BT-Drucksache 18/9347

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und Hans-Joachim-Martini-Stiftung

Vom 4. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9347
18. Wahlperiode 04.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Christian Kühn (Tübingen),
Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und Hans-Joachim-Martini-
Stiftung

In der letzten Legislaturperiode waren die Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe (BGR) und die mit ihr unter anderem personell verbundene Hans-
Joachim-Martini-Stiftung (im Weiteren kurz Stiftung) Gegenstand mehrerer
Kleiner Anfragen der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vgl. zu-
letzt Bundestagsdrucksache 17/9292. Auf eine ausführliche Wiederholung der in
diesen Kleinen Anfragen erfolgten Darlegung der Verbindungen zwischen BGR
und Stiftung wird hier verzichtet, es wird lediglich beispielhaft darauf verwiesen,
dass gemäß Stiftungssatzung die vier ständigen Mitglieder des Stiftungsrats sind:
der BGR-Präsident, ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Energie – BMWi – (vormals Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo-
gie), der bzw. die Vorsitzende des BGR-Kuratoriums und der bzw. die stellver-
tretende Vorsitzende des BGR-Kuratoriums, vgl. hierzu auch Bundestagsdruck-
sache 17/6701.
Ende Juni 2016 brachten gemeinsame Recherchen des WDR, der „Süddeutschen
Zeitung“ und des NDR unter anderem ans Licht, dass eine unter Klimaforschern
schnell umstrittene BGR-Studie in den 90er-Jahren von der Stiftung und damit
letztlich mit Geldern der Braunkohle-, Rohstoff- und Chemieindustrie finanziert
wurde (vgl. Berichterstattung der drei genannten Medien vom 29. Juni 2016:
„Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe – Extra-Kasse statt Extra-
Klasse?“ auf tagesschau.de, „Gutes Geld für steile Thesen“ in der Süddeutschen
Zeitung und „Gefälligkeitsgutachten zu Gorleben und Fracking?“ auf ndr.de so-
wie Online-Artikel „Wie die BGR einmal versuchte, die wärmende Treibhaus-
wirkung von CO2 zu widerlegen“ vom 4. Juli 2016 im Wissenschaftsblog Sci-
Logs, Verlag Spektrum der Wissenschaft).
Aufgrund der Medienrecherchen haben sich weitere Fragen ergeben. Auch ist bei
mehreren Aspekten unklar, wie BMWi und BGR nach der Antwort der Bundes-
regierung auf Bundestagsdrucksache 17/9292 weiter verfuhren.

Drucksache 18/9347 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

Zum BGR-Kuratorium
1. Wer waren seit dem Jahr 1996 jeweils die Mitglieder des BGR-Kuratoriums,

und jeweils in welchem konkreten Zeitraum (die BGR-Tätigkeitsberichte auf
der BGR-Webseite sind den Fragestellerinnen und Fragestellern bekannt, lie-
fern hierzu aber keine vollständige und konkrete Antwort)?

2. Über welchen Zeitraum hinweg fand ab bzw. nach dem Jahr 1997 die in der
Jahresendansprache 1997 des BGR-Präsidenten an die BGR-Mitarbeiterin-
nen und -Mitarbeiter erwähnte „verstärkte Einbindung“ von BGR-Kuratori-
umsmitgliedern in die Arbeit der BGR statt – insbesondere hinsichtlich der
in der Ansprache erwähnten „verstärkte[n] Betreuungs- und Controllingauf-
gaben“ –, in die die BGR-Kuratoriumsmitglieder laut BGR-Präsident „ein-
gewilligt“ hatten (vgl. hierzu die bei der BGR veraktete Abschrift der Jah-
resendansprache 1997)?

3. Jeweils welches BGR-Kuratoriumsmitglied nahm im Rahmen dieser ver-
stärkten Einbindung in jeweils welchem Zeitraum ab bzw. nach dem Jahr
1997 für jeweils welchen Bereich, Sektor o. Ä. dabei im Einzelnen welche
Aufgaben wahr – insbesondere hinsichtlich Betreuung und Controlling –
(bitte vollständige Angabe für die Zeit seit dem Jahr 1997)?

4. Jeweils welches BGR-Kuratoriumsmitglied nahm im Rahmen dieser ver-
stärkten Einbindung in jeweils welchem Zeitraum für den konkreten Bereich
Atommüll-Endlagerung im Einzelnen welche Aufgaben wahr – insbeson-
dere hinsichtlich Betreuung und Controlling – (bitte vollständige Angabe für
die Zeit seit dem Jahr 1997; diese spezielle Frage ist hilfsweise zu verstehen,
falls die Bundesregierung die voranstehende, allgemeiner bzw. offener for-
mulierte Frage nicht beantworten kann; vgl. hierzu die o. g. Jahresendanspra-
che 1997 des BGR-Präsidenten, in der die Atommüll-Endlagerung in diesem
Kontext explizit erwähnt wird)?

5. Gibt es diese verstärkte Einbindung von BGR-Kuratoriumsmitgliedern in die
Arbeit der BGR noch immer?
Wenn nein, wann, durch wen, und aus welchen Gründen wurde sie beendet?

6. Von wem ging im Jahr 1997 die Initiative für diese verstärkte Einbindung
von BGR-Kuratoriumsmitgliedern in die Arbeit der BGR aus, und aus wel-
chen Gründen?

7. Wurde im Jahr 1997 seitens der BGR und bzw. oder des BMWi geprüft, ob
sich durch verstärkte Einbindung und Betreuungs- wie Controllingaufgaben
durch BGR-Externe Interessenkonflikte und bzw. oder unzulässige Einfluss-
nahme und bzw. oder sonstige Effekte ergeben könnten, die die Unabhängig-
keit und bzw. oder Korrektheit der BGR-Arbeit gefährden könnten – insbe-
sondere bei BGR-Kuratoriumsmitgliedern aus Wirtschaft und Industrie?
Wenn ja, wann, durch wen, und mit welchen Ergebnissen?
Wenn nein,
a) warum wurde dies nicht geprüft und
b) gab es bezüglich dieser verstärkten Einbindung BGR- und bzw. oder

BMWi-intern Bedenken einzelner Mitarbeiter, und wenn ja, wie wurde
mit diesen Bedenken umgegangen?

8. Nahmen zusätzlich zu BGR-Kuratoriumsmitgliedern seit dem Jahr 1997
noch weitere BGR-Externe Betreuungs- und Controllingaufgaben bei der
BGR wahr?
Wenn ja, jeweils wer in welchem Bereich, und in welchem Zeitraum?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9347
9. Wer war das BGR-Kuratoriumsmitglied bzw. waren die BGR-Kuratoriums-
mitglieder, unter dessen bzw. deren Federführung die Bereiche „Rohstoff-
wirtschaft“ und „Lagerstättenforschung“ im Jahr 1996 evaluiert wurden (vgl.
hierzu die o. g. Jahresendansprache 1997 des BGR-Präsidenten)?

Zu Drittmitteln
10. Wie hoch waren in den letzten zehn Jahren jeweils die Einnahmen der BGR,

differenziert nach Kernhaushalt und Drittmitteln (bitte tabellarische Über-
sicht; für die Jahre 2015 und 2016 vgl. Haushaltsangaben auf der BGR-Web-
seite)?

11. Jeweils von wem, in welcher Höhe, und wofür erhielt die BGR in den letzten
zehn Jahren im Einzelnen ihre Drittmittel (bitte tabellarische Übersicht mit
differenzierter und konkreter, möglichst projektgenauer Angabe pro Jahr)?

12. Erfasst die BGR elektronisch, welche Drittmittel sie von wem, wann, und
wofür bekommt bzw. bekam?
Wenn ja,
a) bis zu welchem Jahr reicht diese elektronische Erfassung zurück, und
b) ist es dadurch möglich, mit relativ geringem Aufwand eine möglichst kon-

krete Drittmittelübersicht zu erstellen bzw. anzugeben?
13. Erhielt die BGR in den letzten zehn Jahren auch Gelder von Privatpersonen,

und wenn ja und sofern diese nicht bei den Drittmitteln, sondern gesondert
erfasst werden, jeweils wie viel von wem, wann, und wofür?

Zum sogenannten „Präsidentenfonds“ des BGR-Präsidenten
14. Wann wurden zuletzt von Forschungsmitteln der BGR Arbeiten prämiert

oder finanziert, mit denen sich auch die Stiftung befasst hatte (vgl. hierzu
Abschnitt 4.7 im Bericht der Internen Revision – IR – des BMWi zur Aus-
übung der BMWi-Fachaufsicht gegenüber der BGR vom 9. November 2011,
insbesondere die dortigen Ausführungen zum sogenannten „Präsidenten-
fonds“ des BGR-Präsidenten)?

15. Wurden auf derartige Weise ausschließlich für die im o. g. IR-Bericht vom
9. November 2011 auf Seite 33 genannten acht Projekte Mittel abweichend
von den haushalterischen Vorgaben verwendet (so das Prüfergebnis der IR),
oder verwendeten Mitglieder der BGR-Hausleitung, insbesondere BGR-Prä-
sidenten, auch in anderen Fällen Mittel abweichend von den haushalterischen
Vorgaben, und ggf. jeweils wann, wofür, und in welcher Höhe (die Frage
bezieht sich nicht nur auf das Jahr 2004 und spätere, sondern auch frühere
Jahre; es wird um vollständige, nicht nur beispielhafte Angabe gebeten)?

Konsequenzen aus und Entwicklungen seit dem IR-Bericht des BMWi vom 9. November 2011
16. Welche Veränderungen im Umgang des BMWi und der BGR mit der Stif-

tung gab es nach den sechs Kleinen Anfragen der Bundestagsfraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der letzten Legislaturperiode?
Welche konkreten Konsequenzen wurden beim BMWi und bei der BGR aus
dem IR-Bericht zur Stiftung vom 9. November 2011 gezogen?

17. Wie viele Preise und Nachwuchspreise vergab die Stiftung nach Kenntnis
der Bundesregierung jeweils seit dem Jahr 2011
a) an Personen mit Bezug zum Geozentrum Hannover wie insbesondere Mit-

arbeiter der BGR und
b) an Personen ohne Bezug zum Geozentrum Hannover?

Drucksache 18/9347 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Sonstige Aspekte
18. Enthält der Umschlag, der laut Antwort der Bundesregierung zu Frage 23 auf

Bundestagsdrucksache 17/7329 zu den BGR-Akten zur Stiftung gehört, ab-
gesehen von dem „Informationsmaterial“ nicht nur „nicht gebrauchte Post-
überweisungshefte“ (vgl. Schreiben der BGR an die Abgeordnete Sylvia
Kotting-Uhl vom 30. Mai 2012 zu den BGR-Akten zur Stiftung), sondern
auch Postscheckunterlagen und bzw. oder sonstige Unterlagen, die Auf-
schluss über Mittelzu- und -abflüsse geben, und wenn ja, welche (ggf. bitte
vollständige und möglichst konkrete Angabe)?

19. War die Direktfinanzierung von Wissenschaftlern durch den Energiekonzern
RWE International SE beim BGR-Projekt „Stability“ eine Ausnahme, oder
gab es in den vergangenen 15 Jahren bei BGR-Vorhaben vergleichbare Fälle
von Personalfinanzierungen durch Industrieunternehmen (zu der RWE-Fi-
nanzierung beim o. g. Projekt vgl. auf der Webseite der gemeinnützigen Ini-
tiative LobbyControl den Artikel „RWE und Bundesanstalt für Geowissen-
schaften und Rohstoffe – Kandidat für die Lobbykratie-Medaille“ vom
2. November 2011)?
Wenn ja, welche waren das, wann, und wer waren die Geldgeber?

Berlin, den 4. August 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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