Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. VII ZR 198/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 653

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 198/10
Verkündet am:

8. Dezember 2011

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 280 Abs. 1,
281
Wählt ein Unternehmer, der nach einem Wasserschaden in einem Gebäude damit beauftragt ist, den Fußbodenaufbau zu trocknen, und zu diesem Zweck den Fliesen-belag öffnen muss, eine [X.], die zu größeren Schäden am [X.] als erforderlich führt, ist der Schadensersatzanspruch des Bestellers nicht davon abhängig, dass er dem Unternehmer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
[X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 -
VII ZR 198/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der V[X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29.
September 2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kniffka
und die Richter
Bauner, Dr.
Eick, [X.] und Prof.
Leupertz
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen
das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 21.
Oktober 2010 wird [X.].
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt Werklohn für [X.] anlässlich eines von der [X.] verursachten Wasserschadens. Die Parteien streiten [X.], ob die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen kann.
Die Beklagte führte im Rahmen der Errichtung eines Alten-
und Pflege-heimes Installationsarbeiten aus. Nachdem es zu einem Wasserschaden
ge-kommen war, beauftragte sie im Juli 2008 die Klägerin mit den [X.], die ihrerseits ihre Streithelferin hinzuzog. Zur Trocknung des [X.] (schwimmender Estrich auf Betondecken) schnitt die Klägerin in den gefliesten Bädern die Silikonfugen sowie die dahinter befindliche Dichtungs-1
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schicht zwischen Fußboden und aufgehenden Wänden auf. Über die geöffneten [X.] strömte in die Dämmschichten trockene Luft, die die Klägerin durch ein jeweils im [X.] in den gefliesten Fußboden gebohrtes Loch wieder absaugte. Die [X.] waren erfolgreich. Der Klägerin steht ein Werklohn von 62.453,77

Wiederherstellung fachgerechter Fugen zwischen Fußboden und aufgehenden Wänden
als Schadensersatzanspruch auf.
Die Klägerin hat den Betrag von 62.453,77

hat ihr 31.440,77

b-gewiesen. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungs-gericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die Berufung der [X.] diese verurteilt, an die Klägerin 15.933,77

Es hat die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.

I.
Das Berufungsgericht meint, die Beklagte könne gegen den Werklohn-anspruch der Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer werkvertraglichen Schutzpflicht in Höhe von 46.520

aufrechnen. Die von der Klägerin gewählte Trocknungsmaßnahme sei für Feuchträume wenig sinn-3
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voll gewesen, da sie zu einer Durchtrennung der Feuchtigkeitsschutzfolie ge-führt habe. Die Klägerin habe zwar ursprünglich ins Auge gefasst gehabt, nicht die Silikonfugen aufzuschneiden, sondern in den Bädern in jeder Ecke die [X.] zu durchbohren. Von dieser geeigneten Maßnahme habe sie sich nicht abbringen lassen dürfen, auch wenn die Mitarbeiter der [X.] vor Ort nicht in der Lage gewesen seien, die genaue Lage der Rohre im Fußbodenbe-reich zu benennen. Sie hätte darauf hinwirken müssen, dass die genaue Lage der Rohre festgestellt wird. Die Klägerin habe die Entscheidung über die anzu-wendende Trocknungsmaßnahme eigenverantwortlich getroffen. Sie trage die Verantwortung dafür, dass diese ordnungsgemäß und in einer Weise ausge-führt werde, die zu möglichst geringen Schäden führe. Sehenden Auges eine Maßnahme zu ergreifen, die zu einer erheblichen Beschädigung der Bausub-stanz führe, stelle eine [X.] dar. Der [X.] stehe daher nicht Schadensersatz statt der Leistung, §
280 Abs.
3, §
281 BGB, sondern Schadensersatz neben der Leistung, §
280 Abs.
1 BGB, zu. [X.] sei allein die Trocknung des Gebäudes gewesen, nicht die Beseitigung der dadurch verursachten Schäden. Ihre Hauptpflicht habe die Klägerin erfüllt. Der enge Zu-sammenhang zwischen der Schädigung des Gebäudes und der Trocknungs-maßnahme rechtfertige es nicht, den Schadensersatzanspruch in den Bereich von §
634 Nr.
4, §
280 Abs.
3, §
281 BGB zu ziehen. Die Beklagte sei daher nicht gehalten gewesen, der Klägerin eine Frist zur Mängelbeseitigung zu set-zen. Ein Mitverschulden der [X.] scheide aus, weil es Aufgabe der Kläge-rin gewesen sei, die geeignete und schonendste Methode der Trocknung aus-zuwählen.
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Abgrenzung von Haupt-
und [X.] bei [X.] durch die Werkleistung grundsätzliche Bedeutung habe.
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[X.]
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten jedenfalls im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der [X.] ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach
§
280 Abs.
1, §
241
Abs.
2
BGB
oder
statt der Leistung nach
§
280
Abs.
3, §
281 BGB zusteht.
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Ansicht des Berufungsge-richts, dass der Klägerin eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, die einen Schadensersatzanspruch der [X.] begründet.
2. Handelt es sich, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwide-rung meinen, um die Verletzung einer Schutzpflicht im Sinne von §
241 Abs.
2 BGB, folgt der Schadensersatzanspruch aus §
280 Abs.
1 BGB. Er setzt eine Fristsetzung nach
§
281 Abs.
1 BGB nicht voraus und steht der [X.] ohne weiteres zu.
3. Geht man davon aus, dass es sich um die Verletzung einer Leistungs-pflicht handelt und das von der Klägerin geschuldete Werk mangelhaft war, scheitert der Schadensersatzanspruch der [X.] nicht daran, dass eine Frist zur Mängelbeseitigung nicht gesetzt worden ist. Denn eine solche Fristset-zung war entbehrlich, weil der geltend gemachte Schaden durch eine Nacher-füllung nicht mehr beseitigt werden konnte.
a) Die Klägerin war von der [X.] beauftragt worden, den
Fußboden in den von dem Wasserschaden betroffenen Bädern zu trocknen. Die [X.] der Trocknung, das Zu-
und Abführen von Luft im [X.], [X.] dabei zwingend voraus, dass der Fliesenbelag geöffnet wurde. Diese von der Klägerin vorzunehmenden Eingriffe in die Bausubstanz waren nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts unvermeidlich. Besondere Vereinbarungen 7
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über die Art dieser Eingriffe hatten die Parteien nicht getroffen. Die Klägerin schuldete daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eine Maßnahme, die einerseits für eine effiziente Trocknung geeignet war und die andererseits möglichst geringe Eingriffe in die Bausubstanz erforderte. Diese schonendste Maßnahme hätte hier darin bestanden, in den Bädern in jeder Ecke die [X.] zu durchbohren. Die von der Klägerin gewählte und ausgeführte [X.] führte demgegenüber zu größeren Schäden, insbesondere zu der Durch-trennung der Feuchtigkeitsschutzfolie.
b) [X.], den die Beklagte durch diese Vorgehensweise der Klä-gerin erlitten hat, kann durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden. Die Pflichtverletzung der Klägerin besteht in der Wahl einer die Bausubstanz mehr als notwendig schädigenden Trocknungsmaßnahme. Sie kann nicht dadurch ungeschehen gemacht und der entstandene Schaden beseitigt wer-den, dass die ordnungsgemäße Erfüllungsleistung -
das Öffnen des Bodens in den vier Ecken der Bäder
-
nachgeholt wird. Der Zweck der Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, das noch mit Mängeln be-haftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen,
ehe
an deren [X.] die ihn finanziell regelmäßig mehr belastenden anderen Mängelansprüche treten, war hier nicht mehr zu erreichen. Der Bundesgerichtshof
hat zum alten Schuldrecht bereits entschieden, dass
bei einer derartigen Sachlage die [X.] einer Frist zur Nachbesserung nicht in Betracht kommt (Urteil vom 7.
November 1985 -
VII
ZR
270/83, [X.]Z
96, 221, 226; vgl. auch Urteil vom 16.
Oktober 1984 -
X
ZR
86/83, [X.]Z
92, 308, 310). Daran hat sich durch das [X.] nichts geändert.
4. Auch soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der [X.] bei der Entstehung des Schadens verneint, ist seine Entscheidung [X.] nicht zu beanstanden.
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a) Die Bedenken, die die Revisionserwiderung insoweit gegen die Statt-haftigkeit der Revision geltend macht, sind nicht begründet. Zwar ist es richtig, dass eine Beschränkung der Revisionszulassung regelmäßig anzunehmen ist, wenn die Zulassung nur wegen bestimmter Rechtsfragen ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des [X.] erheblich sein können ([X.], Urteil vom 5.
Mai 2011
-
III
ZR
91/10, NJW-RR
2011, 1106 Rn.
22,
und Beschluss vom 10.
Februar 2011 -
VII
ZR
71/10, [X.], 354 Rn.
11). Die vom Berufungsgericht [X.] ist nur für den Grund des von der [X.] zur [X.] gestellten Gegenanspruchs und nicht für dessen Höhe von
Bedeu-tung. Ob hieraus der Schluss gezogen werden kann, dass das Berufungsgericht die Revisionszulassung auf den Grund dieses Anspruchs beschränken und die Frage des
Mitverschuldens
von der Zulassung ausnehmen wollte, muss der [X.] nicht entscheiden. Denn eine derartige Beschränkung ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn sich der Einwand des Mitverschuldens nicht vom Grund der Haftung trennen lässt, weil beides sich aus einem einheitlich zu würdigen-den Schadensereignis ableitet
([X.], Urteile vom 15.
November
2001

I
ZR
264/99, NJW-RR
2002, 1148, 1149,
und vom 30.
September
1980

VI
ZR
213/79, NJW
1981, 287, 288). So ist es hier. Die Klägerin macht gel-tend, sie sei für die Wahl der falschen [X.] nicht allein verant-wortlich; die Beklagte habe ihr trotz des erheblichen Zeitdrucks nicht die Lage der
Rohre im Fußboden verdeutlicht und sie dadurch von der Verwirklichung der schonendsten [X.] abgebracht. Dieser Einwand betrifft die Entstehung des Anspruchs, §
254 Abs.
1 BGB, und kann nur zusammen mit den Verursachungsbeiträgen der Klägerin sinnvoll gewürdigt werden.
b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der [X.] verneint.
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aa) Die [X.] nach §
254 BGB ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie kann im Revisionsverfahren jedoch daraufhin überprüft werden, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind. Die Abwägung darf insbesondere nicht schematisch erfolgen, sondern muss alle festgestellten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen ([X.], Urteil vom 11.
September 2008 -
I
ZR
118/06, NJW-RR
2009, 43 Rn.
43 m.w.N.).
bb) Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil. Das Berufungs-gericht hat insbesondere den oben dargestellten Einwand der
Klägerin gesehen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Es nimmt bei der Prüfung des [X.] auf seine Ausführungen unter [X.] 2. Bezug. Dort führt es aus, es sei vor
Ort über verschiedene [X.] gesprochen worden. Es
setzt sich mit der Ansicht des [X.] auseinander, die Klägerin sei zu der ausgeführten Trocknungsmaßnahme durch die Beklagte veranlasst worden, und geht auch auf die Eilbedürftigkeit der Sache ein.
Diese Erwägungen sind von [X.] nicht beeinflusst. [X.] ist die Würdigung des Berufungsgerichts vertretbar, die Klägerin hätte sich von den Mitarbeitern der [X.] nicht davon abbringen lassen dürfen, den [X.] zu erfüllen. Eine Anordnung der [X.], die Löcher wegen der den Mitarbeitern unbekannten Lage der Rohre nicht im Fußboden anzubringen, lag nicht vor.
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I[X.]
Die
Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Kniffka
Bauner
Eick

[X.]

Leupertz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.02.2010 -
4 O
405/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.10.2010 -
5 U 47/10 -

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Meta

VII ZR 198/10

08.12.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2011, Az. VII ZR 198/10 (REWIS RS 2011, 653)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 653

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

11 U 110/16

Zitiert

VII ZR 198/10

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