BT-Drucksache 18/9661

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/8708 - Deutsch-indische Bildungs- und Wissenschaftskooperation ausbauen

Vom 20. September 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9661
18. Wahlperiode 20.09.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/8708 –

Deutsch-indische Bildungs- und Wissenschaftskooperation ausbauen

A. Problem
Indien wird mit seiner gut entwickelten und ausgebauten Forschungs- und Tech-
nologielandschaft auch in den kommenden Jahren ein entscheidender Motor der
Globalisierung sein. Es gibt bereits heute rege Kooperationen im Bildungs- und
Wissenschaftsbereich Deutschlands mit Indien, von denen beide Seiten profitie-
ren. Durch vielfältige Zusammenarbeit im akademischen Bereich und in der be-
ruflichen Bildung besteht bereits eine solide Grundlage für eine weitere Verbes-
serung der deutsch-indischen Wirtschafts- und Forschungszusammenarbeit. Der
weitere Ausbau der Kooperationen mit Indien als weltweit größte Demokratie und
als verlässlicher Partner mit vielfältigen Potenzialen ist für Deutschland von gro-
ßem Interesse.

B. Lösung
Die Zusammenarbeit mit Indien soll auf den Gebieten der Spitzenforschung, der
Sozialforschung und insbesondere des Studierenden- und Wissenschaftleraustau-
sches vor allem im Bereich der Mathematik und Informatik intensiviert werden.
Aber auch die Förderung der deutschen Sprache und die Berufsbildungszusam-
menarbeit sollen gestärkt werden. So sollen Austauschangebote in Zukunft auch
für deutsche Auszubildende angeboten werden. Flankierend hierzu sollen große
Investitionsprojekte unter der Bedingung gefördert werden, dass in den jeweiligen
Ausschreibungen eine berufsbezogene Aus- und Weiterbildung vorgesehen wird.

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE.

Drucksache 18/9661 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Ablehnung des Antrags.

D. Kosten
Die deutsch-indische Zusammenarbeit soll im Rahmen der verfügbaren Haus-
haltsmittel intensiviert werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9661

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/8708 anzunehmen.

Berlin, den 22. Juni 2016

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Patricia Lips
Vorsitzende

Dr. Stefan Kaufmann
Berichterstatter

Dr. Daniela De Ridder
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

Drucksache 18/9661 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann, Dr. Daniela De Ridder, Dr. Rosema-
rie Hein und Kai Gehring

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/8708 in seiner 177. Sitzung am 10. Juni 2016 beraten
und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung sowie
dem Auswärtigen Ausschuss, dem Haushaltsausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie, dem Aus-
schuss für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und dem Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitbera-
tung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Indien wird mit seiner gut entwickelten und ausgebauten Forschungs- und Technologielandschaft auch in den
kommenden Jahren ein entscheidender Motor der Globalisierung sein, insbesondere weil es wie kaum ein anderes
Schwellenland in Bildung und Forschung investiert. Während gleichzeitig immer mehr gut ausgebildete Inderin-
nen und Inder nach Deutschland kommen, haben sich deutsche Unternehmen in den vergangenen Jahren verstärkt
in Indien angesiedelt. Als weltweit größte Demokratie erscheint Indien als ein verlässlicher Partner mit vielfälti-
gen Potenzialen zur Kooperation insbesondere im Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Die Bundesregierung för-
dert diese Kooperation bereits seit 1974 auf der Basis des Abkommens über die wissenschaftlich-technologische
Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem indischen Ministry of
Science and Technology. Dabei ist der sich stark steigernde bilaterale Austausch von jungen Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern sowie Studentinnen und Studenten ein wichtiges Element der Zusammenarbeit. So hat sich
der Anteil der indischen Studentinnen und Studenten, die nach Deutschland kommen, in den Jahren von 2007 bis
2015 mehr als verdreifacht.

Die Kooperation weiter auszubauen, soll ebenso das Ziel sein, wie die gemeinsame Förderung von Forschungs-
projekten. Während die Arbeitsgruppe „Hochschulbildung“ zwischen dem Bundesministerium für Bildung und
Forschung und dem Ministry of Human Resource Development sich um den akademischen Austausch bemüht,
wird sowohl von der Bundesregierung als auch von der indischen Regierung ein Schwerpunkt auf die Förderung
der anwendungsorientierten Forschung unter Beteiligung von Forschungseinrichtungen und Partnern der Industrie
aus den jeweils beiden Ländern gelegt. Ein Schwerpunkt zum Ausbau der Forschungskooperation sind dabei ge-
genwärtig Forschungsvorhaben im Bereich der Biotechnologie.

Die Sprachförderung nimmt bei der Zusammenarbeit im Bildungssektor eine zentrale Rolle ein. Insbesondere mit
dem Projekt „Deutsch an 1.000 Schulen“ wird seit 2014 ermöglicht, dass 78.000 Kinder an Schulen des indischen
Schulverbandes KVS die deutsche Sprache erlernen.

Die Bundesregierung leistet im Bereich der beruflichen Bildung einen Beitrag, um das ehrgeizige Ziel der indi-
schen Regierung, bis zum Jahr 2022 400 Millionen Menschen beruflich zu qualifizieren, zu unterstützen. Hier
leistet die Bundesregierung zum einen Beratung zu systematischen Berufsbildungsreformen in Indien, als auch in
Zusammenarbeit mit den Handelskammern die Unterstützung von Pilotprojekten nach dem deutschen dualen
Ausbildungsmodell.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und weitere Träger im Auftrag der Bundesregierung sollen dabei
helfen, den indischen Ausbildungsmarkt für deutsche Anbieter beruflicher Bildungsgänge zu erschließen und die
indische Seite bei der Novellierung der beruflichen Standard-Curricula zu beraten. Durch Projekte des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird darüber hinaus versucht dazu beizutra-
gen, bei der Modernisierung des indischen Berufsbildungswesens die Integration dualer Elemente zu erzielen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9661
Der Deutsche Bundestag solle begrüßen, dass die Zusammenarbeit mit der Republik Indien intensiviert wurde,
insbesondere dass

1. das BMBF diverse Förderlinien und Programme zur Fortentwicklung der Kooperation aufgelegt hat;

2. die jährlichen Ausgaben des BMBF für die Kooperation mit Indien deutlich von 1,4 Mio. Euro im Jahr

2008 auf rund 8,5 Mio. Euro in 2015 gestiegen sind;

3. die Themen Bildung und Forschung bei den alle zwei Jahre stattfindenden deutsch-indischen Regierungs-

konsultationen eine wesentliche Rolle spielen;

4. alle zwei Jahre Verhandlungen über die wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit (WTZ) unter

Leitung der Staatssekretäre des BMBF und des indischen DST mit Beteiligung relevanter Wissenschafts-
organisationen geführt werden;
5. 2015 ein vertieftes Abkommen (MoU) zur deutsch-indischen Berufsbildungskooperation zwischen der

Bundesregierung und der Regierung der Republik Indien abgeschlossen wurde;

6. jährlich die Joint Working Group (AG) unter Federführung des BMBF gemeinsam mit dem indischen Part-
nerministerium MSDE zur Steuerung der deutsch-indischen Berufsbildungszusammenarbeit tagt;
7. das BMBF im Rahmen seines weltweiten VETnet-Projekts auch an der Auslandshandelskammer in Pune

(Indien) von 2013 bis 2018 einen Standort eingerichtet hat, um vor Ort praxisorientierte Ausbildungsgänge
nach deutschem dualem Vorbild zu etablieren;
8. die Bundesregierung die Internationalisierung deutscher beruflicher Aus- und Weiterbildungsdienstleis-

tungen im Rahmen der BMBF-Initiative iMOVE unterstützt;

9. die Regierung der Republik Indien – vermittelt über iMOVE – indische Ausbilder auf Kosten der indischen

Regierung in Deutschland ausbilden lässt;

10. sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit des BMZ seit dem Jahr 2014 erneut in die Kooperation

zur Berufsbildung einbringt zur Unterstützung der Berufsbildungsreform der indischen Regierung. Dies
entspricht der Tradition der 50 Jahre lang dauernden entwicklungspolitischen Bildungskooperation mit In-
dien (1958-2008); zuletzt bei einem Gesamtumfang der laufenden Kooperation in Höhe von 107, 5 Mio.
Euro mit einer Zusage über 3 Mio. Euro für Beratungsleistungen zur Umsetzung der „National Policy for
Skill Development“;
11. auch das Goethe-Institut aus Mitteln des AA an der Implementierung von berufsbildenden Kursen an indi-

schen Schulen beteiligt ist und hierfür Deutsch- und Fachlehrer qualifiziert;

12. im Jahr 2009 das Programm „A New Passage to India“ durch den DAAD mit Förderung des BMBF initi-

iert wurde, das die Entwicklung des akademischen Austauschs mit Indien positiv beeinflusst hat;

13. im Oktober 2015 das neue Hochschulpartnerschaftsprogramm „Indo-German Partnerships in Higher Edu-

cation“ ausgeschrieben wurde, in das beide Seiten im Laufe von vier Jahren jeweils 3,5 Mio. Euro inves-
tieren wollen;
14. das AA mit dem Projekt „Deutsch an 1.000 Schulen“ ein Programm zur Förderung von Deutsch als Fremd-

sprache an Schulen des indischen Schulverbands KVS aufgelegt hat, welches vom Goethe-Institut durch-
geführt wird;
15. das AA die Zusammenarbeit mit ausgewählten indischen Schulen im Rahmen der Partnerschulinitiative

PASCH finanziert;
Drucksache 18/9661 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
16. ein deutsch-indisches „M.S. Merian – R. Tagore Centre“ errichtet wird, um die Zusammenarbeit mit Indien

in den Geistes- und Sozialwissenschaften zu stärken;

17. diverse Aktivitäten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), wie beispielsweise der im Jahr 2012

gegründete Beirat zur Koordinierung der Zusammenarbeit mit dem „Indian Council of Historical Rese-
arch“ (ICHR), zur Kooperationssteigerung in den Geistes- und Sozialwissenschaften durchgeführt werden;
18. eine enge Kooperation deutscher Einrichtungen mit den „Indian Institutes of Technology“ (IIT) erfolgt;

19. das BMBF seit 2014 gemeinsam mit dem indischen MHRD eine gesonderte Kooperation zwischen den

TU9 und dem IIT Mandi, mit dem der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermög-
licht wird, fördert;
20. das „Indo-German Science and Technology Centre“ (IGSTC) etabliert wurde und bei den 3. deutsch-indi-

schen Regierungskonsultationen im Oktober 2015 die Laufzeit des IGSTC bis 2022 verlängert sowie die
Finanzmittel (ab 2017) von 2 auf 4 Mio. Euro pro Seite verdoppelt wurden;
21. auch Wissenschafts- und Mittlerorganisationen in Indien sehr aktiv sind und sich 2012 zusammengeschlos-

sen haben im Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH), das vom AA und vom BMBF fi-
nanziell unterstützt wird.
Der Deutsche Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel

1. die Initiative „A New Passage to India“ fortzuführen und dabei die deutsch-indischen Zentren wie das

„Indo-German Centre for Sustainability“ am IIT Madras in Chennai weiter zu finanzieren sowie das er-
folgreiche WISE-Programm („Working Internships in Science and Engineering“) für indische Bachelor-
Studierende fortzusetzen und auszubauen. Bei der Programmgestaltung sollen zudem Kooperationen von
Fachhochschulen mit indischen Partnern berücksichtigt werden;
2. den weiteren Aufbau des im Sommer 2015 gegründeten deutsch-indischen „M. S. Merian – R. Tagore

International Centre for Advanced Studies in the Humanities and Social Sciences“ als deutsch-indisches
Gemeinschaftsprojekt für ambitionierte geistes- und sozialwissenschaftliche Forschung voranzutreiben;
3. in enger Zusammenarbeit mit der DFG, der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) und dem DAAD den

deutsch-indischen Studierenden- und Wissenschaftleraustausch vor allem im Bereich der Mathematik und
Informatik zu intensivieren;
4. die nachhaltige Finanzierung des DWIH in Neu Delhi sicherzustellen;

5. die Kontakte zwischen Partnern aus Wissenschaft und forschender Wirtschaft im Rahmen des DWIH zu

intensivieren und die Synergien – künftig unter der Konsortialführerschaft des DAAD – zwischen den
einzelnen Mitgliedern voranzutreiben;
6. für eine ausreichende räumliche Ausstattung der Deutschen Schule New Delhi (DSND) Sorge zu tragen;

7. die Berufsbildungszusammenarbeit mit Indien unter Federführung des BMBF und im Rahmen der ent-

wicklungspolitischen Zusammenarbeit durch das BMZ weiter zu stärken;

8. Aus- und Weiterbildungsaktivitäten generell und speziell im Bereich Energieeffizienz und Ausbau erneu-

erbarer Energien über die Entwicklungszusammenarbeit noch stärker voranzutreiben;

9. über die bisherigen vier Sektoren und das Modell iMOVE, der Förderung kommerzieller deutscher An-

bieter beruflicher Aus- und Weiterbildung, hinaus die Zusammenarbeit in der beruflichen Ausbildung zu
vertiefen, u.a. auch durch Austauschangebote für deutsche Auszubildende und Ausbildende nach Indien;

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10. bei größeren, von Entwicklungsbanken finanzierten Investitionsprojekten durch Aufnahme von Ausbil-

dungselementen in die jeweilige Ausschreibung die berufsbezogene Aus- und Weiterbildung zu forcieren
und damit auch die Vereinbarung zwischen BMZ und der Asian Development Bank aufzugreifen;
11. die tiefere Verankerung der dualen Ausbildung in Indien zu unterstützen, um zur Entwicklung einer quali-

fizierten Facharbeiterebene neben den traditionell sehr gut ausgebildeten Absolventen der zumeist techni-
schen Studiengänge beizutragen und die Möglichkeiten für Verknüpfungen und Transfer aus der ange-
wandten Wissenschaft zu verbessern.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der mitberatende Auswärtige Ausschuss, der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Ener-
gie, der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung, der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union sowie der Ausschuss für Kultur
und Medien haben jeweils in ihren Sitzungen am 22. Juni 2016 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 18/8708 anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Die CDU/CSU-Fraktion legt zunächst dar, dass der Antrag das Ergebnis einer Delegationsreise des Ausschus-
ses nach Indien im Herbst des Jahres 2015 sei, die, unter anderem wegen der kurz zuvor stattgefundenen deutsch-
indischen Regierungskonsultationen sowie wegen der indischen Regierungsstrategie „MIIM“ (Make in India
Mittelstand), welche Deutschland als Mittelstandsland adressiere, zu einer Zeit von großem Interesse Indiens an
Deutschland stattgefunden habe. Vor dem Hintergrund des Plans der indischen Regierung, bis zum Jahre 2022
400 bis 500 Millionen Inder aus- und fortzubilden sowie 10.000 Zentren für Kurzlehrgänge einzurichten, sei
insbesondere das Thema „Berufliche Bildung“ von großer Bedeutung gewesen. Auch das Thema „Ansiedlung
deutscher Unternehmen“ sowie das Programm „Fast track to India“, welches deutschen Unternehmen einen di-
rekten Zugang zum indischen Markt eröffnet habe, seien besprochen worden.

Zuerst sei darauf hinzuweisen, dass trotz des immens gewachsenen Wissenschaftsaustauschprogrammes mit
sechs Goethe-Instituten sowie zahlreichen Postdocs und Doktoranden an deutschen Hochschulen und For-
schungseinrichtungen, der Austausch zwischen Deutschland und Indien weiterhin intensiviert und erweitert wer-
den müsse.

Schwerpunkt der Delegationsreise seien neben Gesprächen mit politischen Repräsentanten die Themen „For-
schung und Innovation“ gewesen. Die Delegation habe sich außerdem verstärkt mit den Bereichen „Biotechno-
logie“, „Gesundheitsforschung“ und „Industrielle Forschung“ beschäftigt.

Dass die indische und deutsche Produktion stark miteinander verzahnt seien, erkenne man an vielen Beispielen:
So unterhielten in Bangalore zahlreiche deutsche Konzerne Innovationszentren für den Bereich der IT-Entwick-
lung. Erwähnenswert seien auch die 70 Forschungskooperationen zwischen deutschen und indischen For-
schungsinstituten und Universitäten in den indischen Bundesstaaten Karnataka und Kerala. Ein weiteres Beispiel
sei die Carl Zeiss Meditec AG, welche Software für die Kontrollsoftware in deutschen Porschewerken in Leipzig
programmiere.

Die CDU/CSU-Fraktion weist auf sechs mögliche Themenschwerpunkte hin, die seitens der indischen Regie-
rung im Rahmen der Delegationsreise vorgetragen worden seien:

Erstens werde der Aufbau eines gemeinsamen Forschungszentrums für „Clean Energy“, insbesondere „Clean
Coal“ sowie „Solarenergie“ angeregt.

Zweitens werde eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich „Big Data“ und „Supercomputing“ angestrebt.

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Drittens solle aufgrund deutscher Expertise im Bereich „Umwelt und Wasserwirtschaft“ ein Projekt zur Zusam-
menarbeit bei der Reinigung des Ganges ins Leben gerufen werden.

Viertens solle ein sechsmonatiges PHD-Austauschprogramm für indische Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler etabliert werden.

Fünftens sei die Kooperation im Bereich der „Smart Cities“ angesprochen worden.

Und sechstens sei die Unterstützung Indiens beim Aufbau von Fachhochschulen nach deutschem Vorbild als
wichtig erachtet worden.

Aus den Forderungen des Antrags greift die CDU/CSU-Fraktion zwei zur Erläuterung heraus:

Zum einen müsse der Austausch zwischen Indien und Deutschland, insbesondere deutscher aber auch indischer
Studierender und Wissenschaftler/-innen weiter ausgebaut werden. Dafür seien Gesellschaften oder Vereine wie
beispielsweise der DAAD, die Alexander von Humboldt-Stiftung sowie die DFG die richtigen Ansprechpartner,
wenn es darum ginge, einen Austausch von Deutschen ins Ausland zu organisieren. Seitens der Inder sei der
Wunsch deutlich geworden, nach dem Studium oder der Promotion eine Arbeitsmöglichkeit in Deutschland zu
erhalten; in diesem Zusammenhang sei allerdings darauf hinzuweisen, dass sich bereits über 80 Prozent der
indischen Forscher im Ausland befänden, sodass das Thema des „Brain Drain“ nicht zu unterschätzen sei.

Vor dem Hintergrund finanzieller und ausstattungsbedingter Schwierigkeiten des Deutschen Hauses für Wis-
senschaft und Innovation sowie der Deutschen Schule werde in dem Antrag zum anderen eine nachhaltige Un-
terstützung dieser Einrichtungen gefordert.

Die SPD-Fraktion hat den Eindruck, Indiens Schulen seien nicht sehr fortschrittlich. Durch Recherche im In-
ternet erfahre man beispielsweise, dass die Lehrer zum Teil gar nicht in den Unterricht kämen, 40 bis 50 Prozent
der Positionen von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern nicht besetzt seien, ein „sexistischer“ Ton herr-
sche und Mädchen nicht oder in nur geringem Maße beschult würden. Sie befürwortet deshalb, dass der Antrag
alle bildungspolitischen Etappen beleuchte und sich insbesondere – unter anderem durch das Programm
„Deutsch für 1.000 Schulen“, welches Deutsch als Fremdsprache fördere - der Schule widme, um einen späteren
Studienaustausch zu erleichtern. Gleichzeitig sei aber das Problem der Abwanderung hochqualifizierter oder
talentierter Menschen aus Indien ernst zu nehmen und müsse im Auge behalten werden.

Begrüßenswert sei außerdem, dass in der Kooperation ein Fokus auf die berufliche Bildung, mit der Folge einer
Stärkung des Ausbildungswesens, gelegt werde. Dabei gehe es nicht darum, dem indischen System die westli-
chen Werte aufzudrücken, sondern einen „kultursensiblen“ Dialog zu verstärken.

Die SPD-Fraktion befürwortet zudem, dass der Antrag im Rahmen des Hochschulbereiches neben der Stärkung
der MINT-Fächer außerdem die der Geistes- und Sozialwissenschaften vorsehe.

Positiv hervorzuheben sei auch, dass der Antrag eine verstärkte Kooperation von DFG, DAAD und der Alexan-
der von Humboldt-Stiftung fordere und dass in dem Programm „A New Passage to India“ ein Hinweis auf die
Kooperation mit Fachhochschulen enthalten sei, wodurch eine anwendungs- sowie arbeitsmarktorientierte Ko-
operation ermöglicht werden könne. Nicht nur der Austausch der schulischen, sondern auch der beruflichen
Bildung müsse – trotz Bewusstseins der Gefahr des „Brain Drain“ - gefördert werden.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass keines ihrer Mitglieder an der Delegationsreise des Ausschusses habe
teilnehmen können, dass die Obfrau der Fraktion aber die Möglichkeit gehabt habe, einige Jahre zuvor im Rah-
men einer Delegationsreise des Ausschusses für Kultur und Medien nach Indien zu reisen und sich einige der
Programmpunkte sowie möglicherweise Eindrücke decken würden.

Zwar sei der weitere Ausbau der deutsch-indischen Wissenschaftskooperation „vernünftig“, allerdings sei dabei
die Wichtigkeit einer Kooperation auf Augenhöhe zu betonen, welche aufgrund der unterschiedlichen Größen-
verhältnisse der Länder schwierig werde. Auch sei der Eindruck zu beklagen, Deutschland würde sich als Rat-
geber und Vorreiter gerieren. Auch die alleinige Förderung der Exzellenz reiche nicht aus, vielmehr müsse eine
Breitenförderung stattfinden, welche sich angesichts der Größe Indiens und insbesondere der Bevölkerungs-
dichte als nicht ganz einfach erweisen werde.

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Weiterhin sei das Bemühen, deutsche Systeme, die sich in Deutschland bewährten, auf andere Länder zu über-
tragen, zu problematisieren. Die Fraktion DIE LINKE. unterstreicht ihre Bedenken anhand des Beispiels des
dualen Studiums, welches eine funktionierende Unternehmensinfrastruktur voraussetze, die in Indien in dieser
Form nicht vorhanden sei, und vergleicht die Situation in einzelnen Aspekten mit der Situation in Ostdeutschland
im Jahre 1990. Es sei in diesem Zusammenhang auf die Anmerkungen eines bekannten Lehrers im Ausland zu
verweisen, der aus eigener Erfahrung wisse, dass das deutsche Bildungssystem nicht einfach auf andere zu über-
tragen sei, sondern man sich mit den Traditionen vor Ort auseinandersetzen müsse, um die dortigen Möglich-
keiten zu erkennen.

Der Wunsch nach einem dualen Studium habe bereits im Jahre 2011 in Indien und insbesondere bei deutschen
Unternehmen in Indien bestanden, aber solche Förderungen seien nur punktuell und würden nicht ausreichen,
um ein ausgefeiltes und solides Berufsbildungssystem in Indien zu etablieren.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hebt positiv hervor, dass aufgrund der Delegationsreise ein inter-
fraktioneller Antrag entstanden sei, der auf eine Kooperation auf Augenhöhe sowie einen interkulturellen Aus-
tausch ziele.

Die Bandbreite des Programms sei sehr vielseitig gewesen und die Delegation habe sich sowohl mit Problema-
tiken in der Grundbildung - wie beispielsweise der Alphabetisierung - als auch mit der Spitzenforschung be-
schäftigt. Sie habe viel von der dynamischen indischen Gesellschaft lernen können: Einerseits sei Indien ein sehr
fortschrittlich geprägtes Land, wenn es um „Aufstiegswillen, Bildungsaffinität, Wissbegierde, Innovation, Tech-
nologie und Kreativität“ gehe, andererseits gebe es in der Gesellschaft große Diskrepanzen zwischen Arm und
Reich sowie einen Mangel an „Good Governance“.

Zudem stelle sich eine Wissenschafts- und Bildungspolitik auf Augenhöhe mit Indien als größter Demokratie
einfacher dar, als derzeit mit anderen Staaten, in denen Wissenschafts- sowie Meinungs- und Pressefreiheit nicht
immer vollumfänglich gewährleistet seien.

Wichtig sei es, Indien bei den großen Herausforderungen, wie zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Ener-
gien und der Energiewende, zu unterstützen. Angesichts der Tatsache, dass monatlich rund eine Million Jugend-
liche in den Arbeitsmarkt drängten, seien eine Anhebung des Qualifikationsniveaus sowie die Schaffung neuer
Jobs erforderlich. Aus diesem Grund sei der Hinweis auf die Möglichkeit des dualen Systems als eine Alternative
und die Planung eines Programmes für berufliche Ausbildung sowie Qualifikationen gut und richtig.

Erfreulich sei, dass sich der deutsch-indische Austausch von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftlern sehr erweitert habe: So stellten in Deutschland von den internationalen Studierenden die indische
die drittgrößte Gruppe dar. Notwendig sei aber auch, den Austausch deutscher Studierender nach Indien zu un-
terstützen.

Auch sei darauf hinzuweisen, dass das deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus in Neu-Delhi eine wichtige
Anlaufstelle für weitergehende Kooperationen sei.

Abschließend sei festzustellen, dass sich der Antrag insgesamt durch einen breiten Katalog von konkreten Pro-
jekten in der bilateralen Bildungs- und Wissenschaftskooperation auszeichne. Gerade weil es sich um einen
interfraktionellen Antrag handele, sei aber wichtig, die Projekte im Haushalt 2017 zu verankern.

Die Bundesregierung (BMBF) begrüßt den Antrag zum Ausbau der Bildungs- und Wissenschaftskooperation
mit Indien.

Sie pflichtet den Ausführungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei und bekräftigt, dass die Bezie-
hungen zu Indien nicht nur wegen der Vielfältigkeit des Landes mit verschiedenen Kulturen und Religionen,
sondern auch deshalb etwas Besonderes seien, weil das Land – trotz Größe und Heterogenität - die größte De-
mokratie sei, in der die Freiheit des Denkens, des Arbeitens, der Meinungsäußerung sowie der Wissenschaft und
Forschung gewährleistet würden.

Bei einer gemeinsamen Konferenz des BMBF mit den indischen Partnern in Berlin sei das Thema der „Smart
Cities“ besprochen und erkannt worden, dass, vor dem Hintergrund des schnell wachsenden und bevölkerungs-
reichen Indiens, eine Zusammenarbeit wichtig sei.

Die Bundesregierung hebt positiv hervor, dass sich die Bildungs- und Forschungskooperation mit Indien – unter

Drucksache 18/9661 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

anderem durch das Programm „A New Passage to India“ - im Vergleich zum Jahresende 2005 sehr intensiviert
und mit einer Zahl von rund 11.800 indischen Studierenden in Deutschland über die Jahre verdreifacht habe.
Anhand dieser Zahl könne man erkennen, welchen Stellenwert das deutsche Hochschulsystem sowie deutsche
Forschungseinrichtungen für Inder hätten.

Zu der Forderung der Fraktion DIE LINKE., eine Förderung in der Breite anzustreben, sei zu entgegnen, dass
dies aufgrund der Bevölkerungsdichte mit 1,3 Mrd. Menschen aus der Ferne nicht möglich sei. Es finde somit -
auch auf ausdrücklichen Wunsch der indischen Partner - eine alleinige Förderung der Exzellenz und eine Ko-
operation zwischen deutschen und indischen Spitzenuniversitäten und Forschungseinrichtungen statt.

Die Bundesregierung werde im Rahmen der beruflichen Zusammenarbeit nur dann Unterstützung leisten, wenn
dies seitens der indischen Partner ausdrücklich verlangt werde. In diesem Zusammenhang wird das Trainings-
programm „iMOVE“ erwähnt, welches deutsche Bildungsanbieter im Ausland unterstütze und durch welches
ein Knowhow-Transfer sowie eine Beratung zur systematischen beruflichen Bildungsimplementation stattfinde.

Im Haushalt seien die Mittel für die Kooperation von ca. 1 Mio. € auf 8,5 Mio. € erhöht worden.

Abschließend berichtet die Bundesregierung von dem Indo-German Science & Technology Centre, welches sich
außerordentlich gut entwickelt habe und mittlerweile Kennzeichen der deutsch-indischen Forschungskoopera-
tion sei. Es fördere insbesondere im Bereich der Natur-, Lebens- und Ingenieurswissenschaften anwendungsori-
entierte innovative deutsch-indische Projekte, biete sowohl deutschen als auch indischen Forschern einen direk-
ten Zugang zu „herausragenden akademischen Stätten“ und eröffne den Eintritt auf den indischen Markt, wes-
halb die Bundesregierung plane, die Finanzierung dieses Projekts ab dem Jahre 2017 auszuweiten.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat die Vorlage in seiner 71. Sitzung
am 22. Juni 2016 beraten und empfiehlt die Annahme des Antrags auf Drucksache 18/8708 mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

Berlin, den 22. Juni 2016

Dr. Stefan Kaufmann
Berichterstatter

Dr. Daniela De Ridder
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

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