Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.07.2021, Az. VIII R 9/19

8. Senat | REWIS RS 2021, 4427

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen "Spin-Off"- ertragsteuerliche Folgen für den inländischen Privatanleger


Leitsatz

1. Teilt eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. "Spin-Off" Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zu, kann dies grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen, soweit keine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegt.

2. Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen "Spin-Off" ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge.

3. Der Begriff der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich (entgegen BMF-Scheiben vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, Rz 115 i.V.m. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36). Entscheidend bei einer "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12.03.2019 - 13 K 1762/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Behandlung der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. "Spin-Off" nach [X.] Recht.

2

Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) hielten in 2015 (Streitjahr) über ihre Depotbank Aktien der [X.] ([X.]), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats [X.]. Nachdem die [X.] in [X.] ([X.]) umbenannt worden war, übertrug die [X.] das Unternehmenskundengeschäft auf die [X.] ([X.]), eine Tochtergesellschaft und ebenfalls Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats [X.]. Die Aktionäre erhielten sodann für eine alte Aktie der [X.] eine Aktie der umbenannten [X.]. Zusätzlich teilte ihnen die [X.] ihre bereits an der [X.] gehaltenen Anteile zu, so dass die Aktionäre fortan im selben Verhältnis an den beiden Gesellschaften --der [X.] und der [X.]-- beteiligt waren.

3

Die Depotbank der Kläger hatte insofern keine Steuerbeträge einbehalten, wies jedoch in der Jahressteuerbescheinigung für das Streitjahr die zugeteilten [X.]-Aktien als Kapitalertrag in Höhe von ... € aus. Die Kläger, nach deren Auffassung die Zuteilung der [X.]-Aktien steuerneutral zu behandeln sei, setzten in ihrer Einkommensteuererklärung entsprechend niedrigere Kapitaleinkünfte an. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem nicht, sondern behandelte die zugeteilten [X.]-Aktien als steuerpflichtigen Kapitalertrag. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos; die Klage hatte hingegen aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1117 mitgeteilten Gründen Erfolg.

4

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.], mit dem es die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) widerspreche dem Schreiben des [X.] ([X.]) vom 20.03.2017 - IV C 1-S 2252/15/10029:002 ([X.], 431). Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) seien nicht erfüllt. Das Merkmal der "Abspaltung" sei ein Terminus des [X.] Umwandlungsgesetzes ([X.]). Fraglich sei daher, ob § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG überhaupt auf ausländische Vorgänge anwendbar sei. Jedenfalls müssten ausländische Vorgänge mit den "Strukturmerkmalen" einer [X.] Abspaltung vergleichbar sein. Vorliegend kenne das Gesellschaftsrecht des US-Bundesstaats [X.] das [X.] nicht. Der sog. "Spin-Off" sei nach [X.] zwar steuerneutral möglich, er vollziehe sich aber nicht in einem mit einer [X.] Abspaltung vergleichbaren zivilrechtlichen Rechtsakt. Eine solche "[X.]" beruhe vielmehr auf einzelvertraglicher Vereinbarung. Nach [X.] Recht entspreche der vorliegende Vorgang einer Einlage von Vermögenswerten in eine Tochtergesellschaft und einer anschließenden Sachausschüttung der von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft an die Gesellschafter und sei nicht mit einer Abspaltung nach dem [X.] [X.] vergleichbar.

5

Das [X.] beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

7

Eine rein formale, an dem [X.]-Schreiben in [X.], 431 gemessene Betrachtung werde der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. Entscheidend sei die Gesetzeshistorie des § 20 Abs. 4a EStG, in der ausdrücklich auch sog. "Spin-Off" erwähnt seien. Im Übrigen verweisen die Kläger vollumfänglich auf die Begründung des [X.].

Entscheidungsgründe

II.

8

[X.]ie Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]ie Entscheidung des [X.], dass die Zuteilung der [X.]-Aktien --isoliert betrachtet-- als Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar ist (unter 1.), jedoch nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG letztlich steuerneutral erfolgt (unter 2.), hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

9

1. Zwar führt die Zuteilung der [X.]-Aktien von der [X.] an die Kläger bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den der [X.] ([X.]) das Besteuerungsrecht zusteht.

a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile ([X.]ividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische Gesellschaft handelt (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 20.10.2010 - I R 117/08, [X.], 15, Rz 13, m.w.N.). [X.]ementsprechend ist den Klägern mit der Einbuchung der [X.]-Aktien auf ihrem [X.]epot ein Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.

b) Für diesen als Sachausschüttung steuerbaren Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der in den [X.] ([X.]) ansässigen [X.] steht [X.] abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. [X.]ie Kläger waren im Streitjahr im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). [X.]as Abkommen zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der [X.]oppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 ([X.], 612, [X.], 784) --[X.]BA-[X.] 1989/2008-- weist das Besteuerungsrecht für [X.]ividenden aus Aktien, die eine in den [X.] ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 [X.]BA-[X.] 1989/2008 dem Ansässigkeitsstaat des [X.] und damit [X.] zu.

2. [X.]a die [X.]-Aktien jedoch im Rahmen einer Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zugeteilt wurden, löst der Vorgang bei den Klägern im Streitjahr keine Besteuerung aus.

a) Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gelten abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 des [X.]es ([X.]) die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht. [X.]ie Anwendung der Regelung hat im Streitjahr zur Folge, dass die Anteilszuteilung steuerneutral erfolgt.

b) Voraussetzung ist zunächst der [X.] durch "Abspaltung". Eine solche liegt nach nationalem Recht gemäß § 123 Abs. 2 [X.] vor, wenn ein Rechtsträger von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger überträgt (Abspaltung zur Aufnahme, § 123 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) oder der oder die übernehmenden Rechtsträger erst durch die Übertragung entstehen (Abspaltung zur Neugründung, § 123 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung Anteile am übernehmenden Rechtsträger erhalten. Sind --wie vorliegend-- ausschließlich ausländische Rechtsträger beteiligt, ist eine Abspaltung nach § 123 Abs. 2 [X.] mangels Anwendbarkeit des [X.] Umwandlungsrechts hingegen nicht möglich (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

c) [X.]ie Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist jedoch --entgegen der Auffassung des [X.]-- auch auf ausländische Vorgänge anwendbar, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Abspaltung nach nationalem Umwandlungsrecht entsprechen (gleicher Ansicht BMF-Schreiben vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, [X.], 85, Rz 115; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 20 EStG Rz 592; [X.]/[X.] in [X.]/Pung/[X.] --[X.]/P/M--, Kommentar zum [X.], § 20 EStG, Rz 306a; [X.]/Lindenberg in Lademann, EStG, § 20 EStG Rz 829b; [X.]/[X.], EStG, 40. Aufl., § 20 Rz 226).

aa) Zwar lassen die Gesetzesmaterialien keinen eindeutigen Schluss darauf zu, ob der Gesetzgeber in Bezug auf Abspaltungen i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch [X.] einbeziehen wollte. Einerseits sollte der "Anwendungsbereich von § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG", der auch bei ausländischen Tauschvorgängen einschlägig ist, "auf Abspaltungen erweitert" werden (BT[X.]rucks 17/10000, S. 54). Auf der anderen Seite enthält die Gesetzesbegründung nationale Begrifflichkeiten wie "Spaltungsvertrag oder -plan" (BT[X.]rucks 17/10000, S. 54). Zudem ist die zeitliche Anwendbarkeit der Regelung an die "Anmeldung zur Eintragung in das öffentliche Register" geknüpft (§ 52a Abs. 10 Satz 12 des Einkommensteuergesetzes i.d.[X.] vom 26.06.2013, [X.], 1809).

bb) Jedenfalls gebietet aber die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf ausländische Vorgänge.

aaa) [X.]er Schutzbereich der auch auf [X.] anzuwendenden Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 [X.] ist eröffnet. Insbesondere knüpft § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht an eine bestimmte Beteiligungshöhe an (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2018 - I R 75/16, [X.], 502, [X.], 806, Rz 19 ff., zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 [X.] von demjenigen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 [X.]).

bbb) Ein Ausschluss von [X.]n aus dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG wäre geeignet, Inländer von Investitionen in anderen [X.] abzuhalten und würde ausländische Gesellschaften und deren Gesellschafter im Vergleich zu rein inländischen Sachverhalten bei Kapitalmaßnahmen der [X.] --im vorliegenden Fall der Abspaltung-- benachteiligen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der [X.] EV vom 20.09.2018 - [X.]/16, [X.]:C:2018:743, Rz 55, [X.], 111).

ccc) Ein Rechtfertigungsgrund dafür, dem inländischen Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft von vornherein die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zu verweigern, besteht nicht. [X.]as gilt im Hinblick auf in den [X.] ansässige Kapitalgesellschaften insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in Art. 26 Abs. 1 [X.]BA-[X.] 1989/2008 die sog. "große" [X.] vereinbart worden ist, die einen umfassenden Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten ermöglicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 64 Abs. 1 [X.], da § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG bereits keine [X.]irektinvestitionen erfasst.

d) Zur Vermeidung eines unionsrechtswidrigen Zustands ist § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG daher grundsätzlich auch auf ausländische Vorgänge anzuwenden. [X.]a die Kapitalverkehrsfreiheit jedoch lediglich eine Benachteiligung der ausländischen Gesellschaften und ihrer Anteilseigner verbietet, aber eine Besserstellung gegenüber reinen Inlandssachverhalten nicht erfordert, sind nur solche (ausländischen) Vorgänge erfasst, die einer (inländischen) Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] vergleichbar sind (im Ergebnis ebenso z.B. BMF-Schreiben in [X.], 85, Rz 115; Blümich/[X.], § 20 EStG Rz 439a; [X.]/[X.], § 20 EStG Rz 592; [X.]/[X.] in [X.]/P/M, a.a.[X.], § 20 EStG Rz 306a; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 20 Rz 226). [X.]ies ist der Fall, wenn der ausländische Vorgang "seinem Wesen nach" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] entspricht (vgl. auch BT[X.]rucks 16/2710, S. 35 zu "vergleichbaren ausländischen Vorgängen" i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Erforderlich ist, dass die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] erfüllt sind.

aa) Kennzeichnend für eine Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] ist --wie vom [X.] zutreffend erkannt-- die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Rechtsträgers aufgrund eines Rechtsgeschäfts gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ohne liquidationslose Auflösung des übertragenden Rechtsträgers (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011 - IV C 2-S 1978-b/08/10001, [X.], 1314, Rz 01.36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 Rz 73; Maetz in [X.]/[X.], Umwandlungsrecht, § 1 [X.] Rz 44; [X.]/[X.], [X.], [X.], 9. Aufl., § 123 [X.] Rz 5; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 1 Rz 28). [X.]iese Voraussetzungen sind nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) im Streitfall erfüllt.

aaa) [X.]ie [X.] (übertragende Rechtsträgerin) übertrug im Streitjahr Vermögen in Gestalt des [X.] auf die [X.] (übernehmende Rechtsträgerin). Ob es sich bei dem Unternehmenskundengeschäft der [X.] um einen Teilbetrieb i.S. des § 15 [X.] handelt, ist für die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nach dessen Wortlaut ohne Bedeutung. Zudem wurde die übertragende Rechtsträgerin nicht aufgelöst. Vielmehr bestand die [X.] als übertragende Rechtsträgerin weiterhin fort. Infolge der Umbenennung der [X.] in [X.] kam es zwar zur Vergabe einer neuen Wertpapierkennnummer, nicht aber zu einer liquidationslosen Auflösung.

bbb) [X.]es Weiteren erhielten die Aktionäre der übertragenden [X.] Anteile an der übernehmenden [X.]. Insofern ist auch nach nationalem Recht die Abspaltung von Vermögen einer Muttergesellschaft auf eine bereits bestehende Tochtergesellschaft möglich (sog. "Abwärtsabspaltung"), wobei die Pflicht zur Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger durch Zuteilung der bereits bestehenden, von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft erfüllt werden kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 126 [X.] Rz 81; Priester in [X.], [X.], 6. Aufl. 2019, § 126 Rz 24; Weiler in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 72). [X.]ies ist vorliegend durch Zuteilung der von der [X.] bereits an der [X.] gehaltenen Anteile an die Kläger geschehen. [X.]ie Zuteilung neu ausgegebener Anteile an der übernehmenden [X.] war demgegenüber nicht erforderlich.

ccc) Schließlich erfolgte die Zuteilung der [X.]-Aktien an die Aktionäre der [X.] auch "gegen" Übertragung des [X.] von der [X.] auf die [X.]. Bei der Anteilszuteilung handelte es sich lediglich um den letzten Schritt hin zu der von Anfang an beabsichtigten --sowie durch im Vorfeld abgegebene Pressemeldungen von [X.] öffentlich bekanntgemachten-- Zielstruktur, nach der zwei selbständige Unternehmen entstehen sollten, an denen die bisherigen Aktionäre beteiligt sind. [X.]ie hierfür erforderliche Zuteilung der [X.]-Aktien vollzog sich daher in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der Übertragung des [X.] und insofern "gegen" Vermögensübertragung von der [X.] auf die [X.]. Anders als das [X.] meint, ist dieser einheitliche Vorgang nicht in eine isoliert zu betrachtende Übertragung des [X.] von der [X.] auf die [X.] einerseits und eine davon unabhängige, ebenfalls isoliert zu betrachtende Anteilszuteilung von [X.]-Aktien durch die [X.] an ihre Aktionäre andererseits zu zerlegen. Aus diesem Grund sind auch die Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG im Streitfall nicht erfüllt.

bb) Zwar ist darüber hinaus --worauf das [X.] zu Recht hinweist-- nach nationalem Recht allen Spaltungsarten gemeinsam, dass sich der [X.] "kraft Gesetzes" durch "partielle Gesamtrechtsnachfolge" vollzieht (vgl. BT[X.]rucks 16/2710, S. 35; BMF-Schreiben in [X.], 1314, Rz 01.36; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 1 Rz 73; Maetz in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 1 [X.] Rz 44; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 5). Im Streitfall erfolgten die Übertragungen des [X.] von der [X.] auf die [X.] und auch der Anteile an der [X.] von der [X.] auf ihre Aktionäre nach den Feststellungen des [X.] hingegen im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen.

cc) Jedoch ist die partielle Gesamtrechtsnachfolge "uno actu" beim [X.] § 123 Abs. 2 [X.] kein bloß formeller Selbstzweck, sondern dient der Erleichterung der am [X.] beteiligten Rechtsträger, weil sie gesonderte Übertragungsakte entbehrlich macht. [X.]ie Vermögensübertragung erfolgt dabei --auf Grundlage des [X.] bzw. [X.]s-- automatisch mit Eintragung der Spaltung im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers (Weiler in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 123 [X.] Rz 20). Auf dieses vornehmlich zu Gunsten der am [X.] beteiligten Rechtsträger wirkende und überdies an nationale Voraussetzungen (Festlegung im Spaltungsvertrag bzw. [X.], [X.]) anknüpfende Rechtsinstitut der partiellen Gesamtrechtsnachfolge kann daher --jedenfalls in [X.] im Rahmen einer typusorientierten Auslegung der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verzichtet werden. Anderenfalls wäre die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf Anteilsinhaber derjenigen (ausländischen) Gesellschaften, deren Rechtssystem einen [X.] kraft Gesetzes im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt, von vornherein --und in mit der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 [X.] unvereinbarer [X.] nicht anwendbar. Ob sich für Abspaltungen innerhalb der [X.] aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. a und b der [X.] Art. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften ([X.] 1982, Nr. L 378, 47) --jetzt: Art. 151 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie ([X.]) 2017/1132 des [X.] und des Rates vom 14.06.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Amtsblatt der [X.] 2017, Nr. L 169, [X.] etwas anderes ergeben könnte (so etwa [X.] in [X.]/P/M, a.a.[X.], § 1 [X.] Rz 104), ist hier nicht entscheidungserheblich.

e) Schließlich ist --wie es § 20 Abs. 4a Satz 7 [X.]. Satz 1 (am Ende) EStG weiter voraussetzt-- auch das Recht [X.]s hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile an der [X.] nicht ausgeschlossen oder beschränkt. Art. 13 Abs. 5 [X.]BA-[X.] 1989/2008 weist das ausschließliche Besteuerungsrecht des Gewinns aus der Veräußerung der zugeteilten Aktien dem Ansässigkeitsstaat des [X.] und damit vorliegend [X.] zu (vgl. BFH-Urteil vom 30.05.2018 - I R 35/16, [X.], 46, Rz 24).

f) Rechtsfolge gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 [X.]. Satz 1 EStG ist, dass der "[X.]" und die damit verbundene Zuteilung der [X.]-Aktien an die Kläger im Streitjahr nicht als isolierte Sachausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu behandeln ist und bei den Klägern insgesamt keine Besteuerung auslöst. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der [X.]-Aktien oder der [X.]-Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (ggf. [X.]. Abs. 2 Satz 2) EStG sind etwaige Veräußerungsgewinne zu besteuern. Hierbei ist zu beachten, dass die [X.]-Aktien aufgrund der Abspaltung steuerlich --anteilig-- an die Stelle der bereits gehaltenen [X.]-Aktien treten (vgl. BT[X.]rucks 17/10000, S. 54) und deren Anschaffungskosten --anteilig-- übernehmen. Über den [X.] für die Anschaffungskosten der Kläger an den [X.]-Aktien ist im Streitfall nicht zu entscheiden.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 9/19

01.07.2021

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 12. März 2019, Az: 13 K 1762/17 E, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 1 EStG 2009, § 20 Abs 4a S 7 EStG 2009 vom 26.06.2013, § 123 Abs 2 UmwG, Art 63 AEUV, Art 17 Abs 1 Buchst a EWGRL 891/82, Art 17 Abs 1 Buchst b EWGRL 891/82, Art 151 Abs 1 Buchst a EURL 2017/1132, Art 151 Abs 1 Buchst b EURL 2017/1132, EStG VZ 2015, Tziff 01.36 AEUmwStG 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.07.2021, Az. VIII R 9/19 (REWIS RS 2021, 4427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4427

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 28/19 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.07.2021 VIII R 9/19 - Zuteilung von Aktien im …


VIII R 6/20 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.07.2021 VIII R 9/19 - Zuteilung von Aktien im …


VIII R 19/20 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.07.2021 VIII R 9/19 - Zuteilung von Aktien im …


VIII R 27/20 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.07.2021 VIII R 9/19 - Zuteilung von Aktien im …


9 K 2483/17 (Finanzgericht Baden-Württemberg)


Referenzen
Wird zitiert von

9 K 2483/17

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.