BT-Drucksache 18/9345

Maßnahmen der Bundeswehr im Rahmen der Flüchtlingshilfe und Schlussfolgerungen daraus

Vom 3. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9345
18. Wahlperiode 03.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Kersten Steinke, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Maßnahmen der Bundeswehr im Rahmen der Flüchtlingshilfe und
Schlussfolgerungen daraus

Die unterstützenden Tätigkeiten im Rahmen der Flüchtlingshilfe stellen die
längste Amtshilfemaßnahme in der Geschichte der Bundeswehr dar. Die Bundes-
wehr selbst betont immer wieder, dass solche Amtshilfemaßnahmen eigentlich
nur vorübergehend geleistet werden sollten. Im Frühjahr 2016 wurde in einer Un-
terrichtung des Parlaments (5. Februar 2016) die Erwartung geäußert, bis zum
Sommer 2016 sollten die Länder und Kommunen ausreichend Zeit gehabt haben,
eigene personelle Kapazitäten sowie materielle Ressourcen und Strukturen zu
stärken. Der Einsatz dauert aber bis heute an, und mittlerweile ist in den einschlä-
gigen Unterrichtungen (z. B. vom 15. Juli 2016) lediglich die Rede von einem
schrittweisen Herauslösen der Bundeswehr-Kräfte.
Dies deutet nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller auf schwerwie-
gende Mängel bei Ressourcen und Kapazitäten der originär zuständigen Behör-
den hin. Inwiefern diese mittlerweile tatsächlich gestärkt wurden oder das schritt-
weise Herauslösen der Bundeswehr-Kräfte vor allem angesichts des Rückgangs
bei der Zahl neu ankommender Flüchtlinge ermöglicht wird, ist aus Sicht der Fra-
gestellerinnen und Fragesteller eine offene Frage.
Wie viele Amtshilfe- bzw. sonstige Unterstützungsleistungen genau durchgeführt
wurden, ist ebenfalls nicht geklärt. In der Unterrichtung vom 15. Juli 2016 ist die
Rede von 852 genehmigten Amtshilfeanträgen. Der Kommandeur des Komman-
dos Territoriale Aufgaben dagegen spricht auf www.bundeswehr.de (Flüchtlings-
hilfe in der Praxis, 21. Juli 2016) von „knapp 1 000“ Anträgen, die bewilligt und
umgesetzt worden seien.
Als sich die Fraktion DIE LINKE. zuletzt in Form einer Kleinen Anfrage nach
den Amtshilfeleistungen in Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe erkundigt
hat, konnte die Bundesregierung noch keine Angaben dazu machen, ob bzw. in
welchem Umfang sie von den Ländern und Kommunen Erstattungen für die Hilfe
einfordern wird. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller wäre ein Ver-
zicht auf die Kostenerstattung angebracht.

Drucksache 18/9345 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Anträge zur Durchführung von Amtshilfemaßnahmen sowie sons-

tigen Unterstützungsleistungen hat die Bundeswehr bislang im Rahmen der
Flüchtlingshilfe insgesamt
a) entgegengenommen,
b) abgelehnt,
c) bewilligt,
d) durchgeführt
(bitte jeweils sowohl nach Amtshilfemaßnahmen sowie sonstiger Unterstüt-
zungsleistung als auch nach beantragenden Kommunen, Kreisverwaltungs-
behörden, Ländern und Bundesbehörden differenzieren)?

2. Wie viele Amtshilfemaßnahmen bzw. Unterstützungsleistungen werden der-
zeit durchgeführt, und wie viele Soldatinnen und Soldaten werden dabei ein-
gesetzt (bitte nach dem Schema der Frage 1 ausführen bzw. differenzieren)?

3. Welche Gesamtkosten sind der Bundeswehr bei den durchgeführten Amts-
hilfe- bzw. sonstigen Unterstützungsleistungen insgesamt entstanden (bitte
ggf. schätzen)?

4. Wie hoch war der Anteil der bis heute entstandenen Kosten für
a) Kommunen,
b) Kreisverwaltungsbehörden,
c) Länder und
d) Bundesbehörden?

5. Wie gliedern sich diese Kosten auf Material-, Personal-, Transport-, Treib-
stoff- oder sonstige Kosten auf?
Welche Kosten sind für den Betrieb der vom Bund bereitgestellten Warte-
zentren entstanden?

6. Welches Ergebnis brachte die in der Antwort zu Frage 5 auf Bundestags-
drucksache 18/7225 angekündigte Klärung der Möglichkeit eines Verzichts
auf Auslagenerstattung durch Länder und Kommunen, und wie begründet
die Bundesregierung diese Klärung?

7. Wurden Ländern, Kreisverwaltungsbehörden oder Kommunen bislang (par-
tiell) Auslagen in Rechnung gestellt, und wenn ja, wem in welcher Höhe und
für welche Leistungen?

8. Wie viele Unterbringungsplätze für Flüchtlinge stellt die Bundeswehr derzeit
zur Verfügung, um welche Unterbringungsplätze mit welchen Kapazitäten
handelt es sich dabei, und wie viele Plätze sind tatsächlich besetzt?

9. Welches und wie viel Material hat die Bundeswehr bislang im Zusammen-
hang mit der Flüchtlingshilfe verwendet oder zur Verfügung gestellt, und
welchen Wert hatte das dabei verbrauchte Material, bzw. wie hoch ist der
Wertverlust durch Gebrauch oder Verschleiß usw.?

10. Wie viele Bundeswehrangehörige sind derzeit noch im Rahmen der Amts-
hilfe zur Unterstützung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) im Einsatz, und was sind dort ihre konkreten Tätigkeiten?

11. Sind diese Bundeswehr-Angehörigen ebenfalls im Rahmen der Amtshilfe oder
auf welcher anderen rechtlichen Grundlage für das bzw. im BAMF tätig?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9345
 

12. Wie viele Bundeswehr-Angehörige wurden bislang und sind derzeit zusätz-
lich zu sonstigen Amtshilfemaßnahmen an das BAMF abkommandiert (bitte
auch konkreten Einsatzort bezeichnen), was sind dort ihre konkreten Tätig-
keiten, und wie viele von ihnen waren bislang und sind derzeit als Entschei-
der tätig oder waren bislang bzw. sind auf welche andere Weise inhaltlich
mit Asylprüfungen, Anhörungen etc. befasst?
a) Für welche Fälle sollen die abgeordneten Bundeswehr-Soldaten einge-

setzt werden (z. B. Prüfung der Asylanträge bestimmter Flüchtlingsgrup-
pen, oder begrenzt auf als „unstrittig“ oder „einfach“ eingestufte Verfah-
ren etc.)?

b) Von welcher Dauer und Qualität war dabei die einschlägige Ausbildung
der Bundeswehr-Angehörigen?

c) Wie viele Abordnungen welcher anderen Stellen und Behörden gab es in
den Jahren 2015 und 2016 an das BAMF, in welchen Bereichen wurden
die Hilfskräfte dabei für welchen Zeitraum beschäftigt, und von welcher
Dauer und Qualität war dabei ihre einschlägige Ausbildung?

13. Welche konkrete Bedeutung hatten im Rahmen der Amtshilfeleistungen die
Strukturen der
a) zivil-militärischen Zusammenarbeit auf Bundes-, Landes-, regionaler und

kommunaler Ebene sowie
b) der regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte,
und was waren jeweils deren Aufgaben?

14. Wurde die Bundeswehr bislang im Zusammenhang mit Abschiebungen tätig,
und wenn ja, inwiefern, bzw. wird eine solche Unterstützungstätigkeit der
Bundeswehr erwogen?

15. In welchen Tätigkeitsbereichen hat die Bundeswehr bislang schwerpunktmä-
ßig Unterstützung geleistet, und in welchen leistet sie sie derzeit, und aus
welchen Erwägungen und Gründen heraus?

16. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der bisherigen
Amtshilfetätigkeit im Bereich der Flüchtlingshilfe und bei Asylverfahren der
Bundeswehr hinsichtlich der einschlägigen Ressourcen und Fähigkeiten von
Ländern, Kommunen und zivilen Hilfsorganisationen?

17. Inwiefern hält die Bundeswehr eine Stärkung der zivilen Ressourcen und Fä-
higkeiten von Ländern, Kommunen und zivilen Hilfsorganisationen für an-
gebracht, und welche Schritte will sie dazu unternehmen, und wann?

Drucksache 18/9345 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

18. Inwiefern haben nach Kenntnis der Bundesregierung Länder, Kommunen
und zivile Hilfsorganisationen die Zeit genutzt, um ihre eigenen Ressourcen
und Fähigkeiten zu verstärken?
a) Inwiefern geht nach Kenntnis oder Einschätzung der Bundesregierung der

nachlassende Bedarf an Unterstützungsmaßnahmen durch die Bundes-
wehr auf die Stärkung der zivilen Ressourcen zurück und inwiefern auf
den Rückgang der Flüchtlingszahlen?

b) Wären nach Einschätzung der Bundesregierung bei einem Umfang der
Fluchtmigration wie im vergangenen Jahr die Länder und Kommunen in
der Lage, mit geringerer Unterstützung durch die Bundeswehr auszukom-
men (bitte Antwort begründen)?

c) In welchen Bereichen haben Länder, Kommunen und zivile Hilfsorgani-
sationen nach Einschätzung der Bundesregierung diesbezüglich noch die
größten Defizite bzw. den größten Optimierungsbedarf?

Berlin, den 3. August 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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