BT-Drucksache 18/9421

Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. Juli 2015

Vom 15. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9421
18. Wahlperiode 15.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Frank Tempel, Ulla Jelpke, Katrin Kunert,
Petra Pau, Kersten Steinke, Birgit Wöllert und der Fraktion DIE LINKE.

Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug nach dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs vom 9. Juli 2015

Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 9. Juli 2015 in der
Rechtssache „K und A“ (C-153/14) steht fest, dass die im Jahr 2007 ins Aufent-
haltsrecht eingeführte Regelung, die den Nachweis bestimmter Deutschkennt-
nisse bereits im Ausland als Bedingung des Ehegattennachzugs vorsieht, gegen
EU-Recht verstoßen hat, da sie keine wirksame Härtefallregelung im Einzelfall
vorsah. Der EuGH fordert in seinem Urteil eine Berücksichtigung der „besonde-
ren individuellen Umstände, wie Alter, Bildungsniveau [in der englischen Fas-
sung zusätzlich „illiteracy“], finanzielle Lage oder Gesundheitszustand“ sowie
der Kosten des Spracherwerbs bzw. einer Prüfung (inklusive Reisekosten). Sind
im Ausland lebende Ehegatten aufgrund dieser Umstände nicht in der Lage, die
geforderte „Prüfung abzulegen oder zu bestehen“, sind sie „von dem Erfordernis
der erfolgreichen Ablegung einer Basis-Integrationsprüfung zu befreien“, so der
EuGH (Rn. 58). Das Urteil erging gegen die Niederlande, die neben einem
Sprachtest auch Kenntnisse der niederländischen Gesellschaft verlangen. Hierfür
wird ein spezielles Selbststudienpaket zur Verfügung gestellt, dessen Kosten
(350 Euro, zusätzlich 110 Euro Prüfungsgebühren) vom EuGH als zu hoch ange-
sehen wurden. Der deutsche Sprachtest ist deutlich strenger als die niederländi-
sche Prüfung, weil das Niveau A1 nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich
nachgewiesen werden muss, was für viele Betroffene in der Praxis eine große
Hürde darstellt (in § 30 Absatz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)
wird demgegenüber eine Verständigung „auf einfache Art in deutscher Sprache“
verlangt). Die niederländische Härtefallregelung wurde vom EuGH als unzu-
reichend verworfen (Rn. 61 ff.).
Die Notwendigkeit einer Härtefallprüfung ist von der Bundesregierung über Jahre
hinweg geleugnet worden, obwohl sich dies bereits aus dem Chakroun-Urteil des
EuGH vom 4. März 2010 ergab. Hierzu von der Fraktion DIE LINKE. befragt
(Bundestagsdrucksache 17/2746, Fragen 27 und 29), zog sich die Bundesregie-
rung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (1 C 8.09) vom 30. März 2010
zurück (Bundestagsdrucksache 17/2816, S.14). Doch dieses Urteil war nach da-
maliger und heutiger Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller ein kras-
ses Fehlurteil, wie sich auch im Rückblick ergibt: Das Bundesverwaltungsgericht
hatte keinen Zweifel daran, dass die deutsche Rechtslage mit EU-Recht vereinbar
sei („acte claire“) und legte das Verfahren deshalb nicht dem EuGH zur Entschei-
dung vor, obwohl es als letztinstanzliches Gericht hierzu wegen der offenen uni-
onsrechtlichen Fragen verpflichtet gewesen wäre. Dies sorgte auch für eine jah-
relange Verzögerung der Klärung der Rechtslage – zulasten der Betroffenen.

Drucksache 18/9421 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nur für den Ehegattennachzug zu deutschen Staatsangehörigen schrieb das Bun-
desverwaltungsgericht im Jahr 2012 dann eine Härtefallregelung vor (Urteil vom
4. September 2012, BVerwG 10 C 12.12). Allerdings waren die gerichtlichen
Vorgaben derart unbestimmt, dass sie in der Praxis keinerlei wirksame Einzelfall-
und Verhältnismäßigkeitsprüfungen zur Folge hatten und faktisch unwirksam
blieben (vgl. die Bundestagsdrucksachen 18/937, 17/12780 und 17/14337). Be-
troffenen wird die Beweislast auferlegt, nachzuweisen, dass sie über ein Jahr hin-
weg alles Zumutbare unternommen haben, um die geforderten Deutschkenntnisse
zu erwerben. Das gelingt in der Praxis nur sehr selten, weil im Zweifelsfall die
Ernsthaftigkeit der Bemühungen in Frage gestellt wird. Fälle, in denen von vorn-
herein (ohne einjähriges Bemühen) auf den Sprachnachweis im Ausland wegen
Unzumutbarkeit verzichtet wird, kommen in der Praxis nahezu nie vor: Die Bun-
desregierung konnte auf konkrete Anfrage nicht einmal einen einzigen entspre-
chenden Beispielsfall nennen; sie geht davon aus, „dass sich die Zahl der Fälle in
einem überschaubaren Rahmen bewegt“ (Bundestagsdrucksache 18/937, Ant-
wort zu Frage 6).
Im Ergebnis wird dadurch mehr als 12 000 Ehegatten im Jahr der Zuzug zu ihren
Ehegatten (zunächst) verweigert, weil sie einen Deutsch-Test nicht bestanden ha-
ben: Etwa ein Drittel der Prüfungsteilnehmenden besteht den Sprachtest im Aus-
land nicht, im Jahr 2014 waren das 12.377 von 38 664 Personen (Bundestags-
drucksache 18/4598, Anlage 4), nur gut 20 Prozent der Prüflinge konnten zuvor
einen Sprachkurs der Goethe-Institute besuchen.
Angesichts dieses empirischen Befunds ist das Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015
nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller in Teilen auch zu kriti-
sieren: Der EuGH erklärte, dass „das Erfordernis der erfolgreichen Ablegung ei-
ner solchen Prüfung für sich allein grundsätzlich nicht das mit der Richtli-
nie 2003/86 verfolgte Ziel der Familienzusammenführung beeinträchtigt“
(Rn. 55). Dabei ging der EuGH allerdings davon aus, dass es eine Verhältnismä-
ßigkeitsprüfung gibt und Anforderungen „nicht über das hinausgehen dürfen, was
zur Erreichung des genannten Ziels [der Familienzusammenführung] erforderlich
ist“. Für die Familienzusammenführung ist es aber gerade nicht erforderlich, dass
bereits im Ausland der Nachweis bestimmter Sprachkenntnisse erfolgt bzw. dies
verhindert oder verzögert diese Anforderung die Familienzusammenführung so-
gar in sehr vielen Fällen. Der EuGH stellt zwar zudem fest, dass „Integrations-
maßnahmen“ im Ausland „nur dann als legitim gelten, wenn sie die Integration
der Familienangehörigen des Zusammenführenden erleichtern“ (Rn. 52). Doch er
befasst sich nicht mit dem zentralen Argument, dass der Spracherwerb im Aus-
land viel schwieriger ist als im Inland und deshalb nicht nur die Familienzusam-
menführung, sondern auch die Integration der Betroffenen durch Sprachtests im
Ausland entsprechend verzögert und nicht erleichtert wird. Dies wird auch durch
die „BAMF-Heiratsmigrationsstudie 2013“ (Forschungsbericht 22) des Bundes-
amtes für Migration und Flüchtlinge bestätigt: Bei B1-Sprachprüfungen im In-
land, die alle nachgezogenen Familienangehörigen ablegen müssen, sei „kein sig-
nifikanter Unterschied“ feststellbar zwischen Ehegatten, die bereits im Ausland
einfache Deutschkenntnisse nachweisen mussten und solchen, bei denen dies
nicht der Fall war (S. 166). Damit steht aber die Verhältnismäßigkeit, Erforder-
lichkeit und Geeignetheit der Sprachprüfungen im Ausland insgesamt in Frage.
Die BAMF-Studie ergab zudem, dass ein Drittel der Betroffenen den Spracher-
werb im Ausland als „starke oder sehr starke Belastung“ empfunden hat (das ent-
spricht in etwa dem Anteil derjenigen, die den Deutschtest im Ausland nicht be-
stehen), weitere 25 Prozent empfanden dies als teilweise belastend (S. 157). Be-
sonders belastet waren bildungsbenachteiligte Personen und solche, denen kein
Sprachkurs zur Verfügung stand (S. 159).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9421

Beim Nachzug zu assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen dürften
nach dem Urteil des EuGH vom 10. Juli 2014 in der Rechtssache „Dogan“
(C-138/13) eigentlich gar keine Sprachnachweise mehr verlangt werden. Die
Bundesregierung setzt diese Entscheidung jedoch nicht bzw. nur unzureichend
um, wie auch die Europäische Kommission befand (vgl. hierzu die Bundestags-
drucksachen 18/2414 und 18/4001, Antwort auf die Schriftliche Frage 29).
Infolge des Dogan-Urteils wurde mit Erlass des Auswärtigen Amts vom
4. August 2014 immerhin eine allgemeine Härtefallregelung nicht nur für türki-
sche Staatsangehörige erlassen, weil die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung
erkannt wurde. Laut Auskunft der Bundesregierung lag die Zahl der aufgrund
dieser Regelung dem Fachreferat 509 vorgelegten Fälle jedoch „im niedrigen
zweistelligen Bereich“ (Bundestagsdrucksache 18/4598, Antwort zu Frage 22),
wobei diese „überwiegend durch Anwendung der im Aufenthaltsgesetz bereits
ausdrücklich geregelten Härtefallregelungen gelöst“ worden sein sollen – somit
gab es nach Angaben der Bundesregierung faktisch keine Härtefallprüfungen, die
über die engen gesetzlichen Vorgaben hinausgingen.
Noch vor der Entscheidung des EuGH vom 9. Juli 2015 brachten die Koalitions-
fraktionen infolge des Dogan-Urteils eine gesetzliche Härtefallregelung auf den
Weg, die am 1. August 2015 in Kraft trat. Nach § 30 Absatz 1 Nummer 6
AufenthG soll demnach eine Ausnahme vom Sprachnachweis gelten, wenn auf-
grund besonderer Umstände des Einzelfalls ein „Bemühen“ um den Spracherwerb
im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Dies könne „z. B.“ entspre-
chend der Rechtsprechung des BVerwG geprüft werden. Als zu berücksichti-
gende Aspekte wurden aber beispielhaft auch genannt: der Gesundheitszustand,
kognitive Fähigkeiten und die Erreichbarkeit und Verfügbarkeit von Sprachlern-
angeboten. In einem Schreiben vom 25. September 2015 in dem Verfahren OVG
3 N 54.15 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erklärte das Aus-
wärtige Amt demgegenüber, dass die gesetzliche Neuregelung des § 30 Absatz 1
Nummer 6 AufenthG und die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts (4.9.2012 – 10 C 12/12) „deckungsgleich“ seien und sich auch aus dem
Urteil des EuGH in der Rechtssache „K und A“ keine andere Bewertung oder
Härtefallprüfung ergebe würde. Das würde bedeuten, dass sich durch die gesetz-
liche Einführung einer Härtefallregelung und durch das Urteil des EuGH vom
9. Juli 2015 keinerlei Verbesserungen für die Betroffenen in der Praxis ergeben
haben. Dieser Eindruck wird dadurch bestätigt, dass auf maßgeblichen Informa-
tionsseiten des BAMF oder der deutschen Auslandsvertretungen mit keinem
Wort auf die gesetzliche Neuregelung oder das Grundsatzurteil des EuGH hinge-
wiesen wird, wie die Fragestellerinnen und Fragesteller feststellen mussten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Visa zum Ehegattennachzug wurden im Jahr 2015 bzw. im ersten

Halbjahr 2016 erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern
differenzieren und zudem die jeweiligen prozentualen Veränderungen ge-
genüber dem Vorjahr benennen)?

2. Wie lautet die gesonderte Statistik des Auswärtigen Amts zum Sprachnach-
weis beim Ehegattennachzug für die 10 Hauptherkunftsländer für das Jahr
2015 bzw. das erste Halbjahr 2016?

3. Wie hoch war der Anteil „Externer“ bei Sprachprüfungen „Start Deutsch 1“
der Goethe-Institute weltweit im Jahr 2015 bzw. im bisherigen Jahr 2016
(bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

Drucksache 18/9421 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie hoch waren die Bestehensquoten bei Sprachprüfungen „Start Deutsch 1“
der Goethe-Institute weltweit im Jahr 2015 (bitte in absoluten und relativen
Zahlen angeben, zudem auch nach externen und internen Prüfungsteilneh-
menden sowie nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und
weiterhin die 15 Länder mit den jeweils höchsten bzw. niedrigsten Quoten
mit einer Teilnehmendenzahl von über 100 angeben)?

Welche Angaben kann die Bundesregierung zu Prüfungen durch andere An-
bieter machen (z. B. welchen ungefähren Anteil haben diese, wie sind dort
die Bestehensquoten)?

5. Wie viele Visa bzw. Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 Absatz 5 AufenthG
wurden (bitte differenzieren) im ersten Halbjahr 2015, im zweiten Halb-
jahr 2015 und im ersten Halbjahr 2016 an visumpflichtige Staatsangehörige
erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

6. Wie lautet die Visaerteilungsstatistik im Rahmen des Ehegattennachzugs für
die wichtigsten 10 Herkunftsländer, differenziert nach Nachzug von bzw. zu
Männern bzw. Frauen, für das Jahr 2015?

7. Wie viele Aufenthaltserlaubnisse wurden im Jahr 2015 bzw. im ersten Halb-
jahr 2016 erstmalig im Rahmen des Ehegattennachzugs erteilt (bitte auch
nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

8. Wie ist der genaue Stand der vom Goethe-Institut Anfang 2009 begonnenen
Softwareentwicklung und des Einsatzes dieser Software in der Praxis, mit
der die Erfolgsquoten bei Sprachprüfungen im Ausland differenziert nach
erster bzw. wiederholter Teilnahme erfasst werden sollen (vgl. Bundestags-
drucksachen 17/194, Antwort zu Frage 5, 18/937, Antwort zu Frage 30d und
18/4598, Antwort zu Frage 7), und wie lauten die gegebenenfalls hieraus re-
sultierenden näheren Informationen zu den Ergebnissen der Sprachtests im
Ausland?

9. Welche Angaben kann die Bundesregierung zu nach der Härtefallregelung
des § 30 Absatz 1 Nummer 6 AufenthG erteilten Visa machen, und wenn
hierzu keine Statistik geführt werden sollte, warum nicht, und wie lautet die
ungefähre Einschätzung fachkundiger Bundesbediensteter zur Zahl und zum
Anteil entsprechend ausgeteilter Visa (bitte ausführen)?

10. Welche Vorgaben wurden zur praktischen Umsetzung der Härtefallregelung
des § 30 Absatz 1 Nummer 6 AufenthG gemacht, welche Rundschreiben o-
der Hinweise, etwa im Visumhandbuch, gab es (bitte inhaltlich genau benen-
nen, mit Datum auflisten und im Wortlaut zitieren), und falls solche Vorga-
ben nicht gemacht wurden, warum nicht?

11. Wie sind die rein praktischen Erfahrungen in Umsetzung der Härtefallrege-
lung des § 30 Absatz 1 Nummer 6 AufenthG, wie viele Betroffene berufen
sich hierauf, welche Gründe werden vorgetragen, welche Nachweise werden
von den Botschaften verlangt, und welche Gründe oder Fallkonstellationen
werden im Allgemeinen akzeptiert (bitte ausführen)?

12. Falls sich nur wenige Personen auf die Härtefallregelung des § 30 Absatz 1
Nummer 6 AufenthG berufen sollten, was sind nach Auffassung der Bundes-
regierung die Gründe hierfür, und könnte dies insbesondere damit zusam-
menhängen, dass auf diese Härtefallregelung seitens der Botschaften und des
BAMF nur unzureichend hingewiesen wird (bitte begründen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9421

13. Wie viele Fälle, in denen ein Härtefall im Sinne von Punkt 4 des Erlasses

vom 4. August 2014 geltend gemacht wurde, wurden dem Referat 509 im
Auswärtigen Amt insgesamt vorgelegt, gilt dieser Erlass nach Einführung
einer gesetzlichen Härtefallregelung weiterhin unverändert (bitte etwaige
Änderungen im Detail benennen), und stimmt die Bundesregierung der Ein-
schätzung zu, dass ihre Antwort zu Frage 22 auf Bundestagsdrucksache
18/4598 bedeutet, dass es infolge dieses Erlasses in nur sehr wenigen Einzel-
fällen überhaupt zu einer erweiterten Härtefallprüfung jenseits der gesetzli-
chen Härtefallregelungen nach alter Rechtslage gekommen ist (bitte ausfüh-
ren)?

14. Inwieweit wurde die Regelung im Visumhandbuch zur Erteilung eines Vi-
sums bzw. einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Absatz 5 AufenthG (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/5732, Antwort zu Frage 23: Hier ist unter anderem
geregelt, dass auf den Deutschnachweis beim Nachzug zu Drittstaatsangehö-
rigen nur verzichtet werden kann, wenn auch dem in Deutschland lebenden
Ehepartner die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland
nicht zumutbar ist und dass bei der Bewertung einer angemessenen Zeit eines
vergeblichen Deutscherwerbs Folgendes nicht berücksichtigt werden soll:
die „bloße Trennung der Familie“, dass Sprachkurse nur in einiger Entfer-
nung vom Wohnort oder nur im Nachbarstaat angeboten werden, dass
Sprachprüfungen mehrfach nicht bestanden wurden, Analphabetismus) in-
zwischen aufgehoben oder geändert (bitte genau benennen), da die dortigen
Ausführungen nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht
mit dem Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015 vereinbar sind (bitte ausführen)?

15. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die EU-Familienzu-
sammenführungsrichtlinie bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzun-
gen Drittstaatsangehörigen einen subjektiven Rechtsanspruch auf Einreise
vermittelt (vgl. Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015, Rn. 46, wenn nein, bitte
begründen), inwieweit ist hiermit vereinbar, dass das Bundesverwaltungsge-
richt selbst für den Fall eines unzumutbaren oder unmöglichen Spracher-
werbs im Ausland einen solchen Anspruch verneinte und einem in Deutsch-
land lebenden, fest integrierten Ehegatten mit einem Daueraufenthaltsrecht
zumuten wollte, seine gesamte soziale und wirtschaftliche Existenz in
Deutschland und alle erworbenen Rechtsansprüche aufzugeben, um „die fa-
miliäre Einheit im Ausland herzustellen“ (Urteil vom 30. März 2010, 1 C
8.09, Rn.), und inwieweit hält die Bundesregierung auch nach dem Urteil des
EuGH vom 9. Juli 2015 an ihrer Aussage fest, „Dem im Bundesgebiet leben-
den ausländischen Ehepartner sind grundsätzlich Anstrengungen zumutbar,
die familiäre Einheit durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland
herzustellen“ (Bundestagsdrucksache 17/11661, Antwort zu Frage 3, bitte
ausführen)?

16. Was ist der genaue Inhalt des Vertragsverletzungsverfahrens 20154005 vom
26. März 2015 (bitte ausführen und dabei die Argumentation der EU-Kom-
mission nennen), mit welchen Argumenten ist die Bundesregierung der Auf-
forderung der Kommission entgegengetreten (bitte ausführen), und was sind
die nächsten Schritte in diesem Verfahren?

17. Wie setzt die Bundesregierung das Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015 in der
Rechtssache „K und A“ konkret um (bitte Rundschreiben, interne Erlasse
und Vorgaben, etwa auch im Visumhandbuch, mit Datum und genauer In-
haltsangabe auflisten und im Wortlaut wiedergeben), wer entscheidet feder-
führend innerhalb der Bundesregierung über die Umsetzung des Urteils, und
falls keine entsprechenden Vorgaben zur Umsetzung gemacht wurden, wa-
rum nicht (bitte in Auseinandersetzung mit dem Urteil begründen)?

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18. Gab es zur Umsetzung des EuGH-Urteils in der Rechtssache „K und A“ in-

haltliche Besprechungen innerhalb der Bundesregierung bzw. zwischen ein-
zelnen Bundesministerien oder Abteilungen (wenn ja, wann, welche), wel-
che Ergebnisse oder unterschiedlichen Beurteilungen und Rechtsauffassun-
gen wurden dabei gegebenenfalls festgehalten, und wer ist dafür verantwort-
lich, dass das Urteil in der Visumpraxis beachtet wird?

19. Wie ist die Position der Beauftragten der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration zur Umsetzung des EuGH-Urteils „K und A“,
und ist sie mit den getroffenen Maßnahmen zufrieden, bzw. welche Forde-
rungen zur Umsetzung des Urteils hat sie (bitte ausführen)?

20. Welche gerichtlichen Entscheidung zur Anwendung und Auslegung des
EuGH-Urteils vom 9. Juli 2015 und zur gesetzlichen Neuregelung des § 30
Absatz 1 Nummer 6 AufenthG gibt es (bitte mit knapper Inhaltsangabe und
Datum auflisten)?

21. Wie wird die Auffassung in dem Schreiben des Auswärtigen Amts vom
25. September 2015 in dem Verfahren OVG 3 N 54.15 vor dem Oberverwal-
tungsgericht Berlin-Brandenburg, wonach die gesetzliche Neuregelung des
§ 30 Absatz 1 Nummer 6 AufenthG und die bisherige Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (4.9.2012 – 10 C 12/12) „deckungsgleich“ seien
und sich auch aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache „K und A“ keine
andere Bewertung oder Härtefallprüfung ergebe, begründet, und ist dies die
Auffassung der gesamten Bundesregierung (bitte begründen)?

22. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass
der EuGH in dem Urteil vom 9. Juli 2016 die niederländische Härtefallrege-
lung ausdrücklich als unzureichend verworfen hat (Rn. 63) und dass diese
Härtefallregelung zugleich der deutschen Härtefallregelung infolge der
Rechtsprechung des BVerwG sehr ähnlich ist (nach der niederländischen
Härtefallregelung in der maßgeblichen Darstellung des Urteils – dort Rn. 23
bis 27 – genügt nicht der bloße Umstand, „dass jemand ein- oder mehrmals
die Prüfung abgelegt hat“, der „Ausländer“ müsse vielmehr „nachweisen,
dass er die Anstrengungen unternommen habe, die von ihm billigerweise
verlangt werden können“, dies könne durch ein- oder mehrmalige Teilnahme
und beispielsweise ein Teilerreichen der Ziele in einzelnen Bereichen der
Prüfung geschehen, fehlende finanzielle oder technische Mittel reichten für
sich allein nicht aus, ebenso wenig z. B. Analphabetismus; bitte ausführlich
begründen, falls die Bundesregierung an solchen Vorgaben für Härtefallprü-
fungen festhalten will, obwohl der EuGH sie verworfen hat)?

23. Inwieweit stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass es angesichts
der Ausführungen des EuGH in den Randnummern 60 bis 63 des Urteils vom
9. Juli 2015 zur unzureichenden niederländischen Härtefallregelung einer Re-
gelung bedarf, die eine systematische Berücksichtigung aller besonderen Um-
stände des Einzelfalls durch die Behörden sicherstellt, d. h. dass es nicht genü-
gen kann, den Betroffenen die volle Beweislast der Unzumutbarkeit des
Spracherwerbs aufzuerlegen und dass auch nicht zu hohe Anforderungen an
einen solchen Nachweis gestellt werden dürfen, um das Ziel der Richtlinie der
Förderung der Familienzusammenführung nicht zu gefährden (bitte begründen)?

24. Inwieweit ist es nach Auffassung der Bundesregierung mit dem Urteil des
EuGH vom 9. Juli 2015 vereinbar, Betroffene zunächst auf eine einjährige
Zeit des „Bemühens“ um den geforderten Spracherwerb zu verweisen, ob-
wohl in dem Urteil von einer solchen Einjahresregelung keine Rede ist, zu-
mal es in Randnummer 58 des Urteils heißt, dass Betroffene aufgrund indi-
vidueller Umstände „vom Erfordernis der erfolgreichen Ablegung einer Ba-
sis- Integrationsprüfung“ befreit werden müssen, wenn sie nicht in der Lage
sind, diese „Prüfung abzulegen oder zu bestehen“, d. h. dass es nicht zu-
nächst einer vergeblichen Prüfungsteilnahme bedarf (bitte ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9421

25. Inwieweit werden in der bisherigen Rechtsprechung, in den Vorgaben des

Auswärtigen Amts und vor allem in der Visumpraxis das „Alter“, das „Bil-
dungsniveau“, der „Gesundheitszustand“ (d. h. auch über Krankheiten, die
den Spracherwerb verhindern, hinausgehend) und die „finanzielle Lage“ der
Betroffenen berücksichtigt – wie vom EuGH gefordert (Rn. 58 des Urteils
vom 9. Juli 2015) –, wenn es um die Prüfung der Frage geht, ob von den
Betroffenen ein Sprachnachweis verlangt werden kann oder nicht (bitte ganz
konkret zu jedem einzelnen Kriterium angeben, welche Vorgaben diesbezüg-
lich gemacht bzw. berücksichtigt werden und wie die entsprechende Prüfpra-
xis verläuft)?

26. Wie wird in der Praxis mittlerweile Analphabetismus im Rahmen einer Här-
tefallabwägung, ob Sprachnachweise im Ausland überhaupt verlangt werden
dürfen, konkret berücksichtigt (bitte genau ausführen), nachdem die Bundes-
regierung diesbezüglich zunächst argumentiert hatte, der „grundrechtsge-
bundenen deutschen Hoheitsgewalt [seien] von ihr nicht beeinflussbare tat-
sächliche Umstände, die die Erlangung einfacher Deutschkenntnisse in den
Herkunftsländern erschweren können, nicht zurechenbar“ (vgl. Bundestags-
drucksache 16/9137, Antwort zu Frage 5f, auf die in Bundestagsdrucksa-
che 16/10732 in der Antwort zu den Fragen 16a und 16b verwiesen wurde)
und Analphabetismus müsse bei der Frage einer Verhältnismäßigkeitsprü-
fung unberücksichtigt bleiben (vgl. z. B. die Antworten zu den Fragen 11g
und 11i auf Bundestagsdrucksache 18/2414 und die Regelung im Visum-
handbuch, vgl. Antwort zu Frage 23 auf Bundestagsdrucksache 17/5732)?

27. Wie werden die Kosten des Spracherwerbs im Rahmen einer Härtefallabwä-
gung, ob Sprachnachweise im Ausland überhaupt verlangt werden dürfen,
berücksichtigt, und welche konkreten Vorgaben zur Höhe der zumutbaren
Kosten und zur Art der zu berücksichtigenden Kosten gibt es (bitte genau
ausführen)?

28. Wie wird die Vorgabe des EuGH in dem Urteil vom 9. Juli 2015 umgesetzt,
wonach Gesamtkosten für Integrationsnachweise im Ausland jedenfalls in
Höhe von insgesamt 460 Euro als zu hoch eingeschätzt wurden, weil dies die
Familienzusammenführung „unmöglich machen oder übermäßig erschweren
könnte“ (Rn. 69), wie wird umgesetzt, dass auch die damit verbundenen Rei-
sekosten berücksichtigt werden (Rn. 70), und stimmt die Bundesregierung
der Auffassung zu, dass entsprechend auch Kosten der Unterbringung an ei-
nem anderen Ort, die mit dem Spracherwerb oder Test zusammenhängen,
sowie Kosten des Lohnausfalls usw. berücksichtigt werden müssen (bitte be-
gründen)?

29. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass eine Zumutbarkeit des
Spracherwerbs nicht mit einem Hinweis auf etwaige Selbstlernangebote im
Radio, Internet oder durch entsprechende Apps behauptet werden kann, weil
sonst die Vorgaben des EuGH zu zu berücksichtigenden Einzelfallumstän-
den wie Bildungsniveau, finanzielle Lage und Kosten des Spracherwerbs,
aber auch die Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts und des Gesetzgebers
zur Berücksichtigung der Erreichbarkeit von Sprachlernangeboten faktisch
ausgehebelt würden und weil überdies viele Menschen eine kundige persön-
liche Begleitung und Anleitung für einen erfolgreichen Spracherwerb benö-
tigen (wenn nein, bitte ausführlich begründen)?

30. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die deutschen Sprach-
anforderungen höher sind als die niederländischen, da auch schriftliche deut-
sche Sprachkenntnisse verlangt werden, die für viele Betroffene besonders
schwer zu erfüllen sind (bitte begründen)?

Drucksache 18/9421 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

31. Welche Erkenntnisse oder ungefähren Einschätzungen liegen der Bundesre-

gierung bzw. fachkundigen Bundesbediensteten dazu vor, in welchem Aus-
maß bei nicht bestandenen Prüfungen des Sprachtests „Start Deutsch 1“ im
Ausland im Rahmen des Ehegattennachzugs fehlende Schriftkenntnisse der
Grund für das Nichtbestehen des Tests waren, und was ist der Grund dafür,
dass trotz der gesetzlichen Formulierung, wonach eine Verständigung auf
einfache Art in deutscher Sprache möglich sein müsse, Schriftkenntnisse ver-
langt werden (bitte ausführen)?

32. Wer ist dafür verantwortlich, dass Informationen des BAMF bzw. der deut-
schen Auslandsvertretungen über Ausnahmen bei Forderungen nach Sprach-
nachweisen für den Ehegattennachzug zutreffend und vollständig sind und
insbesondere gesetzliche Änderungen und höchstrichterliche Entscheidun-
gen berücksichtigt werden?

33. Wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung, die Ausnahmeregelun-
gen zu Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug seien – entgegen der
Kritik des Bundesrates – für Antragsteller „handhabbar“ (vgl. Antwort zu
Frage 31 auf Bundestagsdrucksache 18/4598), vor dem Hintergrund, dass im
Merkblatt des BAMF zum „Nachweis einfacher Deutschkenntnisse beim
Nachzug von Ehegatten aus dem Ausland“ elf umfangreiche und zum Teil
erläuterungsbedürftige Ausnahmekonstellationen mit zahlreichen Unter-
gruppen aufgeführt sind (bitte ausführen)?

34. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das mit Stand „07/2015“ aktu-
alisierte Merkblatt des BAMF zum „Nachweis einfacher Deutschkenntnisse
beim Nachzug von Ehegatten aus dem Ausland“ die neue Härtefallregelung
im Aufenthaltsgesetz und das Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015 ausreichend
wiedergibt mit den Worten, dass „sie Umstände für die Unmöglichkeit des
Spracherwerbs anführen, die einen Härtefall begründen können“, und warum
wurden dort nicht zumindest die nach dem Urteil des EuGH zwingend zu
berücksichtigenden individuellen Umstände benannt wie das Alter, das Bil-
dungsniveau, die finanzielle Lage, die Kosten des Spracherwerbs und der
Gesundheitszustand?

35. Warum ist dieses aktualisierte Merkblatt im Internetangebot des BAMF zwar
verlinkt worden, der Inhalt der Informationsseite des BAMF zum Ehegatten-
nachzug (www.bamf.de/DE/Migration/EhepartnerFamilie/ehepartnerfamilie-
node.html) aber nicht entsprechend aktualisiert worden?

36. Hält es die Bundesregierung für ausreichend und kommt sie damit ihren Be-
ratungs- und Informationspflichten gegenüber Betroffenen nach, wenn auf
der zentralen Informationsseite des BAMF zum Ehegattennachzug mit kei-
nem Wort auf die neue Härtefallregelung des Aufenthaltsgesetzes und das
Urteil des EuGH vom 9. Juli 2016 hingewiesen wird?

37. Hält es die Bundesregierung für ausreichend, wenn auf dieser Informations-
seite des BAMF ohne jegliche Inhaltsangabe und ohne jeden erläuternden
Hinweis hinsichtlich der Sonderregelung für die große Gruppe der türkischen
Staatsangehörigen lediglich auf das entsprechende Urteil des EuGH verwie-
sen wird (bitte begründen)?
a) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sich der Inhalt und die Be-

deutung dieses Urteils für – meist rechtsunkundige – Betroffene aus dem
bloßen Wortlaut des zitierten Tenors erschließt, und was ist nach Auffas-
sung der Bundesregierung die Konsequenz aus diesem Urteil?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9421
b) Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass der oben zitierte
Wortlaut des Tenors des Urteils – in verständlichen Worten: das Assozi-
ationsabkommen steht dem entgegen, dass von Ehegatten im Rahmen der
Familienzusammenführung ein Sprachnachweis im Ausland verlangt
wird – bei Betroffenen den (nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fra-
gesteller zutreffenden) Eindruck erwecken muss, dass die Regelung der
Sprachanforderungen beim Nachzug zu assoziationsberechtigten türki-
schen Staatsangehörigen nicht angewandt werden darf (wenn nein, bitte
begründen), und wie sollen Betroffene darauf kommen, dass dieses Urteil
nach der (nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller unzutref-
fenden) Auffassung der Bundesregierung ganz anders ausgelegt werden
muss und von den Behörden anders ausgelegt wird, nämlich als bloße
Vorgabe zur Anwendung einer Härtefallregelung, die aber in der Praxis
kaum zur Geltung kommt (siehe Bundestagsdrucksache 18/4598, Antwort
zu Frage 22, bitte ausführen)?

38. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass das von den deutschen
Auslandsvertretungen in dem zentralen Herkunftsland Türkei verwandte
und verlinkte „Infoblatt Nr. 40: Ehegattennachzug/Eheschließung in
Deutschland“ (www.tuerkei.diplo.de/contentblob/4511606/Daten/5525692/
40ehegattennachzugeheschliessungindeu.pdf) falsch ist, wenn es dort zu den
Voraussetzungen einer „Härtefallregelung“ heißt: „Wenn Ihr Ehepartner
Deutscher, deutscher Doppelstaater oder ein assoziationsberechtigter (d. h.
er ist in Deutschland ordnungsgemäß beschäftigt oder selbstständig tätig)
türkischer Staatsangehöriger ist und es Ihnen trotz ernsthafter Bemühungen
von einem Jahr Dauer nicht gelungen ist, das erforderliche Sprachzertifikat
zu erreichen. Entscheidend ist, dass ernsthafte Lernanstrengungen nachvoll-
ziehbar dargelegt werden (z. B. Kursteilnahmen, Prüfungsversuche)“ – und
zwar doppelt falsch, weil hierdurch in Bezug auf die alte Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zu Härtefällen der Eindruck erweckt wird, in je-
dem Fall müssten zunächst einjährige Bemühungen des Spracherwerbs un-
ternommen und nachgewiesen werden, obwohl auch nach dieser Rechtspre-
chung der Spracherwerb von vornherein unzumutbar sein kann und es dann
eines solchen einjährigen Bemühens nicht bedarf, und weil Hinweise auf die
neue Härtefallregelung nach dem Aufenthaltsgesetz und nach dem Urteil des
EuGH vom 9. Juli 2015 fehlen (wenn nicht, bitte begründen)?

39. Warum fehlen in diesem Infoblatt wichtige Ausnahmetatbestände (z. B.:
„Sie oder Ihr Ehegatte sind Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Euro-
päischen Union oder haben als Deutscher von Ihrem Freizügigkeitsrecht Ge-
brauch gemacht“, Ehepartner besitzt einen Aufenthaltstitel nach § 38a Auf-
enthG), hält es die Bundesregierung für angemessen, dass auch ein Jahr nach
einer gesetzlichen Änderungen diese Änderung Betroffenen im Visumver-
fahren nicht mitgeteilt wird, und wann werden die entsprechenden Hinweise
und Infoblätter der deutschen Auslandsvertretungen im Internet aktualisiert
und vervollständigt?

40. Warum unterrichten die deutschen Auslandsvertretungen auch im zweiten
wichtigen Herkunftsland beim Ehegattennachzug, Russland, Betroffene
nicht zutreffend über ihre Rechte und über die aktuelle Rechtslage?
Warum heißt es z. B. im vom Generalkonsulat in Nowosibirsk verwandten
Merkblatt (www.germania.diplo.de/contentblob/3651100/Daten/6092429/
ehegattennachzugmerkblatt.pdf), dass für den Ehegattennachzug ein Nach-
weis über deutsche Sprachkenntnisse vorzulegen sei, ohne auf die zahlrei-
chen Ausnahmetatbestände hinzuweisen, und warum wird dort auf das völlig
veraltete Merkblatt des BAMF mit Stand „2/2012“ zum „Nachweis einfacher
Deutschkenntnisse beim Nachzug von Ehegatten aus dem Ausland“
hingewiesen (www.germania.diplo.de/contentblob/3571252/Daten/3686754/
sprachnachweisbeiehegattennachzugbamf.pdf)?

Drucksache 18/9421 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

41. Warum wird auf der Informationsseite der deutschen Botschaft in Prish-

tina (www.pristina.diplo.de/Vertretung/pristina/de/08/Visabestimmungen/
Nationale_20Visa/seite-familienzusammenfuehrung-sprachnachweise.html)
fälschlich und in Fettschrift behauptet: „Alle Antragsteller, die ein Visum für
den Ehegattennachzug beantragen, müssen einfache Deutschkenntnisse
nachweisen“ (der Link „Mehr Informationen finden Sie hier“ führt zu der –
ebenfalls veralteten – Informationsseite des BAMF; bitte ausführen)?

42. Warum werden schließlich auch in dem wichtigen Herkunftsland beim Ehe-
gattennachzug China durch die deutschen Auslandsvertretungen keine zu-
treffenden, aktuellen und umfassenden Informationen zu Ausnahmen vom
Sprachnachweis beim Ehegattennachzug gegeben, wenn auch in dem dort
verwandten Merkblatt (www.china.diplo.de/contentblob/3480812/Daten/
5306570/deutschkenntnisse01042015dd.pdf) nicht auf die neue Härtefallre-
gelung des Aufenthaltsgesetzes und nicht auf das Urteil des EuGH vom
9. Juli 2015 hingewiesen wird?

43. Wie will die Bundesregierung dem Eindruck der Fragesteller entgegentreten,
dass die fehlenden Nachweise auf die neue Härtefallregelung des Aufent-
haltsgesetzes und das Urteil des EuGH vom 9. Juli 2015 so zu erklären sind,
dass die Bundesregierung kein Interesse daran hat, dass sich Betroffene auf
eine solche Härtefallregelung beziehen (bitte ausführlich antworten), und
was wird die Bundesregierung unternehmen, um die Informationen hierzu
durch das BAMF und durch die deutschen Auslandsvertretungen weltweit
auf einen zutreffenden, aktuellen und umfassenden Stand zu bringen (bitte
ausführen)?

44. Mit welcher inhaltlichen und rechtlichen Begründung wurde die Revision
gegen das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg 7 B 22.14 vom 30. Januar
2015 begründet, in dem es um die Umsetzung des Dogan-Urteils des EuGH
geht, und wie ist der Fortgang des weiteren Verfahrens (bitte so ausführlich
wie möglich darstellen)?

Berlin, den 15. August 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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