BT-Drucksache 18/9861

Treibhausgasemissionen aus Landnutzungsänderungen

Vom 22. September 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9861
18. Wahlperiode 22.09.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Dr. Julia Verlinden, Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Treibhausgasemissionen aus Landnutzungsänderungen

Im Juli 2016 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verord-
nung zur Minderung der Treibhausgasemissionen im Nichtemissionshandelsbe-
reich (ESR) sowie einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einbeziehung der
Emissionen und Minderungen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und
Forstwirtschaft (LULUCF) in den Europäischen Klima- und Energierahmen 2030
vorgestellt. Demnach soll im Zeitraum von 2021 bis 2030 u. a. die Anrechnung
von Emissionsgutschriften von bis zu 280 Millionen Tonnen CO₂-Äq aus Land-
nutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den anderen Nichte-
missionshandelssektoren, die in der ersten genannten Verordnung geregelt sind,
möglich sein. Mitgliedstaaten sollen allerdings keine Netto-Treibhausgasemissi-
onen im LULUCF-Bereich haben, dieser Grundsatz wird als „No-Debit-Regel“
bezeichnet. Mitgliedstaaten sollen außerdem entscheiden können, welche natio-
nalen Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Bereich LULUCF an-
gemessen sind, einschließlich der Option, Emissionen aus einer Landnutzungska-
tegorie durch den Abbau innerhalb einer anderen Landnutzungskategorie auszu-
gleichen. Sie sollen auch die Möglichkeit bekommen, die Emissionen im Zeit-
raum von 2021 bis 2030 zu akkumulieren und Emissionsminderungen aus diesem
Bereich untereinander zu handeln.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der Europäischen Kommis-

sion, Emissionen aus den LULUCF-Sektoren künftig in den Klima- und
Energierahmen 2030 mit einzubeziehen (bitte begründen)?

2. Welcher Anteil am europäischen Klimaziel einer Treibhausgasminderung
von mindestens 40 Prozent könnte nach Kenntnis der Bundesregierung durch
entsprechende Gutschriften maximal erreicht werden?

3. Um welchen Anteil könnten die nach Verordnungsvorschlag zusätzlich zum
Trend nötigen Minderungen durch Anrechnungen von Gutschriften verrin-
gert werden, und wie schätzt die Bundesregierung die Folgen daraus für eine
langfristige Dekarbonisierung ein?

4. Wie hoch sind derzeit auf Basis des Kommissionsvorschlags die Gutschrif-
ten in Deutschland aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forst-
wirtschaft, und welche Rolle würden diese bei der Zielerreichung der deut-
schen bzw. europäischen Klimaziele spielen können?

Drucksache 18/9861 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Verfügt die Bundesregierung über Kenntnisse bzw. wissenschaftliche Be-
funde über die Permanenz von Treibhausgaseinsparungen im LULUCF-Sek-
tor?
Wenn ja, welche sind dies, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bun-
desregierung daraus, und wenn nein, sind entsprechende Studien vorgese-
hen?

6. Welches Berechnungsmodell nutzt die Bundesregierung für die Feststellung
der Emissionen bzw. der Emissionsminderungen im LULUCF-Sektor, und
welche Emissionen oder Minderungen gab es bereits seit 2005 in diesem Be-
reich?

7. Befürwortet die Bundesregierung ein EU-weit einheitliches Berechnungs-
modell für die Anrechnungen von Emissionsminderungen im LULUCF-Sek-
tor?

8. Wie viele Hektar Grünland sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den
letzten zehn Jahren in Deutschland umgebrochen bzw. umgewandelt worden
(bitte pro Jahr, wenn möglich nach Bundesländern)?

9. Plant die Bundesregierung ein flächenscharfes Umwandlungsverbot von um-
weltsensiblem Grünland auch für Betriebe, die keine Agrarsubventionsemp-
fänger sind?
Wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht?
Welche Bundesländer haben bereits weitgehende Regelungen zum Grün-
landerhalt getroffen?

10. Für wie viele Hektar (ha) Dauergrünland (nicht umweltsensibel) wurde eine
Genehmigung zur Umwandlung erteilt?
Wie viele ha lagen davon in den Natura-2000-Vogelschutzgebieten?
Wie viele ha Neugrünland wurden für die Umwandlung angelegt (bitte pro
Jahr, wenn möglich nach Bundesländern aufschlüsseln)?

11. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Vorschlag
der LULUCF-Verordnung, wonach LULUCF-Gutschriften handelbar wür-
den und damit ein LULUCF-Markt geschaffen wird, und befürwortet sie ei-
nen Handel mit Emissionsgutschriften aus Emissionen aus Landnutzung und
Landnutzungsänderungen für die Zeit nach 2020, und befürwortet sie die
Möglichkeit, ggf. selbst am Handel teilzunehmen und Emissionsgutschriften
zur eigenen Zielerreichung einzukaufen bzw. überschüssige Emissionsmin-
derungen zu veräußern?

12. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Kohlen-
stoffbindungskapazitäten der Böden zu erhalten und ggf. zu erweitern, und
welche Minderungsziele sind mit jeweils welchen Maßnahmen zu erreichen?

13. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der deutsche Projektionsbericht
von 2015/2016 aufzeigt, dass die Emissionen in der Landwirtschaft bei ak-
tuellen Maßnahmen bis 2030 in etwa gleich bleiben würden, und plant sie
Maßnahmen, die dazu beitragen, diese Emissionen zu senken?

14. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts, welches ein behördliches Umbruchverbot
auf einer Moorfläche für rechtswidrig erklärt hat (Az.: BVerwG 4 C 4.15 –
Urteil vom 1. September 2016)?
Plant die Bundesregierung Regelungen, die rechtssichere Umbruchverbote
auf Moorstandorten ermöglichen?
Wenn ja, welche, und bis wann, und wenn nein, warum nicht?

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15. Steht die derzeitige Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU im Ein-

klang mit den Klimazielen der EU für 2030 und der Verpflichtung gemäß
dem Pariser Klimaabkommen, und wenn nicht, schlussfolgert die Bundesre-
gierung daraus, dass ab der Förderperiode 2021 die Direktzahlungen schritt-
weise nur noch für konkrete Umwelt-, Klima- und Naturschutzanliegen um-
zuwidmen und auszuzahlen sind?
Wenn nein, warum nicht?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die bestehenden Überwachungs-, An-
rechnungs- und Verbuchungsregeln, und welche bestehenden Unsicherhei-
ten hat sie identifiziert?
Sollte LULUCF in den Klimarahmen 2030 einbezogen werden, wenn diese
Unsicherheiten fortbestehen?

17. Wird sich die Bundesregierung im Rahmen der Verhandlungen um die
LULUCF-Verordnung dafür einsetzen, dass sich die europäischen Verpflich-
tungs- und Evaluationszeiträume am Ambitionsmechanismus des Pariser
Klimaabkommens orientieren und damit mehr Aussagekraft für die europäi-
sche Klimapolitik insgesamt erhalten?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 21. September 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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