Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2016, Az. XII ZR 59/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7541

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270716BXIIZR59.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 59/14
vom
27. Juli 2016
in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 27.
Juli 2016 durch den [X.] [X.], [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger und [X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revi-sion gegen den
Beschluss des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Mai 2014
zugelassen.
Auf die Revision der Beklagten wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert:
23.237

Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt
zur Zulassung der Revision sowie
gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserhebli-cher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG).
1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Verfahren der Nichtzulas-sungsbeschwerde von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung
nach §
522 Abs.
2 ZPO
im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe gegen ihre 1
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frühere Mieterin, die Beklagte zu
1, und deren Gesellschafter, die Beklagten zu
2 und 3, als Gesamtschuldner ein Anspruch auf rückständige Gewerbemiete
für die Zeit von Januar bis Juli 2012 in Höhe von insgesamt 6.889

Einen konkreten Sachmangel, der eine Mietminderung gemäß §
536 Abs.
1 BGB rechtfertigen könnte, hätten die Beklagten weder hinsichtlich der Heizungsanla-ge noch hinsichtlich der Belüftung des Restaurants substantiiert dargelegt. Ein Anspruch auf
eine Vertragsstrafe von 10.000

gestellt wurde, stehe den Beklagten nicht zu, da sie einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel des [X.] nicht schlüssig und substantiiert dargelegt hätten. Den mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatz für Umsatzeinbußen im Hinblick auf abgesagte Veranstaltungen und das ent-gangene Tagesgeschäft ab dem 25.
August 2012 könnten die Beklagten schon deshalb nicht verlangen, weil
sie aufgrund der fristlosen Kündigung der Klägerin
das Mietobjekt im Juni 2012 hätten räumen und herausgeben müssen.
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen [X.] (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt hat, weil es
die Substantiierungsanforderun-gen offenkundig überspannt und dadurch versäumt hat, den entscheidungser-heblichen Sachvortrag
der Beklagten in der nach Art.
103 Abs.
1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 1.
Juni 2005

XII
ZR
275/02

NJW 2005, 2710; [X.] Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZR
124/11

WuM 2012, 311 Rn.
5 mwN).
a) Eine [X.] genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung ge-haltenen
Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vor-trägt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der ande-ren Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf ei-3
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4
-

genem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht ([X.] Be-schluss vom 21.
Oktober 2014

VIII
ZR
34/14

MDR 2015, 234 Rn.
20 mwN). Die Angabe
näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt
werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der [X.] zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des gel-tend gemachten Rechts vorliegen
(Senatsbeschluss vom 1.
August 2012

XII
ZR
87/11

Grundeigentum 2012, 1635 Rn.
10; [X.] Beschluss vom 28.
Februar 2012

VIII
ZR
124/11

WuM 2012, 311 Rn.
6
f. mwN).
Da die Minderung nach §
536 Abs.
1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Ge-brauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen ("Mangelsymptome") hinaus die

ihm häufig nicht bekannte

Ursache dieser Symptome bezeichnet (Senatsurteil vom 27.
Februar 1991

XII
ZR
47/90

NJW-RR 1991, 779, 780; [X.] Urteil vom 25.
Oktober 2011

VIII
ZR
125/11

NJW 2012, 382 Rn.
16 mwN).
b) Den beschriebenen Anforderungen werden die Mängelrügen der [X.] hinsichtlich der Heizungsanlage und der Belüftung gerecht.
aa) Das Berufungsgericht hätte dem unter
Beweis gestellten Vorbringen der Beklagten zur mangelhaften Lüftungsanlage nachgehen müssen.
Die Beklagten haben bereits mit der Klageerwiderung das Fehlen eines erforderlichen Belüftungssystems gerügt und im Einzelnen ausgeführt, es fehle an einer funktionierenden warmen Zuluft, da die Klägerin die vorhandene
Zuluft-öffnung mit einer
Styroporplatte verschlossen
habe. Dadurch sei in den Räum-5
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lichkeiten nur Abluft, aber keine Zuluft vorhanden gewesen, wodurch auch ein Unterdruck zwischen Küche und Restaurant entstanden sei. Sie haben ihre [X.] dahingehend ergänzt, dass die [X.] in der Küche so hoch gewesen sei, dass im gesamten Betrieb Unterdruck geherrscht
habe. Nur mit erhöhtem Kraftaufwand sei es möglich gewesen, die Zugangstüren zu öffnen. Die Pendel-tür
zwischen der Küche und dem Gastraum habe nicht verschlossen werden können, da dann extreme Zugerscheinungen aufgetreten seien. Hierzu haben die Beklagten ein ([X.]-)Gutachten des Dipl.-Ing. K.

vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt, die Lüftung des gesamten Restaurants und der Neben-räume sei mangelhaft bzw. falsch dimensioniert oder eingestellt. In der Perso-naltoilette diene die Abluftanlage auch bei eingeschaltetem Lüfter als Zuluft. Im Gastraum sei die Lüftungsanlage mit Folie und Klebeband verschlossen. Am [X.] sei die Abluftanlage der Küche mit Folie abgedeckt, ein Wand-durchbruch sei mit [X.] verschlossen. Die Lüftungsanlage sei in keiner Weise auf die Bedürfnisse des Hauses eingestellt. Zum Beweis haben die Beklagten sich auf das Zeugnis des Dipl.-Ing. K.

berufen. [X.] haben die Beklagten noch ergänzend vorgetragen, dass die [X.] nicht funktionstüchtig war, weil der erforderliche Zuluftmotor gefehlt habe, und sich insoweit auf einen
weiteren Zeugen berufen.
Weitere Einzelheiten sind von den Beklagten nicht zu fordern. Werden

wie hier

Räume zur Nutzung als Gastronomiebetrieb vermietet, kann nach den vertraglichen Vereinbarungen eine unzureichende Belüftung einen
Mangel darstellen. Hierzu wird das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Sollte das
Berufungsgericht der Auffassung sein, die Frage der unzu-reichenden Belüftung könne nur durch (gerichtliches) Sachverständigengutach-ten geklärt werden, und
der bislang von den Beklagten insoweit angetretene 9
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6
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Zeugenbeweis sei nicht ausreichend, müssten die Beklagten darauf
nach §
139 ZPO hingewiesen werden.
bb) Ebenso hätte das Berufungsgericht auch über die von den Beklagten behauptete mangelnde Beheizbarkeit der Gaststättenräume die angebotenen Beweise erheben müssen.
Die Darlegung der Beklagten ist nicht deswegen unschlüssig, weil sie unvereinbar mit dem Inhalt des Schreibens vom 13.
Februar 2012 ist. Die [X.] können nicht an ihrer
vorgerichtlichen
Sachdarstellung festgehalten werden. Widersprüche im [X.]vortrag sind zwar grundsätzlich ein (nicht un-wesentlicher) Gesichtspunkt im Rahmen der Beweiswürdigung. Jedoch können sie nicht dazu führen, dass Beweise überhaupt nicht erhoben werden. Dies käme
einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, die das rechtliche Gehör der übergangenen [X.] verletzt (Senatsbeschluss vom 1.
Juni 2005

XII
ZR
275/02

NJW 2005, 2710, 2712). Erst recht können Widersprüche zwi-schen dem [X.]vortrag im gerichtlichen Verfahren und vorgerichtlichen (schriftlichen) Äußerungen einer [X.] nicht dazu führen, dass der im gerichtli-chen Verfahren vorgetragene Sachverhalt nicht im Wege der Beweisaufnahme aufgeklärt wird.
Auch die Widersprüche zwischen den verschiedenen Darstellungen, die die Beklagten während des Prozesses abgegeben haben, sind nicht derart gra-vierend, dass deswegen von einem nicht nachvollziehbaren oder unsubstanti-ierten Vortrag, der der Beweisaufnahme nicht zugänglich ist, ausgegangen werden könnte. Zwar finden sich in den verschiedenen Schriftsätzen der [X.] unterschiedliche Beschreibungen der Beheizungsmöglichkeiten (maxi-mal 18°C bzw. nicht funktionstüchtig; in der Berufungsbegründung auch einma-lig maximal 16°C). Ein konkreter Sachmangel in Form einer nicht ausreichend funktionierenden Heizungsanlage ist jedoch schon dann vorgetragen, wenn der 11
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7
-

Mieter angibt, in welchem Zeitraum adäquate Raumtemperaturen nicht erreicht wurden. Dies haben die Beklagten getan, indem sie konsistent und immer [X.] vortrugen, es seien in den Gasträumen in den Monaten Oktober 2011 bis Mai 2012 keine Temperaturen von über 18°C erreichbar gewesen. Ob dies dann im Einzelfall 18°C oder 16°C waren, ist eine Quantifizierung der [X.], die der Mieter nicht vortragen muss (vgl. [X.] Be-schluss vom 25.
Oktober 2011

VIII
ZR
125/11

NJW 2012, 382 Rn.
20). [X.] können diesbezüglich unterschiedliche Angaben der Beklagten nicht dazu führen, dass der relevante Sachvortrag

nämlich dass die Tempera-turen jedenfalls nicht über 18°C lagen und so für den Restaurantbetrieb nicht ausreichend waren

nicht berücksichtigt wird. Ebenso wenig sind die Beklagten verpflichtet, die Ursachen der niedrigen Temperaturen genauer zu benennen. Die Beklagten haben angegeben, es
seien mit der vorhandenen Heizungs-
und Lüftungsanlage keine höheren Temperaturen erreichbar gewesen. Dies allein ist ausreichend, um

bei erfolgreichem Nachweis

von einem Sachmangel auszugehen.
-
8
-

3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zur mangelnden Beheizbarkeit und Belüftung der Mietsache und der Erhebung der dafür angebotenen [X.] zu einer anderen Beurteilung gekommen wäre, ist der Beschluss aufzuhe-ben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
4. Von einer weiteren Begründung
der Entscheidung
wird nach §
544 Abs.
4 Satz
2 ZPO abgesehen.

Dose
Ri[X.] Dr. Klinkhammer hat
Nedden-Boeger

Urlaub und ist deswegen an

einer Unterschrift gehindert.

Dose

[X.]
Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.11.2013 -
15 [X.]/12 -

O[X.], Entscheidung vom 13.05.2014 -
I-10 [X.] -

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15

Meta

XII ZR 59/14

27.07.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.07.2016, Az. XII ZR 59/14 (REWIS RS 2016, 7541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7541

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 59/14

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