Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. IX ZB 57/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17753

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:140116BIXZB57.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX [X.]/15
vom

14. Januar 2016

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 4 Abs. 1, § 511 Abs. 2 Nr. 1; [X.] § 182
Bei einer Klage auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle bestimmt sich der Wert des [X.]werdegegenstandes für die Berufung nach dem Betrag, der zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung bei der Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten war.
[X.], [X.]luss vom 14. Januar 2016 -
IX [X.]/15 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-

2

-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], den
Richter
Vill, die Richterin [X.], die Richter [X.] und Dr. Schoppmeyer

am
14. Januar 2016
beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde
der Kläger wird der [X.]luss des 13.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 15. Juni 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über
die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

[X.].

Gründe:

I.

Die Kläger erwarben drei
[X.] an einer Fonds KG. Die S.

GmbH (fortan: Schuldnerin) ist Gründungs-gesellschafterin und Komplementärin des Fonds. Die
Kläger machten
Scha-densersatzansprüche aus dem Erwerb der [X.] gegen die Schuldnerin geltend. Das Amtsgericht [X.] eröffnete mit [X.]luss vom 1
-

3

-

26.
April 2013 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Mit drei Schreiben vom 7.
Juni 2013 meldeten
die Kläger zwei Forderun-gen über 26.25sowie eine Forderung über 21.000

, jeweils zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20

zur Tabelle an. Der Beklagte lehnte die Feststel-lung zur Tabelle ab.

Mit ihrer Feststellungsklage
beantragen die Kläger
in erster Linie, eine Insolvenzforderung
von 73.500

-um-Zug gegen Abtretung aller Rechte aus den [X.] der Kläger festzustellen. Der Beklagte [X.] in erster Instanz unter anderem
geltend, dass die liquiden Mittel gerade aus-reichend seien, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu tragen. Eine Quote sei nicht zu erwarten. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen und den Streitwert auf 500

n
Klägern
eingelegte Beru-fung hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Hiergegen wenden
sich die Kläger mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1.
Das Berufungsgericht hat gemeint, der nach §
511 Abs.
2 ZPO erfor-derliche [X.]werdewert von über 600

sei nicht erreicht. Gemäß §
182 [X.] in Verbindung mit §
3 ZPO komme es auf das wirtschaftliche Interesse des Gläubigers an der Feststellung seiner Forderung an. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Streitwertfestsetzung sei gemäß §
182 [X.] derjenige
der Klageerhebung. 2
3
4
5
-

4

-

Zu
diesem
Zeitpunkt sei keine Quote zu erwarten gewesen. Änderungen, die im Laufe des Rechtsstreits einträten, seien unerheblich. Dass zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels möglicherweise eine andere Quote zu erwarten gewesen sei, ändere nichts. §
4 ZPO besage nur, dass ein Steigen oder Sinken des Wertes des Streitwerts im Vergleich zum Tag des Eingangs der Klage oder des Eingangs der Rechtsmittelschrift ohne Einfluss auf die Zuständigkeit oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels sei.

2.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO). Wie die Rechtsbeschwerde darlegt, weicht das Berufungsgericht mit seiner Rechtsprechung vom allgemeinen Ver-ständnis des §
4 ZPO ab.

a) Der angefochtene [X.]luss ist aufzuheben, weil das Berufungsge-richt §
4 ZPO missversteht. Ob eine Berufung die erforderliche [X.]werde-summe erreicht, richtet sich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der [X.] der Berufung.

aa) Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist grundsätzlich der Zeit-punkt seiner Einlegung maßgebend ([X.], [X.]luss vom 14.
Januar 2009 -
XII
ZB 146/08, NJW-RR 2009, 793 Rn.
9 mwN). Damit ist auch für die Bemes-sung des Wertes der [X.]wer regelmäßig auf den Zeitpunkt der [X.] abzustellen ([X.], Urteil
vom 19.
Dezember 1950 -
I
ZR 7/50, [X.]Z 1, 29, 30; vom 9.
September 1999 -
IX
ZR 80/99, [X.],
1811, 1812
mwN; vom 17.
Juli 2008 -
IX
ZR 126/07, [X.], 1744 Rn.
5; Stein/[X.]/
Roth, ZPO, 23.
Aufl.,
§
4 Rn.
9; [X.]/[X.], ZPO,
31.
Aufl., §
511 Rn.
19). 6
7
8
-

5

-

Durch eine spätere Verminderung der [X.]werdesumme wird das [X.] regelmäßig nicht unzulässig ([X.], Urteil vom 17.
Juli 2008,
aaO mwN). Dies ergibt sich aus §
4 ZPO, der den Stichtag für die [X.] festlegt, ohne selbst einen Bewertungsmaßstab aufzustellen. Damit sind im Allgemeinen die in diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse für die [X.] maß-geblich.

bb) Dies gilt auch für die Fälle, in denen sich -
bei unverändertem Streit-gegenstand
-
der Wert
des [X.]werdegegenstandes
gegenüber dem Zustän-digkeitsstreitwert erster Instanz verändert hat.

(1) §
4 ZPO bestimmt unterschiedliche Zeitpunkte für die Wertberech-nung. Danach ist im Allgemeinen die Einreichung der Klage entscheidend, in der Rechtsmittelinstanz jedoch der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels. Es handelt sich dabei um eine bewusste Wertentscheidung des Gesetzgebers. §
4 ZPO stellte ursprünglich für die [X.] ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erhebung der Klage ab; der für den Zeitpunkt der Klageerhebung angenommene Wert sollte für die Dauer des Rechtsstreits maßgebend bleiben (Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Band 2, ZPO, S.
147). Erst mit Gesetz vom 8.
Juli 1922 ([X.] 1922, 569)
erhielt §
4 ZPO als Reaktion auf die damalige Inflationszeit und die damit einhergehenden Verän-derungen des [X.] ([X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl.,
§
4 Rn. 16) die heutige Fassung.

§
4 ZPO zielt damit darauf ab, die Bedeutung von Wertschwankungen bei gleichbleibendem Streitgegenstand für die Dauer einer Instanz [X.]. Hingegen ist der [X.] ohne Bindung an den Zuständig-keitsstreitwert festzustellen ([X.],
aaO Rn. 10). Angesichts der vom Gesetz 9
10
11
-

6

-

vorgesehenen unterschiedlichen Zeitpunkte für den Zuständigkeits-
und den [X.] können sich bei identischem Streitgegenstand unter-schiedliche Werte ergeben ([X.],
aaO Rn. 16). Dabei kann der Wert höher
oder niedriger als bei Einreichung der Klage sein.

(2) §
182 [X.] bestimmt lediglich, welche Maßstäbe für die Wertberech-nung bei einer Klage auf Feststellung einer Forderung anzulegen sind, deren Bestand vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten wird. Die Vorschrift sagt jedoch nichts darüber aus, welcher Zeitpunkt für die [X.] maßgebend ist. Insoweit bleibt es gemäß §
4 [X.] in Verbin-dung mit §
4 Abs.
1 ZPO bei den allgemeinen Regeln (MünchKomm-[X.]/
[X.], 3.
Aufl. §
182 Rn. 10).

Mithin kommt es im Streitfall für die Frage, ob die Mindestbeschwer er-reicht ist, darauf an, welche Quote für die Forderung zum Zeitpunkt der [X.] der
Berufung zu erwarten war (vgl. [X.], [X.]luss vom 29.
Juni 1994
-
VIII
ZR 28/94, [X.], 1193, 1194; Urteil vom 9.
September 1999 -
IX
ZR 80/99, [X.], 1811, 1812; [X.] ZIP 2005, 1571
f.; MünchKomm-[X.]/
[X.],
aaO; [X.]/[X.],
[X.], §
182 Rn.
26;Pape/Schaltke
in
Kübler/[X.], [X.], 2010, §
182 Rn. 4). Unerheblich ist hingegen, [X.] Quote bei Einreichung der Klage zu erwarten war.

b) Nach diesen Maßstäben ist die Berufung der Kläger zulässig. Da das [X.] die Feststellungsklage in vollem Umfang abgewiesen hat, ist für die [X.]wer der
Kläger maßgeblich, welchen Wert die Feststellungsklage bei [X.] der Berufung hatte. Dies war hier der 11.
März 2015. Nach den [X.] Angaben des Beklagten, die sich die Kläger zu eigen gemacht haben
und an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, war selbst bei ungünstigen 12
13
14
-

7

-

Annahmen am 11.
März 2015
jedenfalls mit einer Quote von 1,91
v.[X.]. Dies ergibt gemäß §
182 [X.], §
3 ZPO eine [X.]werdesumme von [X.] 1.403,85

welche die Grenze des §
511 Abs. 2 Nr.
1
ZPO übersteigt.

3.
Das Berufungsgericht wird daher in der Sache zu entscheiden haben.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Forderungen, die von einer Gegenleistung abhängen, nicht zur Insolvenztabelle angemeldet wer-den können ([X.], Urteil vom 23.
Oktober 2003 -
IX
ZR 165/02, [X.], 2379, 2381; vom 21.
Mai 2015 -
III
ZR 384/12, [X.], 1243 Rn.
18 mwN; MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl.,
§
174 Rn.
15).
Ansprüche, die
durch eine

15
-

8

-

Zug-um-Zug zu erbringende Leistung eingeschränkt sind, müssen entspre-chend §
45 Satz 1 [X.] in einen Geldbetrag umgerechnet werden.

Kayser
Vill
[X.]

Pape
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 09.02.2015 -
35 O 3496/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.06.2015 -
13 U 927/15 -

Meta

IX ZB 57/15

14.01.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. IX ZB 57/15 (REWIS RS 2016, 17753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17753

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 57/15 (Bundesgerichtshof)

Berufungsbeschwer nach Abweisung einer Klage auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle


IX ZB 73/15 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren: Berufungsbeschwer nach Abweisung einer Klage auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle


IX ZB 100/15 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 78/15 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 100/15 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren: Erreichen der Mindestbeschwer nach Abweisung einer Klage auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 57/15

35 O 3496/14

13 U 927/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.