BT-Drucksache 18/9933

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Ulla Jelpke, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/7413 - Medizinische Versorgung für Geflüchtete und Asylsuchende diskriminierungsfrei sichern b) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Luise Amtsberg, Kordula-Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/6067 - Psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen verbessern

Vom 11. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9933
18. Wahlperiode 11.10.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Ulla Jelpke,
Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 18/7413 –

Medizinische Versorgung für Geflüchtete und Asylsuchende
diskriminierungsfrei sichern

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Luise
Amtsberg, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/6067 –

Psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung von
Asylsuchenden und Flüchtlingen verbessern

A. Problem

Zu Buchstabe a
Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten
eine medizinische Versorgung grundsätzlich nur bei akuten Erkrankungen und
Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft, so die Antrag-
steller. Diese weitreichende Beschränkung der Gesundheitsversorgung verletze
das Menschenrecht auf Gesundheit, das über die Allgemeine Erklärung der Men-
schenrechte und andere internationale Abkommen sowie durch das Grundgesetz
garantiert sei. Es bestehe die Gefahr, dass selbst unaufschiebbare Behandlungen
unter Gefahr für Leib und Leben verschleppt würden. Todesfälle, gesundheitliche
Schädigungen sowie schwerste Behinderungen und Menschenrechtsverletzungen,
die auf willkürliche oder zu späte Entscheidungen der Behörden oder des Perso-
nals zurückzuführen seien, seien die Folge. Die behördlichen Hemmnisse, das

Drucksache 18/9933 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Menschenrecht auf medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, seien mit
dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht aus dem Weg geräumt worden.

Zu Buchstabe b
Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, leiden
infolge der Erlebnisse im Herkunftsland und auf der Flucht häufig unter schwer-
wiegenden körperlichen und vor allem psychischen Belastungen, schreibt die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Rund 40 % aller Flüchtlinge entwickelten
infolge ihrer Erlebnisse, wie politische Verfolgung, Folter, sexualisierte Gewalt,
oder des Zwangs, die Heimat zu verlassen, eine Traumafolgestörung, die häufig
von Depressionen und Angststörungen begleitet würde. Besonders gefährdet
seien Frauen und Kinder. Gerade Flüchtlinge benötigten jedoch Schutz, Sicher-
heit und medizinische wie psychotherapeutische Versorgung, damit sie das Er-
lebte verarbeiten und sich ein neues Leben aufbauen könnten. Die dringend benö-
tigte Behandlung erhielten traumatisierte oder psychisch kranke Flüchtlinge in
Deutschland jedoch nur im Einzelfall.
B. Lösung

Zu Buchstabe a
Die Antragsteller fordern, die Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleis-
tungsgesetz (AsylbLG) in die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 des Fünften
Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und den §§ 20 ff. SGB XI einzubeziehen.
Gleichzeitig sollen die in § 5 Absatz 8a Satz 2 und 3 und § 5 Absatz 11 SGB V
vorgesehenen Ausschlüsse gestrichen werden, sobald der erlaubte Aufenthalt
über einen dreimonatigen Kurzaufenthalt hinausgeht. Die Betroffenen sollen au-
ßerdem von Zuzahlungen gemäß den §§ 61 und 62 SGB V befreit werden. Die
Beiträge für die Krankenversicherung soll der Bund tragen. Ferner soll übergangs-
weise und kurzfristig die Gesundheitskarte nach § 2 AsylbLG unter Aufhebung
der Leistungsbeschränkungen des § 4 Absatz 1 AsylbLG für alle Leistungsbe-
rechtigten des AsylbLG gelten.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/7413 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte, dass bundesweit allen Leis-
tungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ein Anspruch auf sämt-
liche Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt und ihnen
hierfür eine Gesundheitskarte zur Verfügung gestellt wird. Auch sollen unter Be-
teiligung von Fachleuten geeignete Strukturen und Instrumente, die eine frühzei-
tige Identifizierung, Bedarfsermittlung und Versorgung Schutzbedürftiger, insbe-
sondere traumatisierter Asylsuchender, ermöglichen, entwickelt und angewendet
werden. Dabei soll der Situation von Kindern und Frauen besonders Rechnung
getragen werden. Außerdem soll sichergestellt werden, dass Schutzsuchende in-
nerhalb von höchstens 15 Tagen nach Antragstellung in einer ihnen verständli-
chen Sprache umfassende Information und Beratung über ihre Ansprüche nach
der Aufnahmerichtlinie erhalten und hierbei insbesondere über ihr Recht auf an-
gemessene medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9933
informiert werden. Insbesondere sollen die kurz- und langfristige Finanzierung
sowie Erreichbarkeit der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer
sichergestellt und deren Ausbau gefördert sowie die Kostenübernahme für quali-
fizierte Sprach- und Integrationsmittlerinnen und -mittler im Rahmen medizini-
scher und psychotherapeutischer Behandlungen gewährleistet werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6067 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme der Anträge.

D. Kosten

Zu Buchstabe a
Durch die Ausgabe der Gesundheitskarten sowie eine Angleichung des Leistungs-
umfanges für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG an den GKV-Standard
(GKV gesetzliche Krankenversicherung) zu einem einheitlichen System der
Krankenversicherung und auch durch das Erstattungsverfahren des § 264 Absatz
2 SGB V verringern sich nach Angaben der Antragsteller Administrativkosten
sowie Folgekosten, die durch verschleppte Behandlungen verursacht würden. Die
Kosten für die Krankenversicherung der Leistungsberechtigten soll der Bund tra-
gen.

Zu Buchstabe b
Die gesetzlichen Krankenversicherungen sollen die Kosten im Rahmen der Kos-
tenerstattung gemäß § 13 Absatz 3 SGB V übernehmen, wenn für die Behandlung
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit Kassenzulassung nicht verfüg-
bar sind. Die Kosten für qualifizierte Dolmetscherinnen und Dolmetscher sollen
als Teil der Krankenbehandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung über-
nommen werden.

Drucksache 18/9933 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/7413 abzulehnen,
b) den Antrag auf Drucksache 18/6067 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2016

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Hilde Mattheis
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9933
Bericht der Abgeordneten Hilde Mattheis

I. Überweisung
Zu Buchstabe a
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/7413 in seiner 158. Sitzung am 25. Februar 2016 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Ferner hat
er ihn zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe über-
wiesen.

Zu Buchstabe b
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/6067 in seiner 125. Sitzung am 25. September 2015
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Ferner
hat er ihn zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Ausschuss für
Familien, Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Buchstabe a
Dass Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) lediglich bei akuten Erkrankungen
und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft eine medizinische Versorgung erhalten, ver-
stößt nach Überzeugung der Antragsteller gegen das Menschenrecht auf Gesundheit, das über die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte und andere internationale Abkommen garantiert sei. Auch widerspreche es dem
Grundrecht der Menschenwürde sowie dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. Mit dem Asylverfahrensbe-
schleunigungsgesetz sei diese Verletzung von Menschenrechten verschärft worden. Dieses Gesetz führe zu wei-
teren Verschlechterungen und zur Stigmatisierung in der gesundheitlichen Versorgung der Asylsuchenden. Be-
einträchtigt werde die gesundheitliche Versorgung von Asylsuchenden zusätzlich durch ein oft extrem zeit- und
personalaufwändiges Antrags- und Prüfverfahren bei den Sozialämtern, wenn Asylsuchende oder Geduldete ei-
nen Krankenschein, eine Facharztüberweisung oder eine Krankenhausbehandlung benötigten. Die Folge könnten
medizinisch nicht vertretbare Verzögerungen sein. Es bestehe die Gefahr, dass selbst unaufschiebbare Behand-
lungen unter Gefahr für Leib und Leben verschleppt würden. Todesfälle, gesundheitliche Schädigungen sowie
schwerste Behinderungen und Menschenrechtverletzungen, die auf willkürliche oder zu späte Entscheidungen der
Behörden oder des Personals zurückzuführen seien, seien dokumentiert. Die behördlichen Hemmnisse, das Men-
schenrecht auf medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, würden mit dem Asylverfahrensbeschleuni-
gungsgesetz nicht aus dem Weg geräumt. Den Ländern werde lediglich erleichtert, die menschenverachtende
Praxis durch ein Verfahren über die Krankenkassen zu ersetzen, die dann Gesundheitskarten an die Asylsuchen-
den ausgeben würden. Eine Verpflichtung der Länder, diese Möglichkeit tatsächlich zu nutzen, gebe es nicht. Die
Bundesregierung plane trotz der bekannten Defizite keine grundlegenden Verbesserungen bei der Gesundheits-
versorgung und dem Gesundheitsschutz im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Eine menschenrechts-
konforme und medizinethisch nicht zu beanstandende Gesundheitsversorgung erfordere jedoch die gleichberech-
tigte Versicherungspflicht aller Menschen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ihrer Herkunft oder ihrem
Vermögen. Daher müssten geeignete Maßnahmen ergriffen werden, damit alle Leistungsberechtigten nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz in die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
(SGB V) und den §§ 20 ff. des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) einbezogen werden. Die in § 5 Absatz
8a Satz 2 und 3 SGB V und in § 5 Absatz 11 SGB V für Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem SGB XII vorgesehenen Ausschlüsse von der gesetzlichen Kranken-
versicherung sollten zudem gestrichen würden. Außerdem solle übergangsweise und kurzfristig die seit 2004 für
Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG geltende Ausgabe von Gesundheitskarten nach § 264 Absatz 2 bis 7 SGB
V auf alle Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgeweitet werden.
Drucksache 18/9933 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe b
Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, leiden infolge der Erlebnisse im Her-
kunftsland und auf der Flucht häufig unter schwerwiegenden körperlichen und vor allem psychischen Belastun-
gen, so die Antragsteller. Rund 40 Prozent aller Flüchtlinge entwickelten infolge ihrer Erlebnisse, wie politische
Verfolgung, Folter, sexualisierte Gewalt oder des Zwangs, die Heimat zu verlassen, eine Traumafolgestörung.
Besonders gefährdet seien Frauen und Kinder. Eine Studie des kbo-Kinderzentrums komme zu dem Ergebnis,
dass ein Drittel der syrischen Flüchtlingskinder psychisch belastet sei. Zu den im Herkunftsland verursachten und
fluchtbedingten Traumata kämen anhaltende krankheitsfördernde Belastungen in den Erstaufnahmeeinrichtungen
hinzu. Gerade Flüchtlinge benötigten jedoch Schutz, Sicherheit und medizinische wie psychotherapeutische Ver-
sorgung, damit sie das Erlebte verarbeiten und sich ein neues Leben aufbauen könnten. Die dringend benötigte
Behandlung erhielten traumatisierte oder psychisch kranke Flüchtlinge in Deutschland jedoch nur im Einzelfall.
Grund hierfür sei zunächst die Minimalversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die Asyl-
suchende und Geduldete in der Regel von einer psychotherapeutischen Versorgung ausschließe. Die Versorgung
bei psychischen Erkrankungen verbessere sich jedoch kaum mit dem Zugang zu Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung, da die Krankenkassen keine Dolmetschereinsätze finanzierten, die bei Flüchtlingen aber
fast immer notwendig seien, weil muttersprachliche Therapieangebote kaum zur Verfügung stünden.
Das Bundesverfassungsgericht habe klargestellt, dass die Menschenwürde nicht migrationspolitisch relativierbar
sei. Es sei längst an der Zeit, allen Menschen in Deutschland, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, die not-
wendigen medizinischen und psychosozialen Leistungen zu gewähren. Zu einer besseren medizinischen, psycho-
therapeutischen und psychosozialen Versorgung verpflichte auch die neugefasste Richtlinie 2013/13/EU des Eu-
ropäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Per-
sonen, die internationalen Schutz beantragten (Aufnahmerichtlinie). Bund und Länder seien gefragt, zügig für
einen sicheren Aufenthaltsstatus zu sorgen, Asylsuchenden und Geduldeten einen Rechtsanspruch auf Teilnahme
an den Integrationskursen zu gewähren und sie bei der Arbeitsaufnahme zu unterstützen, die Wohndauer in Ge-
meinschaftsunterkünften zu reduzieren sowie Kindern einen Alltag in Schule und Kita zu ermöglichen. Die Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, allen Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
einen Anspruch auf sämtliche Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung einzuräumen und ihnen hierfür
eine Gesundheitskarte zur Verfügung zu stellen. Auch sollten geeignete Strukturen und Instrumente entwickelt
und angewendet werden, die eine frühzeitige Identifizierung, Bedarfsermittlung und Versorgung Schutzbedürfti-
ger, insbesondere traumatisierter Asylsuchender, ermöglichten. Dabei soll insbesondere die kurz- und langfristige
Finanzierung sowie Erreichbarkeit der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer sichergestellt und
deren Ausbau gefördert sowie die Kostenübernahme für qualifizierte Sprach- und Integrationsmittlerinnen und -
mittler im Rahmen medizinischer und psychotherapeutischer Behandlungen gewährleistet werden.
III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Zu Buchstabe a
Der Innenausschuss hat in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/7413 abzulehnen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 68. Sitzung am 21. September 2016
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/7413 abzulehnen.

Zu Buchstabe b
Der Innenausschuss hat in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6067 abzulehnen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 85. Sitzung am 21. September 2016 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6067 abzulehnen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9933
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 72. Sitzung am 21. September 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6067 abzulehnen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 68. Sitzung am 21. September 2016
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6067 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 69. Sitzung am 16. März 2016 die Beratung zu den Anträgen auf
Drucksachen 18/7413 und 18/6067 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung beschlos-
sen.

Die öffentliche Anhörung zu beiden Anträgen hat in der 80. Sitzung am 8. Juni 2016 stattgefunden. Von folgenden
Verbänden wurden Sachverständige eingeladen: Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Bundesweite Ar-
beitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAfF), GKV-Spitzenverband,
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Medibüros/Medinetze und Robert Bosch Expertenkommission zur
Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik. Als Einzelsachverständige wurden eingeladen: Georg Classen, Dr. Ulrich
Clever, Prof. Dr. Dr. Eberhard Eichenhofer, Sebastian Jung, Ulrich Krüger, Prof. Dr. Frank Neuner, Dr. Helmut
Middeke, Varinia Fernanda Morales, Matthias Muß, Prof. Dr. Oliver Razum und Manuela Rothöft. Auf das Wort-
protokoll und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird verwiesen.
Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 86. Sitzung am 21. September 2016 die Beratung zu den Anträgen
fortgesetzt und abgeschlossen. Als Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Anträge auf den
Drucksachen 18/7413 und 18/6067 abzulehnen.

Zu dem Antrag auf Drucksache 18/7413 lagen dem Ausschuss mehrere Petitionen vor, zu denen der Petitionsaus-
schuss eine Stellungnahme gemäß § 109 GO-BT angefordert hatte.
1. Der Petent fordert, dass alle Menschen, die sich in der EU aufhalten und medizinische Versorgung benötigen,
die erforderliche ärztliche Behandlung – unabhängig von ihrem krankenversicherungs- und aufenthaltsrechtlichen
Status – erhalten.
2. Der Petent fordert, dass Asylbewerber und Flüchtlinge eine in Bund und Ländern einheitliche medizinische
Regelversorgung bekommen.
3. Der Petent fordert, dass Asylbewerber auch Anspruch auf Heilpraktikerbehandlung (auch für psychotherapeu-
tische Leistungen) haben, zumindest mit „Ausnahmeregelungen“.
Die Petitionen wurden in den Beratungen zu den Anträgen berücksichtigt. Der Petitionsausschuss wurde entspre-
chend informiert.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, jedem sei klar, dass Menschen, die vor Krieg und Gewalt geflohen seien,
schwerwiegende Dinge erlebt hätten, die jeder für sich verkraften müsse. Dies nehme man sehr ernst. Nicht jeder,
der solche Erlebnisse zu verkraften habe, bekomme psychologische Probleme. Manche seien stark genug, dies
mit ihrem Umfeld und Freundeskreis zu verarbeiten. Dies müsse berücksichtigt werden, da ansonsten das System
überfordert werde. Man tue alles, damit die betroffenen Menschen entsprechend psychotherapeutisch behandelt
würden, so dass diese wieder Fuß fassen und positiv in die Zukunft schauen könnten. Es sei bei der Betreuung
der vielen Flüchtlinge, die in den letzten eineinhalb Jahren nach Deutschland gekommen seien, bereits sehr viel
geleistet worden, und zwar nicht nur von den psychosozialen Zentren. Darüber hinaus habe man dafür gesorgt,
dass die Betroffenen bereits nach 15 und nicht erst nach 48 Monaten in die Regelversorgung übernommen würden.
Man habe die Gesundheitskarte eingeführt, so dass die Länder und Kommunen prüfen könnten, was für die kon-
krete Situation vor Ort am zweckmäßigsten sei. Wenn die Gesundheitskarte so positiv zu bewerten sei, wie dies
in den Anträgen beschrieben werde, müsse sie flächendeckend von allen rot-grün-regierten Ländern eingeführt
werden. Dies sei aber nicht der Fall. Die Ballungs- und auch ländlichen Räume entschieden da jeweils unter-
schiedlich. Häufig werde die Verdolmetschung von psychosozialen Leistungen durch praktische Lösungen vor

Drucksache 18/9933 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ort bereitgestellt. Es sei nicht sinnvoll, dies flächendeckend für das ganze Land zu regeln. Man sei keineswegs
gegen eine gute Versorgung der Flüchtlinge. In den ersten 15 Monaten gebe es keinen Änderungsbedarf. Auch
die Krankenhausversorgung und die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln stünden ausreichend zur Verfügung.

Die Fraktion der SPD stellte fest, dass Koalitionsarbeit ist nicht immer einfach ist. Dies erlebten die Grünen im
Moment in Baden-Württemberg, wo die Gesundheitskarte nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden
sei. Die Länder hätten über die Einführung der Gesundheitskarte selbst entscheiden wollen, dies sei nicht an par-
teipolitischer Couleur festzumachen. Man dürfe nicht so tun, als könne man das kurzfristig auf Bundesebene
entscheiden. Die Fraktion werde sich weiter für die Einführung der Gesundheitskarte in allen Bundesländern ein-
setzen. Alle Beteiligten seien sich darin einig, dass Versorgungslücken beseitigt werden müssten. Man habe im
Rahmen des Asylbeschleunigungsgesetzes darauf hinwiesen, dass die Finanzierung der Dolmetscher als gesamt-
gesellschaftliche Aufgabe zwingend aus Steuermitteln zu erfolgen hat. Die Beitragszahler seien der falsche Ad-
ressat. So sei auch die just diskutierte Entnahme aus dem Gesundheitsfonds nicht der Weg, den man sich wünsche.
Überall werde pragmatisch von Ehrenamtlichen, Ärzten und Sanitätern Hilfe geleistet. Dies müsse weiter unter-
stützt werden. In diesem Sinne würde man sich freuen, wenn in den Haushaltsberatungen auch die Oppositions-
fraktionen beispielsweise Projekte für Sprachmittler unterstützten. Bereits mit dem letzten Haushalt habe man
Projekte für Ehrenamtliche unterstützt, dies müsse weitergeführt werden.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, die derzeitige Praxis, für Asylsuchende in den ersten 15 Monaten lediglich
eine Notfall- sowie Schwangerschaftsversorgung bereitzustellen, führe zu Folgekosten durch die Chronifizierung
von Krankheiten. Damit würden die Behandlungen teurer als nötig. Der Ausschluss der Regelversorgung führe
zwangsläufig zu einer Unterversorgung, dies habe entsprechend der Vertreter des GKV-Spitzenverbandes auf der
öffentlichen Anhörung betont. Aus Sicht der Fraktion sei völlig klar, dass alle Menschen in Deutschland unab-
hängig vom Aufenthaltsstatus, alle benötigten Gesundheitsleistungen erhalten müssten. Dies sei nicht nur men-
schenrechtlich, sondern darüber hinaus auch wirtschaftlich geboten. Die Forderungen des Antrages von BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN unterstütze man voll und ganz, insbesondere die Forderung nach der Einführung einer
Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetzes, die der gesetzlichen Krankenversicherung entspreche.
Auch bei der Sprach-und Kultursensibilisierung gebe es dringenden Handlungsbedarf. Eine ausreichende gesund-
heitliche Versorgung sei ein Grund- und Menschenrecht. Dies dürfe nicht zum Spielball in der politischen Ausei-
nandersetzungen um den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland gemacht werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vermerkte, die Sachverständigen der öffentlichen Anhörung zu den
Anträgen seien sich in seltener Deutlichkeit einig gewesen, dass die beiden Oppositionsfraktionen mit den Anträ-
gen berechtigte Anliegen vorbrächten. Es gebe einen enormen Handlungsbedarf bei der gesundheitlichen Versor-
gung von Menschen, die eine Flucht hinter sich hätten. Dies gelte sowohl für die Leistungen nach dem Asylbe-
werberleistungsgesetz als auch für die Versorgung nach SGB V. Besonders deutlich sei diese Lücke bei der psy-
chotherapeutischen Versorgung, da zum einen die Kommunen sehr unterschiedlich vorgingen und zum anderen
die Regelungen nach SGB V und SGB II nach 15 Monaten zu anderen Versorgungslücken führten. In den ersten
15 Monaten werde sogar bei gravierenden Notfällen die Versorgung verweigert, während es danach bei der psy-
chotherapeutischen Versorgung große strukturelle Probleme wie lange Wartezeiten gebe, die auch für deutsche
Bevölkerung beträfen. Wer Integration ernst nehme, müsse für eine ausreichende Versorgung in diesem Bereich
inklusive Sprachmittlung sorgen, da diese Defizite ein großes Hindernis darstellten. Entsprechend sei es wichtig,
die psychosozialen Zentren weiterhin vernünftig finanziell zu unterstützen. Es sei zudem unumgänglich, die not-
wendige Sprachmittlung aus Steuermitteln zu finanzieren.

Berlin, den 21. September 2016

Hilde Mattheis
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.