BT-Drucksache 18/9392

Grüner Strom und Direktvermarkter

Vom 10. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9392
18. Wahlperiode 10.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Bärbel Höhn, Oliver Krischer,
Harald Ebner, Nicole Maisch, Peter Meiwald, Annalena Baerbock,
Matthias Gastel, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen),
Stephan Kühn (Dresden), Steffi Lemke, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel,
Dr. Valerie Wilms und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Grüner Strom und Direktvermarkter

Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat der Gesetzgeber u. a. das Ziel
verfolgt, den Absatz von „grünem Strom“ marktnäher auszugestalten, was im
EEG 2012 seine Ausgestaltung in den §§ 33a ff. gefunden hat. Die Möglichkeit
für Betreiber von EEG-Anlagen (im Folgenden: die Stromproduzenten), ihren
Strom direkt zu vermarkten, also beispielsweise an der Börse zu verkaufen, wird
durch die sogenannte Marktprämie flankiert. Diese Prämie dient dazu, Verluste
aufgrund des Unterschieds zwischen dem Marktpreis und der Einspeisevergütung
zu kompensieren.
Infolge dieser Heranführung an den Markt hat sich mit der Zeit das Geschäftsmo-
dell der Direktvermarkter etabliert. Diese Unternehmen bündeln im Regelfall eine
Vielzahl von Anlagen und übernehmen die Vermarktung für die Stromproduzen-
ten, wobei sie zu diesem Zweck auch die Prognosen erstellen und Bilanzkreise
als Bilanzkreisverantwortliche bewirtschaften. Die Direktvermarkter haben sich
als Operatoren der Energiewende etabliert. Erst sie haben dem Strommarkt die
vielen kleinen EEG-Anlagen erschlossen.
Dennoch kämpfen die Direktvermarkter seit Jahren mit den Folgen der nach Auf-
fassung der Fragesteller unzureichenden gesetzlichen Regelungen. Die Direktver-
markter waren von Anfang an auf sich allein gestellt: Sie waren gefragt, ihre Rolle
im Zusammenspiel der Akteure auf dem Energiemarkt vertraglich zu regeln und
für all das selbst zu sorgen, was das Gesetz für den Anlagenbetreiber umfänglich
regelt. Die gesetzliche Lage schafft einerseits faktisch die Notwendigkeit für die
vermittelnde Rolle der Direktvermarkter, stellt aber andererseits keine Regeln für
sie bereit.
Heute streiten sich viele Direktvermarkter mit Netzbetreibern z. B. darüber, wie
die Folgen von Einspeisemanagementmaßnahmen abzuwickeln sind. Besondere
Schwierigkeiten bereitet dabei immer wieder die Frage, wie mit den entstehenden
Ungleichgewichten im Bilanzkreis umzugehen ist. Direktvermarkter werden in
der Praxis immer wieder dem Ausgleichsenergiepreisrisiko ausgesetzt (www.
erneuerbareenergien.de/redispatch-und-einspeisemanagement-gleich-behandeln/
150/436/91083/).
Ein Verfahren der Bundesnetzagentur (BNetzA), mit dem Ziel, den gezielten
energetischen und bilanziellen Ausgleich von Einspeisemanagementmaßnahmen
durch Festlegung verbindlich zu regeln, wurde Mitte April 2016 mit der Begrün-
dung ruhend gestellt, dass eine solche Regelung zurzeit nicht sinnvoll sei

Drucksache 18/9392 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

(www.bundesnetzagentur.de/DE/Service-Funktionen/Beschlusskammern/1BK-
Geschaeftszeichen-Datenbank/BK6-GZ/2013/2013_0001bis0999/2013_001bis099/
BK6-13-049/Mitteilung%20Ruhendstellung.pdf?__blob=publicationFile&v=1).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle der Direktvermarkter bei der

Heranführung erneuerbarer Energien an den Markt?
2. Inwieweit sieht die Bundesregierung Möglichkeiten für kleine und kleinste

Stromproduzenten (wirtschaftlich), Strom im Direktvermarktungsmodell des
EEG abzusetzen, ohne dass ein professioneller Direktvermarkter eingesetzt
wird?

3. Inwiefern spricht nach Ansicht der Bundesregierung die Wertung des EEG
gegen die Aufteilung der Aufgaben des Betreibers einer EEG-Anlage auf
mehrere Akteure?

4. Wie viele Anlagenbetreiber bedienen sich nach Kenntnis der Bundesregie-
rung eines Direktvermarkters?

5. Unter welchen Vertragstyp fällt nach Ansicht der Bundesregierung der Di-
rektvermarktungsvertrag?

6. Was hat die Bundesregierung bislang unternommen, um einen Rechtsrahmen
für die Direktvermarktung unter Einbeziehung der (aggregierenden) Direkt-
vermarkter zu schaffen?

7. Welche Vorstellung hatte die Bundesregierung beim Entwurf des EEG 2012
von der Herangehensweise der Rechtsanwender an das Direktvermarktungs-
verhältnis?

8. Haben die Direktvermarkter die Position am Markt eingenommen, die ihnen
von der Bundesregierung zugedacht wurde, bzw. inwieweit unterscheidet
sich die Rolle heute noch von der Zielvorstellung?

9. Will die Bundesregierung Einspeisemanagementmaßnahmen langfristig re-
duzieren, und falls ja, wie?

10. Ist die Bundesregierung – wie in der Stellungnahme des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz, au und Reaktorsicherheit (BMUB) zum Festle-
gungsverfahren BK6-13-049 der BNetzA – der Ansicht, dass die Kosten des
energetischen Ausgleichs von Einspeisemanagementmaßnahmen dem Netzbe-
treiber zuzuordnen sind?
a) Wenn Frage 10 mit ja beantwortet wird, was unternimmt die Bundesre-

gierung, um dieses Ziel in die Praxis umzusetzen?
b) Wenn Frage 10 mit nein beantwortet wird, wer soll nach Ansicht der Bun-

desregierung die Kosten für den Ausgleich von Einspeisemanagement-
maßnahmen tragen?

11. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung die Aufgabe von Bilanzkreisverant-
wortlichen, Einspeisemanagementmaßnahmen der Netzbetreiber vorherzu-
sehen und einzukalkulieren, und wie weit soll die Verantwortung hierfür rei-
chen?

12. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen Dritte (also we-
der der Netzbetreiber noch der EEG-Anlagenbetreiber) die Folgekosten von
Einspeisemanagementmaßnahmen tragen müssen?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der BNetzA, dass eine Regelung
zum Ausgleich von Einspeisemanagementmaßnahmen zurzeit nicht sinnvoll
ist?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9392

14. Welche tatsächlichen Entwicklungen hat die Bundesregierung wahrgenom-

men, die die BNetzA veranlasst haben könnte, eine verbindliche Regelung
jetzt für nicht mehr erforderlich zu halten?

15. Wie bewertet die Bundesregierung den Einsatz von Regelenergie infolge ei-
nes fehlenden energetischen Ausgleichs von Einspeisemanagementmaßnah-
men?

16. Was gedenkt die Bundesregierung zukünftig zu unternehmen, um die Rolle
der Direktvermarkter zu konturieren und so für Rechtssicherheit zu sorgen?

17. Was tut die Bundesregierung bzw. hat sie bislang getan, um die Informati-
onsflüsse – vor allem im Vorfeld von Einspeisemanagementmaßnahmen und
während dessen – in alle Richtungen zu verbessern?

Berlin, den 10. August 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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