Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 AZR 546/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 14779

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Gegenstand

Ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung - Änderung des Anforderungsprofils


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Juli 2016 - 4 [X.]/15 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Änderungskündigungen.

2

Die [X.]eklagte betrieb in [X.] zwei Rehabilitationskliniken. Der [X.]läger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit Juli 2005 als Chefarzt der Inneren Abteilung der [X.]linik He beschäftigt. Ab August 2010 wurde ihm zudem die chefärztliche Leitung der internistischen Abteilung der [X.]linik [X.] übertragen. Der [X.]läger führt die [X.]ezeichnung „Facharzt für Innere Medizin und [X.]ardiologie“ und verfügt über die Zusatzqualifikation „Diabetologe DDG“.

3

Zur Abwendung einer Insolvenz schloss die [X.]eklagte Ende 2011 die [X.]linik He und verringerte den Personalbestand der [X.]linik [X.]. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis des [X.] ordentlich zum 31. Dezember 2011. Die dagegen vom [X.]läger erhobene [X.]ündigungsschutzklage hatte Erfolg.

4

Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt wurde die internistische Abteilung der [X.]linik [X.] in gastroenterologische Abteilung umbenannt. Um eine wirtschaftliche Fortführung der [X.]linik durch kontinuierliche Patientenzuweisungen sichern zu können, strebte die [X.]eklagte an, mit der [X.] ([X.]) [X.]nappschaft-[X.]ahn-See einen [X.]asisvertrag nach § 21 SG[X.] IX abzuschließen. Sie beschloss, sowohl die [X.] als auch die [X.] der gastroenterologischen Abteilung durch Ärzte mit der Facharztbezeichnung „Gastroenterologe“ zu besetzen, um die Anforderungen der [X.] an die Strukturqualität von Reha-Einrichtungen zu erfüllen.

5

Den sich daraus ergebenden [X.]edarf deckte die [X.]eklagte zunächst durch Ärzte auf [X.]norararztbasis. Ab April 2012 stellte sie Frau Dr. [X.] ein und beschäftigte diese später in einem festen Anstellungsverhältnis als Chefärztin der gastroenterologischen Abteilung. Frau Dr. [X.] ist vier Jahre jünger als der [X.]läger und - anders als dieser - nicht verheiratet.

6

Gemäß einem Schreiben von August 2013 war die [X.] [X.]nappschaft-[X.]ahn-See grundsätzlich bereit, für die gastroenterologische Abteilung der [X.]linik [X.] die Federführung innerhalb der [X.] zu übernehmen und einen entsprechenden [X.]asisvertrag mit der [X.]eklagten abzuschließen.

7

Die [X.]eklagte kündigte - nach Anhörung des [X.]etriebsrats - das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 9. August 2013 zum 31. März 2014 und bot dem [X.]läger gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung als Assistenzarzt an. Nach erneuter Anhörung des [X.]etriebsrats erklärte sie mit Schreiben vom 12. September 2013 eine weitere Änderungskündigung zum 31. März 2014.

8

Der [X.]läger hat das Änderungsangebot jeweils unter dem Vorbehalt seiner [X.] Rechtfertigung angenommen und die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat beide Änderungskündigungen für sozial ungerechtfertigt gehalten. Die Änderung des Anforderungsprofils der [X.] der gastroenterologischen Abteilung der [X.]linik [X.] sei nicht durch einen zwingenden äußeren arbeitsplatzbezogenen Grund gedeckt. Soweit die [X.]eklagte bei dem Stelleninhaber die Facharztbezeichnung „Gastroenterologe“ erwarte, sei dies in [X.]ezug auf die Anforderungen der [X.] überschießend. Die [X.] Auswahl in [X.]ezug auf Frau Dr. [X.] sei fehlerhaft durchgeführt worden.

9

Der [X.]läger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß den Änderungskündigungen vom 9. August 2013 und vom 12. September 2013 sozial ungerechtfertigt ist.

Die [X.]eklagte hat beantragt, die [X.]lage abzuweisen. Sie hat behauptet, die [X.] [X.]nappschaft-[X.]ahn-See verlange für den Abschluss eines [X.]asisvertrags für die gastroenterologische Abteilung, dass sowohl der Chefarzt als auch der Oberarzt die Facharztbezeichnung „Gastroenterologe“ tragen müssten. Mit Frau Dr. [X.] sei der [X.]läger daher nicht vergleichbar.

Das Arbeitsgericht hat die [X.]lage abgewiesen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die [X.]eklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das [X.] der [X.] nicht stattgeben ([X.]). Ob zumindest eine der Änderungskündigungen zum 31. März 2014 wirksam ist, steht noch nicht fest (I[X.]).

[X.] Die Annahme des [X.]s, zwischen dem Kläger und Frau Dr. K habe eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] getroffen werden müssen, wird nicht von seinen Feststellungen getragen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die „Stellenprofile“ eines Facharztes für Gastroenterologie und eines Diabetologen [X.] seien vergleichbar. Nach den im Zeitpunkt der Änderungskündigungen geltenden Anforderungen der [X.] an die Strukturqualität habe der Chefarzt einer gastroenterologischen Abteilung nicht zwingend Gastroenterologe sein müssen. Er habe ebenso Facharzt für Diabetologie sein dürfen. Diese Feststellung bindet den [X.] nicht, und zwar ungeachtet der Frage, weshalb das [X.] überdies einen Diabetologen [X.] einem „Facharzt für Diabetologie“ gleichsetzte.

1. Das [X.] hat zunächst auf Anforderungen der [X.] an die Strukturqualität mit Stand Mai 2010 Bezug genommen. Zusammen mit den [X.] Stand 2006 ergebe sich als strukturrelevantes Merkmal, dass der Chefarzt oder Oberarzt einer stationären Reha-Einrichtung im Bereich der Gastroenterologie „Gastroenterologe“ oder „Diabetologe [X.]“ sein müsse. Diese Anforderungen hätten sich zum Zeitpunkt der Änderungskündigungen nicht geändert. Mit einer E-Mail von Anfang Januar 2014 habe die [X.] Knappschaft-Bahn-See darauf hingewiesen, dass die geltenden Kriterien mit [X.]rausgabe einer neu erarbeiteten Strukturanforderung klargestellt würden. Dabei habe es sich um die „Strukturanforderung Stand Juli 2014“ gehandelt. Diese hat das [X.] in den Entscheidungsgründen dahin wiedergegeben, „in Nr. 3.6 des [X.] zu (den) Strukturanforderungen (sei) ausgeführt, dass es in der Indikation Gastroenterologie belegungsrelevant einen Facharzt der Inneren Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie oder mit dem Schwerpunkt Endokrinologie oder Diabetologie geben müsse“.

2. An diese Feststellung ist der [X.] nicht gebunden. Die Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO entfällt, wenn die Feststellungen des [X.]s unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel sind auch ohne Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen ([X.] 23. Februar 2016 - 3 [X.] - Rn. 38; 13. April 2010 - 9 [X.] - Rn. 16). So liegt der Fall hier. Die Feststellung in den Entscheidungsgründen widerspricht dem im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Inhalt der Nr. 3.6 „Personelle Ausstattung“ des [X.] des [X.] „Strukturqualität von Reha-Einrichtungen - Anforderungen der [X.]“ idF von Juli 2014. Dort ist unter der Rubrik „Qualifikationen (der) in der Fachabteilung beschäftigten Ärzte“ als belegungsrelevant für die Indikation Gastroenterologie unter laufender Nummer 10 aufgeführt „Innere Medizin mit [X.] Gastroenterologie“ und unter laufender Nummer 11 „Innere Medizin mit [X.] Endokrinologie und Diabetologie“. Damit wäre ggf. der Schwerpunkt „Endokrinologie und Diabetologie“ gefordert, nicht lediglich ein Schwerpunkt „Endokrinologie oder Diabetologie“.

3. Es ist auch objektiv nicht ersichtlich, wie das [X.] zu der Annahme gelangt ist, nach den Strukturanforderungen genüge die Bezeichnung „Facharzt für Diabetologie“. Nach der vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren zur Akte gereichten Anlage K 16 gibt vielmehr die Formulierung im Tatbestand des Berufungsurteils den Anhang II des [X.] Stand Juli 2014 zutreffend wieder. Dem entspricht das übereinstimmende Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren, einen „Facharzt für Diabetologie“ gebe es weder nach der Weiterbildungsordnung der [X.] noch nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer.

I[X.] Das Berufungsurteil stellt sich nicht iSd. § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Das [X.] hat die Änderungskündigungen nicht noch aus einem anderen Grund für sozial ungerechtfertigt gehalten. Es hat auch nicht angenommen, es liege zudem ein sonstiger [X.] vor. Es unterliegt daher der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Ob zumindest eine der Änderungskündigungen wirksam ist, steht noch nicht fest. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. Der [X.] kann nicht selbst entscheiden, ob zumindest eine der Änderungskündigungen sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 [X.] ist.

a) Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 [X.], wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist ([X.] 24. September 2015 - 2 [X.] - Rn. 13, [X.]E 153, 9; 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 28).

b) Das [X.] hat angenommen, aufgrund der Schließung der Klinik [X.] habe dort keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestanden. In der Klinik [X.] habe es einen Überhang von einem Chefarzt gegeben. Die [X.] in der vormaligen internistischen Abteilung sei im Jahre 2011 noch mit dem Kläger besetzt gewesen, nach der Kündigung seines [X.] aber Frau Dr. K übertragen worden.

c) Danach hätten letztlich die Neueinstellung der Frau Dr. K bzw. die „Rückkehr“ des [X.] nach seinem Obsiegen im Kündigungsrechtsstreit zu dem Arbeitskräfteüberhang geführt. Die bloße Absicht, einen Arbeitnehmer durch einen neu eingestellten oder neu einzustellenden Arbeitnehmer zu ersetzen, stellt allerdings kein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Kündigung des Stammarbeitnehmers dar. Es läge vielmehr eine unzulässige sog. Austauschkündigung vor ([X.] 31. Juli 2014 - 2 [X.] - Rn. 41, [X.]E 149, 18; 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 25). Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten hat das [X.] indes bisher nicht gesehen. Dabei mag es angenommen haben, die Beklagte habe von einer wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses des [X.] bereits zu Ende 2011 ausgehen dürfen, als sie Frau Dr. K einstellte. Eine abschließende Bewertung ist dem [X.] mangels näherer Feststellungen nicht möglich.

d) Die bisherigen Feststellungen des [X.]s lassen es aber auch als möglich erscheinen, dass jedenfalls im Kündigungszeitpunkt die von der Beklagten behauptete Änderung des Anforderungsprofils der [X.] in der vormaligen internistischen Abteilung der Klinik [X.] ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die hier streitbefangenen Änderungskündigungen darstellte.

aa) Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt grundsätzlich der freien „unternehmerischen“ Disposition. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten - nach Möglichkeit - von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu akzeptieren. Die Vorgabe kann von den Arbeitsgerichten nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit hin gerichtlich überprüft werden ([X.] 22. Oktober 2015 - 2 [X.] - Rn. 15, [X.]E 153, 126; 18. März 2010 - 2 [X.] - Rn. 19). Sind allerdings die betreffende Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, weil der Arbeitnehmer dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann die generelle Vermutung, dass eine unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht unbesehen greifen. Der Arbeitgeber kann sich nicht lediglich auf seine Entscheidungsfreiheit berufen. Er muss vielmehr konkret darlegen, wie seine Entscheidung sich auf die tatsächlichen Möglichkeiten, die Arbeitnehmer einzusetzen, auswirkt und in welchem Umfang durch sie ein konkreter Änderungsbedarf entstanden ist ([X.] 18. März 2010 - 2 [X.] - Rn. 20). Beruft sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung auf eine Neubestimmung des Anforderungsprofils, muss er den zugrunde liegenden betrieblichen Anlass im Einzelnen darlegen. Die Entscheidung zur (neuen) Stellenprofilierung muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme - ggf. im Zusammenhang mit einer Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit - stehen, nach deren Durchführung sich die bisherigen Anforderungen an den Stelleninhaber ändern ([X.] 18. März 2010 - 2 [X.] - aaO; 10. Juli 2008 - 2 [X.] 1111/06 - Rn. 31). Es muss sich bei einer geänderten Anforderung an die Qualifikation des Stelleninhabers nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung” für die Ausführung der Tätigkeit, sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung handeln ([X.] 10. Juli 2008 - 2 [X.] 1111/06 - Rn. 26; 7. Juli 2005 - 2 [X.] 399/04 - zu II 4 c der Gründe).

bb) Nach den bislang getroffenen Feststellungen ist unklar, ob sich die Beklagte auf eine Änderung des Anforderungsprofils der fraglichen [X.] ausschließlich im Hinblick auf die erstrebte Anpassung an die Strukturanforderungen der [X.] berufen hat. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass außerdem die Ausrichtung oder der Zuschnitt der Abteilung in einer Weise geändert worden sind, dass dadurch auch die Aufgaben ihres chefärztlichen Leiters eine Änderung erfuhren. Dafür könnte sprechen, dass die Abteilung bei Übernahme der [X.] durch den Kläger im August 2010 noch als „internistische Abteilung“ bezeichnet war (S. 2, drittletzter Absatz des amtlichen Umdrucks), später dagegen als „gastroenterologische Abteilung“ bzw. „Abteilung Gastroenterologie“ (S. 3, drittletzter und vorletzter Absatz des amtlichen Umdrucks). [X.] sich durch organisatorische Änderungen auch die Aufgaben des Chefarztes geändert, wäre die Beklagte in der Profilierung der Stelle freier gewesen als bei einer bloßen Änderung der Qualifikationsanforderungen für im Übrigen unverändert gebliebene Aufgaben. Ob mögliche Veränderungen in der Klinik [X.] sogar Teil der dem Interessenausgleich vom 22. Juni 2011 zugrunde liegenden Betriebsänderung waren, wie die Revision - vom Kläger bestritten - ausführt, kann der [X.] nicht selbst beurteilen. Das [X.] hat zwar festgestellt, der Interessenausgleich, dem eine den Namen des [X.] enthaltende Namensliste beigefügt gewesen sei, sei im Zusammenhang mit der Schließung der Klinik [X.] vereinbart worden. Dass dies sein ausschließlicher Bezugspunkt gewesen wäre, folgt hieraus jedoch nicht. Feststellungen zum Inhalt des Interessenausgleichs vom 22. Juni 2011 hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

cc) Soweit das [X.] angenommen hat, das Ziel der Beklagten, mit der [X.] Knappschaft-Bahn-See zur Sicherung der Bettenbelegung einen Basisvertrag nach § 21 SGB IX zu schließen, sei nachvollziehbar und könne daher ggf. schon für sich genommen die fragliche Änderung der Qualifikationsanforderungen für die [X.] der gastroenterologischen Abteilung der Klinik [X.] rechtfertigen, ist dies im Grundsatz revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich darauf berufen, das Anforderungsprofil an die maßgeblichen Strukturanforderungen der [X.] in der Indikation Gastroenterologie angepasst zu haben. Es steht bislang jedoch nicht fest, welche Strukturanforderungen die [X.] Knappschaft-Bahn-See an die Besetzung einer [X.] der Indikation Gastroenterologie im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigungen stellte. Das [X.] hat zwar angenommen, die im Anhang II des [X.] Stand Juli 2014 aufgeführten Strukturanforderungen seien die bereits im Zeitpunkt der Änderungskündigungen maßgeblichen gewesen. Es fehlt aber an Feststellungen dazu, ob danach zwingend der Chefarzt über die Facharztqualifikation mit einem der angegebenen Schwerpunkte verfügen musste oder ob der Chefarzt nur Facharzt für „Innere Medizin“ zu sein brauchte, sofern etwa der Oberarzt den indikationsspezifischen Schwerpunkt abdeckte.

e) Das [X.] hat - nach seiner Auffassung konsequent - nicht geprüft, ob das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot sich nicht weiter als erforderlich vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernte, ob es also andere, weniger einschneidende Beschäftigungsmöglichkeiten als die angebotene Assistenzarztstelle gegeben hätte. Feststellungen dazu hat es nicht getroffen, so dass der [X.] die Würdigung nicht selbst vornehmen kann.

f) Das Berufungsgericht hat ebenso wenig geprüft, ob die übrige Ausgestaltung des [X.] sozial gerechtfertigt war, ob insbesondere die angebotene Vergütung einem innerbetrieblichen Vergütungssystem entsprach oder inwiefern sonst der angebotenen Tätigkeit angemessen war. Auch dazu fehlt es bislang an Feststellungen, so dass dem [X.] eine eigene Würdigung nicht möglich ist.

g) Der [X.] kann ebenfalls nicht selbst entscheiden, ob es einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] zwischen dem Kläger und Frau Dr. K bedurfte. Dies wäre zu verneinen, wenn die Beklagte das Anforderungsprofil in zulässiger Weise geändert hätte und zwar Frau Dr. K es erfüllte, der Kläger aber nicht.

2. Die Entscheidung des [X.]s erweist sich nicht deshalb im Ergebnis als richtig, weil die Änderungskündigungen mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam wären.

a) Das [X.] hat - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht gewürdigt, ob der Kläger an der Rüge, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, im Berufungsverfahren festgehalten hat.

b) Sollte die Rüge nicht fallen gelassen sein, ist die Betriebsratsanhörung nicht etwa schon deshalb nicht zu prüfen, weil dies nach dem gestellten Antrag nicht erforderlich wäre. Hätte sich der Kläger weiterhin auch auf diesen [X.] berufen, wäre vielmehr sein Antrag dahin auszulegen, dass er entsprechend § 4 Satz 2 [X.] festgestellt wissen will, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam. Das [X.] müsste deshalb, sollten sich die Änderungskündigungen nicht erneut als sozial ungerechtfertigt erweisen, über die Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratsanhörung befinden.

c) Von näheren Hinweisen hierzu sieht der [X.] ab. Die vom [X.] in Bezug genommenen Anhörungsschreiben nehmen ihrerseits auf die schon im Rahmen der Anhörung zu der früheren Beendigungskündigung übermittelten Informationen Bezug. Um welche es sich hierbei handelte, ist nicht festgestellt.

        

    Koch     

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Alex     

        

    Sieg    

                 

Meta

2 AZR 546/16

02.03.2017

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Heilbronn, 29. Oktober 2015, Az: 1 Ca 431/13, Urteil

§ 1 Abs 2 S 1 KSchG, § 1 Abs 3 S 1 KSchG, § 2 KSchG, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst b ZPO, § 559 Abs 1 S 2 ZPO, § 559 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.03.2017, Az. 2 AZR 546/16 (REWIS RS 2017, 14779)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2574 REWIS RS 2017, 14779

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Referenzen
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1 Ca 5264/20

6 Sa 489/18

1 Sa 762/17

11 Sa 521/16

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