Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2014, Az. XII ZB 595/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6423

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 595/13

vom

9. April 2014

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG §§ 7, 274, 303 Abs. 2 Nr. 1
a) Eine Beteiligung i.S.v. §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG kann auch konkludent erfolgen, etwa durch das Übersenden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen.
b) Die Rechtskraft einer die Hinzuziehung ablehnenden Entscheidung nach §
7 Abs.
5 FamFG erstreckt sich allein darauf, dass der Antragsteller nicht zu beteili-gen ist. Eine zuvor tatsächlich
erfolgte Beteiligung und eine damit einhergehende Beschwerdebefugnis nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG lässt sie nicht entfallen.

[X.], Beschluss vom 9. April 2014 -
XII ZB 595/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat am 9.
April 2014
durch den
Vor-sitzenden [X.],
die Richterin [X.] und [X.], Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der
weiteren Beteiligten zu 3
wird der Beschluss der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 4.
Oktober 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.

Gründe:
I.

Die Beteiligte zu 3
begehrt die Aufhebung der für ihre Mutter eingerichte-ten
Betreuung
oder
einen [X.].
Das Amtsgericht
ist dieser Anregung nach Durchführung verschiedener Ermittlungen nicht gefolgt. Es hat die Beteiligte zu 3
in seinem -
die Begehren ablehnenden
-
Beschluss vom 5.
Juli 2013 nicht als Beteiligte angesehen und sie
dementsprechend auch nicht als solche im Rubrum aufgeführt.
1
2
-
3
-
Am 11.
Juli 2013 hat die Beteiligte zu 3
beantragt, am Verfahren beteiligt zu werden. Diesen Antrag hat das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 22.
Juli 2013 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] mit Beschluss vom 12.
September 2013 als unzulässig verworfen, weil die Beschwerdefrist nicht gewahrt sei.
Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 4.
Oktober 2013 hat das Be-schwerdegericht schließlich die Beschwerde der Beteiligten zu 3
gegen den Beschluss des Betreuungsgerichts vom 5.
Juli 2013 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 3
mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.
Die
Rechtsbeschwerde ist begründet.
Das Beschwerdegericht
hat die Beschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen.
1. Das Beschwerdegericht
hat die Verwerfung der Beschwerde damit begründet, dass die Beteiligte zu 3
im ersten Rechtszug formell nicht beteiligt worden sei. Ihr entsprechender Antrag sei vom Amtsgericht abgelehnt und die dagegen gerichtete Beschwerde vom Beschwerdegericht
wegen Ablaufs der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen worden. Somit fehle es an der Be-schwerdebefugnis.
2.
Dies hält
den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand. Für die Beschwerdebefugnis nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG kommt es allein darauf an, dass die Beteiligte zu 3
tatsächlich im ersten Rechtszug beteiligt worden ist. Eine der tatsächlichen Beteiligung nachfolgende, im Zwischenverfahren nach 3
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8
-
4
-
§
7 Abs.
5 FamFG ergangene rechtskräftige Entscheidung, wonach die Antrag-stellerin nicht nach §
7 FamFG zum Verfahren hinzuzuziehen ist, steht der [X.] erlangten Beschwerdebefugnis nicht entgegen.
a)
Entgegen der Auffassung des [X.]
ist die Beteiligte zu
3
vom Amtsgericht i.S.v.
§
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG beteiligt worden.
aa) Gemäß §
274 Abs.
4 Nr.
1 FamFG können im Betreuungsverfahren im Interesse des Betroffenen die Abkömmlinge beteiligt werden. Nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG steht unter anderem den Abkömmlingen des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entschei-dung im Interesse des Betroffenen zu, wenn sie im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt wurden. Ist ein Angehöriger aus dem privilegierten [X.] des §
303 Abs.
2 FamFG nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden, wird ihm nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung in §
303 Abs.
2 FamFG die Beschwerdebefugnis unabhängig davon versagt, aus welchen Gründen eine Beteiligung am erstinstanzlichen Verfahren nicht erfolgte (Se-natsbeschluss vom 30. März 2011 -
XII ZB 692/10
-
FamRZ 2011, 966 Rn.
6).
Dabei kann die Hinzuziehung eines Beteiligten auch konkludent erfolgen (MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
7 Rn.
33 f. mwN), etwa durch das Über-senden von Schriftstücken oder die Ladung zu Terminen (BT-Drucks. 16/6308 S.
179).
Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Nichter-wähnung im Rubrum einer tatsächlichen Hinzuziehung zum Verfahren im Sinne des §
7 FamFG nicht entgegensteht (Senatsbeschluss vom 11.
April 2012
-
XII
ZB 531/11
-
FamRZ 2012, 1049 Rn.
9).
bb) Gemessen hieran ist die Beteiligte zu 3
im ersten Rechtszug beteiligt worden und demgemäß nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG zur Beschwerde be-fugt.
9
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11
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-
5
-
Die Rechtsbeschwerde hat zutreffend ausgeführt, dass die Beteiligte zu 3 im erstinstanzlichen Verfahren tatsächlich hinzugezogen war.
Der Beschluss über die Bestellung der Verfahrenspflegerin ist dem Verfahrensbevollmächtig-ten der Beteiligten zu 3 zugestellt worden.
Er
ist gemäß Verfügung vom 22.
Februar 2013 auch von dem auf den 7.
März 2013 terminierten [X.] benachrichtigt worden.
Dabei sind ihm Schriftsätze anderer Beteiligter übersandt worden.
Dem Verfahrensbevollmächtigten der
Beteiligten
zu 3
ist zudem eine Abschrift des [X.] übermittelt worden. Schließlich hat das Betreuungsgericht ihm
noch weitere Schriftsätze zur Kenntnis-
und möglichen Stellungnahme übersandt.
Da diese
Verfahrenshandlungen bereits eine Beteiligung i.S.d. §
303 Abs.
2 Nr.
1 begründen, kommt es auf die
-
von der Rechtsbeschwerde bejah-te
-
Frage, ob allein in dem Umstand, dass das Betreuungsgericht auf Anregung eines Angehörigen in eine sachliche Prüfung eingetreten ist, dessen
Beteiligung zu sehen ist, nicht mehr an (ablehnend [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl.
§
303 Rn.
27).
cc) Dem steht die Feststellung des Amtsgerichts in seiner [X.] vom 5.
Juli 2013, wonach die Tochter nicht Beteiligte sei, nicht entgegen. Da die Entscheidung angefochten ist, steht sie zur vollen [X.] durch das Beschwerdegericht. Dieses hat selbst zu prüfen, ob der Be-schwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt worden ist.
b) Die nach Abschluss des erstinstanzlichen
Verfahrens rechtskräftig er-folgte Ablehnung, die Beteiligte zu 3
zum Verfahren hinzuzuziehen, ändert an ihrer zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Beschwerdebefugnis nichts.
aa) Richtig ist zwar, dass das Beschwerdegericht an die im Zwischenver-fahren nach §
7 Abs.
5 FamFG
rechtskräftig erfolgten
Ablehnung
der Beteili-13
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16
17
-
6
-
gung
gebunden ist. Ist der Beschluss rechtskräftig, kann die Frage der [X.] wegen §
58 Abs.
2 FamFG nicht mehr der Beurteilung des [X.] unterliegen ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
7 Rn.
33). Ein doppelter Rechtsschutz gegen den ablehnen-den Beschluss ist nicht eröffnet;
vielmehr ist der Kreis der Beteiligten aus Grün-den der Rechtssicherheit für die anderen Verfahrensbeteiligten zeitnah endgül-tig festzustellen (MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
7 Rn.
36).
bb) Jedoch dient §
7 Abs.
5 FamFG allein dem Zweck, denjenigen, die sich aus [X.], familiären und ideellen Gründen an einem Betreuungs-
oder Unterbringungsverfahren beteiligen möchten, eine Beteiligung
zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S.
179).
Für Fälle, in denen sie -
wie hier
-
bereits in erster Instanz beteiligt worden sind, ist dieses Zwischenverfahren nicht gedacht; insofern dürfte regelmäßig auch ein Rechtsschutzbedürfnis für einen [X.] Antrag fehlen.
18
-
7
-
Demgemäß erstreckt sich die Rechtskraft einer die Hinzuziehung ableh-nenden Entscheidung allein darauf, dass der Antragsteller nicht zu beteiligen ist. Eine bereits tatsächlich erfolgte Beteiligung und eine damit einhergehende
Beschwerdebefugnis nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG lässt sie indes -
wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt
-
nicht entfallen.
Dose

[X.]

Schilling

Nedden-Boeger

Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.07.2013 -
61 [X.] (F) 8597 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.10.2013 -
8 [X.] -

19

Meta

XII ZB 595/13

09.04.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.04.2014, Az. XII ZB 595/13 (REWIS RS 2014, 6423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6423

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XII ZB 595/13

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