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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IV ZB
2/14
vom
4. Juni 2014
in dem Rechtsstreit
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Der IV.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die
Vorsitzen-de Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 4. Juni 2014
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Be-schluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 9.
Dezember 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beru-fungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 1.000
Gründe:
I. Die Kläger nehmen den Beklagten als Beschenkten im Wege der Stufenklage auf Ergänzung ihres Pflichtteils nach dem am 2.
Februar 2011 verstorbenen Erblasser in Anspruch.
Das Landgericht hat den Be-klagten mit Teilurteil vom 25.
September 2013 verurteilt, Auskunft zu er-teilen, welche Vermögensbestandteile ihm in der Zeit vom 2.
Februar 2001 bis zum 1.
Februar 2011 vom Erblasser, geboren am 1.
Februar 2023
(richtig muss es heißen: 1. Februar 1923), sei es entgeltlich oder 1
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unentgeltlich übertragen wurden, und zwar durch Vorlage eines Be-standsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfasst:
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alle in dem vorgenannten Zeitraum übertragenen Gegenstände,
Immobilien, Grundstücke, Forderungen einschließlich Bargeld und sons-tige geldwerte Vermögenspositionen einschließlich Jagdrechte, sowie Mitgliedschaftsrechte in der Ritterschaft des Herzogtums Verden und des Ritterschaftlichen Kollegiums des Fürstentums Lüneburg mit Sitz in Celle (Aktiva),
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alle im vorgenannten Zeitraum insoweit vorhandenen Verbind-lichkeiten,
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Vorlage der entsprechenden privatschriftlichen oder notariellen Verträge.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Mit
Be-schluss vom 14.
November 2013 hat das Berufungsgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 300
. In seiner Berufungs-begründung vom 2.
Dezember 2013 hat der Beklagte zur Zulässigkeit der Berufung und zur Beschwer im Einzelnen Stellung genommen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Der Streitwert im Berufungsverfah-ren richte sich nach dem für den Beklagten mit der Auskunft verbunde-nen Aufwand, den das Gericht
was der Beklagte der Höhe nach nicht angreife
auf 300
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II. Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere erfordert die Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§
574 Abs.
2 Nr.
2 Alt.
2 ZPO). Die Ent-scheidung des Berufungsgerichts verletzt den Beklagten in seinem An-spruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) und in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechts-schutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), das es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25.
September 2013
XII ZB 200/13, NJW 2014, 77 Rn.
4; vom 23.
Januar 2013
XII ZB 167/11, NJW-RR 2013, 1010 Rn.
4).
1. Wird bei einer Stufenklage
wie hier
eine Verurteilung zur Auskunft ausgesprochen, so ist für die Bemessung des Werts des Be-schwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßge-bend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses kommt es grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschlüsse vom 9.
November 2011
IV ZB 23/10, ZEV 2012, 149 Rn.
13; vom 10.
März 2010
IV ZR 255/08, FamRZ 2010, 891 Rn.
6). Soweit das Berufungsge-richt hiervon ausgehend den für den Beklagten mit der Auskunft verbun-denen Aufwand auf 300
nach nicht angegriffen habe, hat es dessen Vortrag in der Berufungsbe-gründung vom 2.
Dezember 2013 nicht bzw. nicht hinreichend zur Kenntnis genommen. Der Beklagte hat vorgetragen,
sollte das
Urteil des 7
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Landgerichts dahin zu verstehen sein, dass er verpflichtet wäre, alle ein-zelnen Grundstücke und Inventargegenstände mit einer Objektbeschrei-bung als Grundlage für eine Verkehrswertermittlung vorzulegen, würde eine solche Auskunft ihn mehrere Tausend Euro kosten. Hierzu hat er unter Beweisantritt behauptet, allein die dann geschuldete Auskunft für die Objektbeschreibung der einzelnen Parzellen des übertragenen Grundbesitzes erfordere einen Aufwand von 1.900
netto. Bezüglich der Inventargegenstände käme ein weiterer Aufwand von 500
dazu, so dass seine Beschwer mindestens 3.000
Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Bei vom Gericht entgegengenommenem Vorbrin-gen der Parteien ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass dies geschehen ist, obgleich das Gericht nicht verpflichtet ist, jedes Vorbrin-gen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Das Verfahrensgrundrecht aus Art.
103 Abs.
1 GG schützt auch nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt. Ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Rechtsansicht eines Beteiligten nicht teilt (BVerfG MDR 2013, 1113 Rn.
14). Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen liegt aber dann vor, wenn im Einzelfall zu erkennen ist, dass erhebliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung er-sichtlich nicht erwogen worden ist. So kann es sich verhalten, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens in den Entscheidungsgründen nicht ein-geht (BVerfG aaO Rn.
15). Das ist hier geschehen, da das Berufungsge-richt unzutreffend davon ausgeht, der Beklagte habe den zuvor mit Be-9
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schluss vom 14.
November 2013 geschätzten Aufwand von 300
Höhe nach nicht angegriffen. Das ist, wie sich aus der Berufungsbegrün-dung im Einzelnen ergibt, nicht der Fall.
2. Bei dem Umfang des Aufwands, der mit der Auskunftserteilung verbunden ist, hat das Berufungsgericht ferner nicht hinreichend gewür-digt, dass das Landgericht den Beklagten zu einer umfassenden Aus-kunft durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses mit
Aktiva und Passi-va einschließlich der Vorlage der entsprechenden Urkunden verurteilt hat. Eine derart umfassende Auskunftserteilung schuldet der Beklagte von vornherein
nicht. Er selbst ist nicht Erbe, sondern wird von den Klä-gern als beschenkter Dritter im Wege eines Pflichtteilsergänzungsan-spruchs gemäß §§
2325, 2329 BGB in Anspruch genommen. Zwar hat der Bundesgerichtshof die Auskunftspflicht des Erben gemäß §
2314 Abs.
1 Satz
1 BGB in persönlicher Hinsicht auch auf den beschenkten Dritten ausgedehnt (Senatsurteile vom 19.
April 1989
IVa ZR 85/88, BGHZ 107, 200, 203; vom 9.
November 1983
IVa ZR 151/82, BGHZ 89, 24,
27; MünchKomm-BGB/Lange, 6.
Aufl. §
2314 Rn.
44). Anders als der Erbe schuldet der beschenkte Dritte aber nicht ein Bestands-
oder Ver-mögensverzeichnis mit allen Aktiva oder Passiva. Vielmehr hat er, wie das Berufungsgericht dem Grunde nach zutreffend erkennt, Auskunft nur über die an ihn geflossenen
Zuwendungen zu erteilen, bei denen es sich um Schenkungen handelt oder um Veräußerungen, von denen streitig und ungeklärt ist, ob sie eine Schenkung darstellen, sofern sie nur unter Umständen erfolgt
sind, die die Annahme nahe legen, es handele sich in Wirklichkeit
wenigstens zum Teil
um eine Schenkung.
Es
ist nicht er-sichtlich, wie der Beklagte mit einem Aufwand von bis zu 300
Lage sein sollte, den umfassenden Auskunftsverpflichtungen zu entspre-chen, zu denen er durch das landgerichtliche Urteil verurteilt worden ist. 10
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Ihm ist es auch nicht zuzumuten, sich lediglich im Verfahren der Zwangsvollstreckung auf ein Unterlassen derselben und Herausgabe des Titels unter dem Gesichtspunkt des §
826 BGB verweisen zu lassen
(hierzu vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 30.
Aufl. Vor §
322 Rn.
72
ff.).
3. Schließlich
hat das Berufungsgericht das Vorbringen
des Be-klagten, er könne keine weitergehende Auskunft erteilen, da den Klägern die beiden maßgeblichen notariellen Verträge vom 29.
April 2005 bereits vorlägen und er nicht mehr erhalten habe, als dasjenige, was Gegen-stand dieser beiden Verträge gewesen sei, gehörswidrig nicht ausrei-chend in seinen Erwägungen berücksichtigt.
Der Beklagte hat hierzu gel-tend gemacht, die Kläger seien mit der erteilten Auskunft nicht zufrieden, so dass er sich gegen die von ihnen
bereits mit Schriftsatz vom 21.
Oktober 2013 gestellten Anträge auf Festsetzung eines Zwangsgel-des, hilfsweise Zwangshaft, zur Wehr setzen müsse .Er beruft sich damit nicht nur darauf, er habe seine Auskunftsverpflichtung bereits erfüllt, sondern auch darauf, eine weitere Auskunftserteilung auf der Grundlage des vom Landgericht ausgesprochenen Tenors sei ihm unmöglich. Ist ein Beklagter im Rahmen
der Verurteilung zur Auskunft zu einer nach sei-nem Vortrag unmöglichen Leistung verurteilt worden, so ist bei der Be-messung der Beschwer auch der zu erwartende Kostenaufwand zu be-rücksichtigen, der notwendig wäre, um mit anwaltlicher Hilfe Vollstre-ckungsversuche abzuwenden (BGH, Versäumnisurteil vom 10.
Dezember 2008
XII ZR 108/05, FamRZ 2009, 495 Rn.
12; Zöller/Herget, ZPO 30.
Aufl. §
3 Rn.
16 "Auskunft"). Da im Verfahren der Zwangsvollstre-ckung gemäß Kostenverzeichnis Anlage 1 zu §
2 Abs.
2 RVG VV 3309, 3310 bis zu 0,6 Rechtsanwaltsgebühren zuzüglich Auslagen und Mehr-wertsteuer anfallen können, belaufen sich allein die für das Abwehrinte-11
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resse des Beklagten maßgeblichen Rechtsanwaltskosten bei dem erstin-stanzlich festgesetzten Streitwert von 78.123
über
600
Nach §
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO ist die Sache zur erneuten Ent-scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, welches auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen erneut über
die Zulässigkeit der Berufung zu befinden haben wird.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr.
Karczewski
Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 25.09.2013 -
5 O 113/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.12.2013 -
6 U 108/13 -
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Meta
04.06.2014
Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2014, Az. IV ZB 2/14 (REWIS RS 2014, 5057)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 5057
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IV ZB 2/14 (Bundesgerichtshof)
Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen; Umfang der Auskunftspflicht eines beschenkten Dritten im …
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