung von § 124 BauGB


9 C 11/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen; Modifizierter Erschließungsvertrag; Fremdanlieger; Erforderlichkeit der Kosten; Entscheidungsspielraum der Gemeinde; grobe Unangemessenheit; Vergaberechtsverstoß


V ZB 50/99 (Bundesgerichtshof)


9 C 6/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Zulässigkeit und Inhalt des Erschließungsvertrags; Übernahme von Fremdanliegerkosten; Angemessenheit der vereinbarten Leistung


6 A 11945/17 (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.