BT-Drucksache 18/9594

Neuere Erkenntnisse zur Gefährdung von Bestäubern durch Neonikotinoide und andere systemische Pestizidwirkstoffe sowie daraus folgende Maßnahmen zum Bestäuberschutz

Vom 7. September 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9594
18. Wahlperiode 07.09.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Ebner, Steffi Lemke, Bärbel Höhn, Nicole Maisch,
Friedrich Ostendorff, Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Neuere Erkenntnisse zur Gefährdung von Bestäubern durch Neonikotinoide und
andere systemische Pestizidwirkstoffe sowie daraus folgende Maßnahmen zum
Bestäuberschutz

Neonikotinoide sind hochtoxische Insektizidwirkstoffe, die seit circa 20 Jahren in
der Landwirtschaft und im Gartenbau zunehmend zum Einsatz kommen. Eine
weiter wachsende Zahl von Studien hat deutliche Hinweise erbracht, dass Neoni-
kotinoide für Honig- und Wildbienen und weitere Nichtzielorganismen wie Säu-
getiere, Vögel, Fische, Reptilien und Schmetterlinge eine Vielzahl an Gefährdun-
gen beinhalten. Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass bereits niedrige Belas-
tungen, wie sie in der landwirtschaftlichen Praxis auf Feldebene vorkommen, bei
Honig- und Wildbienen Beeinträchtigungen des Kommunikations- und Lernver-
mögens, der Orientierung, des Sammelverhaltens, des Immunsystems sowie von
Fortpflanzungs- und Bruterfolg hervorrufen. Diese und weitere Erkenntnisse zu
Risiken wurden in umfangreichen Berichten internationaler wissenschaftlicher
Institutionen wie dem Beirat der Wissenschaftsakademien Europas (EASAC) und
der „Task Force on Systemic Pesticides“ dokumentiert. Aufgrund dieser Erkennt-
nisse führt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zurzeit
eine Risikoneubewertung für drei Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid,
Thiamethoxam sowie das ebenfalls systemisch wirkende Fipronil durch.
Angesichts der immer größer werdenden Beweislast für Gefährdungen durch Ne-
onikotinoide wird auch auf politischer Ebene zunehmend die Notwendigkeit wei-
tergehender Maßnahmen gesehen. In Deutschland wurde zum Schutz von Honig-
und Wildbienen das seit 2015 bestehende zeitlich befristete Eilverbot der Saat-
gutbehandlung von Wintergetreide mit Clothianidin, Imidacloprid und Thiame-
thoxam über eine reguläre Verordnung dauerhaft gesichert. Die Umweltminister-
konferenz (UMK) der Bundesländer hat am 17. Juni 2016 grundsätzlich für eine
weitere Verbesserung des Schutzes von Bestäubern vor Pestiziden plädiert, die
auf dieser Wirkstoffgruppe basieren. Die Bundesregierung wurde von den
Ländern aufgefordert, sich auf nationaler und europäischer Ebene für eine deut-
lich restriktivere Handhabung solcher Pestizide einzusetzen und dabei auch
Optionen wie Anwendungsverbote und -beschränkungen zu prüfen (vgl. www.
umweltministerkonferenz.de/documents/UMK-Protokoll_Juni_2016.pdf, Tagesord-
nungspunkt 19, S. 34). In Frankreich wurde Mitte Juli 2016 ein vollständiger Aus-
stieg aus der Nutzung von Neonikotinoiden im Pflanzenschutz ab dem Jahr 2020
beschlossen; ab dem Jahr 2018 werden übergangsweise Anwendungen nur noch
im Ausnahmefall erteilt (vgl. www.lemonde.fr/biodiversite/article/2016/07/20/
loi-sur-la-biodiversite-la-france-bannit-les-pesticides-tueurs-d-abeilles_4972460_
1652692.html).

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Zwar bestehen seit Dezember 2013 in der EU Anwendungsbeschränkungen für
vier Wirkstoffe in bienenattraktiven Kulturen. Diese haben aber bislang in
Deutschland nicht zu einer Reduktion der eingesetzten Gesamtmenge von Neo-
nikotinoidwirkstoffen geführt. Auch in Frankreich haben die EU-Teilverbote
keine wesentliche Reduktion bei der Anwendung der drei Neonikotinoidwirk-
stoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam bewirkt (vgl. Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/6490). Offensichtlich wird ein großer Teil
der Wirkstoffe und Anwendungsbereiche von den Teilverboten nicht erfasst. Dies
gilt auch für den Wirkstoff Thiacloprid, der neueren Studien zufolge ebenfalls
erhebliche Risiken für Bestäuber beinhaltet.
Weitere Gefährdungen bestehen im Zusammenhang mit laufenden Zulassungs-
verfahren für Mittel mit neuen Wirkstoffen wie Sulfoxaflor, welches mit hohen
Risiken für Honig- und Wildbienen verbunden ist (vgl. Antworten der Bundesre-
gierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
Bundestagsdrucksachen 18/7810 und 18/6490).
Im Sinne des Vorsorgeprinzips sind daher aus Sicht der Fragesteller weiterrei-
chende Maßnahmen erforderlich, um den Schutz von Bestäubern und anderen
Nichtzielorganismen sicherzustellen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Tonnen Neonikotinoidwirkstoffe sowie Fipronil sind nach Kennt-

nis der Bundesregierung in den Jahren 2013 bis 2015 in Deutschland abge-
setzt worden (bitte tabellarisch auflisten)?

2. Wie viele Tonnen Neonikotinoide und Fipronil bzw. Formulierungen mit
diesen Wirkstoffen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jah-
ren 2013 bis 2015 aus Deutschland ausgeführt (bitte tabellarisch auflisten)?

3. Wie viele Tonnen Neonikotinoide sowie Fipronil wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung in den Jahren 2013 bis 2015 in welchen Formen (Saatgut-
beizung, Granulat, Spritzmittel) sowohl für berufliche als auch für nichtbe-
rufliche Anwender abgesetzt (bitte tabellarisch aufschlüsseln)?

4. Erwägt die Bundesregierung, nach dem Vorbild Frankreichs zum Schutz der
Biodiversität einen Ausstieg aus der Nutzung von Pestiziden und Bioziden
mit Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonikotinoide für Deutschland zu er-
lassen oder auf europäischer Ebene zu initiieren (vgl. www.assemblee-
nationale.fr/14/ta/ta0803.asp, Artikel 125)?
Wenn ja, wie sieht der Zeitplan dafür aus?
Wenn nein, warum nicht?

5. Teilt die Bundesregierung die Feststellung der UMK der Bundesländer in
ihrem Beschluss vom 17. Juni 2016, dass der „Schutz von Honig- und
Wildbienen und anderen Bestäubern vor dem schädlichen Einfluss von
Pflanzenschutzmitteln auf Basis der Neonicotinoide derzeit in Deutschland
zu verbessern ist“ (vgl. www.umweltministerkonferenz.de/documents/
UMK-Protokoll_Juni_2016.pdf, S. 34), und wenn nein, warum nicht?

6. Wird die Bundesregierung der Bitte der UMK nachkommen, „sich national
und EU-weit für eine deutlich restriktivere Handhabung von Pflanzenschutz-
mitteln mit neonicotinoiden Wirkstoffen einzusetzen“ und dabei auch An-
wendungsverbote und -beschränkungen zu prüfen?
Wenn ja, durch welche konkreten Maßnahmen?
Wenn nein, warum nicht?

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7. Wird die Bundesregierung der weiteren Bitte der UMK nachkommen, im
Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln (NAP) „Instrumente für eine wirksame Risikominde-
rung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes generell zu entwickeln und einzufüh-
ren, um die Belastung der Honig- und Wildbienen sowie anderer Bestäuber-
Insektenarten mit Pflanzenschutzmitteln zu begrenzen“?
Wenn ja, durch welche konkreten Schritte?
Wenn nein, warum nicht?

8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen
einer Studie (Straub et al, 2016, http://rspb.royalsocietypublishing.org/
content/283/1835/20160506), wonach die Neonikotinoidwirkstoffe Clothia-
nidin und Thiamethoxam die Lebenserwartung und Spermienqualität bei
männlichen Honigbienen (Drohnen) beeinträchtigen?

9. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen
einer kanadischen Studie (Alburaki et al, Journal of Applied Entomology
2016), wonach eine Exposition von Honigbienen gegenüber Pollen von
Maispflanzen, die aus mit Neonikotinoiden behandeltem Saatgut hervorge-
gangen sind, zu einem signifikant höheren Varroabefall und einer höheren
Sterblichkeit bei den betroffenen Bienenvölkern führt?

10. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus einer aktuellen
britischen Studie (Woodcock et al, 2016, www.nature.com/articles/ncomms
12459), wonach ein statistischer Zusammenhang zwischen der Saatgutbe-
handlung bei Raps mit Neonikotinoiden und Bestandsrückgängen bei Wild-
bienenarten besteht, da Populationen von Wildbienenarten in England, die
als Rapsbestäuber gelten und damit einer Neonikotinoidexposition mittels
der Saatgutbehandlung bei Raps ausgesetzt sind, im Durchschnitt dreimal so
große Bestandsrückgänge verzeichnen wie Populationen von Wildbienenar-
ten, welche primär andere Pollen- und Nektarquellen nutzen?

11. Welche Schlussfolgerungen für die Bewertung des Einsatzes von Neoniko-
tinoiden bei der Saatgutbeizung zieht die Bundesregierung aus den Ergeb-
nissen einer neuen britischen Studie (Budge et al, 2015, www.nature.com/
articles/srep12574), wonach ein statistischer Zusammenhang zwischen der
Rapssaatgutbeizung mit Imidacloprid und der Höhe der Bienenvölkerver-
luste besteht, während gleichzeitig ein statistisch signifikanter Nutzen der
Saatgutbeizung bei Raps mit Imidacloprid im langjährigen Mittel weder für
Erträge noch für Gewinne landwirtschaftlicher Betriebe im Vergleich zu
Pflanzenschutz durch befallsabhängige Spritzungen feststellbar war?

12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen
einer britischen Studie (Gilburn et al, 2015, https://peerj.com/articles/
1402.pdf), die auf einen Zusammenhang zwischen der Abnahme bei 15 von
17 in Agrarkulturlandschaften verbreiteten Tagfalterarten und den Einsatz-
mengen von Neonikotinoiden hinweist?

13. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnis-
sen einer aktuellen US-Studie (Forister et al, 2016, http://rsbl.royalsociety
publishing.org/content/12/8/20160475), wonach in drei Bezirken Kalifor-
niens (Counties) seit Markteinführung von Pestiziden auf Basis von Neoni-
kotinoiden im Jahr 1995 die Zahl der Schmetterlingsarten drastisch zurück-
gegangen ist und sowohl die Größe als auch die Fortpflanzungsrate der un-
tersuchten Arten sich verringert haben, wobei durch das Studiendesign aus-
geschlossen werden konnte, dass diese Effekte durch andere Faktoren wie
Landnutzungsänderungen und Klimawandel hervorgerufen wurden?

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14. Inwieweit plant die Bundesregierung vergleichbare Forschungsprojekte für

Deutschland, um die mögliche Gefährdung von Schmetterlingen und Wild-
bienen durch Neonikotinoide genauer zu untersuchen?
Wenn nein, warum nicht?

15. Plant die Bundesregierung die Einführung eines eigenständigen Wildbienen-
Monitorings, um der besonderen Gefährdungslage dieser Bestäuber gerecht
zu werden?
Wenn nein, warum nicht?

16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Ausmaß und möglichen
Ursachen des Biodiversitätsverlustes bei Insekten in Deutschland seit den
80er-Jahren (bitte getrennt nach Ordnungen sowie Rückgang an Arten und
Individuenzahlen angeben), und mit welchen Maßnahmen plant die Bundes-
regierung, dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung allgemein zu möglichen Kor-
relationen und anderen Zusammenhängen zwischen dem Einsatz von Pesti-
ziden und dem Rückgang von Insektenvorkommen (sowohl bei der Arten-
zahl als auch bei Bestandszahlen), wie sie in einer Anhörung im Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundes-
tages berichtet wurde (vgl. www.bundestag.de/blob/416200/27ef1e1f3f6a
34d1a9374f8702249dbf/protokoll-18-73-data.pdf)?
Plant die Bundesregierung Forschungsvorhaben bzw. Monitoringvorhaben
zur Untersuchung möglicher Zusammenhänge in diesem Bereich, und wenn
ja, welche (bitte unter Nennung des Projekts, der Projektdauer, -nehmer, För-
dersumme)?

18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen
einer aktuellen US-Studie (Mogren/Lundgren 2016, siehe www.nature.com/
articles/srep29608), wonach der verbreitete Einsatz von Neonikotinoiden
auch zu wesentlichen Belastungen von nicht behandelten Flächen wie Blüh-
streifen sowie eine erhebliche Senkung von Lipid- und Glykogenreserven in
den Körpern von Arbeiterinnen im Bienenvolk bewirkt, was das Immunsys-
tem sowie den Brut- und Überwinterungserfolg der betroffenen Bienenvöl-
ker beeinträchtigt?

19. Welche Schlussfolgerungen für die Risikobewertung insbesondere von Thi-
acloprid zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen einer neueren deut-
schen Studie von Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (am Main),
wonach Clothianidin und Thiacloprid in niedrigen feldrelevanten Dosierun-
gen den Acetylcholin-Gehalt im Futtersaft von Ammenbienen halbiert, was
den Bruterfolg betroffener Bienenvölker durch eine höhere Larvensterb-
lichkeit beeinträchtigt (vgl. www.uni-mainz.de/presse/75738.php und http://
journals.plos.org/plosone/article/asset?id=10.1371%2Fjournal.pone.01568
86.PDF)?

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20. Welche Schlussfolgerungen für die Risikobewertung insbesondere von

Thiacloprid zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen einer Studie
von Wissenschaftlern des hessischen Bieneninstitutes Kirchhain (Brandt et
al 2016, vgl. www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26776096 sowie www.llh.
hessen.de/downloads/bieneninstitut/veroeffentlichungen/b/Bienen%20
unter%20Stress%20-%20Neonikotinoide%20schwaechen%20das%20
Immunsystem%20von%20Honigbienen%20.pdf), wonach die Wirkstoffe
Imidacloprid und Thiacloprid in subletalen feldrealistischen Konzentratio-
nen zentrale Immunabwehrmechanismen bei Honigbienen signifikant be-
einträchtigen, wobei Thiacloprid bereits in Konzentrationen, wie sie nach-
gewiesenermaßen in Pollen und Nektar enthalten sein können, zur Reduk-
tion von Hämozyten führt, deren Zahl ein wichtiger Indikator für zellulare
Immunkompetenz ist?

21. Welche Schlussfolgerungen für die Risikobewertung von Thiacloprid zieht
die Bundesregierung aus den Ergebnissen einer neueren deutschen Studie
von Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin und des Julius Kühn-
Instituts – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) (Tison et al
2016, siehe http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.est.6b02658), wonach
die chronische Exposition von Thiacloprid bereits im einstelligen Nano-
grammbereich bei Honigbienen zur massiven Beeinträchtigung des Sam-
mel-, Kommunikations- und Navigationsverhaltens führt und eine Akku-
mulierung des Wirkstoffs bei Sammelbienen zur Folge hat?

22. Hält die Bundesregierung angesichts der in den Fragen 19 bis 21 genannten
Studienergebnisse eine Zulassungsverlängerung für Thiacloprid für vertret-
bar, worüber eine Entscheidung auf EU-Ebene voraussichtlich im April 2017
ansteht?
Wenn ja, aus welchen Gründen?

23. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung hinsichtlich der Untersuchungs-
dauer von chronischen Toxizitätswirkungen auf Bienen im Rahmen der Zu-
lassungsverfahren für Pestizidwirkstoffe für eine deutliche Verlängerung
der obligatorischen Mindesttestdauer ein, die bislang nur zehn Tage beträgt
und damit wissenschaftlichen Hinweisen zu subletalen irreversiblen Lang-
zeitwirkungen von Neonikotinoiden sowie der Lebensdauer von Arbeite-
rinnen und Königinnen in Bienenvölkern nicht gerecht wird (vgl. van der
Sluijs 2016, http://link.springer.com/article/10.1007/s41055-016-0003-z)?
Falls die Bundesregierung hierzu keine Aktivitäten plant, warum nicht?

24. Welche Forschungsvorhaben am neu gegründeten bundeseigenen Institut für
Bienenschutz werden im Zusammenhang mit Risiken für Bestäuber durch
Neonikotinoide aktuell durchgeführt oder sind bislang geplant (bitte unter
Angabe des Projektziels, der Projektlaufzeit, der wissenschaftlichen Leitung
und der finanziellen bzw. personellen Ausstattung auflisten)?

25. Inwieweit ist eine Einbeziehung von Imkerverbänden bei der Auswahl von
Fragestellungen bzw. der Konzipierung von Forschungsprojekten des Insti-
tuts für Bienenschutz geplant?
Welche Verbände werden an der Arbeit des Instituts für Bienenschutz auf
welche Weise beteiligt, und wie wird gewährleistet, dass ein breites Spekt-
rum der Imkerei in Deutschland (Freizeitimker, Berufs- und Erwerbsimker
und ökologisch zertifizierte Imker) durch eine entsprechende Vertreterviel-
falt im Rahmen der Beteiligungsstruktur abgebildet wird?

26. Welche Forschungsaktivitäten zu subletalen Wirkungen von Neonikotinoi-
den werden aktuell außerhalb des Instituts für Bienenschutz sowie ohne Be-
teiligung von Pestizidherstellern seitens des Bundes gefördert (bitte Projekt-
ziele, Forschungsinstitutionen und eingesetzte Bundesmittel auflisten)?

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27. Wie ist der aktuelle Planungs- bzw. Umsetzungstand des repräsentativen

Pestizid-Monitorings von Bund und Ländern bei Kleingewässern in Agrar-
landschaften, und inwieweit werden im Rahmen dieses Monitorings auch
Belastungen mit Neonikotinoidwirkstoffen sowie deren Abbauprodukte er-
fasst?

28. Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund des aktuellen wissenschaftli-
chen Kenntnisstandes einschließlich der oben genannten Studienergebnisse
zur Gefährdung von Bestäubern durch Neonikotinoide weiterhin der Auffas-
sung, dass keine unannehmbaren Auswirkungen für Bienen und andere
Nichtzielorganismen durch diese Wirkstoffe bestehen, wie es Zulassungs-
voraussetzung für Pestizidwirkstoffe entsprechend der Verordnung (EG)
Nr. 1107/2009 ist?
Wenn ja, warum ist die Bundesregierung dieser Auffassung?
Wenn nein, welche Konsequenzen ergeben sich daraus für bestehende Zu-
lassungen auf nationaler und europäischer Ebene?

29. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung angesichts des aktuellen Stands der
Wissenschaft zu Risiken durch Clothianidin, Imidacloprid, Thiamethoxam
und Thiacloprid für eine aktualisierte Risikobewertung bzw. weitere Risiko-
forschung hinsichtlich aller weiteren in der EU zugelassenen Wirkstoffe aus
der Gruppe der Neonikotinoide ein?
Wenn nein, warum nicht?

30. Mit welchen Aktivitäten und welchen Zielen haben sich welche Bundesmi-
nisterien und Institutionen des Bundes seit 2014 in den Prozess der Risi-
koneubewertung von Clothianidin, Imidacloprid, Thiamethoxam und Fipro-
nil im Rahmen der laufenden Überprüfung der geltenden Anwendungsbe-
schränkungen für diese Wirkstoffe durch die EU-Risikobewertungsbehörde
EFSA eingebracht?

31. Wann rechnet die Bundesregierung mit der Vorlage eines Ergebnisberichts
durch die EFSA hinsichtlich der Risikoneubewertung für die in Frage 30 ge-
nannten Wirkstoffe?

32. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Resistenzentwicklungen
von Schadinsekten in der Landwirtschaft gegenüber Neonikotinoidwirkstof-
fen?

33. Welches Ergebnis hat die angekündigte Prüfung bzw. wissenschaftliche
Bewertung der Erfahrungen in Norditalien mit Ertragsversicherungsmodel-
len erbracht (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 31 der Kleinen
Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdruck-
sache 18/7810), und inwieweit plant die Bundesregierung konkrete Aktivitä-
ten zu diesem Ansatz für Deutschland?

34. Warum sind die seit spätestens März 2016 laufenden deutschen Zulassungs-
verfahren für Formulierungen auf Basis von Sulfoxaflor (vgl. Antwort der
Bundesregierung zu Frage 36 auf Bundestagsdrucksache 18/7810) noch
nicht in der EU-Pestiziddatenbank aufgeführt (vgl. http://ec.europa.eu/
food/plant/pesticides/eu-pesticides-database/public/?event=activesubstance.
detail&language=EN&selectedID=2282), und durch welche Maßnahmen
werden die Bundesregierung bzw. die Bundesbehörden zukünftig sicherstel-
len, dass die EU-Pestiziddatenbank hinsichtlich der Zulassungsverfahren in
Deutschland auf dem bestmöglichen aktuellen Stand ist und so dem Infor-
mationsanspruch der Öffentlichkeit gerecht wird?

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35. Liegen nach Kenntnis der Bundesregierung die vom Antragsteller in der EU-

Durchführungsverordnung 2015/1295 vom 27. Juli 2015 nachgeforderten In-
formationen hinsichtlich der Bienengefährdung durch Sulfoxaflor inzwi-
schen vor?

36. Welches Land ist Hauptberichterstatter für die Risikobewertung von Sulfo-
xaflor im Rahmen des zonalen Zulassungsverfahrens, und welche deutschen
Behörden sind in das Verfahren hinsichtlich der Prüfung und Kommentie-
rung der Ergebnisse der Bewertung von Sulfoxaflor aus dem Hauptbericht-
erstatterland beteiligt?

37. Wann ist mit Entscheidungen über die deutschen Zulassungsanträge für For-
mulierungen auf Basis von Sulfoxaflor zu rechnen?

Berlin, den 6. September 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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