Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2013, Az. 2 StR 520/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 8985

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 520/12
vom
16. Januar 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 16. Januar 2013 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts
Gera vom 23.
Juli 2012 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben
a)
im Schuldspruch, soweit der Angeklagte
wegen gefähr-licher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter
Nötigung verurteilt worden ist
(Fall II.
2. der Urteilsgründe)
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]
zurück-verwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das Landgericht
hat den Angeklagten
wegen gefährlicher Körperverlet-zung in Tateinheit mit versuchter Nötigung, wegen versuchter gefährlicher Kör-perverletzung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen versuchter 1
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-
Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §
224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Tateinheit mit versuchter Nötigung (II.
2. der [X.]) hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dazu ergeben die [X.], dass der Angeklagte
seine 16-jährige Stieftochter im November 2010,
nachdem
sie sich geweigert hatte, ihr Handy an ihn herauszugeben, so heftig in das Gesicht schlug, dass sie mit dem Kopf gegen die Bettumrandung stieß.
Als sie sich danach in den Waschraum des Hauses begab, schlug er sie nochmals, [X.] mit der Faust, gegen den Kopf, sodass die Zeugin kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Kurz danach hatte die Zeugin in der Schule einen [X.] und musste notärztlich versorgt werden.
2. Die rechtliche Wertung der Strafkammer, der Angeklagte
habe durch die Schläge in das Gesicht und gegen den Kopf den Tatbestand der gefährli-chen Körperverletzung verwirklicht, wird durch diese Feststellungen nicht hin-reichend belegt. §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB setzt voraus, dass die
Körperverlet-zung "mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung" begangen wird. [X.], aber auch genügend ist hierfür, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls
(generell) geeignet ist, das [X.] zu gefährden (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB §
224 Abs.
1 Nr.
5 [X.] 1; [X.], StGB, 60.
Aufl., 2013, §
224 Rn. 12 mwN).
Dabei ist vor allem die individuelle Schädlichkeit der Einwirkung gegen den Körper des [X.] zu berücksichtigen (BGHR StGB, §
223a Abs.
1 Lebensgefährdung 1).
a) Zwar können grundsätzlich auch Schläge mit der bloßen Hand in das Gesicht oder gegen den Kopf des Opfers eine das Leben gefährdende Behand-2
3
4
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lung
in diesem Sinne sein. Dies setzt jedoch Umstände in der Tatausführung oder individuelle Besonderheiten beim Tatopfer voraus, welche das [X.] der Handlung im Vergleich zu einer "einfachen" Körperverletzung (§
223 StGB)
deutlich erhöhen. Die Rechtsprechung hat dies etwa angenom-men bei mehreren wuchtigen Faustschlägen gegen den Kopf eines neun Wo-chen alten Säuglings ([X.], Beschluss vom 6.
Juni 2007 -
2 StR 105/07), bei massiven Schlägen gegen den Kopf des (alkoholisierten) Tatopfers ([X.], 156) sowie bei zahlreichen Schlägen in das Gesicht und gegen den Kopf einer an einer Hauswand fixierten
Geschädigten, die zu längerer Bewusstlosig-keit und schweren Verletzungen führten ([X.] NJW 1983, 2274).
b) Die getroffenen Feststellungen belegen solche, eine Gefahr für das Leben des Opfers potentiell begründenden Umstände nicht. Mit der Erwägung des [X.], es sei in [X.] "damit zu rechnen, dass die Geschädigte aufgrund des wuchtigen Schlages das Gleichgewicht verliert und hierbei, wie geschehen, mit dem Kopf gegen einen Einrichtungsgegen-stand prallt",
ist die individuelle, auf die Person der Geschädigten bezogene besondere Schädlichkeit der Einwirkung durch den Angeklagten nicht ausrei-chend dargetan. Abgesehen davon, dass sich aus der in der Beweiswürdigung wiedergegebenen Aussage der Geschädigten anders als aus den [X.] nicht ergibt, dass sie mit dem Kopf gegen die Bettumrandung gefallen ist, begab sie sich nach diesem Vorfall in den Waschraum, um Kleidungsstücke zu holen, ohne dass körperliche Beeinträchtigungen festzustellen waren. Dass der im Waschraum geführte Faustschlag eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit der [X.] zur Folge hatte, reicht für sich allein ebenfalls nicht aus, um die [X.] zu belegen, zumal die
Geschädigte unmittelbar anschließend
nach einem weiteren Wortwechsel mit dem Angeklagten in die Schule ging. Im Übrigen ist zum Vorsatz des Angeklagten nicht ausreichend dargetan, dass er bei Ausführung der von ihm konkret gewollten und [X.]
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5
-
ten Tathandlungen die allgemeine Gefährlichkeit seines Tuns in der konkreten Situation für das Leben des Opfers erkannte (vgl.
[X.], 3156;
[X.],
aaO,
Rn.
13 mwN).
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt
im Fall II.
2. der Urteilsgründe zur Aufhebung des
Schuldspruchs. Dessen Abänderung dahin, dass sich der [X.] in diesem Fall (nur) der vorsätzlichen Körperverletzung (§
223 Abs.
1 StGB) schuldig gemacht hat, kommt nicht in Betracht, denn der [X.] kann nicht ausschließen, dass noch weitergehende Feststellungen
getroffen werden können, die den Qualifikationstatbestand
des §
224 Abs. 1 Nr. 5 StGB belegen. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs entfällt die entsprechende Einzelstrafe; auch die Gesamtstrafe kann daher keinen Bestand haben.
[X.]

[X.] Appl

Schmitt Krehl
6

Meta

2 StR 520/12

16.01.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.01.2013, Az. 2 StR 520/12 (REWIS RS 2013, 8985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8985

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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