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Abschiebungshaft: Gerichtszuständigkeit für Feststellung der Rechtswidrigkeit der Fortsetzung der Abschiebungshaft nach Stellung eines Asylfolgeantrags
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss der Zivilkammer 29 des [X.] vom 29. Dezember 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der Beschluss des [X.] vom 13. Dezember 2019 ihn in dem [X.]raum vom 8. bis 10. Januar 2020 in seinen Rechten verletzt hat, zurückgewiesen worden ist.
Es wird festgestellt, dass der Betroffene durch die in dem Beschluss des [X.] vom 13. Dezember 2019 angeordnete Haft in der [X.] vom 8. bis 10. Januar 2020 in seinen Rechten verletzt worden ist.
Von den im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Betroffenen tragen der Betroffene 90 % und die [X.] 10 %. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Betroffenen trägt die [X.]. Gerichtskosten werden im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erhoben. [X.] werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000 €.
I. Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, stellte aus der durch Beschluss des Amtsgerichts vom 13. Dezember 2019 angeordneten Abschiebehaft am 16. Dezember 2019 einen [X.]. Das [X.] (nachfolgend: [X.]) übersandte der beteiligten Behörde am 7. Januar 2020 eine sogenannte Prognosemeldung, wonach die Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen und ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde. Nach Rückfrage der beteiligten Behörde vom 8. Januar teilte das [X.] am 9. Januar 2020 erneut mit, dass ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde und wies darauf hin, dass eine Klage selbst bei Ablehnung des [X.]s aufschiebende Wirkung habe. Der Betroffene wurde am 10. Januar 2020 aus der Haft entlassen.
Die auf Feststellung der Rechtsverletzung durch die Anordnung der Abschiebungshaft gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er nur noch die Feststellung beantragt, dass er durch die Haft in der [X.] vom 8. bis 10. Januar 2020 in seinen Rechten verletzt worden sei.
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Betroffene hätte nicht schon am 8. Januar 2020 entlassen werden müssen. An diesem Tag habe erst eine Prognose des [X.]s vorgelegen, die noch nicht bestätigt gewesen sei. Eine unverzügliche Entlassung sei erst geboten gewesen, nachdem am 9. Januar 2020 die Nachricht über die Durchführung des Asylverfahrens eingegangen sei. Die Entlassung am 10. Januar sei sodann hinreichend rechtzeitig erfolgt.
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Die ordentlichen Gerichte sind gemäß § 428 FamFG auch für die Entscheidung über die Freiheitsentziehung im [X.] und damit auch für Fälle zuständig, in denen eine gerichtlich angeordnete Haft über ihr gesetzliches Ende hinaus vollzogen oder nicht rechtzeitig von der beteiligten Behörde beendet wird. Bei einer möglicherweise rechtswidrigen Fortsetzung einer durch das Gericht im ordentlichen Verfahren angeordneten Haft über ihr gesetzliches Ende hinaus liegt keine vorläufige Maßnahme vor, die nach § 70 Abs. 4 FamFG einer Rechtsbeschwerde nicht zugänglich wäre ([X.], Beschluss vom 6. Oktober 2020 - [X.]/19, [X.] 2021, 119 Rn. 7 f.).
b) Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Betroffene hätte bereits am 8. Januar 2020 aus der Haft entlassen werden müssen. Mit der Entscheidung des [X.]s, dass gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, § 71 Abs. 1 [X.] ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde, war die Abschiebungshaft zu beenden, weil dem Betroffenen gemäß § 55 Abs. 1 [X.] eine Aufenthaltsgestattung zu erteilen war (BeckOK [X.]/[X.] [1.4.2021], § 71 [X.] Rn. 39; [X.]/[X.]/[X.], Ausländerrecht, 13. Aufl., § 71 [X.] Rn. [X.], Ausländerrecht, 2. Aufl., § 71 [X.] Rn. 57). Während der Prüfung seines Antrags hat ein Betroffener ein gesetzliches Aufenthaltsrecht, das der Aufrechterhaltung der Haft entgegensteht. Das gilt auch, wenn das abgeschlossene Asylverfahren auf Grund eines [X.]s wiederaufgenommen wird. Von dieser Entscheidung hat die beteiligte Behörde bereits durch die am 7. Januar 2020 übersandte sogenannte Prognosenachricht des [X.]s erfahren. Die Nachricht informiert über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG und darüber, dass ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde. Damit handelt es sich bei dieser "Prognosemeldung" nicht lediglich um eine unverbindliche Ankündigung, sondern um eine Vorabmitteilung, aus der sich die Unzulässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft ergab.
3. [X.] beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1, § 83 Abs. 2 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
[X.] |
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Schmidt-Räntsch |
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Roloff |
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Picker |
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Rombach |
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Meta
20.07.2021
Bundesgerichtshof 13. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Hamburg, 29. Dezember 2020, Az: 329 T 84/19
§ 62 FamFG, § 70 Abs 4 FamFG, § 428 FamFG, § 55 Abs 1 AsylVfG 1992, § 71 Abs 1 AsylVfG 1992
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.07.2021, Az. XIII ZB 10/21 (REWIS RS 2021, 3964)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 3964
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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