BT-Drucksache 18/9699

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/8579, 18/8964, 18/9129 Nr. 1.1 - Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe b) zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Kathrin Vogler, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/8459 - Für eine zeitgemäße Antwort auf neue psychoaktive Substanzen

Vom 21. September 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9699

18. Wahlperiode 21.09.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksachen 18/8579, 18/8964, 18/9129 Nr. 1.1 –

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung
neuer psychoaktiver Stoffe

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Kathrin Vogler,

Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/8459 –

Für eine zeitgemäße Antwort auf neue psychoaktive Substanzen

A. Problem

Zu Buchstabe a

Nach Auffassung der Bundesregierung stellen das Auftreten und die Verbreitung
immer neuer chemischer Varianten bekannter Betäubungsmittel und psychoakti-
ver Stoffe eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. Mit dem Urteil des Eu-
ropäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014, wonach bestimmte neue psychoaktive
Stoffe (NPS) nicht unter den Arzneimittelbegriff fallen, könnten NPS in der Regel
nicht mehr als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) eingeord-
net werden. Es sei eine Regelungs- und Strafbarkeitslücke für solche NPS ent-
standen, die noch nicht in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) auf-
genommen seien.

Zu Buchstabe b

Für die Antragsteller ist die anhaltende Flut von neuen psychoaktiven Substanzen
(NPS) beunruhigend. Sie sei als direkte Folge des Drogenverbots anzusehen. Statt
gut untersuchter Substanzen würden so Stoffe konsumiert, die kaum einschätzbar
und möglicherweise noch deutlich gefährlicher als bekannte Drogen sind. Der

Drucksache 18/9699 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Weg der Bundesregierung, eine massive Ausweitung des nach Ansicht der An-
tragsteller gescheiterten Prohibitionsansatzes, sei daher der falsche Ansatz. Durch
das Verbot von ganzen Stoffgruppen seien weitere Ausweichreaktionen der Dro-
genhersteller in Richtung immer riskanterer neuer Substanzen zu befürchten.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) werden ein verwaltungsrechtliches
Verbot des Umgangs mit NPS und eine Strafbewehrung des Handeltreibens mit
NPS, des Inverkehrbringens, Verabreichens sowie des Herstellens und des Ver-
bringens von NPS in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Zweck des Inver-
kehrbringens geregelt.

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 in geän-
derter Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ge-
gen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller fordern eine Neuausrichtung der Drogenpolitik. So soll u. a. der
Anbau und Bezug von Cannabis für den Eigenbedarf ermöglicht werden. Rausch-
mittelkonsumenten sollten nicht mehr strafrechtlich verfolgt und regulierte, nicht-
kommerzielle Abgabemodelle auch für andere Rauschmittel erprobt werden.
Flankierend müsse ein stärkeres Augenmerk auf Maßnahmen der Schadensmini-
mierung und der Prävention gelegt werden. Zudem solle die Bundesregierung dro-
genbezogene Bestimmungen in der Fahrerlaubnisverordnung ändern.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8459 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Zu Buchstabe a

Keine.

Zu Buchstabe b

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9699

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Zu Buchstabe a

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger.

Zu Buchstabe b

Der Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger wurde nicht erörtert.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Zu Buchstabe a

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.

Zu Buchstabe b

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wurde nicht erörtert.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Zu Buchstabe a

Keine.

Zu Buchstabe b

Bürokratiekosten wurden nicht erörtert.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Zu Buchstabe a

Für die Bundesverwaltung entsteht allenfalls ein geringer zusätzlicher Vollzugs-
aufwand für die Strafverfolgung durch die Zollbehörden und durch das Bundes-
kriminalamt, da bereits nach bislang geltendem Recht auf der Grundlage des
AMG gegen den unerlaubten Umgang mit NPS vorgegangen wurde.

Das Gleiche gilt für die Polizeibehörden der Länder.

Sollte im Bereich des Bundes ein Mehrbedarf an Sach- oder Personalmitteln ent-
stehen, ist er finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.

Zu Buchstabe b

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung wurde nicht erörtert.

F. Weitere Kosten

Zu Buchstabe a

Aus diesem Gesetz resultieren keine Kosten für die Wirtschaft. Daher sind Aus-
wirkungen weder auf die Einzelpreise, noch auf das allgemeine Preisniveau noch
auf das Verbraucherpreisniveau zu erwarten.

Zu Buchstabe b

Weitere Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/9699 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 mit folgenden Maß-
gaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:

In Artikel 1 wird die Anlage wie folgt geändert:

1. Nummer 1.1 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden die Angabe „Imidazolyl-,“ und in der nach der
Angabe „Cyclohexyl-“ folgenden Darstellung von chemischen

Formeln die Formel „ N

N

“ sowie die darunter befindliche An-
gabe „Imidazolyl-“ gestrichen.

b) In Satz 2 wird die Angabe „Hydroxy-,“ gestrichen.

2. In Nummer 1.2 Buchstabe b Satz 1 wird die Angabe „Carboxy-,“ ge-
strichen.;

b) den Antrag auf Drucksache 18/8459 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2016

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Emmi Zeulner
Berichterstatterin

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Dr. Harald Terpe
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9699

Bericht der Abgeordneten Emmi Zeulner, Burkhard Blienert, Frank Tempel und
Dr. Harald Terpe

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Zu den Buchstaben a und b

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8579 und den Antrag auf Drucksache
18/8459 in seiner 173. Sitzung am 2. Juni 2016 in erster Lesung beraten und beide Vorlagen zur federführenden
Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem hat er sie zur Mitberatung an den Innenaus-
schuss und den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.

Die Unterrichtung durch die Bundesregierung auf Drucksache 18/8964 wurde gemäß § 80 Absatz 3 GO-BT über-
wiesen (Drucksache 18/9129 Nr. 1.1).

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Zu Buchstabe a

Nach Auffassung der Bundesregierung stellen das Auftreten und die Verbreitung immer neuer chemischer Vari-
anten bekannter Betäubungsmittel und psychoaktiver Stoffe eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. Mit
dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014, wonach bestimmte neue psychoaktive Stoffe (NPS)
nicht unter den Arzneimittelbegriff fallen, könnten NPS in der Regel nicht mehr als Arzneimittel im Sinne des
Arzneimittelgesetzes (AMG) eingeordnet werden. Es sei eine Regelungs- und Strafbarkeitslücke für solche NPS
entstanden, die noch nicht in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) aufgenommen worden seien.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht ein weit reichendes verwaltungsrechtliches Verbot des Umgangs mit NPS
vor. Das Verbot erfasst das Handeltreiben, das Inverkehrbringen, die Herstellung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr,
den Erwerb, den Besitz und das Verabreichen von NPS. Um die Gesundheit der Bevölkerung vor den mit einem
Konsum von NPS verbundenen, häufig unkalkulierbaren und schwerwiegenden Gesundheitsgefahren zu schüt-
zen, soll das weiter als die Strafvorschrift gehende verwaltungsrechtliche Verbot den zuständigen Behörden er-
möglichen, NPS auch unabhängig von einem Strafverfahren sicherzustellen und zu vernichten. An das Verbot
knüpfen Strafvorschriften an, die den auf eine Weitergabe zielenden Umgang mit NPS erfassen. Danach sind
strafbewehrt das Handeltreiben mit, das Inverkehrbringen, das Verabreichen sowie die Herstellung und das Ver-
bringen von NPS in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Zweck des Inverkehrbringens. Anerkannte Ver-
wendungen zu legitimen Zwecken sollen von dem Verbot ausgenommen werden. Die einzelnen dem Verbot un-
terliegenden Stoffgruppen von NPS sind in einer Anlage aufgelistet. Im Hinblick auf die Dynamik des Auftretens
weiterer NPS soll diese Anlage durch Rechtsverordnung geändert werden können. Die NPS können im Rahmen
eines Strafverfahrens eingezogen werden. Bei gewerbs- oder bandenmäßigem Handeln unterliegen Gegenstände,
die Täter oder Teilnehmer für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt haben, dem erweiterten Verfall. Zudem
sollen bei gewerbs- oder bandenmäßigem Handeln Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung ermög-
licht werden, um insbesondere den Internethandel verfolgen zu können. Bei gewerbs- oder bandenmäßigem Han-
deln soll zudem ermöglicht werden, die Anordnung von Untersuchungshaft gegen einen Beschuldigten auf den
Haftgrund der Wiederholungsgefahr zu stützen.

Der Bundesrat hat in seiner 946. Sitzung am 17. Juni 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76
Absatz 2 des Grundgesetzes Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme empfiehlt er, die Strafvorschriften des
NpSG insbesondere hinsichtlich der Strafrahmen und der Qualifikationstatbestände am BtMG auszurichten und
die spezifische Kronzeugenregelung des § 31 BtMG in das NpSG aufzunehmen (Drucksache 18/8964).

Drucksache 18/9699 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung die Vorschläge des Bundesrates abgelehnt. Im Hinblick auf das
verfassungsrechtliche Schuldprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse eine differenzierte und
auf NPS zugeschnittene Regelung gefunden werden. Die Schaffung einer zusätzlichen spezifischen Kronzeugen-
regelung sei im Hinblick auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Kronzeugenregelung des § 46b des Strafgesetz-
buchs nicht zielführend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Drucksache 18/8964 Bezug genommen.

Zu Buchstabe b

Für die Antragsteller ist die anhaltende Flut von neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) beunruhigend. Sie sei
als direkte Folge des Drogenverbots anzusehen. Statt gut untersuchter Substanzen würden so Stoffe konsumiert,
die kaum einschätzbar und möglicherweise noch deutlich gefährlicher als bekannte Drogen sind. Der Weg der
Bundesregierung, eine massive Ausweitung des nach Ansicht der Antragsteller gescheiterten Prohibitionsansat-
zes, sei daher der falsche Ansatz. Durch das Verbot von ganzen Stoffgruppen seien weitere Ausweichreaktionen
der Drogenhersteller in Richtung immer riskanterer neuer Substanzen zu befürchten.

Die Antragsteller fordern eine Neuausrichtung der Drogenpolitik. So soll u. a. der Anbau von Cannabis für den
Eigenbedarf erlaubt sowie der nichtkommerzielle Bezug von Cannabis in bestimmten geringen Mengen ermög-
licht werden. Rauschmittelkonsumenten sollten nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden und auch der Entzug
der Fahrerlaubnis solle nicht nur an die Tatsache des Rauchmittelkonsums gekoppelt sein. Zudem sollten regu-
lierte, nichtkommerzielle Abgabemodelle auch für andere Rauschmittel erprobt werden. Flankierend müsse ein
stärkeres Augenmerk auf Maßnahmen der Schadensminimierung gelegt werden. Maßnahmen der Schadensmini-
mierung müssten gefördert und eine gleichberechtigte Säule der Drogenpolitik werden. Weiter wird gefordert,
das Betäubungsmittelgesetz zu evaluieren und in sämtlichen Regelwerken die spezifische Schädlichkeit der ein-
zelnen Rauschmittel zu Grunde zu legen. Die Bundesregierung müsse sich auf internationaler Ebene für eine
Öffnung der Drogenpolitik und neue drogenpolitische Ansätze einsetzen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen, die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 zu empfehlen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 110. Sitzung am 21. September 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 in der vom
Ausschuss für Gesundheit geänderter Fassung zu empfehlen.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich gemäß des Einsetzungsantrags (Drucksa-
che 18/559) im Rahmen seines Auftrags zur Überprüfung von Gesetzentwürfen und Verordnungen der Bundes-
regierung auf Vereinbarkeit mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie mit dem Gesetzentwurf auf Drucksachen
18/8579, 18/8964 befasst und festgestellt, dass eine Prüfbitte nicht erforderlich ist, da die Darstellung der Nach-
haltigkeitsprüfung plausibel ist (Ausschussdrucksache 18(23)79-8).

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8459 zu empfehlen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 110. Sitzung am 21. September 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8459 zu empfehlen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9699

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen
18/8579, 18/8964 sowie zum Antrag auf Drucksache 18/8459 in seiner 79. Sitzung am 8. Juni 2016 aufgenommen
und beschlossen, zu den Vorlagen eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 84. Sitzung am 6. Juli 2016 statt. Als sachverständige Organisationen waren
eingeladen: Akzept e. V., Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V. (BDK), Bundesärztekammer (BÄK), Bundes-
psychotherapeutenkammer (BPtK), Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD), Deut-
sche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN), Deut-
sche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e. V. (DG-Sucht), Deutsche Gesellschaft für Suchtmedi-
zin e. V. (DGS), Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS), Europäische Beobachtungsstelle für Drogen
und Drogensucht (EBDD), Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh), GKV-Spitzen-
verband, INDRO e. V., Neue Richtervereinigung e. V. (NRV), Schildower Kreis und Therapieladen – Verein zur
sozialen und psychotherapeutischen Betreuung Suchtmittelgefährdeter e. V. Als Einzelsachverständige waren
eingeladen: Prof. Dr. Volker Auwärter, Jörn Patzak, Sandro Rösler, Prof. Dr. Rainer Thomasius, Dr. Bernd Werse
und Hubert Wimber. Auf das Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der
Sachverständigen wird Bezug genommen.

In seiner 86. Sitzung am 21. September 2016 hat der Ausschuss für Gesundheit seine Beratungen abgeschlossen.
Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf auf Druck-
sachen 18/8579, 18/8964 in der vom Ausschuss geänderten Fassung anzunehmen. Ferner empfiehlt er mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Drucksache 18/8459 abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat Änderungen zu dem Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 be-
schlossen. Um mögliche Zweifelsfragen, ob die Verbote des NpSG bestimmte Lebensmittel oder Nahrungsergän-
zungsmittel erfassen, auszuräumen, sollen bestimmte Verbindungen aus der Stoffgruppe der Phenethylamine her-
ausgenommen werden.

Der diesen Änderungen zu Grunde liegende Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(14)0195.1 wurde mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 lag dem Ausschuss für Gesundheit eine Petition vor,
zu der der Petitionsausschuss eine Stellungnahme nach § 109 GO-BT angefordert hatte. Die Petentin forderte ein
Verbot synthetischer Cannabinoide durch eine Stoffgruppenregelung im Betäubungsmittelgesetz. Die Petition
wurde in den Beratungsprozess einbezogen und der Petitionsausschuss entsprechend informiert.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) bestehe dringender Hand-
lungsbedarf. Die neuen Substanzen seien hochgefährlich. Es sei nicht bekannt, wie viele Menschen NPS konsu-
mierten, welche Risiken bestünden und wie viele Todesfälle auf NPS zurückzuführen seien, da bei Obduktionen
die Suche nach diesen Stoffen sehr schwierig sei. Daher sei es umso wichtiger, die NPS für illegal zu erklären. Es
müsse das unmissverständliche Signal gegeben werden, dass der Konsum von NPS eben nicht unbedenklich sei,
wie es deren Namen teilweise suggerierten. Bisher würden insbesondere Jugendliche sogenannte Legal Highs
oder Kräutermischungen legal über das Internet bestellen. Diese Gesetzeslücke werde nun mit dem Neue-psycho-
aktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) geschlossen, der Handel unterbunden und die Produzenten künftig bestraft. Mit dem
Gesetzentwurf setze man die Strafverfolgungsbehörden in die Lage, Vergehen entsprechend zu ahnden. Außer-
dem könnten die Substanzen nun gründlich erforscht und letztlich in das Betäubungsmittelgesetz überführt wer-
den.

Die Fraktion der SPD bestätigte, dass der Bereich der neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) habe dringend
reguliert werden müssen. Hierauf habe bereits der Europäische Gerichtshof in einem Urteil hingewiesen. Die
notwendige Regulierung erfolge nun mit dem vorliegenden Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG). Der Ge-
setzentwurf regelt zu klärende Fragen und schließe eine Gesetzeslücke. Bisher seien NPS verharmlost und die

Drucksache 18/9699 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Risiken ignoriert worden. Die Beschaffung insbesondere über das Internet sei äußerst einfach gewesen. Der Ver-
trieb habe strafrechtlich nicht verfolgt werden können. Der Handel werde durch das NpSG künftig unterbunden.
Im Gesetzentwurf gebe es eine eindeutige Trennung von Konsumenten und Handeltreibenden. Das sei die Stärke
des Gesetzes. Denn Handel, Inverkehrbringen, Herstellung und Import von NPS seien künftig strafbar und impli-
ziere die Straffreiheit für den Konsumenten, was eine Entkriminalisierung der Konsumenten bedeute.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD äußerten die Bitte an das für diesen Gesetzentwurf federführende Bun-
desministerium für Gesundheit, zeitnah nach Inkrafttreten des Gesetzes im Wege einer Ausschreibung dessen
Auswirkungen in wesentlichen Bereichen über einen Zeitraum von zwei Jahren durch unabhängige Expertinnen
und Experten evaluieren zu lassen und dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages diese Evaluierung
vorzulegen. Die Evaluierung solle insbesondere folgende Bereiche umfassen:

– Erfahrungen und Auswirkungen auf den Konsum von NPS,

– Auswirkungen des Verzichts auf die Strafbewehrung des Erwerbs und Besitzes von NPS zum Eigenkonsum
(„Entkriminalisierung“ in diesem Bereich),

– Erfahrungen und Auswirkungen auf die Suchthilfe (Prävention, Beratung, Behandlung),

– Erfahrungen der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz (Polizeibehörden, Zollbehörden, Staatsanwalt-
schaften, Strafgerichte) beim Vollzug des Gesetzes ohne die Möglichkeit der Erhebung von Verkehrsdaten
(sog. Vorratsdatenspeicherung, § 100g Strafprozessordnung – StPO), die im Gesetz mit Blick auf die engen
Vorgaben, u.a. des EuGH, nicht aufgenommenen wurde.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, mit dem Gesetzentwurf werde die Kriminalisierung von Konsumenten
fortgesetzt, was weltweit als der falsche Weg angesehen werde. Es würden nun erneut Verbote ausgesprochen,
obwohl viele Experten Zweifel an diesem Ansatz geäußerten. Es sei unumgänglich, die Wirkung von Verboten
bei der Bekämpfung des Drogenkonsums umfassend zu evaluieren. Außerdem sei ein Verbot von so vielen che-
mischen Substanzen und Verbindungen für die betroffenen Beamten in der praktischen Umsetzung sehr schwie-
rig. Angesichts von 2,5 bis 4 Millionen Cannabiskonsumenten sei es derzeit offensichtlich kaum möglich, das
Cannabisverbot umzusetzen. Es stelle sich daher die Frage, wie dies bei den NPS erfolgen solle. Es gehe nicht
darum, NPS zu verharmlosen, sondern um Ursachenbekämpfung. Grundsätzlich habe man unterschiedliche Vor-
stellungen davon, wie die Zahl der Drogentoten und der Suchterkrankungen verringert werden könne. Auch zur
Regulierung der verschiedenen Substanzen habe die Fraktion eine andere Meinung als die Koalitionsfraktionen.
Wichtig sei aber, die Ursachen in den Fokus zu nehmen und nicht nur die Folgen zu bekämpfen. Da ein großer
Teil der NPS im Bereich der synthetischen Cannabinoide angesiedelt sei, müsse man sich fragen, wo die Ursache
des Konsums dieser gefährlichen Substanzen liege.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte, dass noch nicht einmal die Wirkungen des geltenden auf
Verboten basierenden Betäubungsmittelgesetzes überprüft worden seien. Trotzdem werden nun bereits die
nächste Verbotswelle für Neue Psychoaktive Substanzen (NPS) beschlossen. Mit Verboten könne das Drogen-
problem nicht gelöst werden. Nachfrage und Angebote würden kaum beeinflusst. Nun entstehe mit dem NpSG
ein weiterer Schwarzmarkt mit den bekannten Begleitproblemen. Neue psychoaktive Substanzen würden als Aus-
weichdroge konsumiert, da Cannabis illegal sei. Durch das NpSG werde sich nichts daran ändern, dass immer
wieder neu entwickelte NPS angeboten würden, die nicht unter das NpSG fielen. Da die Risiken der NPS relativ
unbekannt seien, müsse zunächst eine wissenschaftliche Risikobewertung erfolgen. Nur mit diesem Wissen könne
ein solides Regulierungsmodell entwickelt werden. Durch eine Cannabisregulierung wie sie der Gesetzentwurf
der grünen Fraktion vorsehe, könne man eine wesentlich bessere Strategie für den Umgang mit NPS entwickeln.
Es fehlten zudem suchtpräventive Maßnahmen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9699

B. Besonderer Teil

Soweit der Ausschuss für Gesundheit die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die
Begründung auf Drucksachen 18/8579, 18/8964 verwiesen. Zu den vom Ausschuss vorgenommenen Änderungen
ist darüber hinaus Folgendes zu bemerken:

Zu den Nummern 1 und 2

Die Streichungen dienen dem Ausschluss möglicher Zweifelsfragen beim Vollzug des Neue-psychoaktive-Stoffe-
Gesetzes (NpSG). Nach § 1 Absatz 2 NpSG findet das NpSG keine Anwendung auf Arzneimittel im Sinne des
§ 2 Absatz 1, 2, 3a und 4 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes und Betäubungsmittel im Sinne des § 1 Absatz 1 des
Betäubungsmittelgesetzes. Außerdem sind nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 NpSG nach dem jeweiligen Stand von
Wissenschaft und Technik anerkannte Verwendungen eines neuen psychoaktiven Stoffes zu gewerblichen, in-
dustriellen oder wissenschaftlichen Zwecken von den Umgangsverboten ausgenommen. Auch natürlich vorkom-
mende Gemische und Lösungen von Stoffen werden nach § 2 Nummer 2 NpSG nicht von dem Gesetz erfasst.
Einzelne in der Natur vorkommende Stoffe aus der Stoffgruppe der Phenethylamine, die beispielsweise aufgrund
ihrer Hydrophilie kaum eine zentral stimulierende Wirkung besitzen, finden jedoch auch Verwendung in Lebens-
mitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln. Um mögliche Zweifelsfragen, ob die Verbote des NpSG diese Produkte
erfassen, auszuräumen, sollen die betreffenden Verbindungen mit den vorliegenden Streichungen aus der Stoff-
gruppe der Phenethylamine herausgenommen werden. In Verbindung mit diesen Streichungen entfallen die in der
Begründung der Anlage zum NpSG aufgeführten Beispiele zu den gestrichenen Angaben (Drucksache 18/8579,
Tabelle auf Seite 27 fünfte Zeile sowie auf Seite 30 dritte Zeile).

Berlin, den 21. September 2016

Emmi Zeulner
Berichterstatterin

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Dr. Harald Terpe
Berichterstatter

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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