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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2016:300316B2STR464.15.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 [X.]/15
vom
30. März 2016
in der
Strafsache
gegen
wegen Bedrohung u.a.
-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und des Beschwerdeführers
am 30.
März
2016 gemäß §
349
Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urt[X.]l des [X.] vom 18.
Juni 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache
wird
zu neuer Verhandlung und Entsch[X.]dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
[X.]ne andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten vom Tatvorwurf der Bedrohung, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der versuchten Körperver-letzung sowie des Verstoßes gegen das Waffengesetz fr[X.]gesprochen und hat s[X.]ne Unterbringung in [X.]nem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung der Unterbringungsanordnung. Im Übrigen ist das [X.] unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den Feststellungen des sachverständig beratenen [X.] l[X.]det der Angeklagte, der s[X.]t Anfang des Jahres 2014 [X.] und s[X.]t [X.] 2014 kokainabhängig war, s[X.]t Anfang Mai 2014 unter [X.], aus dem
sich [X.]ne drogeninduzierte Psychose
entwickelte. Im Verlaufe des Jahres 2014 kam es mehrfach zu bedrohendem 1
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und aggressivem
Verhalten des Angeklagten gegenüber s[X.]ner Ehefrau, w[X.]l er die wahnhafte Vorstellung entwickelt hatte, dass s[X.]ne Ehefrau ihn betrüge und beabsichtige, ihn für verrückt erklären zu lassen und aus der Familie zu entfer-nen.
Am Abend des 18. November 2014 rief der Angeklagte zwischen 18.15
Uhr und 20.00 Uhr [X.] den [X.]
, mit dem
er befreundet ist, an und bedrohte und bel[X.]digte ihn. Nach dem letzten Tele-fonanruf verständigte der Zeuge S.
die Poliz[X.], w[X.]l er fürchtete, dass der
im Besitz [X.]ner Schusswaffe befindliche Angeklagte
die ausgesprochenen Dro-hungen in die Tat umsetzen könnte.
Nachdem der Angeklagte im Rahmen der daraufhin [X.]ngel[X.]teten poliz[X.]-lichen Suchaktion am Straßenrand stehend entdeckt worden war, näherte sich ihm [X.]
, der s[X.]ne Dienstwaffe zog, w[X.]l er [X.]n metallisch klickendes
Geräusch
wahrgenommen zu haben glaubte und befürchtete, der Angeklagte werde
von s[X.]ner Schusswaffe Gebrauch machen. Nachdem er den Angeklag-ten aufgefordert hatte, s[X.]ne Hände zu erheben, und sich ihm w[X.]terhin näherte, ließ der Angeklagte die von ihm mitgeführte Schusswaffe, [X.]ne geladene Selbstladepistole der Marke [X.]/[X.] 50, Kaliber 7,65
mm, zu Boden fallen. Anschließend ließ sich der Angeklagte zunächst widerstandslos [X.] anlegen; auf dem Weg zum Poliz[X.]fahrzeug sträubte er sich zunehmend gegen die poliz[X.]lichen Maßnahmen, insbesondere gegen die Durchsuchung s[X.]ner Person, in deren Verlauf in s[X.]ner Manteltasche [X.]n w[X.]teres Pistolenmagazin und [X.]n aufgeklapptes Springmesser aufgefunden wurde. Der Angeklagte ver-suchte mehrfach gezielt, nach den Poliz[X.]beamten zu treten und [X.]nem der [X.] [X.]nen Kopfstoß zu versetzen; dieser versetzte dem Angeklagten [X.]nen Faustschlag ins Gesicht und fügte dem Angeklagten hierdurch nicht [X.] [X.]ne Nasenb[X.]nfraktur zu. Auf der Fahrt zur Poliz[X.]dienststelle ver-3
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suchte der auf der Rückbank sitzende Angeklagte, dem neben ihm sitzenden Poliz[X.]beamten [X.]nen
Kopfstoß zu versetzen.
Zur Tatz[X.]t war die Steuerungsfähigk[X.]t des Angeklagten aufgrund der s[X.]t geraumer Z[X.]t bestehenden drogeninduzierten Psychose in Verbindung mit [X.]ner akuten Mischintoxikation von Kokain und Alkohol
die [X.] betrug zum Tatz[X.]tpunkt 1,84
Promille
erheblich be[X.]nträchtigt, nicht ausschließbar sogar aufgehoben. Das [X.] hat den Angeklagten fr[X.]gesprochen, w[X.]f-ten seelischen Störung, die jedenfalls s[X.]ne Steuerungsfähigk[X.]t erheblich ge-S.
20). Zugl[X.]ch hat es s[X.]ne Unterbringung
in [X.]nem psychiatrischen Kranken-haus angeordnet.
2. Die Unterbringung des Angeklagten in [X.]nem psychiatrischen [X.] ist nicht tragfähig begründet.
a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in [X.]nem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63
StGB ist [X.]ne außerordentlich belastende [X.], die [X.]nen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie setzt zunächst voraus, dass zw[X.]felsfr[X.] feststeht, dass der [X.] b[X.] der Begehung der [X.] aufgrund [X.]nes psychischen Defekts schuldunfähig (§
20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§
21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. Hierfür muss vom Tatrichter im [X.] dargelegt werden, wie sich die festgestellte, [X.]nem Merkmal von §§
20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jew[X.]ligen [X.] auf die Ein-sichts-
oder die Steuerungsfähigk[X.]t ausgewirkt hat und warum die [X.] auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (st. Rspr., vgl. [X.], Beschluss vom 10. November 2015
1
StR 265/15, [X.], 5
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76). Insow[X.]t ist insbesondere zu untersuchen, ob in der Person des Angeklag-ten oder in s[X.]nen Taten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensw[X.]sen hervorgetreten sind, die sich im Rahmen dessen halten, was b[X.] [X.]nem schuld-fähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist ([X.], aaO).
b) Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des [X.] nicht gerecht. Die Urt[X.]lsgründe verhalten sich nicht näher zu der Frage, ob zwischen dem zum Tatz[X.]tpunkt bestehenden Defekt und den [X.] [X.]n unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dies versteht sich insbesondere für die von dem Angeklagten begangenen Widerstandshandlungen nicht von selbst. Zu [X.]ner besonders sorgfältigen Erörterung hätte hier auch deshalb Anlass [X.], w[X.]l das [X.] die Ursache für die Einschränkung der
Steue-rungsfähigk[X.]t des Angeklagten am Tattag in dem Zusammenwirken zwischen -wahnhaftem Erleben in Verbindung mit der akuten Mischintoxika-gesehen hat. Die Maßregel des § 63 StGB setzt jedoch die sichere Fest-stellung [X.]nes länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Zustands voraus, der zumindest [X.]ne erhebliche Einschränkung der Schuldfähigk[X.]t im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (Senat,
Urt[X.]l vom 17. Juni 2015
2 [X.], [X.]R StGB § 63 Zustand 44).
Hinzu tritt, dass das [X.]
dem Gutachten der Sachverständigen folgend
angenommen hat, dass s[X.]t Mitte April bzw. Mitte Mai 2015 nicht mehr vom Vorliegen [X.]ner drogeninduzierten Störung, sondern von [X.]ner
sub-stanzunabhängig verlaufenden -
-affektiven den Urt[X.]lsgründen
das nunmehr vorlie-gende Störungsbild und s[X.]n möglicher Einfluss auf die künftige Legalprognose des Angeklagten entnommen werden könnte. B[X.] dieser Sachlage kann die Maßregelanordnung k[X.]nen Bestand haben.
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3. Die Sache
bedarf daher insgesamt
erneuter Verhandlung und Ent-sch[X.]dung. Auf § 358 Abs.
2 Satz
2 StPO wird hingewiesen.
Fischer
Ri[X.] Prof. Dr. Krehl
Eschelbach
ist an der Unterschrift
gehindert.
Fischer
Zeng
Bartel
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Meta
30.03.2016
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2016, Az. 2 StR 464/15 (REWIS RS 2016, 13803)
Papierfundstellen: REWIS RS 2016, 13803
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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