Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. II ZR 37/16

II. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2844

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:071117UII[X.].16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
II ZR
37/16
Verkündet am:

7.
November
2017

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] § 31 Abs. 6
Bei der Ermittlung der angemessenen Gegenleistung für ein Übernahmeangebot sind grundsätzlich auch die vom Bieter für den Erwerb von [X.] gezahlten Preise zu berücksichtigen.

[X.], Urteil vom 7. November 2017 -
II ZR 37/16 -
[X.] am Main

[X.]

-
2
-

Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
November 2017
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Drescher, [X.], [X.] und Dr.
Bernau sowie die Richterin Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 19. Januar 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.] sind ehemalige Aktionäre der C.

AG.
Die [X.] Finanzierungsgesellschaft der C.

-Gruppe hatte in den Jahren 2009 und 2011 Wandelschuldverschreibungen ausgegeben, die ihrem Inhaber ein Recht zur Wandlung in Aktien der C.

AG gewährten. Sie sollten zum 29.
Oktober 2014 (im Folgenden: Anleihen 2014) bzw. zum 7.
April 2018 (im Folgenden: Anleihen 2018) fällig werden. Im Falle eines [X.] konnte der Inhaber die Wandlung vorzeitig zu einem angepassten [X.] verlangen. Durch die Aufstockung der Beteiligung der H.

& Cie. GmbH am 22. Januar 2014 und die [X.] am 24. Januar 2014 trat 1
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ein Kontrollwechsel im Sinne der Anleihebedingungen ein und waren die Anlei-hen spätestens am 24.
Januar 2014 wandelbar.
Am 23. Januar 2014 schlossen die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) und die H.

& Cie. GmbH, die zu diesem Zeitpunkt 50,01
% des Grundkapitals hielt, einen Kaufvertrag über den Erwerb der Aktien der C.

verpflichtete. Am selben Tag schloss die Beklagte mit der E.

International einen Kaufvertrag über 4.840
Anleihen
2014 und weiteren 2.180
Anleihen 2018. Umgerechnet auf jede durch Wandlung entstandene Aktie betrug der von der Beklagten an E.

International für die Wandelschuldverschreibungen gezahlte

eihen 2018.
Am 27.
Januar 2014 wurden der Beklagten die Anleihen 2018 übertra-gen. Am 28.
Januar 2014 übte die Beklagte die Wandlungsrechte aus den [X.] 2014 11.443.569 Aktien der
C.

AG. Am 6.
Februar 2014 wurden der Beklagten die Anleihen 2014 übertragen. Mitte Februar 2014 übte die Beklagte die Wandlungsrechte aus den Anleihen 2014 zu einem Wandlungspreis von

Aktien der C.

AG.
Nach Prüfung und Gestattung der Angebotsunterlagen durch die [X.] ([X.]) gab die Beklagte am 28.
Februar 2014 ein auf den Erwerb sämtlicher Aktien der C.

AG gerich-tetes öffentliches Übernahmeangebot zum Preis von 23,50

Vorerwerbe der Wandelschuldverschreibungen und die hierfür gezahlten Preise hatte die Beklagte gegenüber der [X.] und in der Angebotsunterlage offenge-legt. Auf das Angebot der Beklagten lieferten die Klägerin zu
1 9.256
Aktien, die 3
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4
-

Klägerin zu
2 13.294
Aktien, die Klägerin zu
3 4.071
Aktien und die Klägerin zu
4 8.379
Aktien, insgesamt 35.000 Aktien, mit jeweiliger Gewinnberechtigung für das [X.] ein.
Mit der Klage haben die [X.] jeweils für die von ihnen eingeliefer-ten Aktien Zahlung des [X.] zwischen dem höchsten von der Beklagten für die Wandelschuldverschreibung je Aktie gezahlten Preis von Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
[X.] Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 316) hat seine Ent-scheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Den Klägern stehe gegen die Beklagte aus §
31 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. §§
3
ff. [X.] ein [X.] auf Zahlung des [X.] zwischen angebotener und an-gemessener Gegenleistung zu. Maßgeblich für die Gegenleistung sei der höchste für den Erwerb der Wandelschuldverschreibungen (bezogen auf eine Aktie) gezahlte Betrag von 30,95

§
31 Abs.
3 [X.] erworben und gewandelt habe.
Der abgeleitete Erwerb von Wandelschuldverschreibungen stelle eine Vereinbarung im Sinne von §
31 Abs.
6 Satz
1 [X.] dar, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden könne. Es sei zwar weder dem Wort-laut noch der Systematik des §
31 Abs.
6 [X.] eine eindeutige Entscheidung 6
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-

für oder gegen eine Anwendung auf den derivativen Erwerb von Wandelschuld-verschreibungen zu entnehmen. Sinn und Zweck der Vorschrift sprächen aber für ihre Anwendung. Die erworbenen Wandelschuldverschreibungen seien den zeitgleich erworbenen Aktien inhaltlich gleichzustellen. Aus dem Umstand, dass die Bieterin das Wandlungsrecht aus den Wandelschuldverschreibungen
weni-ge Tage nach ihrem Erwerb ausgeführt habe, folge zwanglos, dass sie diese nicht wegen der bestehenden Verzinsung, sondern wegen ihrer aktiengleichen Funktion im Zusammenhang mit der Übernahme der C.

AG erworben [X.]. Dabei komme es aus Gründen der Rechtssicherheit
zwar nicht auf die [X.] Motivlage an. Vorliegend sei aber objektiv feststellbar, dass die Bieterin innerhalb des relevanten Zeitraums die Wandelschuldverschreibungen erwor-ben und gewandelt habe, so dass ein Zusammenhang mit dem [X.] gegeben sei.
I[X.] Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die [X.] haben einen Anspruch auf Zahlung des [X.] zwischen dem höchsten von der Beklagten für die Wandelschuldverschreibung je [X.] Ermittlung der angemessenen Gegenleistung für das Übernahmeangebot sind grundsätzlich auch die für den Erwerb von Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preise zu berücksichtigen.
1. Gemäß §
31 Abs.
1 Satz
1 [X.] hat der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Ist die Gegen-leistung nicht angemessen, steht den Aktionären, die das Angebot angenom-men haben, gegenüber dem Bieter ein zivilrechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Zahlung des [X.] zwischen der angebotenen und der an-gemessenen Gegenleistung gemäß §
31 Abs.
1 Satz
1 [X.] i.V.m. §§
3
ff. 10
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[X.] zu ([X.], Urteil vom 29.
Juli 2014
II
ZR
353/12, [X.]Z 202, 180 Rn. 22 ff.).
Bei der Bestimmung der angemessenen Gegenleistung sind auch die Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter zu berücksichtigen, §
31 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die Gegenleistung für die Aktien der Zielgesellschaft muss dabei mindestens dem Wert der höchsten vom Bieter gewährten oder vereinbarten Gegenleistung für den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft in-nerhalb der letzten sechs Monate vor der [X.] nach § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] oder § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] entsprechen. § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.], wonach dem Erwerb Vereinbarungen gleichgestellt sind, auf Grund de-rer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann, gilt insoweit entspre-chend, § 4 Satz 2 [X.].
2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass auch der Er-werb des Rechts aus der Wandelschuldverschreibung eine Vereinbarung i.S.d. §
31 Abs. 6 Satz 1 [X.] ist, auf Grund derer die Übereignung von Aktien [X.] werden kann.
Wandelschuldverschreibungen fallen grundsätzlich unter die Vereinba-rungen im Sinn des § 31 Abs. 6 Satz
1 [X.], auf Grund derer die [X.] verlangt werden kann ([X.]/[X.] in [X.], 2.
Aufl., §
31 Rn. 98 f.; [X.]/[X.], 4.
Aufl., § 31 [X.] Rn. 84c; [X.] in [X.][X.], Kapitalmarktrecht, 4.
Aufl., § 31 [X.] Rn.
92
f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
31 Rn.
151; [X.] in Baums/[X.], [X.], Stand 2016, § 31 Rn.
122; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 31 [X.] Rn.
32; [X.] in [X.]/Schüppen, [X.], 3. Aufl., §
31 Rn. 150; [X.], [X.], 253, 255; [X.]/Läufer,
[X.] 2014, 161, 163). Streitig ist jedoch, ob nur der unmittelba-12
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re Erwerb der Wandelschuldverschreibung eine Vereinbarung im Sinne von §
31 Abs. 6 Satz 1 [X.] ist, weil die Vereinbarung der Rechtsgrund für den Erwerb sein muss (Santelmann/Nestler
in Steinmeyer, [X.], 3.
Aufl., §
31 Rn.
104; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., § 31 Rn. 64; [X.], [X.] 3/2016, Anm.
1; Boucsein/[X.], [X.], 597, 603; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl., Rn. 60.74; vgl. auch [X.], Der Konzern 2016, 313, 315),
oder ob auch der abgeleitete Erwerb von bereits ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen eine Vereinbarung im Sinne von § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] sein kann, weil auf Grund der erworbenen Wandelschuldverschreibungen die Übereignung von Aktien verlangt werden kann ([X.], [X.], 239; [X.]/[X.], [X.] 2016, 505; [X.], [X.] 2016, 581; [X.], [X.], 589).
Der
Senat schließt sich der Auffassung an, dass neben dem originären auch der abgeleitete Erwerb von Wandelschuldverschreibungen bei der Be-rechnung der angemessenen Gegenleistung gemäß § 31 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 [X.] zu berücksichtigen ist.
a) Der Wortlaut von § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] ist nicht eindeutig. Er ist nicht auf Vereinbarungen mit der Zielgesellschaft beschränkt, sondern erfasst auch Vereinbarungen mit [X.]. Dass auf Grund der Vereinbarung die Über-eignung von Aktien verlangt werden kann, muss nicht dahin verstanden wer-den, die Vereinbarung sei der Rechtsgrund für die Übereignung und es würden nur Vereinbarungen erfasst, auf Grund derer unmittelbar die Übereignung von Aktien verlangt werden kann. Vom Wortlaut der Vorschrift ist auch erfasst, dass die Vereinbarung nur die Grundlage für eine spätere Übereignung auf Grund eines Übereignungsverlangens bildet. Erfasst wird dann auch der mehraktige Vorgang, dass auf Grund der Vereinbarung Wandelschuldverschreibungen er-15
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worben werden, die auf ein gesondertes Wandlungsverlangen zum Abschluss eines [X.] und in der Folge zur Übereignung der Aktien führen.
b) Der systematische Zusammenhang mit § 31 Abs. 6 Satz 2 [X.] führt ebenfalls zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Nach § 31 Abs. 6 Satz 2 [X.] gilt die Ausübung eines gesetzlichen Bezugsrechts auf Grund einer Erhöhung des Grundkapitals der Zielgesellschaft nicht als Erwerb nach Satz 1. Bei der Ausübung eines gesetzlichen Bezugs-rechts werden die Aktien zwar in einem mehraktigen Vorgang erworben, weil der Aktionär zunächst sein gesetzliches Bezugsrecht zum Abschluss eines [X.] geltend machen muss und der [X.] die schuldrechtliche Grundlage für den späteren Aktienerwerb kraft Gesetzes bil-det. § 31 Abs. 6 Satz 2 [X.] lässt aber nicht eindeutig erkennen, ob die [X.] einschränkt, weil für das gesetzliche Bezugsrecht im Grundsatz gelten würde, dass es als mehraktiger Vorgang erfasst wird, oder ob die [X.] nur eine Klarstellung beinhaltet. Die Ausübung eines gesetzlichen [X.] führt zudem zu einem originären Aktienerwerb, so dass sich aus §
31 Abs. 6 Satz 2 [X.] auch bei Annahme einer Einschränkung von Satz 1 nur darauf schließen ließe, dass der mehraktige originäre Aktienerwerb erfasst wäre.
c)
Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht für eine weite Ausle-gung im Sinne eines allgemeinen [X.]es.
Der Diskussionsentwurf des
Bundesministeriums der Finanzen sah vor, nur Kauf-
und Austauschverträge, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann, dem Aktienerwerb gleichzustellen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 [X.]-DiskE, abgedruckt bei [X.]/[X.], Das neue Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetz, 2002, [X.], 332). Mit der Erwei-17
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terung in § 31 Abs.
6 Satz 1 [X.] auf Vereinbarungen anstelle der [X.] auf Kauf-
und Austauschverträge sollten nach der Begründung des [X.] der Bundesregierung Umgehungen der in Absatz 3 bis 5 enthalte-nen Mindestanforderungen an die Gegenleistung, beispielsweise durch [X.] eines Kaufvertrags mit herausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt über die betreffenden Aktien, vermieden werden. Auch der Abschluss von Verträgen zum Erwerb von Aktien sollte die Rechtsfolgen von Absatz 3 bis 5 auslösen und sowohl Kauf-
als auch [X.] sowie der Abschluss von [X.], die zum Bezug der Aktien berechtigen,
sollten einbezogen werden (BT-Drucks. 14/7034, [X.]).
Die Vorschrift enthält danach einen allgemeinen [X.]. Die Beschränkung auf Kauf-
und Austauschverträge wurde durch den allgemeinen r-ausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt wird in der Begründung des [X.] nur beispielhaft erwähnt und die Vereinbarung nicht auf Kaufverträge mit herausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt beschränkt. Auch die Erwähnung von [X.] neben Kauf-
und [X.]n ist nicht abschließend, sondern dient nur der Erläuterung, dass der Abschluss von Verträgen zum Er-werb von Aktien und nicht nur der Erwerb, die Erlangung des Eigentums, die Rechtsfolgen von Abs. 3 bis 5 auslösen soll. Dafür, dass unter [X.] nur Vereinbarungen zwischen dem Bieter als Optionsnehmer und dem [X.] verstanden werden sollten und nicht auch der Erwerb von Options-kontrakten oder Optionsscheinen erfasst werden sollte, gibt es keine Anhalts-punkte.
d) Der Erwerb der Wandelschuldverschreibungen fällt auch nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften in den Anwendungsbereich von § 31 Abs. 6 Satz
1 [X.].
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[X.]) Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] einer Umgehung der in § 31 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf den dinglichen Erwerb bezogenen Regeln durch schuldrechtliche Vereinbarungen über ein [X.] vorbeugen. Wenn statt eines Erwerbs eine schuldrechtliche [X.] geschlossen wird, die den dinglichen Erwerb ermöglicht, soll bei der Bestimmung des Vorerwerbspreises auf diese Vereinbarung abzustellen sein. Damit soll sichergestellt werden, dass der Bieter an dem Preis festgehalten wird, den er im zeitlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot selbst als angemessen angesehen hat. Damit wird der (dingliche) Erwerb durch die (schuldrechtliche) Vereinbarung eines [X.] ersetzt (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juli 2014 -
II ZR 353/12, [X.]Z 202, 180 Rn. 31).
Dass der unmittelbare Erwerb von Aktien durch eine schuldrechtliche Vereinbarung ersetzt wird, die den dinglichen Erwerb ermöglicht, trifft auch auf Wandelschuldverschreibungen zu, die im maßgeblichen Zeitraum erworben werden und die in Aktien gewandelt werden können. Dass die durch die [X.] erworbenen Wandelschuldverschreibungen nicht unmittelbar einen Anspruch auf Übereignung von Aktien gewähren, sondern der Erwerber wie bei erworbenen Optionskontrakten oder bei Optionsscheinen erst noch die Über-eignung von Aktien verlangen und ein [X.] abgeschlossen wer-den muss, also ein mehraktiger Vorgang vorliegt, ist im Hinblick auf den beab-sichtigten [X.] ohne Bedeutung (vgl. zu Optionen Kre-mer/[X.] in [X.], 2.
Aufl., §
31 Rn.
98; [X.] in [X.]/
[X.]/[X.], [X.], § 31 Rn. 155; [X.] in [X.]/Schüppen, [X.], 3. Aufl., § 31 Rn. 149, 151; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
31 [X.] Rn. 84c; [X.] in Baums/[X.], [X.], Stand 2016, §
31 Rn. 122). Der [X.] ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf das [X.] des Erfüllungszeitpunkts für die Übereignungs-verpflichtung beschränkt. In der Begründung des [X.] ist dieser 23
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Fall
lediglich beispielhaft als Umgehung aufgeführt. Die Vorschrift sollte neben Aktienkauf-
und Aktientauschverträgen ausdrücklich auch Optionen erfassen ([X.], BT-Drucks. 14/7034, [X.]). Der Bieter zeigt mit dem Erwerb von [X.], die einen Erwerb von Aktien ermöglichen, vielmehr wie bei herausgescho-benen Kaufverträgen, welchen Preis er als angemessen für die Aktien ansieht.
Entgegen der Revision spricht gegen die Einbeziehung des Erwerbs von Wandelschuldverschreibungen auch nicht, dass der Erwerber von bereits aus-gegebenen Wandelschuldverschreibungen keinen Einfluss auf den Zeitpunkt hat, zu dem das Wandlungsrecht ausgeübt werden kann. Eine Beschränkung auf Vereinbarungen über ein [X.] der Fälligkeit lässt sich der [X.] nicht entnehmen. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Bieter bei der schuldrechtlichen Vereinbarung selbst ein [X.] der Fälligkeit der Übereignung aus dem maßgebenden Zeitraum vereinbart oder ob er ein Recht auf Übereignung der Aktien erwirbt, das nach den vereinbarten Bedingungen mit einer herausgeschobenen Fälligkeit verbunden ist. In beiden Fällen zeigt der Bieter, welchen Preis er im zeitlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot als angemessen ansieht.
Dass es dem Erwerber als Gläubiger einer Wandelschuldverschreibung überlassen bleibt, ob er die Übereignung von Aktien verlangt oder sich mit der Rückzahlung der Anleihe begnügt, spricht ebenfalls nicht gegen die Anwendung von § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.]. Auch bei den vom Gesetzgeber im Gesetzge-bungsverfahren in den Blick genommenen Optionen kommt es nicht darauf an, ob sie ausgeübt werden ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 31 Rn. 155; [X.] in [X.]/Schüppen, [X.], 3. Aufl., § 31 Rn. 149, 151; [X.]/[X.] in [X.], 2. Aufl., § 31 Rn. 98;

[X.] in Baums/[X.], [X.], Stand 2016, § 31 Rn. 122). Maßgebend ist, dass der Bieter mit dem Erwerb der Übereignungsmöglichkeit zeigt, welchen Preis er im 25
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zeitlichen Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot selbst als angemessen angesehen hat. Dass
es einem Bieter im Zusammenhang mit dem Aufbau der Beteiligung mehr auf eine günstige Verzinsung ankommen könnte, wie die [X.] zu bedenken gibt, liegt auch eher fern.
Einer Berücksichtigung der für Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preise steht
auch nicht entgegen, wenn einzelne Anleihebedingungen [X.] enthalten, die die Zielgesellschaft berechtigen, unter bestimm-ten Umständen anstatt der Lieferung der Aktien eine Barzahlung vorzunehmen. Solange offen ist, ob der Bieter mit der Wandlung rechnen kann, besteht kein Grund, den für solche Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preis nicht zu berücksichtigen. Wie bei dem Erwerb einer Option zeigt er mit dem Erwerb, welchen Preis er für die Übereignungsmöglichkeit selbst für angemessen hält.
bb) Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] auf schuldrechtliche Vereinbarungen über einen unmittelbaren Aktienerwerb spricht auch nicht die Rechtssicherheit als eines der Ziele des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetzes. Zweck des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetzes ist es, einen verlässlichen Rechtsrahmen für die un-mittelbar an Übernahmen Beteiligten und für die Akteure an den Finanzmärkten bereitzustellen. Das soll durch praktikable Regeln geschehen, die die unter-schiedlichen Interessen der an einem Übernahmeverfahren beteiligten Parteien berücksichtigen. Daher soll eine Regulierung von Unternehmensübernahmen vor allem einen Rechtsrahmen für ein faires und transparentes Verfahren zur Verfügung stellen ([X.], BT-Drucks. 14/7034, [X.]). Entgegen der Auffassung der Revision wird damit nicht ein besonders "verlässlicher"
Rechtsrahmen [X.], sondern das faire und transparente Verfahren in den Vordergrund ge-stellt. Zwar hat der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten die rechtsverbindliche Festlegung von 27
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Eckpunkten zur Bestimmung der Angemessenheit als wünschenswert bezeich-net und damit der Rechtssicherheit für die Preisbestimmung nach § 31 Abs. 1 [X.] einen Stellenwert eingeräumt ([X.], BT-Drucks. 14/7034, [X.]). Rechtssicherheit kann danach aber nur im Rahmen des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetzes
erreicht werden. Der Rechtssicherheit soll in erster Linie der Erlass einer Rechtsverordnung mit näheren Bestimmungen über die Angemessenheit der Gegenleistung dienen. Mit § 4 Satz 2 [X.] ver-weist diese gerade auf die entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 6 [X.].
Mit einer Berücksichtigung des für die Wandelschuldverschreibungen gezahlten Preises wird zwar entgegen dem Ziel des Gesetzgebers, mit prakti-kablen Regeln einen verlässlichen Rechtsrahmen aufzustellen, die Bestimmung der angemessenen Gegenleistung erschwert, da [X.] verzinst werden und daher Zweifel bestehen können, ob der
für sie [X.] dem für die Aktie als angemessen erachteten Preis entspricht. Diese Unsicherheiten hat der Gesetzgeber aber mit der Erweiterung in § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] auf Vereinbarungen, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann, in Kauf genommen. Solche Berechnungsschwierigkeiten bestehen auch bei den vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Optionen und können im Hinblick auf eine Verzinsung sogar bei einer nur hinausgescho-benen Fälligkeit entstehen.
Da mit dem Rechtsrahmen des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmege-setzes ein faires und transparentes Verfahren zur Verfügung gestellt werden soll, ist zur Durchsetzung eines fairen Angebots an alle Aktionäre eine weite Auslegung der Umgehungsvorschrift angezeigt. Der [X.] hat [X.] bereits entschieden, dass die Preisregelungen des Wertpapiererwerbs-
und Übernahmegesetzes zum Schutz vor einer Umgehung einer erweiternden Aus-29
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legung zugänglich sind ([X.], Urteil vom 29.
Juli 2014 -
II
ZR
353/12, [X.]Z
202, 180 Rn. 34 ff.).
e) Entgegen der Revision widerspricht die Berücksichtigung der [X.] zum mittelbaren Erwerb der Aktien nicht einem allgemeinen Grundsatz, dass Inhaber von Wertpapieren derselben Gattung gleich zu behandeln sind.
[X.]) Durch die erweiternde Auslegung des § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] werden Aktien und Wandelschuldverschreibungen nicht gleichgesetzt. Die Wandelschuldverschreibungen werden durch die Berücksichtigung bei der Preisfindung nicht mit Aktien gleichgestellt, sondern es wird eine Gleichstellung von Aktien, die die Bieterin auf Grundlage dieser Wandelschuldverschreibung erworben hat, mit den übrigen erworbenen Aktien erreicht. Das Gebot in § 3 Abs. 1 [X.], Inhaber von Wertpapieren der Zielgesellschaft, die derselben Gattung angehören, gleich zu behandeln, wird nicht verletzt. Ein Verbot der Gleichbehandlung von Wertpapieren unterschiedlicher Gattungen enthält § 3 Abs. 1 [X.] nicht.
bb) Anders als die Revision (so auch [X.], [X.] 3/2016, Anm.
1) meint, muss § 31 Abs. 6 Satz 1 [X.] auch nicht anhand Art. 5 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 2004/25/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote ([X.]. [X.]) richt-linienkonform dahin ausgelegt werden, dass als höchster Erwerbspreis nur für die gleichen Wertpapiere und damit hier für Aktien gezahlten Preise berücksich-tigt werden. Nach Art. 5 Abs. 4 Satz 1 RL 2004/25/[X.] gilt als angemessener Preis der höchste Preis, der vom Bieter oder einer mit ihm gemeinsam han-delnden Person in einem von den Mitgliedst[X.]ten festzulegenden Zeitraum von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten vor dem Angebot gemäß [X.] für die gleichen Wertpapiere gezahlt worden ist.
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Art. 5 Abs. 4 Satz 1 RL 2004/25/[X.] steht der Auslegung von § 31 Abs. 6 Satz
1 [X.] dahin, dass auch für Wandelschuldverschreibungen gezahlte Preise, die einen Aktienerwerb ermöglichen, zu berücksichtigen sind, aber nicht entgegen. Der [X.] Gesetzgeber ist durch Art. 5 Abs. 4 RL 2004/25/[X.] nicht darauf beschränkt, nur für gleiche Wertpapiere gezahlte Preise als ange-messenen Preis gelten zu lassen. Die Richtlinie enthält nur Mindestanforderun-gen und die Mitgliedst[X.]ten können für Angebote zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmungen als in dieser Richtlinie festlegen (Art. 3 Abs. 2 RL 2004/25/[X.]).
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Höhe des Anspruchs der Klä-e-genleistung in Höhe von 23,5§
31 Abs.
1 [X.] i.V.m. §§
4, 5 [X.]. Maßgeblich ist der höchste, für den Erwerb der Wandelschuldverschreibungen, bezogen auf eine Aktie ge-zahlte Betrag von 30,95

rist des §
4 Satz 1 [X.]
gezahlt wurde.
Angesichts der Wandlungsmöglichkeit unmittelbar nach Erwerb der Wandelschuldverschreibungen hat das Berufungsgericht zu Recht keinen [X.] für eine Verzinsung der Anleihen gemacht. Zu Recht hat es auch keine Verminderung des Preises vorgenommen, weil die über die Wandelschuldver-schreibung erworbenen Aktien anders als Aktien, die die [X.] eingelie-fert haben, für das [X.] nicht gewinnbezugsberechtigt waren. Die über die

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Wandelschuldverschreibungen bezogenen Aktien könnten aus diesem Grund allenfalls weniger wert als die eingelieferten Aktien sein.

Drescher

[X.]

[X.]

Bernau

Grüneberg
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.12.2014 -
3-5 O 44/14 -

[X.] am Main, Entscheidung vom 19.01.2016 -
5 [X.] -

Meta

II ZR 37/16

07.11.2017

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. II ZR 37/16 (REWIS RS 2017, 2844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2844

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 37/16

II ZR 353/12

5 U 2/15

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